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Exemplarisch anhand der Offenbacher Lohwald-Siedlung, einem klassischen sozialen Brennpunkt, der sich in den vergangenen drei Jahrzehnten vom Obdachlosen-Asyl hin zu einem modernen Ghetto verwandelt hat, werden Lebenssituation, Lebensentwürfe und die Lebensperspektiven jugendlicher Brennpunkt-BewohnerInnen beschrieben. Hierzu werden die Entwicklungsgeschichte und die Beschreibung der räumlichen Segregation des Wohngebietes sowie Angaben zur Sozial- und Infrastruktur des Stadtteils und die Beschreibung der Lebens- und Sozialisationsbedingungen ebenso herangezogen wie die analytische Betrachtung komplexer gesellschaftlicher Entwicklungen und die Selbsteinschätzungen und -deutungen junger Lohwald-BewohnerInnen, die im Rahmen einer empirischen Untersuchung ermittelt wurden. Zwar ergab die Gesamtuntersuchung, dass der Charakter der Lohwald-Siedlung als ein nach innen und aussen relativ geschlossenes Ghetto brüchig und nach beiden Seiten hin durchlässig geworden ist, und dass diese Entwicklung sich auch in den jugendlichen Orientierungsmustern niederschlägt. Doch dies ist nicht gleichbedeutend, dass sich dadurch der Brennpunktcharakter der Siedlung aufgelöst hat. Für viele junge Menschen ist Aufwachsen im sozialen Brennpunkt nach wie vor gleichbedeutend mit Unterversorgung, Beeinträchtigung, Benachteiligung und Stigmatisierung sowie fehlender Förderung in wesentlichen basalen Bereichen. Das Zusammenkommen defizitärer familiärer Sozialisation und einer häufig problempotenzierenden Sozialisation durch die Gleichaltrigengruppe (Peergroup) unter den Bedingungen begrenzter Erlebnis-, Erfahrungs- und Erkenntnismöglichkeiten, fehlender Lernfelder und mangelnder Erfolgs- sowie Anerkennungsmöglichkeiten haben u.a. zur Folge, dass wichtige Einstellungs- und Verhaltensmuster und Schlüsselqualifikationen fehlen bzw. nicht ausreichend ausgeprägt sind, um den unterschiedlichsten Anforderungen eines Lebens außerhalb des sozialen Brennpunktes und einer sich immer rascher wandelnden Gesellschaft entsprechen zu können. Doch nicht nur die subjektiven Dispositionen sondern auch die objektiv-gesellschaftlichen Bedingungen, die sich aus der Dynamik gesellschaftlichen Wandels ergeben erhöhen für viele Brennpunkjugendlichen die Wahrscheinlichkeit der Aufrechterhaltung ihrer Randgruppenexistenz und somit ihres Verbleibs im unteren Drittel, wenn nicht Zehntel der Gesellschaft. Dem entgegenzuwirken ist nicht nur Aufgabe von Sozialpolitik sondern auch von Sozialarbeit. Ausgehend von den ermittelten Bedarfen vor Ort werden Theorie und Praxis eines zielgruppenorientierten Konzeptes von Jugendarbeit vorgestellt, das sich nach wie vor dem emanzipatorischen Anspruch verpflichtet sieht, zur Persönlichkeitsentwicklung- und Bewusst- seinsbildung beizutragen. Nicht nur weil dies den Erfordernissen des gegenwärtigen Arbeitsmarktes entspricht oder zu einem gelingenderen Umgang mit den Anforderungen führt, die sich aus den gesellschaftlichen Strukturwandlungsprozessen ergeben, sondern weil dies als wichtiger Beitrag zu verstehen ist, junge Menschen in die Lage zu versetzen, sich, ihre Umwelt, ihre Situation und deren Ursachen aber auch ihre Zukunftsperspektiven verstehen und tendenziell auch verändern zu können. Es geht also um die Begründung und Beschreibung einer Jugendarbeit, die zur Bewusstmachung und Eröffnung von Handlungsfeldern führt. Anhand der Theorie, des Konzeptes und der Praxis erlebnisorientierter Jugend(kultur)arbeit im Lohwald und deren Evaluation u.a. durch empirische Befunde wird nicht nur aufgezeigt, dass eine solche Jugendarbeit erfolgreich sein kann, sondern auch, das die Debatten um die sozialisatorische und politische Produktivität von Jugendarbeit nach wie vor aktuell sind.
Die vorliegende Arbeit ist mit dem Anspruch angetreten, über die Untersuchung eines spezifischen Politikfeldes die geschlechtsspezifische Konstruktion von Politik und Nationalstaat im Detail nachzuzeichnen. Es konnte gezeigt werden, dass staatstheoretische Konzeptionalisierungen innerhalb der policy-Forschung beschränkt bleiben, wenn sie weiterhin die Analyse grundlegender Herrschaftsverhältnisse wie Geschlecht und Rasse außer Acht lassen. Vor dem Hintergrund der Beschäftigung mit einer spezifischen Staatstätigkeit erscheint Staat als Verdichtung eines sozialen Kräfteverhältnisses, in anderen Worten, eines sich ständig ändernden Kompromißgleichgewichts zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Kräften. Herrschaftsverhältnisse und die daraus resultierenden sozialen Differenzen – Geschlecht, Klasse, Ethnie – sind das Ergebnis eines Konstitutionsprozesses unterschiedlicher Akteure und des Staates selbst. Staat erscheint einerseits durchdrungen von diesen Hierarchisierungen und Differenzen und erzeugt sie andererseits. Wenn Politiken von Diskursen und Konzeptionalisierungen geprägt werden, können sie auf dieser Ebene auch verändert werden. Daher dient das präzisere Verständnis darüber, wie politische Entscheidungsprozesse entstehen und verlaufen, dem Versuch, aus einer feministischen Perspektive die Möglichkeiten auszuloten, wie Politiken verändert und mitgestaltet werden können. Wenn also davon ausgegangen werden kann, dass staatlichem Handeln spezifische Konzeptionalisierungen zu Grunde liegen, welche die Machtpotentiale gesellschaftlicher AkteurInnen strukturieren und als Legitimationsgrundlage von Herrschaftsverhältnissen dienen, scheint dies in der Entstehung und dem Verlauf politischer Entscheidungsprozesse wieder auf. Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen, wurde mit der vorliegenden Untersuchung der Versuch einer Verknüpfung der bevölkerungspolitischen »Empirie« mit einer Theoretisierung der Konstitutionsprozesse von Staat unternommen. Die zugrunde gelegte staatstheoretische Hypothese war dabei, dass Diskurse, Ideen (belief-Systems) und Wahrnehmungen einen entscheidenden Einfluß auf staatspolitische Strukturen (polity) und staatstragende Politiken (politics) haben und selbst wiederum von letzteren geprägt werden, woraus sich die konkreten Politikinhalte (policies) erklären. Am Beispiel der Bevölkerungspolitik in Mexiko wurde daher den Bestimmungs- und Einflußfaktoren, den Inhalten und Folgen bevölkerungsrelevanter Staatstätigkeit im Rahmen sowohl der mexikanischen als auch der internationalen Strukturen und Prozesse nachgegangen. Im Zentrum der Analyse stand der Paradigmenwechsel der mexikanischen Bevölkerungspolitik, der 1974 die pronatalistischen Politiken, die über Jahrhunderte im nationalen Diskurs mit Modernisierung und Fortschritt gleichgesetzt wurden, mit einer antinatalistischen Bevölkerungspolitik in ihr genaues Gegenteil verwandelte. ...
Die Autorin behandelt am Beispiel Brasilien das universelle Thema der Gewalt gegen Frauen in einem international vergleichenden und interkulturell kommunikativen Zusammenhang. Wichtiges Anliegen ihrer Fallstudie zur Gewalt gegen Frauen ist deutlich zu machen, dass die kontextbedingt aktive Bewegung der Frauen wider Gewalt in Brasilien sich nicht nur von Aktionen und Diskursen aus dem internationalen Bereich inspiriert hat, sondern einen beachtenswerten eigenen Beitrag leistet, von dem auch andere Frauenbewegungen lernen könnten. Voraussetzung hierzu ist allerdings, dass in allen diesen Gesellschaften, denen innerhalb der stratifizierten globalen Zusammenhänge unterschiedlicher Status zugewiesen wird, ein interkulturell kommunikativer Lernprozess stattfindet. In der Einleitung zu dieser Studie wird auf die spezifische Problematik des Themas hingewiesen, die Untersuchungsmethode und die eigene Argumentationsweise vorgestellt, die eng mit der Motivation zur Behandlung des Themas verwoben ist. Im ersten Kapitel wird die Gewalt gegen Frauen als zugleich universales wie auch partikulares Problem diskutiert, und dementsprechend die divergierenden Definitionen der Gewalt gegen Frauen, die vielfältigen Ansätze zum Verständnis von Frauen aus verschiedenen Gesellschaften und schließlich die Vielfalt der Erfahrungen von Frauen gegenüber Gewalt im Licht der interkulturellen Kommunikation vorgestellt und kritisch analysiert. Im zweiten Kapitel werden die diskursiv analytischen Interpretationen der Gewalt gegen Frauen im Licht der interkulturellen Kommunikation behandelt. Die Autorin knüpft an das diskursive Modell der Bedürfnisinterpretation von Nancy Fraser an und wendet es als methodischer Ansatz zur Interpretation der Gewalt gegen Frauen an. Sie weist auf die gesellschaftspolitischen und kulturellen Grenzen dieses Modells (auf die nördliche Hemisphäre beschränkt) hin und versucht es im Lichte des Ansatzes von Patrick Dias zu interkulturellem Lernen im Kontext der international ungleichen Machtstrukturen kritisch weiterzuentwickeln. Das dritte Kapitel analysiert die relevanten gesellschaftlichen Bedingungen mit ihren diskursiven Konstruktionen zum Verständnis von Frauen und deren Stellung im spezifischen Kontext Brasiliens. Das vierte Kapitel stellt die brasilianische Frauenbewegung wider Gewalt gegen Frauen in ihren historischen Zusammenhängen dar: von ihren Anfängen über deren Strategien in den Achtzigern bis im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert hinein; und es schließt mit den Diskussionen im 21. Jahrhundert ab, die verstärkt unter der Metapher der Cidadania (Aufbau der Zivilgesellschaft) steht. Kapitel fünf fasst die Ergebnisse der Untersuchung zusammen und führt den in der Studie angewandten diskursiv analytischen Ansatz im Rahmen der interkulturell immer noch bestehenden herrschaftlichen Kommunikationsstruktur mit einem Plädoyer für ein interkulturelles Lernen, das die globalen Ungleichheiten nicht verkennt, weiter.
INTRODUÇÃO Esta dissertação tem por objecto de estudo os efeitos dos programas de política económica e social de estabilização e de ajustamento estrutural2 no bemestar das famílias urbanas da capital de um país africano, a cidade de Bissau, na República da Guiné-Bissau, no período de 1986 a 2001. O contexto mais geral em que a investigação se insere, respeita à evolução política, económica e social do país após a independência, em 1974. A antiga Guiné Portuguesa procurou organizar a sua economia a partir de uma governação centralizada, com intervenção significativa de instituições estatais da administração central3, nacionalização de empresas existentes ou criação de outras com o mesmo estatuto. A dinamização do processo de desenvolvimento coube ao Partido para a Independência da Guiné e Cabo Verde (PAIGC), que dirigira a luta de libertação contra o colonialismo e se tornou o partido único e o agente principal de toda a vida colectiva, social e económica do país. Os instrumentos privilegiados foram os Planos de Desenvolvimento, apoiados em investimentos de grande dimensão e na ajuda internacional de origem em países de diferentes ideologias políticas. O enquadramento político expressou-se na organização do partido único, com uma governação que se impunha ao Governo e à Assembleia Nacional Popular, com mobilização política da população para a produção, incentivo a formas cooperativas de organização empresarial no campo e na cidade, repressão à oposição e à actividade de comerciantes e empresários privados. Os resultados negativos quanto ao objectivo traçado pelo partido e governo, de conseguir um melhor nível de bem-estar para a população, estão entre as origens de um golpe de Estado ( 14 de Novembro de 1980) liderado por uma parte dos militantes do PAIGC, sobretudo de origem guineense. O novo poder enveredou por um caminho de liberalização gradual da economia, mas também não conseguiu, até 1986, cumprir os objectivos de desenvolvimento a que se propunha.
In der vorliegenden Arbeit wird die enge Verbindung von Zeitvorstellungen und gesellschaftlicher Zeitorganisation zu gesellschaftlichen Zukunftsvorstellungen und individuellen Lebensperspektiven herausgearbeitet. Erfasst und analysiert werden auch jene Faktoren, die die Manipulationsmacht des Menschen und der gesellschaftlichen Systeme bei temporalen Gestaltungsvorhaben begrenzen. Kernaussage und zentrale Fragestellungen: Zeitbewusstsein und Zeitvorstellungen prägen die Vorstellungen von Zukunft. Bestimmte Formen von Zeit und gesellschaftlicher Zeitorganisation können die Entstehung und Entwicklung von Zukunftsvorstellungen hemmen oder fördern. Damit ragen Zeitbewusstsein und Zeitorganisation in die Wahrnehmung und Entwicklung von Zukunft hinein. Zentral ist u.a. die Form, in der Zeit zur Verfügung steht. Sind es immer nur kurze Momente, die für Reflexion, Retrospektion oder Prospektion zur Verfügung stehen oder längere zusammenhängende Sequenzen? Stehen solche Zeiten nur dem auf sich gestellten Individuum oder ganzen gesellschaftlichen Gruppen gemeinsam zur Verfügung? Liegen diese Zeiten so und sind sie so gestaltet, dass sie sinnvoll zur Entwicklung und Gestaltung von Zukunft genutzt werden können? Aufbau der Arbeit: Im ersten Kapitel wird das Thema expliziert und werden Aufbau, Methode und Grenzen der Fragestellung werden. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Formen des Umgangs mit Zukunft und unterschiedliche Methoden der Vorausschau beschrieben. Dabei liegt der Fokus auf den zeitlichen Voraussetzungen für individuelle und kollektive Entwicklung von Zukunftsvorstellungen und für die demokratische Gestaltung von Zukunft. Im dritten Kapitel werden auf Basis naturwissenschaftlicher, medizinischer und psychologischer Quellen die zeitlichen Strukturen und Bedürfnisse des Menschen erläutert. Es wird dargestellt, wie diese bewusst und unbewusst auf Zeitvorstellungen und den Umgang mit Zeit und Zukunft einwirken. Der Bogen wird gespannt von der Naturzeit bis zu einer von Menschen in unterschiedlicher Form wahrgenommenen und gestalteten Zeit. Herausgearbeitet werden die negativen Folgen und die positiven Möglichkeiten unterschiedlicher Formen des Umgangs mit Zeit. Zugleich wird verdeutlicht, wie die Gestaltung von Zeit das Denken über Zukunft beeinflussen, ermöglichen oder blockieren kann. Im vierten Kapitel wird gezeigt, wie sich die gesellschaftliche Zeitorganisation und das Zeitbewusstsein historisch verändert haben, während Zukunftsvorstellungen und Zukunftsentwürfe sich gleichzeitig wandelten. Die historische Spanne reicht dabei von den handlungsorientierten Zeitvorstellungen primitiver Gesellschaften, über zyklische, naturnahe Zeitvorstellungen der Agrargesellschaften, bis zur Entstehung linearer Zeitvorstellungen in der Religion und weiter über die entwickelten linearen Zeitvorstellungen der bürgerlichen Gesellschaft hin zur fragmentierten oder digitalisierten Zeit der Gegenwart. Diese Entwicklung verläuft parallel zur Entwicklung der Zukunftsvorstellungen von einer klaren Handlungsorientierung, über Paradieseskonzeptionen und große gesellschaftliche Utopien, zu einer zunehmend individualisierten und verkürzten Vorstellung von Zukunft. Im Mittelpunkt der Analyse steht die enge Verbindung zwischen diesen beiden Elementen. Es wird betrachtet, wie auf frühere Phasen der Geschichte, in denen Zukunft in einem diesseitigen Sinn kaum eine Rolle spielte, Phasen folgen, in denen Zukunft als langfristige Gestaltung der Welt und des eigenen Lebens das Denken der Menschen präge, während heute die kurzfristige Gestaltung des individuellen Lebens im Vordergrund steht. In einem kurzen Schlusskapitel werden zwei zentrale Ergebnisse formuliert: 1. Der Mensch ist in zeitlicher Sicht grundsätzlich abhängig von den Zeiten der Natur. Die Natur (die innere und die äußere) ist rhythmisch strukturiert und diese Rhythmen sind gekennzeichnet durch eine Vielfalt von Zeitformen und Bedürfnissen. Die Gesellschaft muss auf diese Vielfalt Rücksicht nehmen und sie in ihre Zeitorganisationsentscheidungen integrieren, um eine Balance von Stabilität und Flexibilität zu entwickeln. 2. Zeitvorstellungen und Zukunftsvorstellungen sind epochal unterschiedlich. Dabei prägt die jeweilige Zeitvorstellung zentral die Vorstellungen von Zukunft. Auch wenn heute immer mehrere Zeitvorstellungen nebeneinander existieren, die individuelle Wahl- und Orientierungsentscheidungen ermöglichen, gibt es doch dominante Vorstellungen von Zeit und eine gesellschaftliche Ordnung der Zeit, die diese Optionsvielfalt wesentlich verringern. Abschließend werden kurze Hinweise auf einen zukunftsfähigen Umgang mit Zeit und Zukunft unter den Stichworten Zukunftsgestaltung, Zeitbrachen, Chillout, individuelle Reflexion und Zukunftsoffenheit gegeben.
Die Arbeit thematisiert den postulierten Zusammenhang zwischen Informationstechnologie (IT) und gesellschaftlichem Wandel. Von Interesse ist hier, wie das Paradigma technologiegetriebenen Wandels in unterschiedlichen Gesellschaften aufgenommen wird. Grundlage der vorliegenden Ergebnisse sind ethnographische Forschungen zwischen 1999 und 2002 in der Republik Zypern (Nicosia), Kolumbien (Bogotá), Rumänien (Timisoara), Indien (Mumbai, Pune, Bangalore) und den Vereinigten Staaten (San Francisco, Silicon Valley). Es wurden insgesamt achtzig Experten im IT-Sektor als Mitglieder transnationaler Berufsgemeinschaften in Technologiezentren und Innovationsregionen unter einer vergleichenden Perspektive zur Bedeutung von IT für Wandel in ihren Gesellschaften befragt. Aus kulturanthropologischer Perspektive kann der Begriff Informationstechnologie als Teil eines dichten "konzeptionellen Feldes" betrachtet werden, ausgestattet mit "kulturellen Logiken", in denen Konzepte wie Modernität, Entwicklung und Fortschritt zentral sind. Experten machen Eingaben in "konzeptionelle Konfigurationen" von Informationstechnologie und können als Akteure an "kulturellen Schnittstellen" identifiziert werden, die kulturelle Diskurse über Informationstechnologie als Werkzeug zur gesellschaftlichen Restrukturierung herstellen und transportieren. Unter dem Ansatz von akteursgetriebenen Wandlungsdynamiken können sie als konstitutiv für die Erzeugung kultureller Logiken der Veränderung und der Erneuerung, und damit einer "Kultur des Wandels" gelten. Die Untersuchung versteht sich als Beitrag zum Wissensfortschritt in der Kulturanthropologie zur Analyse von gegenwärtigen Modernisierungs- und Entwicklungsprozessen in gegenwärtigen Gesellschaften unter der Perspektive von Transnationalisierung.
Unter ausdrücklicher Berufung auf unterschiedlichste Bedrohungen "unserer" Inneren Sicherheit werden seit Jahrzehnten Gesetze verabschiedet und umgesetzt, der staatliche Repressionsapparat ausgebaut, aufgerüstet und diversifiziert. Innere Sicherheit ist hierbei ein Terminus, der begrifflich ein hinsichtlich Formen und Inhalten äußerst heterogenes Feld abdeckt. Hierzu zählen Vollzugspolizeien, Geheimdienste, Justiz, Ministerialverwaltungen, der Bereich Politik und Politiker, Gesetze, diverse Fachwissenschaften, kritische Intellektuelle, Medien (vgl. Cremer-Schäfer 1993, 17 f.) und allerlei Phänomene, die in den genannten Bereichen bzw. von den genannten Akteuren als Bedrohungen verhandelt werden (z. B. "gewöhnliche Kriminalität", "Chaoten", "islamische Fundamentalisten" etc.). Eine Aufzählung, die sich ohne weiteres noch fortsetzen ließe. Mögen die angenommenen Gefährdungen Innerer Sicherheit auch selten in Zweifel gezogen werden, die Politik Innerer Sicherheit ist gleichwohl umstritten. Die Auseinandersetzung darum ist mitnichten nur Gegenstand von Expertenstreits in den akademischen Nischen entsprechender Fakultäten, sondern wird in Parlamenten ebenso geführt wie in den Medien. Sie findet seit jeher ihren Weg bis ins Feuilleton. Unstrittig bleibt somit fürs erste bloß eines: Innere Sicherheit ist kein neues Thema. ...
Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach veränderten Kommunikationsverhalten am Beispiel der Auswirkungen der Mobilfunknutzung auf soziale Beziehungen nach und vergleicht die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse mit dem herkömmlichen Festnetztelefon sowie der Face-to-face Gesprächssituation. Dazu wurden soziologische Texte, aktuelle Umfrageergebnisse sowie eine eigens durchgeführte Stichprobenanalyse ausgewertet. Der Forschungsschwerpunkt behandelt daher nicht demographische Untersuchungen der Mobilfunkanwender oder Nutzungsprofile sondern konkrete Fragestellungen, ob und wie das Mobiltelefon hilft, soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen. Als Einführung wurde die Geschichte des Mobiltelefons anhand von technischen, politischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten erläutert. Dabei sticht die schnelle zeitliche Durchdringung des Mobiltelefons in weite Teile der Bevölkerung hervor (mehr als 70 Prozent in 2002). Diese Entwicklung wurde einerseits möglich durch wirtschaftspolitische Weichenstellungen zur Deregulierung und technischem Fortschritt, andererseits aber vor allem durch eine schnelle gesellschaftliche Akzeptanz. Diese breite Akzeptanz, deren Grundvoraussetzung die Adoption ist, wurde als Hinführung zum Forschungsschwerpunkt in Kapitel 2 ausführlich untersucht. Neben der Diskussion des gesellschaftlichen Wandels in der modernen Gesellschaft stand vor allem das Verhältnis von Technik und Gesellschaft sowie der Adoptionsprozess und die gesellschaftliche Annahme des Mobiltelefons im Mittelpunkt. Nach Erläuterung der relevanten soziologischen Konzepte und Definition der wichtigsten Begriffe sowie der methodischen Vorgehensweise wurde der Forschungsschwerpunkt in drei Kapitel gegliedert. - Der erste Abschnitt untersucht soziale Beziehungen und hinterfragt nach der Steigerung beziehungsweise Verringerung sowie der Intensität der sozialen Kontakte bei Mobilfunknutzung. Letzerer Frage schließt sich eine abwägende Diskussion zwischen Erreichbarkeit und Verfügbarkeit an. - Die Ausführungen zu steigender Mobilität in der modernen Gesellschaft sowie dem Einfluss des Mobiltelefon auf die Mobilität und Flexibilität der Individuen folgt im zweiten Abschnitt inklusive der Fragestellung, ob das Nutzen des Mobiltelefons die Grenzen zwischen Privatheit und Beruf verschiebt. - Im dritten Abschnitt werden die Auswirkungen der Mobilfunknutzung in sozialen Räumen im Sinne des Gegensatzes Privatheit und Öffentlichkeit behandelt. Dazu gehören die Unterpunkte Intimität und Selbstinszenierung, Einflussnahme auf die Umwelt und Konflikte im öffentlichen Raum. Die Untersuchungen führen zu folgenden Haupterkenntnissen: - Das Nutzen des Mobiltelefons erleichtert die Kontaktaufnahme und führt daher zu einer Zunahme medial vermittelter Sozialkontakte. Trotz Substitutionseffekten mit dem Festnetztelefon vor allem im Ortsbereich handelt es sich um ein Ergänzungsmedium, dass für häufigere Kommunikation sorgt, da das Telekommunikationsaufkommen (gemessen in Gesprächsminuten) stark ansteigend ist. - Trotz häufigerer Sozialkontakte ist die Intensität der Gespräche bei der Mobilfunknutzung reduziert. Intensität ist hierbei definiert anhand von Gesprächslänge, -themen, -partner und -anlass, nicht als subjektive Empfindung eines Mobiltelefonates. Diese verminderte Intensität kann im Extremfall den Fortbestand von sozialen Beziehungen gefährden, falls ausschließlich mit Mobiltelefonen kommuniziert wird. Im Einklang mit allgemeinen Tendenzen des sozialen Wandels erlaubt das Mobiltelefon eine schnelle Kommunikation, bei der überwiegend knappe Inhalte übermittelt werden. Dies wird einerseits belegt beim Vergleich der Kommunikationsminuten von Festnetz und Mobiltelefon, als auch in der Stichprobenuntersuchung durch die durchschnittliche Gesprächslänge, welche ungefähr vier- bis sechsmal kürzer ausfällt. Die Wahl der Gesprächsthemen scheint zu sachlicheren Themen fokussiert zu sein. - Das Mobiltelefon ist personifiziert anstelle des herkömmlichen ortsgebundenen Telefons. Der Vorteil der möglichen Erreichbarkeit wird schnell zur Verpflichtung der permanenten Verfügbarkeit. Bisher ungekannte Kontrollmöglichkeiten und Druck nach Rechtfertigung entstehen. - Der intuitiv verstandende Gewinn an Mobilität führt zur einer höheren Flexibilität des Mobilfunknutzers. Aufgrund dieser findet die Loslösung der Kommunikation von lokalen Sozialkontakten statt. Damit steht das Mobiltelefon im Einklang mit dem gesellschaftlichen Wandel zur steigenden Mobilität, wie die Jahresberichte des Statistischen Bundesamtes belegen. - Die gewonnene Mobilität und Flexibilität können durch die permanente Erreichbarkeit ein Verschieben der Grenze zwischen Beruf und Privatheit bewirken und somit teilweise diese Zunahme wieder einschränken. Durch das Nutzen eines Mobiltelefons ist es daher nicht mehr einfach möglich, die eigenen sozialen Räumen zu verlassen. - Der öffentliche Gebrauch eines Mobiltelefons steht im Konflikt zwischen dem intimen Charakter eines Privatgespräches und der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, welche zur Selbstinszenierung führen kann. Als Folge dessen entstehen Regelverletzungen, besonders da bei Entgegennahme eines Mobilfunkgespräches die Aufmerksamkeit von örtlich Anwesenden zum "virtuellen" Gesprächspartner überwechselt. - Besagte Konflikte im öffentlichen Raum durch gleichzeitige Anwesenheit des Mobilfunknutzers in konkurrierenden sozialen Räumen werden einerseits durch das Entstehen von Gebrauchsregeln für das Mobiltelefon wie dem Mobiltelefonverbot am Steuer, andererseits durch das Gewöhnen der Gesellschaft an das öffentliche Nutzen des Mobiltelefons entschärft. Die vorliegende Arbeit kommt damit zu Erkenntnissen, die mit den Ergebnissen anderer Autoren verglichen werden können: - Auch bei anderen Autoren, die sich aktuell mit dem soziologischen Auswirkungen der Mobiltelefonie beschäftigen, ist unbestritten, dass das Mobiltelefon die Kommunikation fördert und somit zu mehr sozialen Kontakten beiträgt. Dies wird zum Beispiel von Geser und Haddon festgestellt. Über die Intensität im Sinne von Gesprächslänge, -thema, -partner und –anlasses ist hingegen nur ansatzweise in der vorliegenden Literatur diskutiert worden. - Neben der allgemeinen Überzeugung des Gewinns an Flexibilität und Mobilität durch das Mobiltelefon und der damit verbunden Möglichkeit zur Kommunikation in Unkenntnis des Aufenthaltortes sind verschiedene kritische Stimmen zur Frage der Vermischung zwischen Privatheit und Beruf und nach der durch Erreichbarkeitsverpflichtung entstehenden Kontrolle vorhanden. Dies wird besonders bei Geser erörtert. - Übereinstimmend werden auch die besondere Problematik der Mobilfunknutzung in der Öffentlichkeit und dem damit verbundenen Konfliktpotential erkannt. Neben oben genannten Autoren diskutiert Ling dieses Thema ausführlich. In der abschließenden Tabelle sind die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse dieser Arbeit, ihre Begründungen und Schlussfolgerungen sowie einige Kernbeispiele als Kurzzusammenfassung aufgeführt.
Der Begriff Gruppendynamik ist überbestimmt. Er kann erstens die psychosozialen Prozesse meinen, die Gruppen die Erfüllung ihrer Aufgabe schwer machen. Zweitens bezeichnet Gruppendynamik eine vorwiegend sozialpsychologische Forschungsrichtung, die sich mit der Untersuchung von Gruppen und ihrer Eigengesetzlichkeit befaßt. Und drittens hat sich unter dem Namen Angewandte Gruppendynamik eine Interventionspraxis herausgebildet, deren Ziel die methodische Beeinflussung der gruppendynamischen Phänomene und Prozesse ist. Diese Interventionspraxis ist der Gegenstand dieser Arbeit. Wie und warum es zu einer Trennung von Gruppendynamik als akademischer Forschungsrichtung und Gruppendynamik als Interventionspraxis kam, obwohl sie sich mit denselben Phänomenen befassen, ist selbst Teil des zu Untersuchenden. Gruppendynamik als institutionalisierte Praxis besteht in Deutschland seit mehr als 30 Jahren. Das erste deutsche gruppendynamische Laboratorium fand im Geburtsjahr des Autors, 1963, statt. Dazwischen hat Gruppendynamik zahlreiche Metamorphosen durchgemacht. Von einer emanzipatorischen Methode der „Neufundierung von Autorität“ in den 70er Jahren wandelte sie sich zu einer Schlüsselqualifikation für Organisationsberater in der 80ern. Heute ist sie zwischen Therapie, Supervision und Beratung angesiedelt und nur schwer als eigenständige Methode erkennbar. Gruppendynamik ist zu einem „historischen Begriff“ geworden und für einen solchen gilt Max Webers Einsicht, daß man ihn nicht nach dem Schema: genus proximum, differentia specifica definieren kann, „sondern er muß aus seinen einzelnen der geschichtlichen Wirklichkeit zu entnehmenden Bestandteilen allmählich komponiert werden. Die endgültige begriffliche Fassung kann daher nicht am Anfang, sondern muß am Schluß der Untersuchung stehen.“ Diese Arbeit beginnt deshalb nicht mit einer Definition von Gruppe, Gruppendynamik und gruppendynamischer Praxis, sondern geht von einigen wenigen Zentralkonzepten aus, die bis heute zum normativen Kernbestand der angewandten Gruppendynamik gehören und versucht mit deren Hilfe, die Besonderheit gruppendynamischer Praxis freizulegen. Laboratorium, Trainingsgruppe, Hier und Jetzt-Prinzip sowie Minimalstrukturierung bilden zusammen den strukturellen Rahmen gruppendynamischer Praxis: den gruppendynamischen Raum. In ihm sind die Teilnehmer mit dem gruppendynamischen Strukturproblem konfrontiert: Zugehörigkeit, Macht und Intimität kollektiv zu gestalten und zu erforschen. Die Rekonstruktion von gruppendynamischem Raum und gruppendynamischem Strukturproblem ist Inhalt von Teil I dieser Arbeit. In Teil II wird danach gefragt, welche soziale und affektive Dynamik das gruppendynamische Strukturproblem induziert. Diese Dynamik wird in zweifacher Perspektive untersucht: im Blick auf das soziale Netzwerk Gruppe wird Gruppendynamik als Vergemeinschaftungsprozeß interpretiert, im Blick auf die Individuen als Übertragungsgeschehen. Der sozialisationstheoretische Rekurs auf die Dynamik der Primärgruppe Familie und der präadoleszenten Peer-group kann zeigen, daß das gruppendynamische Strukturproblem universelle und elementare sozialisatorische Konflikte hervorruft. Teil III greift die ungelösten Fragen von Teil I auf und stellt die spannungsvolle Geschichte der Gruppendynamik von Deutschland nach Amerika und zurück dar. Gruppendynamik, entstanden aus einem Junktim von Forschen und Verändern, hat auf ihrem Weg dieses Junktim aufgelöst und die beiden auseinander gebrochenen Hälften jeweils an die akademische Kleingruppenforschung und an die angewandte Gruppendynamik delegiert. Das hat der angewandten Gruppendynamik eine hohe Anschlußfähigkeit an die Bedürfnisse des Selbsterfahrungs- und Fortbildungsmarktes sowie der Organisationsberatung verschafft. Die Rückseite dieses Geschehens bildet eine in den entsprechenden Fachpublikationen regelmäßig beklagte Theoriestagnation. Die historischen Exkurse können bei der Frage weiterhelfen, wie sich die Besonderheit von Gruppendynamik im Dreieck von Forschen, Erziehen und Heilen strukturell bestimmen läßt. In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, gruppendynamische Praxis konsequent als Forschungspraxis zu deuten und von allen edukativen und therapeutischen Methoden abzugrenzen. Können die Teile I und II zeigen, daß das gruppendynamische Strukturproblem die Teilnehmer in einen übertragungsreichen Vergemeinschaftungsprozeß führt, können die Fallstudien in Teil IV zeigen, wie dies geschieht und wie Gruppen kollektiv unter Begleitung der Trainer diese Aufgabe gestalten. Material der Fallstudien sind Trainingsgruppen aus gruppendynamischen Fortbildungsveranstaltungen, die von den entsprechenden Dachverbänden der deutschen, schweizer und österreichischen Gruppendynamiker ausgeschrieben wurden. Diese Fallstudien können also relativ viel über die Prozesse in T-Gruppen sagen und wenig über das gruppendynamische Geschehen in Großgruppen. Doch da eine T-Gruppe, in der Regel bestehend aus einem Dutzend Teilnehmer und einem Trainerpaar, den normativen Kern der meisten gruppendynamischen Veranstaltungen bildet, läßt sich durch deren Analyse Wesentliches über gruppendynamische Praxis herausfinden, auch wenn die Intergruppen- und Großgruppendynamik ein wichtiger Bestandteil dabei ist. Mit der Methode der ojektiven Hermeneutik werden zwei Trainingsgruppen ausführlich analysiert. Die erste Gruppe geht über fünf Sitzungen, die zweite über zehn Sitzungen. Wird am Material dieser Gruppen der gruppendynamische Prozeß untersucht, so beleuchten die vier Fallvignetten jeweils einzelne Facetten gruppendynamischer Praxis. Die Ergebnisse dieser Fallstudien dienen dann im Teil V dazu, den gruppendynamischen Prozeß in seiner elementaren Dynamik und in seinem Lernpotential zu beleuchten. Die Teile I bis III rekonstruieren gruppendynamische Praxis idealtypisch, sie fragen also nicht danach, welche verschiedenen Formen und Interpretationen von Gruppendynamik sich historisch herausgebildet haben, sondern sie bilden einen Idealtypus. Nun ist die Empirie keine Kollektion von Idealtypen und zur Abbildung der Gruppendynamik in ihrer polypragmatischen Vielgestaltigkeit taugt eine idealtypische Rekonstruktion wenig. Der Zweck einer Idealtypenbildung besteht vielmehr darin, einen Begriff aus der Sache selbst zu entwickeln, an dem die Sache dann gemessen werden kann. Idealtypenbildung geht von der Einsicht aus, daß eine Theorie ihrem Gegenstand nur angemessen ist, wenn sie aus ihm entwickelt worden ist, deshalb gehen Theoriebildung und Fallrekonstruktion bei der Idealtypenbildung parallel einher. In der akribischen Rekonstruktion eines Einzelfalles in seiner Besonderheit soll also die Logik des Falles ineins mit der Logik der Gattung freigelegt werden. Das Ziel eines solchen Verfahrens besteht darin, weder die Fallanalysen zur Illustration vorgegebener Theorie verkommen zu lassen, noch theorielos einen Fall ideographisch abzubilden, ohne in ihm die individuelle Allgemeinheit des Falls zum Vorschein zu bringen. Ob dies gelang, kann nur die Evidenz der in Teil IV dargestellten Fallstudien entscheiden. Die hier gewählte Darstellungsform der Trennung von idealtypischer Rekonstruktion und Fallrekonstruktion, spiegelt den realen Forschungsverlauf nicht wider. Im Forschungsprozeß war die Idealtypenbildung aufs engste verwoben mit der sequenzanalytischen Fallrekonstruktion und es haben sich in ihm detaillierte Sequenzanalysen, Exkurse und Modellbildung ohne Systematik abgewechselt. Wollte man den Forschungsverlauf in seiner Sukzession darstellen, würde dies die Lesbarkeit der Analysen immens erschweren. Deshalb wurde aus Darstellungsgründen idealtypische Rekonstruktion und Fallrekonstruktion getrennt mit dem Preis, daß die Modelle und theoretischen Hintergrundsannahmen, von denen die Analyse ausgeht, nicht in ihrer Entwicklung am konkreten Material mitdokumentiert werden. Dies ist ein schmerzlicher Kompromiß, der nur mit dem Gewinn an Systematik und Stringenz der Darstellung aufgewogen werden kann. Gruppen und damit auch deren Dynamik waren und sind eines der zentralen Themen der Soziologie. Doch hat die Soziologie deren Erforschung immer mehr an die Sozialpsychologie abgetreten. Diese Arbeit versucht, die Gruppendynamik ein kleines Stück für die Soziologie wiederzugewinnen. Gruppendynamik ein Vierteljahrhundert nach ihrer Hochblüte zu erforschen, bietet die Chance, sie jenseits aller ideologischen Auseinandersetzungen und ohne den auftrumpfenden Gestus, der die Aktionsforschung lange Zeit begleitete, als das in den Blick zu bekommen, was sie zuerst einmal ist: eine einzigartige Methode zur Erforschung und Veränderung von Gruppen. Die gesellschaftliche Abenddämmerung, in der sich Gruppendynamik manchmal zu finden glaubt, ist die beste Stunde für die Eule der Minerva.
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung wird bislang in erster Linie auf politisch und/oder geografisch abgrenzbare Einheiten bezogen. So ist im Sinne der Agenda 21 das Ziel einer global nachhaltigen Entwicklung nur zu erreichen, wenn das Leitbild von den Nationalstaaten bis hin zu den Kommunen anerkannt und umgesetzt wird. Zur Überprüfung der Fort- und Rückschritte der internen Entwicklung wurden zahlreiche Indikatorensysteme entwickelt. Die Operationalisierung der allgemein gehaltenen Brundtland-Definition von Nachhaltigkeit erfolgt dabei meist über die Bestimmung von Themenfeldern oder die Formulierung von Teilzielen für die ökologische, ökonomische und soziale Dimension der Nachhaltigkeit. Was aber bedeutet nachhaltige Entwicklung in den internationalen Beziehungen? Wird Deutschland seinem Anspruch gerecht, sein Verhältnis zu anderen Staaten am Leitbild der Nachhaltigkeit zu orientieren? Wie lässt sich dies überprüfen? Zur Untersuchung dieser Fragen werden im ersten Teil der Arbeit das Konzept der nachhaltigen Entwicklung, die Probleme der Bestimmung und Konkretisierung dieses Konzepts sowie die Frage der Messbarkeit von Nachhaltigkeit und Entwicklung betrachtet. Dabei wird die ab Mitte der 1960er Jahre geführte wissenschaftliche Diskussion zur Bestimmung von Entwicklungs- und Sozialindikatoren, die durch den Human Development Index des UNDP ab 1990 neue Impulse erhalten hat, für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren anschlussfähig gemacht. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Berücksichtigung des Konzepts nachhaltiger Entwicklung in der amtlichen Statistik und alternative Ansätze zur Erfassung ökologischer Aspekte. Daran schließt die Behandlung von Indikatorensystemen zur Nachhaltigkeit an, wobei der Ansatz der Commission on Sustainable Development (CSD) und die damit in Costa Rica und Deutschland gewonnenen Erfahrungen im Mittelpunkt stehen. Aufbauend auf den theoretischen Grundlagen wird im zweiten Teil ein Indikatorensystem zur Nachhaltigkeit in den internationalen Beziehungen entwickelt und am Fallbeispiel Deutschland – Costa Rica getestet. Zur Ergänzung werden dazu neben den Dokumenten zur United Nations Conference on Environment and Development (UNCED) von 1992 die Ergebnisse der weiteren Weltkonferenzen der 1990er Jahre sowie die Millennium Development Goals (MDG) berücksichtigt. Im Anschluss an die Themenfeldanalyse wird das von der CSD erarbeitete Indikatorensystem auf seine Übertragbarkeit auf internationale Beziehungen hin analysiert. Auf dieser Grundlage wird ein Indikatorensystem vorgeschlagen, mit dem die Entwicklungen in den verschiedenen Teilbereichen internationaler Beziehungen gemessen werden können. In der Schlussbetrachtung wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich das entwickelte Analyseraster und die zur Erstellung des Themenkatalogs und des Indikatorensystems herangezogene Methode auf die Beziehungen zu anderen Ländern übertragen lassen. Handlungsvorschläge für die Konzeptionen der Entwicklungszusammenarbeit und für die Weiterentwicklung von Indikatorensystemen bilden den Abschluss der Arbeit.
"Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die bunt-scheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen, als das nackte Interesse, als die gefühllose "bare Zahlung". Sie hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürger-lichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung er-tränkt. Sie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt."
Karl Marx/Friedrich Engels
In diesen wenigen Zeilen aus dem Jahre 1848 haben Karl Marx und Friedrich Engels das Thema umrissen, das die Gründungsväter der deutschen Soziologie – Ferdinand Tönnies, Georg Simmel und Max Weber – ein bis zwei Generationen später entfalteten. Nun waren die genannten großen Drei sicherlich keine Marxisten – das war Marx, laut Selbstauskunft, bekanntlich auch nicht –, aber die von Marx und Engels entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit so fulminant in Szene gesetzte Empörung hallt auch noch bei ihnen, die doch, der allgemeinen Legende zufolge, der Soziologie als wertfrei-empirischer Wissenschaft ihr Gepräge gaben, nach. Die Empörung ist, um es vorweg zu sagen, moralischer Natur. Oder genauer: sie ist ethisch motiviert, sofern man an der vor allem durch Hegel pointierten Unterscheidung von Moralität und Sittlichkeit festhalten wollte. Und: sie ist der Bearbeitung des "Themas" durch Tönnies, Simmel und Weber nicht äußerlich. Im Gegenteil. Die "Culturprobleme", die die Gründungsväter der deutschen Soziologie in Folge der politischen, vor allem aber der industriellen Revolution aufgeworfen sahen, zeigten sich ihnen zumal im Lichte ethischer Problemstellungen. Ja mehr noch, beinahe deren gesamte theoretische Arbeit ist, zugespitzt gesagt, auf das eine ethische Problem der radikalen Entsittlichung der modernen Lebensführung zugeschnitten. – Das ist schon der Ausgangspunkt oder, wenn man will, die allem weiteren zugrundeliegende These dieser Arbeit. Diese schlichte und keinesfalls neue Beobachtung möchte ich vor folgendem Hintergrund verstanden wissen. ...
Einleitung: Die Arbeit stellt den in der Medientheorie bezüglich neuer Kommunikationsmedien und virtuellen Arbeitsmöglichkeiten im Internet vorherrschenden Mythen die empirischen Befunde der Untersuchung einer medial unterstützten, interdisziplinär und räumlich verteilt praktizierten Forschungskooperation gegenüber. Damit betritt sie Neuland, da der Einsatz neuer Kommunikationstechnologien bisher vor allem im Rahmen organisationssoziologischer Studien im Bereich der Wirtschaft, im Bereich des E-Learnings oder für nicht-wissenschaftliche Nutzergruppen im öffentlich zugänglichen Internet analysiert worden sind. Die Studie offenbart dabei die Wirkmächtigkeit lokal gegebener Bezüge und Relevanzen, welche die immer wieder betonten medial gegebenen Freiheiten eines raumund zeitunabhängigen, global angelegten Agierens weitgehend demontieren. Virtualisierte Kooperationsszenarien und Globalität verkörpern dabei den Mythos der medialen Freiheit, das Lokale dagegen holt diese ideal gedachten Visionen auf den Boden der empirischen Tatsachen mit seinen im soziokulturellen Feld „Wissenschaft“ eingebundenen Akteuren zurück. Dieses Ergebnis birgt wissenschaftspolitischen Sprengstoff, denn extensive Mediennutzung und Interdisziplinarität gelten als zentrales Gebot der Zeit und werden als unumgänglich angesehen – können aber im System Wissenschaft mitunter nicht durchsetzbar sein. Die Studie zeigt, dass die in der Medientheorie und Populärmedien verkündeten Möglichkeiten des universellen Einsatzes von neuen Kommunikations- und Medientechnologien für die sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung relativiert werden müssen: Medien werden schwerpunktmäßig als Fortsetzung traditioneller Arbeitsmethoden, dann jedoch durchaus auch sehr effektiv eingesetzt. Ausgangspunkt der empirischen Erhebung ist die medienphilosophisch gestützte Hypothese, dass sich im Feld der Wissenschaft die in digitalen Medien angelegten Möglichkeiten optimal entfalten können und so gegebene Potenziale in greifbare Nähe rücken, etwa eine neue Dimension von Erkenntnismöglichkeiten durch kollektive Wissensgenese. Die Arbeit befasst sich daher mit Einsatz und Bedeutung computervermittelter Kommunikation in einem interdisziplinär und raumübergreifend etablierten Forschungsverbund, wobei das Hauptaugenmerk auf den praktizierten Modi der medial unterstützten Kooperation liegt. Der Zugang zum Feld erfolgte daher mittels teilnehmender Begleitforschung über einen Zeitraum von zwei Jahren. Die methodische Vorgehensweise ist an einer ethnographischen Forschungsauffassung orientiert und setzt auf eine gegenstandsorientierte Verwendung qualitativer Methoden. Es zeigt sich, dass die erwarteten und aktiv angestrebten positiven Effekte keine selbstständig eintretende Folge der Verfügbarkeit ermöglichender technischer Szenarien sind, die sich etwa in Form vernetzter Computer installieren lassen. Vielmehr bildet die Logik des Feldes Wissenschaft mit seinen darin wirksamen institutionellen Strukturen den maßgeblichen Orientierungsrahmen, an dem die beobachtbare Medienverwendung ausgerichtet wird. So kommt bspw. zum Tragen, dass im Wissenschaftlichen Habitus der Stellenwert einer medialen Präsenz oder technischen Expertise unterbestimmt sind und diese keinen elementaren Bestandteil der üblicherweise praktizierten Forschungstätigkeit bilden. Anstatt einer medial bereicherten Erkenntnisproduktion dominiert so ein pragmatischer Medieneinsatz konzentriert auf das unmittelbar Notwendige. Speziell zugeschnittene digitale Möglichkeitsräume für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung (Foren, Wiki, Bild- und Videodatenbank) mit dem gemeinsamen Gegenstand erhalten im untersuchten Feld so den Charakter eines randständigen Schauplatzes und etablieren sich nicht als maßgeblicher Austragungsort der gemeinsamen Diskussion. Unmittelbar aufgabenbezogen einsetzbare Ressourcen dagegen, die bereits in Alltagsroutinen integriert sind wie die E-Mail, haben jedoch ihren festen Stellenwert, etwa in technisch-administrativen Fragen oder im Hinblick auf das laufende Informationsmanagement. In den praktizierten Nutzungsweisen ist somit eine deutliche Dominanz des Schriftlichen im Umgang mit den eingesetzten Informationstechnologien vorherrschend: Für den zeitversetzten medienvermittelten Austausch müssen zur Diskussion stehende Inhalte zunächst in die Textform überführt werden. Phänomene, Themenaspekte oder Materialien, die sich (noch) gegen die Schriftsprache sperren, sind folglich charakterisiert durch „Schweigen“. Schweigen tritt im körperlosen virtuellen Raum und in schriftbasierten Medien jedoch nicht in Erscheinung. Ungeschriebenes ist daher im virtuellen Raum nicht existent und entzieht sich der gemeinsamen, raum- und zeitunabhängigen Bearbeitung. Neue Medien sind als sozial überformte Technologie folglich nicht ausgehend von darüber bereitgestellten Funktionen definierbar. Trotz der Topoi einer digitalen Revolution oder einer Informations- und Wissensgesellschaft, über die das Internet fester Bestandteil der gegenwärtigen materiellen und ideellen Infrastruktur wurde, erhalten die technologischen Artefakte ihre Bedeutung erst in der individuell ausgestalteten Verwendung durch die mit ihr befassten Akteure, wie die Studie über ihren exemplarischen Zugang für den Bereich der sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung zeigt.
Medizinisch-technische Innovationen haben oftmals ihren Ursprung außerhalb des medizinischen Bereichs. Trotzdem werden diese Innovationen erstaunlich positiv aufgenommen, wobei durch sie ein sozialer Wandel, sowohl in der Medizin als auch in der Gesellschaft, in Gang gebracht wird. Dass eine anfangs unbekannte Technologie, die nicht dem ärztlichen Umfeld entstammt, eine große Euphorie auslöst – und nicht Skepsis – ist erstaunlich und bietet sich für Untersuchungen an. Dies ist umso bedeutender, da immer mehr Technologien von außerhalb in der Medizin Einfluss gewinnen. Die Auswirkungen sind hierbei äußerst langfristig. Die Radiologie bietet hierfür interessante Beispiele: Die Röntgenstrahlen wurden vor 110 Jahren entdeckt und haben unverzichtbare Verfahren der diagnostischen Radiologie ermöglicht. Der Computertomograph existiert seit 33 Jahren und hat in dieser Zeit deutliche Fortentwicklungen vollzogen. Die digitalen Bilder des Computertomographen haben heute eine Qualität erreicht, die damals undenkbar war. An das Internet oder die Teleradiologiewurde bei Erfindung des Computertomographen nicht gedacht, dennoch bilden digitale Bilder die Grundlage für weitere Verknüpfungen zwischen Informationstechnik und der Medizin. Die Computertomographie ist daher Ausgangspunkt für eine Digitalisierung in der Medizin. Die Diffusionsforschung technischer Innovationen kann nur unzureichend den extrem raschen Diffusionsverlauf der Computertomographen erklären. Es werden dort nur unzureichend Gründe berücksichtigt, die aus der Medizin kommen. Ein näherer Blick, welche Einflüsse bei der Einbettung medizinisch-technischer Innovationen gegeben sind, die in nichtmedizinischen Bereichen nicht existieren, lohnt sich. Ein Erkenntnisfortschritt kann nur erzielt werden, wenn diese Gründe untersucht werden. Oft wird der allgemeine medizinisch-technische Fortschritt als Erklärungsmuster für vielfältige Veränderungen in der Medizin genommen, lohnend ist jedoch eine Fokussierung auf eine konkrete Technologie. Der medizinisch-technische Fortschritt ist insgesamt für die Erstellung eines Erklärungsmusters zu diffus, um hinreichende Aussagekraft zu liefern. Die Dimensionen des medizinischen und des technischen Fortschrittsunterscheiden sich. Der medizinische Fortschritt bezieht sich auf die Gesundheit, während der technische Fortschritt Produktivitätssteigerungen bezweckt. Obwohl sich durch den Technikeinsatz Änderungen für Ärzte und Gesellschaft ergeben, und Technik in der Medizin an Einfluss gewonnen hat, hat die theoretische Verknüpfung nicht in dem Maß stattgefunden, wie die Technik Einfluss in der Medizin gefunden hat. Theorien, die für Innovationen eine allgemeine Gültigkeit besitzen, werden für die Medizin unzureichend angepasst, daher besteht nur eine oberflächliche Verbindung beider Bereiche. Die Besonderheiten der Medizin bleiben dadurch unbeobachtet oder gehen verloren. Ob ein generalisierender Ansatz das Entstehen und Verbreiten medizinisch-technischer Innovationen richtig erfassen kann, ist zweifelhaft. Soziotechnische Allianzen zwischen Radiologen und Industrie ermöglichen die Einführung einer Innovation. Die teuere Entwicklung der Technologie stellt für den Unternehmer ein Wagnis dar. Die gegenseitigen Beziehungen zwischen Industrie und Radiologen reduzieren das Risiko des Unternehmers und erhöhen die Chance des Arztes ein neues brauchbares Hilfsmittel zu erhalten. Teuere Geräte werden so möglich, da die Akzeptanz in der Medizin signalisiert wurde, dennoch stehen die Auswirkungen des Technikeinsatzes in der Medizin und für die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fest. Der medizinische Nutzen ist u. U. ebenfalls noch ungeklärt.
Ein Vergleich der Schrift Grimmelshausens mit anderen in der Fürstenspiegelliteratur vertretenen Positionen ergab einen völligen Gegensatz zum rein innerweltlichen ratio status-Begriff Machiavellis, aber auch eine weitreichende Differenz zum rational-scholastischen Denken Thomas von Aquins, das Theologie und Philosophie methodisch und inhaltlich trennt und beiden Wissensbereichen je spezifische Erkenntnisquellen zuschreibt. Grimmelshausens Schrift erweist sich als eine wesentlich theologische, die auf einer biblischexemplarischen Argumentation beruht. Für Grimmelshausen gibt es sowohl eine gebotene als auch eine verpönte ratio status. Weil die gebotene ratio status auch eine erforderliche Selbsterhaltung und Pflege des bonum commune gewährleisten soll, ist sie nicht wesentlich vom tradierten Begriff der prudentia zu unterscheiden. Die verpönte ratio status dagegen dreht die Beziehung der gebotenen ratio status zum Gemeinwohl um: Statt das bonum commune zu suchen, folgt der ungerechte Regent ausschließlich seinem bonum privatum. Um die ethische Neutralität dieses Strebens genauer zu artikulieren, wird angedeutet, dass der von der verpönten ratio status geleitete Regent per fas vel nefas handelt. Obwohl weder nach göttlichem noch nach natürlichem Recht Menschen dazu bestimmt sind, über andere Menschen zu herrschen, wird Grimmelshausen zufolge legitime politische Herrschaft in der Regel von Gott mittels des Volkes übertragen. Daher soll das Volk (mit Hilfe Gottes) seine politische Führung selbst bestimmen. Das heißt, dass das Volk berechtigt ist, über die Tugend und Aufrichtigkeit des künftigen Regenten selbst zu entscheiden. Um seine Deutung der Versuchung und Verwerfung des ersten israelitischen Königs zu begründen, stellt Grimmelshausen Sauls ursprüngliche Demut und Tugendhaftigkeit im Einzelnen dar. Saul wird anfänglich mit diesen königlichen Eigenschaften geschildert, um seine spätere Entwicklung zum Tyrannen als Ergebnis seiner Überheblichkeit gegen Gott und seiner fehlenden Selbsterkenntnis zu begründen. Diese Interpretation wird von Grimmelshausen verwendet, um seine Auffassung von der verpönten ratio status mit tradierten Vorstellungen der Tyrannen-Lehre zu verbinden. Anhand der Geschichte Davids stellt der Autor seine theologisch geprägte Erläuterung der gebotenen ratio status exemplarisch dar. Hier wird auch deutlich gemacht, dass die grundlegende Differenz zwischen David und Saul in ihrer unterschiedlichen Einstellung zu Gott besteht und nicht in ihrem äußeren Verhalten. Die Demut und Selbsterkenntnis Davids erlauben es ihm - trotz seiner moralischen Verfehlungen - seine Beziehung zu Gott zu festigen und der gebotenen ratio status zu folgen. Die biblische Darstellung Jonathans wird vom Autor benutzt, um die religiös-politische Rolle von Freundschaft in seiner Vorstellung der gebotenen ratio status näher zu bestimmen. Grimmelshausen betont die tradierte Ansicht, dass die Freundschaft tugendhafter Menschen eine wirkungsvolle Abwehr gegen die Gefahren der verpönten ratio status des Tyrannen bildet. Das unglückliche Ende Jonathans wird dann benutzt, um die politischen Dimensionen der Theodizee-Problematik zu diskutieren. Anschließend verwendet der Autor die Gestalt Joabs, des Heerführers Davids, um Standeserhalt als ein ethisches und politisches Problem einzuführen. Die Besonderheit dieser Diskussion liegt darin, dass sie versucht, die Verpflichtungen übertragener politischer Autorität zu begründen. Grimmelshausen versucht direkte Beobachtungen aus der damaligen Gesellschaft aufzuarbeiten, um die Entstehung und Wirkung der verpönten ratio status zu untersuchen. Dazu benutzt er die Gestalt Oliviers aus Simplicissimus Teutsch. Anhand dieser Verkörperung eines Räuber-Königs wird Machiavellis Vorstellung von der virtú des ethisch-autonomen Regenten in die Diskussion des Autors eingeführt, um einen Kontrast zu der politischen Tugend der frommen Regenten darzustellen. Dabei stellt sich heraus, dass die Entstehung der machiavellischen Mentalität von der luxuria und avaritia des damaligen Handelskapitalismus ermöglicht wurde. In seinen politisch-ethischen Schriften kann Grimmelshausen sich darauf verlassen, dass er einen Grundstock von christlich-biblischen und antiken Vorstellungen und Topoi mit seiner Leserschaft teilt. Dementsprechend kann man eine kontrastive Auseinandersetzung mit der Problematik der ratio status vor dem Hintergrund dieser Gemeinsamkeiten durchführen. Um Zeugnisse dieser Zeit begreiflich zu machen, muss man versuchen, sie in ihrem konkreten historischen und kulturellen Kontext zu verstehen, weil nur in diesem Kontext ihre politischen Absichten sichtbar gemacht werden können, die sich – im Falle Grimmelshausens – sowohl gegen die Entwicklung des modernen Kapitalismus als auch gegen die Herausbildung des absolutistischen Staates richten. Diese Voraussetzungen haben durch die Entwicklung der Politik als eine Erfahrungswissenschaft vieles von ihrer Verständlichkeit verloren. Die Vorstellung, dass die antike Tradition oder die Bibel zeitlos gültige Normen liefern oder dass sie übertragbares Erfahrungswissen oder gültige Analogien und brauchbare Präzedenzfälle bereitstellen, kann heute nur mit Mühe nachvollzogen werden. Die damals vertrauten Ideen, dass Politik die Lehre vom guten und gerechten Leben sei oder dass Ethik, Politik und Ökonomie nicht wahllos auseinandergetrennt werden dürfen, haben vieles von ihrer Selbstverständlichkeit verloren. Eine kontrastive Untersuchung der Gegensätze zwischen Grimmelshausens heilsgeschichtlichem Verständnis biblischer Vorbilder und den innovativen Vorstellungen einiger anderen politischen Denker der Frühen Neuzeit soll exemplarisch zeigen, dass die gleichen Topoi, Personen und Episoden unterschiedliche politische Interpretationen hervorrufen konnten. In einer Zeit, in der das tradierte Verständnis des Königtums und politische Legitimation im Allgemeinen sich grundsätzlich wandelte, konnte diese exegetische Vielfalt als Ausdruck grundlegender politischer Konflikte verstanden werden. Indem man die eher herkömmlich geprägten Beispiele politischer Argumentation in der Arbeit des Autors mit der pragmatischen Rezeption alttestamentarischer Gestalten und Episoden seitens einiger Anhänger des erstarkten Königtums vergleicht, kann man feststellen, dass bereits ein epochaler politischer Wandel sich ankündigte. Die Vermutung liegt nahe, dass durch diesen Wandel die alte sakrale Geschichtsauffassung umgestaltet werden musste, wie Bossuets Discours sur l’histoire universelle deutlich zeigt. Trotz ihrer antiabsolutistischen Absichten war die politische Wirkung der Schrift Grimmelshausens sowohl begrenzt als auch kurzlebig: Mit dem Aufkommen eines säkularen Geschichtsverständnisses verlor die heilsgeschichtlich begründete Darstellung antiabsolutistischer Argumentation weitgehend an Überzeugungskraft. Auf der einen Seite hat diese Entwicklung wohl zu einer Versachlichung politischer Argumentation geführt. Andererseits hat sie zu einer Verschleierung der politischen Intentionen des Autors beigetragen.
O programa de ajustamento estrutural na república da Guiné-Bissau : Uma avaliação política e ética
(2007)
Os guineenses assumiram o desenvolvimento como uma das metas a atingir e a estabilização e o ajustamento foi-lhes imposta como solução para os problemas estruturais existentes. No entanto, a forma como têm vindo a ser concebidos pelo Banco Mundial e pelo Fundo Monetário Internacional, direccionada sobretudo para a área económica, acabou por limitar o papel dos Programas de Ajustamento Estrutural (PAE) tidos como indutores do desenvolvimento, tornando-os num agregado de premissas austeras, com resultados não esperados. As propostas do FMI e do BM, tendendo para a liberalização económica e estímulo dos mercados em detrimento da intervenção estatal, traduzem-se em medidas de redução de taxas de utilização dos serviços públicos, supressão de subsídios, redimensionamento da administração pública, cortes, congelamentos salariais e privatizações. Os resultados destas reformas foram catastróficos, porquanto não só não melhoraram o défice orçamental, como os efeitos negativos das restrições orçamentais sobre o bem-estar, geraram um ambiente de promiscuidade social e o agravamento do sector informal como estratégia de sobrevivência Tendo em conta o objecto em estudo, isto é, a relação de forças que encontrámos entre o relacionamento entre os actores políticos guineenses e as Instituições Financeiras Internacionais, notámos que a ausência de comportamentos éticos também influiu nos resultados. Por um lado, o BM e o FMI, perante um Estado fragilizado, apresentaram condicionalismos à obtenção de empréstimos e ajudas, por outro lado, os actores guineenses, mesmo perante este dilema, não se coibiram do exercício da corrupção, do clientelismo e do neo-patrimonialismo, como estratégia para o enriquecimento fácil. Palavras-chave: Programas de Ajustamento Estrutural; Desenvolvimento; Boa governação; Ética e Moral.
Die Ausgangsfrage lautete: Warum konnte sich die berufliche Pflege trotz einer Stärkung und Aufwertung, die in der Akademisierung und beginnenden Verwissenschaftlichung, aber auch in einer die Pflege stärkenden Gesetzgebung zum Ausdruck kamen, noch immer nicht als eigenständiger Beruf oder gar als Profession etablieren? Bei der Beantwortung dieser Frage bin ich von der Annahme ausgegangen, dass Gründe für den Misserfolg auch im Diskurs zur Etablierung der Pflege an den Hochschulen zu suchen waren, der doch versuchte, die Grundlagen für die Emanzipation zu schaffen. In der Feinanalyse einer Reihe von charakteristischen Beiträgen im Diskurs habe ich gezeigt, wie sich bestimmte Strategien der Anpassung aneinander und auch an andere übergeordnete Diskurse durchgesetzt haben. Diese Orientierung beinhaltete neben einer Distanzierung von den Interessen der Mehrheit der Berufsangehörigen auch die immer deutlichere Tendenz, den Professionsstatus nicht mehr für alle einzufordern, sondern unterschiedliche Professionalisierungen für die verschiedenen Berufsgruppen zu legitimieren. Damit wurde der Forderung nach einer Autonomie des Berufs, also der Selbstbestimmung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, der Unabhängigkeit pflegerischer Interventionen von der ärztlichen Weisung, der Zusammenfassung aller Berufsangehörigen in einer die beruflichen Interessen vertretenden Organisation, jegliche Grundlage entzogen. Somit erklärt sich auch, warum das Professionalisierungsprojekt, das mit Hilfe von Akademisierung und Verwissenschaftlichung vorangetrieben werden sollte, bis heute nur wenig Resonanz bei den beruflich Pflegenden findet – eine Resonanz und Unterstützung, derer sich die DiskursteilnehmerInnen zu Beginn ihrer Debatte noch vergewissern wollten, die sie dann aber aus den Augen verloren haben, obwohl sie für die Realisierung der Forderungen notwendig gewesen wäre. ...
Die Dissertation möchte einen kritischen Blick auf die Interkulturelle Pädagogik in Deutschland werfen. Nach einer Auseinandersetzung mit den Inhalten des Fachgebietes folgt eine soziologische und psychologische Herangehensweise, die das Ziel verfolgt, einen erweiterten Blick auf die Thematik interkultureller Inhalte zu richten. Anschliessend werden verschiedene Theatertechniken und -projekte vorgestellt, die beispielhaft zeigen sollen wie die Absichten der Interkulturellen Pädagogik in die Gesellschaft transferiert werden können.
Drogendealer stehen auf der Beliebtheitsskala unserer Gesellschaft nicht gerade auf einem der vorderen Ränge. Im Gegenteil: Drogendealer sind böse, von vielen verachtete und gehasste Menschen. Niemand möchte Drogendealer als Nachbarn haben, keiner ihnen im Dunkeln begegnen. Von Eltern sind sie meist genauso gefürchtet wie Sexualstraftäter. Drogendealer – so sagt der Volksmund – verführen die armen, unschuldigen Kinder unserer Gesellschaft zu Drogen, bringen sie auf die so genannte schiefe Bahn und – noch viel schlimmer – sind dafür verantwortlich, dass die Kinder zu abhängigen, willenlosen Geschöpfen werden, zu Versagern. ...
Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen das qualitative soziologische Interview und seine Auswertung. Hierzu werde ich die im Zusammenhang mit einem konkreten abgeschlossenen Forschungsprojekt geführten Interviews und deren Interpretation empirisch untersuchen. Die zentrale erkenntnistheoretische Basis besteht in der Vorstellung einer narrativen Konstruktion von Wahrheit sowie der Vorstellung von wissenschaftlicher Geltung im Allgemeinen und der Geltung dieser konkreten Auswertungen im Besonderen. ...
Mit der vorgelegten Dissertation wird ein Beitrag zur Diskussion um Beschäftigungssicherung unter veränderten globalen und betrieblichen Beziehungen geleistet. Aufgezeigt werden betriebliche Strategien im Umgang mit Beschäftigungskrisen in der Metall- und Elektroindustrie und der Beitrag einer aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Sicherung von Beschäftigung. Hintergrund bilden die massiven Beschäftigungseinbrüche, insbesondere Anfang der 1990er Jahre, in der Metall- und Elektroindustrie. Veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Verlauf des Strukturwandels führten zu einer Umorientierung bei den Unternehmens- und Managementstrategien, um auf veränderte Marktanforderungen und verschärfte Wettbewerbsbedingungen zu reagieren und auch weiterhin Gewinnspannen realisieren zu können. Neue Reorganisationskonzepte in den Unternehmen und der zunehmende Druck der von Shareholder Value-Strategien ausgeht, führen immer wieder zu unternehmerischen Anpassungsstrategien, die mit Stelleneinsparungen einhergehen. Am Ende betrieblicher Reorganisation steht häufig der Verlust von Arbeitsplätzen. Allein der Blick auf das Endresultat Personalabbau reicht allerdings nicht aus, um die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf Betrieb, Beschäftigte und nicht zuletzt den Arbeitsmarkt erfassen zu können. Ziel der Arbeit ist es, anhand der Analyse von vier Fallstudien Ansatzpunkte dafür zu finden, wie Prozesse im Rahmen von Beschäftigungsabbau beeinflusst und gestaltet werden können. Dabei werden neben betriebsinternen Möglichkeiten der Beschäftigungssicherung ebenfalls Beschäftigungsperspektiven in der Region in den Blick genommen. Für diese Studie wurde ein disziplinenübergreifender Ansatz gewählt, in dem Elemente der Industriesoziologie und der Arbeitsmarktforschung integriert sind. Im Bereich der Industriesoziologie wird auf die Arbeitspolitik und damit einen handlungsorientierten Ansatz der Industriesoziologie zurückgegriffen. Aus dem Bereich der Arbeitsmarktforschung dient der segmentationstheoretische Ansatz als theoretische Grundlage, um die Strukturierung des Arbeitsmarktes und ihre Verfestigung aufzeigen zu können. Präventive Beschäftigungssicherung zu untersuchen setzt voraus, die Grenzen zwischen industriesoziologischen und arbeitsmarktpolitischen Fragestellungen zu überschreiten. Diese Forschungsperspektive ermöglicht es, den in der Regel zu engen Blick auf die Bestandssicherung der vom Abbau bedrohten Arbeitsplätze zu erweitern und ihn für die Beschäftigungsperspektiven im Unternehmen selbst und über das Unternehmen hinaus zu öffnen.
Feministische Politik in der Türkei ist das Ergebnis von jahrelangen, politischen Kämpfen, Aushandlungsprozessen, Verhandlungen und umkämpften Strategien der feministischen Bewegung in einer politischen Gesellschaft und Öffentlichkeit, die durch eine hegemoniale Männlichkeit gekennzeichnet ist. Die politischen Praktiken und die frauenpolitischen Artikulationen der feministischen Bewegung stützen sich auf wertvolle Ressourcen, wie feministische Wissensaneignung, feministischen Aktivismus und die Sammlung von Erfahrungen in einer langjährigen, politischen Auseinandersetzung mit den patriarchalen, männerbündischen und männlichhegemonialen Gesellschaftsstrukturen in der Türkei. Dass die feministische Bewegung hierbei auch ein Potential für eine gesamtgesellschaftliche, demokratiefördernde und emanzipatorisch-transformierende Bewegung aufweist, liegt auf der Hand. Politischoppositioneller Radikalismus und fundamentale Gesellschafts- und Demokratiekritik sind politische Charakteristiken der feministischen Bewegung, die sie als eine der emanzipatorischsten sozialen Bewegungen in der Türkei seit den 1980ern in die politische Gesellschaft trägt. Die gegenwärtigen feministischen Debatten über die vermeintliche "NGOisierung" der feministischen Bewegung, den "Projektfeminismus" (vgl. Sirman 2006; Üstündag 2006; Bora 2006; Yalcin 2006; Hacivelioglu 2008), die Bündnisse mit staatlichen Institutionen und Akteuren bzw. Akteurinnen und den dadurch eingetretenen Verlust der ihr "einst" innewohnenden, gesamtgesellschaftlichen Radikalität (vgl. Mutluer 2007a; Üstün 2007a; Coban 2008) sind in Anbetracht der politischen Dynamik und Wirkungsmacht, die sich die feministische Bewegung seit 2000 wieder aneignen konnte, notwendige Auseinandersetzungen um eine politische "Neupositionierung" in der politischen Gesellschaft und der sich verändernden politischen Konjunktur in der Türkei. ...
The impact of the end of the Cold War on United States foreign and defense policy in the 1990s is frequently misunderstood within the field of International Relations. On the one hand, it is often assumed that the US was able to achieve a substantial ‘peace dividend’ after finally claiming victory over the Soviet Union. Yet it is also common for scholars to see the early potential for a more peaceful international order after the cessation of Cold War hostilities as having been frustrated by a series of unexpected events during the 1990s. On the other hand, scholars who focus on understanding contemporary developments and the prosecution of US foreign and defense policy in the Global War on Terror often restrict their analysis to the unfolding of recent events, rather than critically investigating the roots of contemporary US defense policy, which lie in the years immediately following the fall of the Berlin Wall and the end of the Cold War in 1989. This thesis puts forward the notion that the contemporary parameters of US security policy can only be fully understood when they are placed within a broader analytical narrative that incorporates the politics of US defense policymaking during the late-1980s, as well as the decade following the end of the Cold War. In doing so, it suggests two key factors not sufficiently highlighted in the existing literature. The first is that analyzing how US ‘defense coalitions’ are formed, which conditions facilitate their influence on the defense policy agenda, and what the consequences of this are for US security strategy is crucial to understanding the intense political struggles that inform US threat perception, strategic planning, and the development of major weapons systems. Building on earlier theories of the Military-Industrial Complex, the concept of defense coalitions establishes greater analytical leverage for providing a compelling account of the dynamics of change and continuity in US defense policy during the 1990s. The second factor is the importance of studying the use of rhetorical action, which is aimed at the construction of an overarching security narrative, for understanding how political entrepreneurs within the US defense policy community have sought to shape the post-Cold War defense policy agenda. In sum, the thesis argues that political elites who were committed to the maintenance of a high volume of US defense spending in ‘peacetime’ were able to shape how external events were interpreted within the defense policy community, in order to construct a new overarching security narrative that helped to legitimize their policy goals.
Genauso wie die zentralen materiellen Güter unserer Gesellschaft sozial ungleich verteilt sind, ist auf einer zeitlichen Ebene die Zeit sozial ungleich verteilt. Kann die Zeit als eine zentrale Ungleichheitsdimension bezeichnet werden? Um dieser Antwort auf die Spur zu kommen, wird ein besonderer Untersuchungsblickwinkel gewählt, der an eine bestehende Debatte in der Ungleichheitsforschung anschließt. An die Entstrukturierungsthese anknüpfend, die das Verschwinden vertikaler Strukturen beschreibt, wird davon ausgegangen, dass soziale Schichten als klassisches Konzept der Soziologie noch immer eine wichtige Bedeutung im gesellschaftlichen Leben aufweisen. In einer Sekundäranalyse mit einem Datensatz der amtlichen Statistik (Zeitbudgeterhebung 2001/02) wird deshalb die ungleiche Verteilung auf der Ebene der Alltagszeit mit einem Schichtungsansatz verbunden. Die Zeit äußert sich im Lebensalltag der Menschen vor allem als abstrakte Zeit, sie ist die in homogene Einheiten eingeteilte Zeit. Die zentrale Hypothese dieser Arbeit lautet: Die Zeiten der alltäglichen Routine - Schlafenszeit, Erwerbsarbeitszeit, Hausarbeit, Freizeit und Wegezeit - sind ungleich in verschiedenen sozialen Schichten verteilt. Neben Zeitlängen werden auch die Uhrzeiten, wann etwas getan wird, und der Ort, wo etwas getan wird, theoretisch und empirisch in die Analyse integriert. Geschlecht und Alter ergänzen als horizontale Dimensionen die Forschungsperspektive. Weil Frauen und Männer keine homogene Gesamtheit darstellen, werden schichtspezifische Differenzierungen innerhalb der Geschlechter bei der (un)gleichen Verteilung der Zeiten der alltäglichen Routine untersucht. Die mittleren sozialen Schichten weisen in der "Durée der Alltagserfahrung" oft Konvergenzen auf, während vor allem die Unterschicht und Oberschicht kontrastreich in vielen Aspekten der Zeiten im Alltag sind. Am Wochenende haben die Akteure der "Unterschicht und unteren Mittelschicht" die längsten Erwerbsarbeitszeiten, die Akteure der "Oberschicht und oberen Mittelschicht" die geringsten. Weil ihre Arbeitszeit in einer Zeitinstitution liegt, die für Regeneration steht, sind die Akteure der "Unterschicht und unteren Mittelschicht" bei der bezahlten Arbeitszeit in diesem Aspekt benachteiligt. Für Frauen gilt: Je niedriger die soziale Schichtzugehörigkeit, desto kürzer sind die bezahlten Erwerbsarbeitszeiten an einem Werktag. Die schichtspezifische Regionalisierung der bezahlten Arbeitszeit macht die soziale Ungleichheit deutlich: Die Arbeitszeiten sind für soziale Schichten in Zonen am Tag eingeteilt: Die erwerbstätigen Akteure der "Unterschicht und unteren Mittelschicht" beginnen die Alltagsroutinen der Erwerbsarbeit viel früher am Morgen - im Durchschnitt 2 Stunden früher - und beenden diese auch früher am Tag. Ihre Mittagspause ist in einer anderen Zeitzone verortet (12 Uhr) als die Mittagspause der Erwerbstätigen aus "Oberschicht und oberen Mittelschicht" (13 Uhr). Männer der Oberschicht haben weitläufigere Zonen bei Freizeiten und bezahlten Arbeitszeiten. Dadurch eröffnen sich ihnen neue Interaktionsrahmen, in denen Wissen und Macht vermehrt werden können. Im Vergleich zu anderen Dimensionen sozialer Ungleichheit lassen sich Vor- und Nachteile sozialer Zeit schwieriger bestimmen. Während mit höherem materiellem Wohlstand, zunehmender Macht, Bildung und zunehmendem Prestige die Vorteile und Begünstigungen in der Gesellschaft ansteigen, so gilt diese "Je mehr desto besser" Regel bei der Zeit nicht unbedingt.
Semiotik der Außenkulturpolitik : Sport, Künste, Wissenschaft & Personenaustausch in der Staatenwelt
(2010)
Lorenz von Stein und die Französische Revolution : Zeitgeschichte als Theorie der Gesellschaft
(2010)
Mikrozensus online
(2010)
Diese Arbeit untersucht, unter welchen Voraussetzungen Online-Befragungen effizient in die Datenerhebung des Mikrozensus zu implementieren sind. Zu konstatieren ist folgende Ausgangssituation: Seit nun mehr zehn Jahren gehören Online-Befragungen zu dem festen Repertoire der Umfrageforschung. Sowohl in der Markt- und Meinungsforschung, hier hat der Anteil von Online-Befragungen in Vergleich zu den etablierten Befragungsformen seit dem Jahre 2000 um rund 30 % zugenommen, als auch in der sozialwissenschaftlichen Forschung ist diese Form der Datenerhebung nicht mehr wegzudenken. Den großen Stellenwert, den Online-Befragungen mittlerweile in der Umfrageforschung erlangt haben, konnten sie bis dato in der amtlichen Statistik nicht erreichen. Zwar etablierten sich Online-Erhebungen auch hier im Rahmen des angestrebten Bürokratieabbaus, dies aber nur im Bereich der Unternehmensstatistiken. Einzig den Unternehmen stehen mit den beiden Internetportalen IDEV (Internet Datenerhebung im Verbund) und eSTATISTIK.core gegenwärtig zwei innovative Online-Meldeverfahren zur Verfügung, die im Zuge des angestrebten Bürokratieabbaus zur Entlastung der Unternehmen von ihren Aufgaben im Rahmen der amtlichen Statistik beitragen. Im Bereich der amtlichen Bevölkerungsstatistik findet diese Innovation ganz im Gegensatz zu der übrigen sozial-wissenschaftlichen Forschung wenig Anklang. Gleichwohl sind nicht nur Unternehmen, sondern auch Bürger durch die verpflichtende Teilnahme an amtlichen Statistiken in einem erheblichen Maße belastet. Zwar ist die Teilnahme bei den meisten bevölkerungsstatistischen Befragungen freiwilliger Natur, aber alleine der Befragungsumfang – ein Interview im Mikrozensus dauert beispielsweise für eine erwerbstätige Person ca. 30 Minuten – bedeutet für die betroffenen Haushalte einen beachtlichen Zeitaufwand der, wie diese Arbeit darlegt, durch Online-Befragungen spürbar zu vermindern ist. Will man die Anwendungsmöglichkeiten von Online-Befragungen für bevölkerungsstatistische Erhebungen wie den Mikrozensus sachgerecht beurteilen, ist zu berücksichtigen, dass Bevölkerungsbefragungen der amtlichen Statistik unter anderen Voraussetzungen stattfinden als nicht amtliche Befragungen. Zwar gelten für beide die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen, die amtlichen Statistiken unterliegen aber überdies dem Legalitätsprinzip. Das Legalitätsprinzip, welches für jede durchzuführende Bundesstatistik ein eigenes Gesetz vorsieht, schafft nicht nur die rechtliche Grundlage für Bundesstatistiken, sondern reglementiert auch restriktive ihre Durchführung. Vor jeder Bundesstatistik steht somit ein Gesetz, dass den Befragtenkreis, den Berichtszeitraum, die Periodizität der Erhebung, die Erhebungsmethodik und insbesondere die Auskunftspflicht explizit anordnet. Es werden hiermit Rahmenbedingungen gesetzt, deren Erfüllung unabdingbar für den Einsatz von Online-Befragungen innerhalb der Mikrozensuserhebung sind. Außer den vorgefundenen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind bei der Anwendung von Online-Befragungen auch die spezifischen Vorzüge und Probleme dieser Datenerhebungsmethodik zu bedenken, um diese substanziiert in einer Mikrozensuserhebung zum Einsatz bringen zu können. Als Vorteile von Online-Befragungen gelten gemeinhin die erweiterte Funktionalitäten in der Fragebogengestaltung. Diese reduzieren einerseits die oben beschriebene Belastung der Bürger bei einer Teilnahme an Befragungen, andererseits tragen sie zu einer nachhaltigen Steigerung der Datenintegrität bei. Ebenso ist mit Online-Befragungen durch den Wegfall von Interviewer- und Wegekosten eine augenfällig kosteneffizientere Erhebungsdurchführung möglich. Den beschriebenen Vorteilen stehen jedoch auch Schwächen, wie beispielsweise Stichprobenrepräsentativität oder Erreichbarkeit der Befragten gegenüber. Diese sind für eine effiziente Einbindung von Online-Befragungen in den Mikrozensus gleichwohl zu bedenken. Aufbauend auf einer ausführlichen Beschreibung der aktuellen Mikrozensuserhebung wird nach einer systematischen Darstellung der Vor- und Nachteile von Online-Befragungen ihre Umsetzung im Mikrozensus erörtert. Von großer Bedeutung für die Umsetzung Erhebung sind die bei der Durchführung entstehenden Kosten, die Stichprobengewinnung und deren Repräsentativität sowie im Falle des Mikrozensus die Einhaltung der Auskunftspflicht. Im Lauf der Arbeit wird gezeigt, dass Online-Befragungen als eigenständige Erhebungsmethodik angesichts der mangelnden Stichprobenrepräsentativität sowie des nicht flächendeckenden Internetzugangs der deutschen Bevölkerung nicht in der Lage sind, die im Mikrozensus etablierten Befragungsformen vollständig zu ersetzen. Ihr Einsatz als Ergänzung zu den beiden etablierten Erhebungsformen aber durchaus möglich und sinnvoll ist. Betrachtet man den Einsatz von Online-Befragungen im Mikrozensus unter ökonomischen Gesichtspunkten, so lassen sich im Hinblick auf die hohe Wiederverwertbarkeit von elektronischen Fragebögen in erheblichem Umfang Kosten bei der Erstellung von Erhebungsunterlagen einsparen. Auch lässt sich das Mahnverfahren, in das nicht auskunftsbereite Haushalte gelangen, sowohl zeitlich als auch personell rationeller gestalten. Für die Kontrolle der eingegangenen Erhebungsunterlagen ist angesichts der hohen Automatisierung von Online-Befragungen ein geringerer Arbeitsaufwand notwendig. Der ökonomische Aspekt bezieht sich nicht alleine auf die Durchführungskosten. Der Mikrozensus ist ein wichtiger nationaler Bestandteil der europäischen amtlichen Statistik. Wie die Arbeit nachweist verkürzt sich infolge der direkten Datenerfassung durch den Befragten und des geringeren Kontrollaufwands der erhobenen Daten die Zeit für die Datenaufbereitung. Damit ist eine schnellere Bereitstellung der Mikrozensusergebnisse für die Zwecke der nationalen und europäischen amtlichen Statistik möglich. Der Kosteneffizienz stehen naturgemäß in anderen Bereichen höhere Ausgaben gegenüber. So ist bei einer Einführung von Online-Befragungen mit Mehrausgaben in Rahmen der Hard- und Softwarebeschaffung zu rechnen. In Anbetracht der bereits vorhanden informationstechnologischen Ausstattung (Server, Laptops, IT-Fachkräfte) in den Statistischen Landesämter schlägt die Durchführung von Online-Befragungen mit einem geringen finanziellen Mehraufwand zu Buche. Auch ermöglichen Online-Befragungen, die bereits hohe Datenintegrität noch zu steigern. Neben den bereits in CAPI-Befragungen erprobten Verfahren wie Plausibilitätskontrollen oder der automatischen Filterführung, die fehlerhafte Dateneingaben vermeiden, lässt sich zur Sicherung der hohen Datenqualität das bereits seit Langem in der Dateneingabe verwandte Signierungsverfahren für die Erfassung von Beruf und Wirtschaftszweig verwenden. Übertragungsfehler, die infolge der manuellen Dateneingabe auftreten, sind damit weitgehend auszuschließen. Neben den beschriebenen ökonomischen Aspekten und dem der Datenintegrität ist es die Bürgernähe, welche eine Erweiterung des im Mikrozensus verwandten Methodenmixes um Online-Befragungen rechtfertigt. Durch das anspruchsvolle Frageprogramm, das im umfangreichen Selbstausfüllerbogen zu bearbeiten ist, sind die vom Mikrozensus betroffenen Haushalte durch ihre Teilnahme einer erheblichen zeitlichen Belastung ausgesetzt. Mit den erweiterten Funktionalitäten von Online-Fragebögen (z. B. automatische Filterführung und Signierungsverfahren) lässt sich die Bearbeitungszeit für die selbstausfüllenden Haushalte erheblich verringern. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf die Datenqualität aus, sondern vermittelt auch ein Bild von der amtlichen Statistik als ein innovatives am Bürger orientierten Institution. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Online-Befragungen dank der beschriebenen Vorteile eine sinnvolle Ergänzung zu den bereits etablierten Datenerhebungsverfahren im Mikrozensus bilden. Ihr Einsatz darüber hinaus auch in anderen bevölkerungsstatistischen Erhebungen sinnvoll sein kann.
Es ist Ziel der Dissertation, einen Zusammenhang von Migration und Integration zu erarbeiten und ihn anhand einer qualitativen Befragung von Migrantinnen exemplarisch darzustellen. Das bedeutet, die Soziologie der Integration um ihr migratorisches Vorfeld zu erweitern und den Einfluss von Herkunft und Migrationsgeschichte auf den Integrationsverlauf zu prüfen. Empirische Grundlage der Arbeit sind narrative Interviews mit 15 türkischen und 15 russischen Migrantinnen zu ihrer Migrationsgeschichte und ihren Integrationserfahrungen in Deutschland. Die Forschungsfrage lautet: In welchem Maße sind Herkunftskultur und Migrationsgeschichte mitbestimmend für den Integrationsverlauf von weiblichen Zuwanderern? Daraus ergaben sich drei Forschungshypothesen. Sie thematisieren (1) den Einfluss der Migrationsgeschichte auf den Integrationsverlauf, (2) den Einfluss der Herkunftskultur auf Migrationsgeschichte und Integrationsverlauf, (3) und dass Migration zu Identitätswandel führt. Methode ist ein induktiv-verstehendes Vorgehen. Sie steht im Rahmen einer phänomenologischinterpretativen Analyse und findet in dieser Forschungsfrage ihren Anwendungsfall. Sie befasst sich mit den sozialen Repräsentanzen in der Person, denen Sozialisation (Herkunftskultur) und die Strukturen der Migrationsentscheidung (Migrationsgeschichte) zugrunde liegen. Die Antwort auf die Frage, ob die Entscheidung zur Migration individuell oder innerhalb der Familie getroffen wird, liefert deutliche Hinweise auf Verhalten und Einstellungen in der postmigratorischen Situation. Die relativ individualistische Gestaltung des Migrationsgeschehens, wie sie Russinnen berichten, und die gebundene Familienwanderung, wie sie Türkinnen erleben, markieren getrennte Lebenswelten mit ebenso getrennten weiblichen Rollenerwartungen. Sie setzen sich fort in typischen Integrationshürden und unterschiedlichen Bewältigungschancen von Fremderfahrung. Dies berechtigt, durchgehende Beeinflussungsstränge von Herkunftskultur auf Migrationsgeschehen und Integrationsverlauf anzunehmen. Kein Migrationsvorgang bleibt von der Frage des Identitätswandels unberührt. Die Erfahrung von Fremdheit und der Bedeutungsverlust der Herkunftskultur in der „Alltäglichkeit“ des Aufnahmelandes werden von der Migrantin als krisenhaft erfahren. Die Arbeit konnte aufzeigen, wie Herkunftskultur und Migrationsgeschichte für den Integrationsverlauf der befragten Migrantinnen bestimmend sind.
Lebensstil und Nationalstaat
(2012)
Ziel der folgenden Studie ist es, in vier aufeinander aufbauenden Schritten zu untersuchen, ob oder inwieweit in der gegenwärtigen deutschen Lebensstilforschung die
wechselseitige Beeinflussung zwischen "Lebensstilen" einerseits und dem deutschen "Nationalstaat" andererseits analytisch aufbereitet und hinterfragt wird. Im Vordergrund dieses Forschungsvorhabens steht die Frage, wie Individuen respektive gesellschaftliche Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland über ihren Lebensstil im politischen Gebilde des deutschen Nationalstaates verankert sein könnten.
Demzufolge wird das relativ neuartige soziologische Moment der Lebensstile mit der vornehmlich politologischen Materie Nationalstaat kontrastiert. Diese Gegenüberstellung soll einen neuartigen Beitrag dazu leisten, tatsächliche inhaltliche und strukturelle Anknüpfungspunkte dieser gegenwärtig weitestgehend getrennt verlaufenden gesellschaftswissenschaftlichen Diskurse aufzuzeigen, um sie folgenden Debatten zuzuführen, in denen die weitere gesellschaftliche bzw. nationalstaatliche Gegenwart und letztlich auch Zukunft fokussiert wird. Dem Forschungsansatz liegen dabei zwei zentrale Hypothesen zugrunde: - I - Zum einen die Annahme, dass allen in der gegenwärtigen deutschen Lebensstilforschung maßgeblichen Studien keine analytisch verwertbare nationalstaatliche, aber auch kollektive Rahmung zugrunde liegt und gerade in diesem Auslassen eine elementare Schwäche der herkömmlichen Lebensstiltheorien zu identifizieren sein könnte. - II - Zum anderen die Vermutung, dass auch in allen Studien, die im Mittelpunkt der deutschen Nationalstaatstheorie bzw. -forschung stehen, die analytische Kategorie Lebensstil letztlich keine Berücksichtigung findet und gerade das Fehlen eines derartigen empirischen Ansatzes als Teilursache des sehr hohen Abstraktionsgrades dieses gesellschaftswissenschaftlichen Teilbereichs erkannt werden kann.
Beide zentralen Hypothesen gehen mit der äußerst interessanten Frage einher, ob nicht durch eine wechselseitige Verknüpfung einerseits der vor allem empirisch fundierten Ansätze der Lebensstilforschung und andererseits der eher theoretischen Modelle der Nationalstaatstheorie
zumindest punktuell konzeptionelle Schwächen beider Theoriestränge zu beheben sind.
Im ersten Arbeitsabschnitt der hier vorgelegten Studie werden die vier soziologischen Hauptwerke Emile Durkheims einem eingehenden analytischen Diskurs unterzogen. Es wird geprüft, in welcher Hinsicht einzelne analytische Kategorien und Thesen der Durkheimschen Gesellschaftstheorie einen Beitrag zur Erweiterung des Untersuchungsrasters etablierter Lebensstil- und Nationalstaatstheorien zu leisten und gegebenenfalls konzeptionelle Lücken in der Rekonstruktion und Reflektion des sozialen Raumes zu schließen vermögen. Hierauf aufbauend werden in einem zweiten Arbeitsschritt zunächst die noch immer als herkömmliche Klassiker angesehenen Lebensstiltheorien Max Webers, Georg Simmels und Pierre Bourdieus einer definierten Betrachtung unterzogen. Im Rahmen dieser Untersuchung, in der die relevanten Lebensstiltheorien Webers, Simmels und Bourdieus darzulegen sind, werden die unterschiedlichen konzeptionellen Ansätze Webers und Simmels aufgezeigt und zusammen mit den aus dem vorangehenden Kapitel über die Durkheimsche Soziologie stammenden Erkenntnissen der Lebensstiltheorie Bourdieus gegenüber gestellt. Die Frage nach dem möglichen Wechselverhältnis zwischen Lebensstilen und einem modernen Nationalstaat westlicher Prägung ist bei der Betrachtung der angeführten "klassischen" Lebensstiltheorien stets eingebunden.
Im anschließenden dritten Arbeitsschritt werden die in der gegenwärtigen deutschen Sozialforschung maßgeblichsten Lebensstilkonzeptionen einer eingehenden, mehrstufigen Untersuchung unterzogen. Hierbei werden die auf Seiten der sog. "Strukturierungsmodelle" zentralen Studien Werner Georgs, Annette Spellerbergs und Hartmut Lüdtkes, in denen modernen Lebensstilen ausgehend von einer eindeutigen Rückbindung an klassische objektive Grundlagen resp. Ressourcen auch vermehrt subjektive Facetten zugebilligt werden, und das sog. "Entstrukturierungsmodell" von Karl Hörning et al. mit den in den vorangehenden Arbeitsschritten ausgearbeiteten analytischen Kategorien kontrastiert.
Ausgehend hiervon werden im vierten Kapitel zunächst noch einmal die im vorangehenden dritten Kapitel tatsächlich identifizierten expliziten kollektivsoziologischen bzw. nationalstaatlichen Momente der reflektierten Lebensstiltheorien zusammengefasst, um in einem anschließenden Arbeitsschritt jeweils exemplarische Ansätze herauszuarbeiten, wie - wenn möglich oder erforderlich – etwa die in dieser Studie fokussierten Lebensstilmodelle vor allem anhand markanter kollektivsoziologisch, nationalstaatstheoretisch, aber auch sozialstrukturanalytisch relevanter Items konkret erweitert werden können. Diesem für Studie "Lebensstil und Nationalstaat" maßgeblichen Vorhaben liegt dabei die Prüfung des zweiten Bestandteils der zentralen Hypothese I zugrunde, dass auf diese Weise ein Beitrag zur Weiterentwicklung der analysierten Lebensstilkonzeptionen geleistet werden kann und diese zugleich auf eine profundere theoretische Basis gestellt werden können. Der zweite Schwerpunkt des vierten Kapitels widmet sich dann der Klärung der überaus fordernden Frage nach einer sinnvollen Annäherung bzw. wechselseitigen Ergänzung der deutschen Lebensstilforschung und der Nationalstaatstheorie in Deutschland und wird konsequenter Weise durch eine pointierte Analyse klassischer und moderner politikwissenschaftlicher Nationalstaatstheorien abgebildet.
The dissertation focuses on the semiconductor industry to analyze the current state of the international division of labor and its impact on the engineering labor process. Three extensive case studies on design centers of semiconductor companies located in Central and Eastern Europe (CEE) are used to bridge two major gaps in the current academic debate. While the discussion on the development of the international division of labor in manufacturing has already moved towards a more sophisticated perspective that acknowledges a multi-centric structure of international division of labor, on the level of engineering work the hierarchic dichotomy of center and periphery still prevails. Analyzing both location and upgrading processes as well as the labor process the study is able to challenge this perspective. With the focus on CEE the dissertation re-focuses the analysis on a region hitherto not very prominent in research on the international division of labor and the electronics industry. The semiconductor industry with its decade long history of internationalization of both production and product development allows the analysis to focus on local upgrading and control in the labor process that are already stabilized and not anymore distorted by adjustment dynamics of initial phases of internationalization. The study is organized in two major parts representing its two levels of perspective - industry and work. First, the industry perspective with the development of global networks of production and development is used to analyze the industry organization and geographic scope of the developing international division of labor. The Global Production Network approach with its upgrading perspective is combined with research on locational decisions of R&D operations, innovation dynamics and work categories to sketch the shifts in the electronics and semiconductor industry. The study is able to show how a network based industry organization is developing, that is however increasingly driving processes of vertical integration through triangular restructuring. Based on data from field research in CEE in three extensive case studies the focus is put on the upgrading process of chip design centers in global networks of production and development. Using work categories to assess both local upgrading as well as location within global design networks the study is able to show how peripheral operation are able to develop into relatively central design centers. The most important result of the study is its account on processes of integration, through which locally integrated product development teams emerge that comprise of almost all necessary functions for product development. With this the often perpetuated idea of an increasingly modularized and internationalized engineering work is challenged. Simultaneously, a new phase in the process of internationalization is described that is characterized by increased localization, while the integration into and reliance on global networks is growing. Second, the study analyzes the engineering labor process within global networks of production and design of the electronics industry. The Labor Process Theory (especially Friedman's approach) is used to analyze the control in the engineering labor process in chip design centers in CEE. Its main argument is that the labor process in peripheral product design locations in CEE has developed considerably with regards to levels of autonomy in work tasks organization and control structure. The labor process in these formerly peripheral design centers has developed towards a project organization where managerial strategies tend towards responsible autonomy. However, a layered structure of control strategies is used by management, where forms of direct control often undergird strategies of responsible autonomy. The ability to develop an efficient labor process organization is dependent on the ability to reduce the international interface contacts towards the beginning and the end of development projects. This is directly linked to the process of local integration, or functional upgrading, through which the technical and managerial capabilities that are necessary for such a work organization are developed locally. This is the point where the international division of labor and the labor process organization need to be developed in unison through company strategy. However, local worker struggle, mostly through resistance by individual engineers, has also decisive effects on the development of the labor process. Additionally, local factors such as the labor market are central to the analysis advancing a more dialectical perspective on the relations between global and local levels of internationalization. The analysis shows how integrated forms of international division of labor are increasingly developing.
Nachdem zunächst Ziel und Forschungsgegenstand dieses Aufsatzes erläutert (1.2.1) wurden, werden die Definitionen der Leitbilder verdeutlicht, der in diesem Aufsatz eine zentrale Rolle spielen (1.2.2). Danach werden die vorangegangenen Studien über die „Leitbilder“ der deutschen Außenpolitik zusammengefasst und die Fragestellung dieser Arbeit diskutiert (1.2.3). Da ein Ziel dieser Arbeit die Verdeutlichung der Kontinuitätsund Wandelseite des „Leitbildes“ ist, das die deutsche Außenpolitik in der Realität verfolgt, fasst der Verfasser schließlich die Debatte über „Kontinuität und Wandel der deutschen Außenpolitik“ zusammen. Hier wird der Verfasser die Debatte über „Kontinuität und Wandel der deutschen Außenpolitik“ mit der Debatte über „Leitbilder“ der deutschen Außenpolitik konvergieren. Dadurch wird der Verfasser verdeutlichen, dass sich im „Leitbild“ die Essenz der deutschen Außenpolitik widerspiegelt (1.2.4).
Die vorliegende Untersuchung orientierte sich im Kern an der Frage, wie Bildung und Wissen als gesellschaftliche ebenso wie als wirtschaftliche Ressource zum Ausgangspunkt für eine in die Zukunft weisende gesellschaftlich-politische Programmatik werden könnten. Gemeint ist damit die Formulierung einer idealerweise auch auf Unterstützung durch politik- und sozialwissenschaftliche Forschung zurückgreifende Zielvorstellung. Auf deren Basis sollten die politische, ökonomische und sozio-kulturelle Fortentwicklung des Libanon gestattende Reformen initiierbar sein und bestehende Entwicklungs- Repräsentations- und Identitätsdefizite vermindert oder gar behoben werden können.
Die zur Beantwortung dieser Frage vorgenommene, vier Haupt-Untersuchungsschritte umfassende Analyse setzte in einem ersten Untersuchungsschritt (Kapitel 2) bei der Schilderung der Entstehungsbedingungen des heutigen Libanon an, dessen geostrategische Lage als eine der Hauptursachen für die politische Situation des Landes, auf dessen Territorium unter anderem auch nichtlibanesische Akteure kriegerische Handlungen austrugen, identifiziert wurde. Insgesamt wurden sowohl exogene wie auch endogene Faktoren für die durch eine chronische Instabilität gekennzeichnete politisch-historische Problematik des Libanon herausgearbeitet. Dabei wurden insbesondere zahlreiche Zäsuren und schwerwiegende innenpolitische Dissenskonstellationen in der politischen Geschichte des Libanon evident. Anschließend wurden die heute vorzufindenden spezifisch-libanesischen Strukturen von Politik, Ökonomie und Gesellschaft in den Blick genommen und neben den schon genannten Identitäts- politischen Repräsentations- und Entwicklungsproblemen folgende gesellschaftlich-politische Problemlagen identifiziert: auf Globalisierung und Bürgerkrieg zurückzuführende ökonomische Probleme - aus politischer Instabilität und dem Nahostkonflikt resultierende Probleme - Aus der innenpolitischen Systemkrise und Reformresistenz ableitbare Probleme. Als die zentralen innenpolitischen Probleme wurden die Existenz bewaffneter subnationaler Akteure, die ungleiche Verteilung von Machtressourcen und entsprechende Machtasymmetrien zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen sowie das den ganzen Libanon überziehende und desintegrativ wirkende Patronage- und Klientelsystem, politischer Konfessionalismus sowie fragile Institutionen im Zusammenhang mit einem verbreitet uneffektiv operierenden Staatsapparat benannt. Außerdem wurden aus strukturellen Ungleichheiten gesellschaftlicher Gruppen hervorgehende soziale Probleme identifiziert. Dabei konnte gezeigt werden, dass auch das libanesische Bildungswesen von allen genannten innenpolitischen Defiziten infiziert und damit strukturell erheblich geschwächt wurde. Das in einer Zeit, in der die Ressource Wissen – Wissensproduktion und Wissensintensität - ein immer wichtiger werdender Treiber für Innovation, Wohlstand und gesellschaftlich-ökonomische, aber auch soziokulturelle Weiterentwicklung darstellt. Als ein entscheidendes Moment wurde außerdem der Dauerkonflikt der zentralen politischen Akteure benannt, aus dem das Fehlen eines konsistenten politischen Handelns und das unter anderem – neben dem chronischen Repräsentationsproblem - darauf beruhende staatliche Legitimationsdefizit entscheidend beruhen.
Der zweite Untersuchungsschritt (Kapitel 3) legte in drei Teilschritten die theoretischen und definitorischen Grundlagen der Untersuchung, indem dargelegt wurde, was unter Bildung einschließlich ihrer Merkmale, Strukturen und Steuerungsoptionen zu verstehen ist und wie sich Erziehung und Sozialisation voneinander unterscheiden. Dabei wurden die verschiedenen in der arabischen Sprache für Bildung benutzten Begriffe vorgestellt, die eine wissens-, erfahrungs-, entwicklungs- bzw. wachstums- oder kultur- bzw. verhaltensbezogene Dimension haben können. Bildung wurde überdies als ein Prozess aufgefasst, in dessen Verlauf das Individuum reproduzierbare Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, doch zugleich auch persönliche Werthaltungen und Einstellungen internalisiert. Parallel dazu wurde die die Entwicklung der Gesamtgesellschaft fördernde Funktion von Bildung herausgestrichen, indem auf bildungsinduzierte Veränderungen auf gesellschaftlicher politischer, kultureller und ökonomischer Ebene wie aber auch auf der Individualebene (Wissenstransfer) und Interaktionsebene (kommunikatives Rollenhandeln) verwiesen wurde. Gesprochen wurde in diesem Zusammenhang von einem kollektiven Lernvorgang, der den Wandel gesellschaftlicher Steuerungskapazitäten und damit struktureller Problemlösungsmöglichkeiten eines Gesellschaftssystems einschließt. Es wurde argumentiert, dass es unter der Voraussetzung der Kreation potentieller Entwicklungschancen – Bildung als Entwicklungsmotor - zur Schaffung neuer Strukturen durch Bildung, verstanden im Sinne eines eigenständigen gesellschaftlich ausdifferenzierten und institutionalisierten Bereichs, kommen kann. Das daran gekoppelte Geschehen wurde erstens unter den für den Libanon systemspezifischen Kontextbedingungen von Sozialisation sowie den sich an sozialen und politischen Interessen orientierenden Erziehungsnormen expliziert und zweitens als Instrument für die Sicherung von Qualifikation sowie politischer Legitimation und Ausübung von Herrschaft beschrieben. Drittens wurde Bildung als eine zentrale Prämisse für Emanzipation und Demokratisierung gesellschaftlicher Strukturverhältnisse gekennzeichnet.
Viertens wurde die stets knappe und distinktive Züge tragende Ressource Bildung als gesellschaftsstrukturierender Vorgang angesichts der Interdependenz zwischen Bildungschancen sowie Bildungspartizipation einerseits und dem sozialen Status des Individuums und dessen Familie andererseits herausgearbeitet und in diesem Kontext die gravierende Ungleichheit beim Zugang zu Bildung im Libanon nachgewiesen.
Die beiden folgenden Teilschritte befassten sich mit bildungspolitischen Überlegungen hinsichtlich der Gestaltung von institutionellen Bildungsprozessen sowie mit der Veränderung des Bildungsgeschehens und dessen Einfluss auf Umfang und Charakter des Humankapitals im Rahmen des Globalisierungsprozesses. Dabei wurde zunächst die Steuerungsfunktion von Bildungspolitik im Rahmen des Treffens zentraler Entscheidungen über die Zukunft des Landes thematisiert. Bildungspolitik inklusive Bildungsplanung und Bildungsökonomie wurden insofern als eine zentrale Schnittstelle politisch-strategischen Handelns in Bezug auf die inhaltliche und politische Ausrichtung des libanesischen Bildungssystems im Lichte seiner Qualifikations-, Allokations- und Sozialisationsfunktion von Bildung identifiziert. Die libanesische Bildungspolitik wurde in einen Zusammenhang mit der Multireligiosität sowie der Konkurrenzkonstellation zwischen staatlichen und religiösen Bildungseinrichtungen sowie den daraus resultierenden Auswirkungen auf politisches und gesellschaftliches Handeln reflektiert. Dabei wurden die bildungspolitische Inkohärenz in Bezug auf Form, Inhalt und Prozesse sowie besonders die ideologische Funktion der Bildungspolitik deutlich, die normative, für die Zukunft des Libanon relevante Erziehungsziele formuliert und inhaltlich über Werthaltungen, bildungsspezifisches Informationsspektrum und Unterrichtsthemen entscheidet. So wurde außerdem deutlich, dass die politische Durchdringung von Bildungspolitik Bereiche wie Bildungsgerechtigkeit und -chancen, inhaltlich-curriculare Ausrichtung, aber auch die formale Organisation von Bildungseinrichtungen sowie den Zuschnitt der bildungsinstitutionellen Interaktionssysteme (z. B. Interaktionssystem Unterricht oder Interaktionssystem Schule) tangiert. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass sich das aktuelle Bildungssystem im multireligiösen Libanon der Globalisierung noch nicht vollständig unterworfen hat, zumal hier – zumindest zu einem beachtlichen Teil - bis dato eher eine Lokalisierungstendenz sichtbar wird und damit ein vorläufiges Insistieren auf lokale und regionale Bildungstraditionen. Das bedeutet allerdings nicht, dass Bildung und Wissenschaft als strategische Größe der Zukunftssicherung im Libanon ausgeblendet würden oder dass die Auswirkungen der Globalisierung auf das libanesische Bildungssystem nicht spürbar wären. Vielmehr breitet sich durchaus vermehrt das Bewusstsein aus, wie wichtig eine Investition in Humankapital im Sinne der Formierung einer wissensbasierten Wirtschaft ist und unter Einbeziehung einer möglichst großen Anzahl von Akteuren erhebliche Chancen zunächst einmal ökonomischer, dann aber auch politischer und gesellschaftlicher Weiterentwicklung bietet. In diesem Kontext wurde deutlich, dass dabei nicht nur Wirtschaftswachstum und ein höherer Beschäftigungsstand ausschlaggebend sind, sondern insbesondere auch eine größere gesellschaftliche Kohäsion durch erhöhte Bildungspartizipation und durch einen höheren sozialen Status erreichbar ist.
Im dritten, sich mit Entwicklungsverläufen, Systemkomponenten, Bestandsvoraussetzungen und Kennziffern von Bildung im Libanon beschäftigenden Untersuchungsschritt (Kapitel 4) wurde zunächst die historische Herausbildung des uns heute bekannten libanesischen Bildungswesens erläutert, bevor anschließend konstitutionelle Rahmenbedingungen, Leistungen und Leistungsfähigkeit, disziplinäres Spektrum und die Anzahl von an libanesischen Universitäten Immatrikulierten dargelegt wurden.
Im vierten Untersuchungsschritt (Kapitel 5) ging es um die Bestimmung der gegenwärtigen Bildungssituation im Libanon und um die Reflexion der Rolle, welche die Bildung künftig im Libanon spielen wird bzw. spielen sollte. Dabei spielten schichtabhängig ungleich verteilte Bildungszugangschancen ebenso eine Rolle wie die sich quantitativ immer weiter ausdehnende Schul- und Universitätsausbildung von Mädchen und Frauen. Den zu beklagenden Defiziten wurden schließlich potentielle Funktionen von Bildung als Entwicklungsmotor gegenübergestellt und die politischen Voraussetzungen dafür benannt. Im Anschluss daran wurden im Rahmen des Kapitels 6 die um die aktuelle und künftige Lage der Bildung im Libanon sowie um sich daran koppelnde Fragen kreisenden Interviews dokumentiert, ausgewertet und politisch-soziologisch kommentiert. Dieser Einordnungsversuch ist Grundlage für die nachfolgend formulierte Prognose hinsichtlich der Motive, Bedingungen und Folgen, aber auch Hemmfaktoren einer notwendigen Reform des libanesischen Bildungswesens.
Die Dissertation stellt das Machtgeflecht in der Islamischen Stadt Marawi City (Mindanao, Philippinen) dar, in die die dortigen Gender-Debatten involviert sind. In einer Umgebung, die als Konsequenz des Mindanao Konfliktes als “no war, no peace”-Umgebung definiert werden kann, gibt es drei Hauptdarsteller: die nationale Regierung des mehrheitlich christlichen Staates der Philippinen (GRP), die Autonome Regierung im Muslimischen Mindanao (ARMM), zu der auch Marawi City zählt, und die islamische Rebellengruppe Moro Islamic Liberation Front (MILF), die einen islamischen (unter-)Staat fordert. Die GRP unterstützt Re-Islamisierungs- und Re-Traditionalisierungsbewegungen in der ARMM, um die Opposition zur MILF zu stärken. Die Konsequenz ist jedoch keine Kollaboration zwischen der GRP und der ARMM. Stattdessen nutzen Politiker ihre Privilegien aus, um ihren eigenen Absichten zu folgen. Sei dies, um politische Gegner auszuspielen oder das traditionelle Sultanatssystem zu fördern. Für Gender-Debatten gibt es in diesem Kontext der ungelösten nationalen Frage kaum Spielraum außerhalb einer Islamischen Narrative; dies bedeutet jedoch nicht, dass Gender nicht debattiert wird, sondern, dass die Debatten inner-Islamisch sind, hauptsächlich zwischen Repräsentanten des traditionell synkretistischen Islam und Vertretern Islamischer Revitalisierungsbewegungen. Speziell erstere erscheinen sehr einflussreich bezüglich Gender Strategien in der Region. Dies ist nur teilweise auf die Unterstützung der nationalen Regierung zurückzuführen, sondern ist vor allem eine Frage von Identität. Diese wiederum wird nicht vorranging über Religion, sondern nach ethnischen Maßstäben und im Speziellen im Rahmen von Clanstrukturen definiert.
Transylvanian Saxons' migration from Romania to Germany: the formation of a 'return' diaspora?
(2013)
Processes and patterns of migration on a global scale have changed in profound ways during the last two decades (Smith and King, 2012). In the European context, this is exemplified by transformations to the traditional mobility patterns from East to West Europe (Koser and Lutz, 1998), with migrants more likely to be involved in temporary circular and transnational mobility (Favell, 2008). Since the end of the Second World War, historical and political events in Europe have facilitated the mobility of ethnic Germans from Eastern Europe to Germany. Subsequently, the fall of the Iron Curtain has permitted unrestrained East-West movements, which resulted in mass migrations towards the West and diaspora fragments in the East. However, after settlement in the West, ethnic Germans have also been absorbed within wider temporary and transnational movements (Koser, 2007). Within this context, this thesis examines the post-migratory lives of three generations of Transylvanian Saxons in Germany by exploring the cultural, social, economic and political dimensions of this community. This thesis aims to contribute to on-going academic debates about diasporas by explicitly responding to Hoerder s (2002) call for more studies on ethnic German diasporas. It shows that Transylvanian Saxons, who relocated to the ancestral homeland, do not disrupt identities and lives forged in diaspora, but rather, they negotiate complex identities and belongings in relation to both home and homeland . It reveals a double diaspora and the necessity to perceive identity and diaspora as dynamic processes and constantly evolving in relation to time, space and place. This double diasporic allegiance in the case of the Transylvanian Saxons suggests interrogating the formation of a return diaspora and its importance for processes of international migration.
Ziel meiner Dissertation ist die empirische Analyse von Auswirkungen der sozialen Interaktion zwischen Akteuren auf Finanzmärkten. Die folgenden Aufsätze sind Bestandteil dieser kumulativen Dissertation:
1. Frederik König (2012): Does Social Interaction destabilise Financial Markets?
2. Frederik König (2012) : Analyst Behaviour: the Geography of Social Interaction
3. Frederik König (2012) : Fluctuations of Social Influence: Evidence from the Behaviour of Mutual Fund Managers during the Economic Crisis 2008/09
In meinem ersten Aufsatz stelle ich ein Marktpreismodell vor, welches dem Einfluss durch soziale Interaktion Rechnung trägt. Mit Hilfe dieses Modells gehe ich der Fragestellung nach, ob soziale Interaktion zwischen Marktteilnehmern eine stabilisierende oder eine destabilisierende Wirkung auf Finanzmärkte hat. Mit meinem zweiten Aufsatz untersuche ich das Verhalten von Aktienanalysten, die als wesentlicher Impulsgeber für Finanzmärkte gelten. Konkret stelle ich heraus, ob Analysten stärker von anderen Analysten beeinflusst werden, wenn diese im gleichen Land bzw. in der gleichen Stadt arbeiten oder wenn sogar ein regelmäßiger Meinungsaustausch erfolgt. Beides setzte ich ins Verhältnis zum vorherrschenden Marktumfeld. In meinem dritten Aufsatz beschäftige ich mich mit der sozialen Interaktion zwischen Fondsmanagern. Diese verwalten in etwa ein Drittel des frei handelbaren Aktienvermögens und haben folglich einen nennenswerten Einfluss auf Finanzmärkte. Mit Hilfe einer neuartigen Schätzmethode bestimme ich die Größe des sozialen Einflusses und untersuche auch hier temporale Variationen im Verhältnis zum zu Grunde liegenden Marktumfeld. Des Weiteren zerlege ich die Gesamtgröße des sozialen Einflusses in zwei Komponenten, die zum einen den Einfluss im Rahmen der reinen Beobachtung und zum anderen den Einfluss durch Kommunikation reflektieren.
Der Begriff psychologische Akkulturation beschreibt jene Veränderungen, die infolge des dauerhaften Aufeinandertreffens verschiedener kultureller Gruppen auf individueller Ebene zu beobachten sind (Berry, 1997). Die vorliegende Arbeit umfasst drei Publikationen, die sich mit Akkulturationsprozessen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland befassen. Zunächst wird ein Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zur Situation junger Migranten in Deutschland vorgelegt. An zentraler Stelle steht dabei die Frage, wie die Migrationsgeschichte und Immigrationspolitik Deutschlands sowie die öffentliche Einstellung gegenüber Migranten die transkulturelle Adaptation von Kindern und Jugendlichen nicht-deutscher ethno-kultureller Herkunft beeinflussen. Bereits bestehende wissenschaftliche Erkenntnisse werden verknüpft mit den Ergebnissen neuerer empirischer Studien um zu einem tieferen Verständnis der Ursachen für die vielfach berichteten problematischen Verläufe psychologischer und soziokultureller Adaptation von Migranten beizutragen. Neben anderen Risiken und protektiven Faktoren wird diskutiert, wie sich Besonderheiten Deutschlands als Aufnahmeland, wie z.B. die Eigenarten des Schulsystems, auf Adaptationsverläufe auswirken können. Unsere eigenen Studien tragen zum Verständnis der Anpassungsprozesse junger Migranten bei, indem sie aufzeigen, dass nicht die Akkulturationsstrategie der Integration, sondern speziell die Orientierung an der deutschen Kultur bei Individuen zu den günstigsten psychologischen und soziokulturellen Ergebnissen zu führen scheint. Im Rahmen dieser Arbeit wird weiterhin ein empirischer und methodologischer Beitrag zur Akkulturationsforschung geleistet, indem ein Messinstrument zur Erfassung psychologischer Akkulturation bei Kindern im deutschen Sprachraum – die Frankfurter Akkulturationsskala für Kinder (FRAKK-K)– entwickelt, validiert und schließlich anhand einer Fragestellung praktisch angewandt wird. Die Skalenentwicklung und –optimierung erfolgte auf der Grundlage von zwei Studien, welche Daten von 387 Grundschülern aus zwei städtischen Regionen in Deutschland umfassen (Frankenberg & Bongard, 2013). Die Ergebnisse konfirmatorischer Faktorenanalysen sprechen für zwei Faktoren, Orientierung an der Aufnahmekultur und Orientierung an der Herkunftskultur, die jeweils mittels 6 Items erfasst werden. Beide Subskalen weisen eine zufriedenstellende interne Reliabilität und Kriteriumsvalidität auf und lassen sich zwecks Erfassung der Akkulturationsstrategie kombinieren (i.e. Assimilation, Integration, Separation und Marginalisierung). In einer ersten praktischen Anwendung der Skala wird der Frage nachgegangen, inwiefern erweiterter Musikunterricht und Orchesterspiel in der Grundschule über verstärkte Gruppenkohäsion zur Förderung kultureller Integration beitragen können.
Grundschüler, die in einem Orchester gespielt haben, zeigen über einen Zeitraum von 1,5 Jahren einen stärkeren Anstieg der Orientierung an der deutschen Kultur als Schüler, die keinen erweiterten Musikunterricht erhielten. Musikschüler fühlen sich außerdem stärker in die Klassengemeinschaft integriert. Dies deutet darauf hin, dass die Erfahrung der Zusammenarbeit und des Musizierens innerhalb einer Gruppengemeinschaft zu einer stärkeren Orientierung an der deutschen Kultur geführt hat. Die Orientierung an der Herkunftskultur blieb unbeeinflusst. Somit können Programme, die jungen Migranten die Gelegenheit bieten Musik innerhalb einer größeren, kulturell heterogenen Gruppe aufzuführen, als eine effektive Intervention zur Förderung der kulturellen Anpassung an die Mehrheitskultur und der Integration innerhalb – und außerhalb – des Klassenzimmers führen.
Abschließend werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes zu neueren Akkulturationsmodellen sowie zu der Terminologie und den methodischen Herausforderungen des Forschungsfeldes in Beziehung gesetzt und kritisch reflektiert. Daraus abgeleitet werden Implikationen für zukünftige Interventionen und Forschung diskutiert.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der gegenwärtigen Situation der indigenen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dort erleben viele Indianerstämme in jüngster Zeit einen nie dagewesenen wirtschaftlichen Aufschwung, der ihre bis dato äußerst ärmlichen Lebensverhältnisse grundlegend verbessert. Vor etwas mehr als zwei Jahrzehnten trat ein Gesetz in Kraft, das es den Stämmen gestattete, relativ unbehindert von einzelstaatlichen Restriktionen und Steuerbelastungen innerhalb ihrer Reservationsgebiete Glücksspiele für nichtindianische Besucher zu veranstalten. Seither haben sowohl Anzahl wie auch Gewinne der stammeseigenen Spielbetriebe in einem Maße zugenommen, das alle anfänglichen Erwartungen längst übertroffen hat. Tribal Gaming (oft auch Indian Gaming) ist zwar ein noch relativ rezentes Phänomen, doch es kann bereits jetzt festgestellt werden, dass es seit dem Beginn der europäischen Dominanz in Nordamerika keine Wirtschaftsstrategie gegeben hat, aus der so viele Indianerstämme gleichzeitig einen derart großen finanziellen Nutzen ziehen konnten. Für viele – wenn auch bei weitem nicht für alle – Indianerstämme ist das Kasino oder die Bingohalle inzwischen zur Haupteinnahmequelle geworden.
Die Untersuchung konzentriert sich auf die Auswirkungen dieses fundamentalen Wandels auf die indianischen Gemeinschaften insbesondere unter dem Gesichtspunkt der kulturellen und gesellschaftlichen Erneuerung und im weiteren Kontext auch auf ihre veränderte Rolle als Akteure im politischen System der USA. Im Mittelpunkt stehen also weniger die wirtschaftlichen Aspekte, als vielmehr die Frage, welchen Beitrag die stammeseigenen Glücksspielunternehmen als Instrument zur kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Revitalisierung der indigenen Gesellschaften leisten können...
Es wird allgemein vermutet, dass Klassenfahrten bei den Schülern nachhaltige Veränderungen bewirken können und nur wenige empirische Befunde belegen die Wirksamkeit von Klassenfahrten. Diese defizitäre Forschungslage aufgreifend, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der sozial-integrativen Wirkung einer sportbezogenen Klassenfahrt (Skifahrt) auf empirischer Grundlage.
Mit Hilfe der Desintegrationstheorie von Anhut & Heitmeyer (2000) lässt sich das Konstrukt „Integration“ in allgemeinerer Form über das antinomische Begriffspaar „Anerkennung vs. Ablehnung“ operationalisieren, wobei zwischen positionaler, moralischer und emotionaler Anerkennung bzw. Ablehnung unterschieden werden kann. Neben individuellen Merkmalen erfolgt die Vergabe und Verweigerung von Anerkennung über kollektive Merkmale, die auf Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruht. Im pädagogischen Kontext der Schulklasse ist daher von besonderem Interesse, wie sich die Anerkennungsverhältnisse zwischen Gruppen verändern, denen besondere Potenziale für heterogenitätsbedingte Ablehnung zugeschrieben wird (vgl. Gerecke, 2010). Hypothetisch sind dies Mädchen „vs.“ Jungen, Jugendliche mit „vs.“ Jugendliche ohne Migrationshintergrund und bezüglich Klassenfahrten die Gruppe der Schüler, die nicht teilnehmen konnten „vs.“ der Gruppe derer, die teilgenommen haben. Auf dieser Grundlage beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit den Effekten sportbezogenen Klassenfahrten auf die soziale Integration operationalisiert in Anerkennungsverhältnissen.
Mittels eines soziometrischen Wahlverfahrens wurden die Anerkennungs- und Ablehnungsverhältnisse von vier Schulklassen (N=95) zu drei Messzeitpunkten (Eingangs-, Ausgangs- und Behaltenstest nach sechs Wochen) computergestützt erhoben.
Die Betrachtung der Gesamtgruppe zeigt eine Steigerung der positiven Wahlen (eta²=0,210) bei einer gleichzeitigen Reduktion der negativen Wahlen (eta²=0,167). Diese Entwicklung ist über Post-hoc-Einzelvergleiche auf eine signifikante Veränderung innerhalb des Treatmentzeitraumes (ET AT) zurückzuführen. Das Intervall AT-BT nach Abschluss der Klassenfahrt ist nicht signifikant, so dass auf eine zeitliche Stabilität der Ergebnisse geschlossen werden kann. Allerdings sind große Unterschiede zwischen den einzelnen Klassen festzustellen, die nicht teilweise nicht mit dem Gesamtergebnis übereinstimmen. In der differenzierten Betrachtung der heterogenitätsbedingten Unterschiede ist in erster Linie ein Geschlechtereffekt zu erkennen. Insbesondere die positiven und negativen Wahlen zwischen Schülern verschiedenen Geschlechts verändern sich signifikant. Aber auch hier zeigen sie die bereits dargestellten klassenspezifischen Differenzen.
Während der Teilnahmestatus keinen Einfluss auf die Vergabe von negativen und positiven Wahlen besitzt, beeinflusst der Migrationsstatus hingegen die positiven Wahlen signifikant.
Mit Blick auf die theoretischen Grundlagen dieser Arbeit kann der Anstieg der positiven Wahlen als Zuwachs von Anerkennung und der Rückgang negativer Wahlen als eine Reduktion von Ablehnung interpretiert werden, wobei sich kein einheitliches Bild auf Klassenebene ergibt.
Anhut, R. & Heitmeyer, W. (2000). Desintegration, Konflikt und Ethnisierung. Eine Problemanalyse und theoretische Rahmenkonzeption. In W. Heitmeyer (Hrsg.), Bedrohte Stadtgesellschaft. Soziale Desintegrationsprozesse und ethnisch-kulturelle Konfliktkonstellationen (S. 17–73). Weinheim: Juventa-Verlag.
Gerecke, P. (2010). Heterogenitätsbedingte Unterschiede zwischen Ingroup- und Outgroup-Anerkennung bzw. -Ablehnung im Sportunterricht. Eine empirische Studie zum integrativen Einfluss des Kooperativen Lernens. Dissertation. Frankfurt am Main: Johann-Wolfgang Goethe Universität.
Transformationen von Fankultur : organisatorische und ökonomische Konsequenzen globaler Vernetzung
(2014)
Kulturalisierungen und Zuschreibungen ›kollektiver Identitäten‹ dienen in Debatten um die Einwanderungsgesellschaft Deutschland immer wieder dazu eine soziale Ordnung zu konstruieren, die zwischen denen unterscheidet, die dazu gehören und jenen, die nicht dazu gehören. Gleichzeitig formiert sich ›Identitätspolitik‹ als eine widerständige politische Praxis. Sie greift im Bewusstsein einer gemeinsamen Geschichte der Ausbeutung und Unterdrückung infolge einer zugewiesenen und konstruierten ›Identität‹ als ›Andere‹ diese als politischen Kampfbegriff auf und macht sie zum Mittel von Befreiungspolitik. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorgelegte Dissertation die Fragestellung: Welche Strategien politischen Handelns existieren, die zum Ziel haben, das Kraftfeld der identitären Projektionen und deren materiellen Folgen zu stören, politische und sozio-ökonomische Rechte einzufordern und ohne ›Identität‹ auszukommen?
In Auseinandersetzung mit Konzepten von Stuart Hall, Judith Butler, Antke Engel, Fatima El-Tayeb und Audre Lorde lote ich theoretisch die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten nicht-identitärer Strategien politischen Handelns aus. Ein solches Handeln konzeptualisiere ich in Abgrenzung vom Gros der Ansätze sozialer Bewegungsforschung als eines, das nicht auf der Politisierung und Mobilisierung einer ›kollektiven Identität‹ basiert, sondern sich anti-identitär gegen Identitätszuschreibungen und deren Folgen wendet. Zugleich wirkt es ent-identifizierend, wenn es gelingt, vorhandene Identitätszuschreibungen zu dekonstruieren ohne neuen ›Identitäten‹ zu konstruieren. Anhand einer theoriegeleiteten, empirischen Analyse ausgewählter politischer Interventionen von FeMigra und Kanak Attak – zweier kollektiver Akteur_innen auf dem Feld der Migrations- und Antirassismuspolitik – werden die Bedingungen und die Strategien dieses Handelns sichtbar.
Die Fallstudien zeigen, dass nicht-identitäre Strategien politischen Handelns nur kontingent und temporär möglich sind, bevor sie wieder identitär vereinnahmt werden. Es sind aber gerade diese Momente, in denen schlaglichtartig erkennbar wird, dass die identitäre Zwangslogik nicht unausweichlich ist. Zentrales Motiv dieser nicht-identitären Momente ist ein Perspektivenwechsel, der darin besteht, nicht die Subjekte, sondern die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen, die ›Migrant_innen‹ erst als ›Andere‹ hervorbringen und ausgrenzen. Ihre Strategien, die ich unter Rückgriff auf meine theoretischen Überlegungen als ›ent-identifizierender Artikulationen‹ (FeMigra) und ›VerUneindeutigungen‹ (Kanak Attak) interpretiere, richten FeMigra und Kanak Attak gegen jene materiellen Verhältnisse, die gesellschaftlichen Ein- und Ausschluss organisieren. Dabei fordern sie nicht die Anerkennung einer ›kollektiven Identität‹, sondern versuchen alternative Konzepte von Zugehörigkeit zu entwickeln. Zugehörigkeit wird dabei nicht an eine ›Identität‹ geknüpft, sondern als Resultat einer gelebten Realität verstanden. Soziale und politische Rechte und gesellschaftliche Teilhabe werden von nationaler Zugehörigkeit qua Staatsbürgerschaft entkoppelt. Damit können die von Kanak Attak und FeMigra formierten Bewegungen als Ausdruck einer schon existierenden anderen Gesellschaft begriffen werden, in der Praktiken der Inklusion und Formen der Bürger_innenschaft praktiziert werden, die durch Rassismen in der Mehrheitsgesellschaft verunmöglicht werden.
Die Untersuchung macht darüber hinaus deutlich, dass Widerstand jenseits von ›Identitäten‹ den Blick nicht nur auf Herrschaftsverhältnisse richtet, sondern auch durch diese erzeugt wird. Die verschiedenen Strategien sind ebenso durch die unterschiedlichen institutionell-organisatorischen Zusammenhänge wie durch die Veränderungen des historisch-sozialen, zeitdiagnostischen Kontextes (1990-2007) bedingt. Für die Entwicklung der beiden Akteur_innen und ihrer Motivation zu kollektivem Handeln und für das Verständnis der Strategien ist dieser Kontext, das heißt die Strukturen rassistischer Unterwerfung und kapitalistischer Ausbeutung, entscheidend. Die Interventionsformen sind damit Störungen des jeweils zeitgenössischen Systems und daher nicht verallgemeinerbar, sondern immer geprägt von den Verhältnissen, gegen die sie sich richten.
International society consists of states and the rules and institutions they share. Although international society has become a mundane feature of the world and the principal research focus of International Relations, it has become meaningless. More specifically, the technical rules that determine what states are and how they relate to other features of the world are units of semantic meaning, but their rampant, unprincipled proliferation has corroded their capacity to contain existential meaning. This deterioration is to be deplored because it alienates subjects from each other, it is totalising and excludes alternatives, and it is theoretically irreversible. To connect the two kinds of meaning, the first step is to reconceptualise international society as consisting strictly of constitutive rules whose meaning depends on the context they jointly compose, which implies that these rules can in turn be represented as signs in a semiotic structure. In order to evaluate the capacity of the signs to contain existential meaning, the next step is to adapt Baudrillard’s hierarchical typology of semiotic systems, ranging from the most meaningful systems based on symbolic exchange value to the vapid terminus of hyperreality based on sign value, in which semantic meaning is without value and existential meaning is impossible. The narrative traces the history of the signs of international law from the premodern period, when Christendom was understood as an approximation of the divine kingdom and a vehicle for salvation, to the present postmodern period, in which hundreds of articles of international maritime law make the decision to go to war over isolated rocks intelligible – even rational – and international trade law catalogues potato products to six digits. Three cases in particular exemplify this devolution in international law: the laws determining the territorial sea, the most-favoured national principle of international trade law, and nationality as a normative basis for statehood.
One of the most important shifts in mathematics learning and instruction in the last decades has taken place in the conception of the subject matter, changing from a perspective of mathematics as composed of concepts and skills to be learned, to a new one emphasizing the mathematical modelling of the reality (De Corte, 2004). This shift has had, as it is to be expected, an impact on classroom processes, and changed instructional settings and practices.
Instructional explanations, the object of study in the present work, are an interesting topic in that landscape, since they continue to be a typical form of classroom discourse, especially −but no exclusively−when new contents are introduced to the students (e.g. Leinhardt, 2001; Perry, 2000; Wittwer & Renkl, 2008). Consequently, good teachers are also supposed to be good explainers, independently whether they are the main speaker, or play the role of moderator in exchange between students (e.g. Charalambous, Hill, & Ball, 2011; Danielson, 1996; Inoue, 2009).
Despite the central role that instructional explanations play in classroom practices, current instructional quality models, which describe how effective teaching practices should look like, do not consider instructional explanations as a key element (Danielson, 1996; Klieme, Lipowsky, Rakoczy, & Ratzka, 2006; Pianta & Hamre, 2009). Moreover, aside from a few notable exceptions (Duffy, Roehler, Meloth, & Vavrus, 1986; Leinhardt & Steele, 2005; Perry, 2000), instructional explanations have not been investigated empirically within other traditions either. Thus, there is scarce of empirical work about instructional explanations and their potential contribution to promote students’ learning.
The purpose of the present work is to examine instructional explanations from a theoretical perspective as well as empirically, in order to characterize them and investigate their association with students’ learning outcomes. The underlying theoretical framework chosen to organize the study is the one proposed by Leinhardt (2001) with some adaptations according to pertinent complementary literature (Drollinger-Vetter & Lipowsky, 2006; Leinhardt & Steele, 2005).
The empirical work of this dissertation was carried out in the context of the project “Analysis of mathematic lessons” (FONIDE 209) funded by the Chilean Ministry of Education during 2007. This study, in turn, was embedded in the international extension of the research project the ‘‘Quality of instruction, learning, and mathematical understanding’’ carried out between 2000 and 2006 by the German Institute for International Educational Research (DIPF) in Frankfurt, Germany, and the University of Zurich in Switzerland (e.g. Klieme & Reusser, 2003; Klieme et al., 2006). According to the design of the original project, the study considers the inclusion of different perspectives, namely, teachers, students and external observers, by means of questionnaires, tests and classroom observation protocols.
The examination of instructional explanations in this dissertation begins in chapter 2 with the review of relevant literature and introduction of the theoretical background underpinning the study of instructional explanations. This theoretical review comprises three subsections, the first one describing the evolution of the process-product-paradigm into the actual instructional quality models that are presented in a next step. The second subsection includes a detailed theoretical presentation of explanations and instructional explanations, addressing the main theoretical issues and giving examples of the few empirical works about instructional explanations found in the literature. Finally, the third subsection with the description of Chilean teaching practices in order to contextualize the study.
Chapter 3 presents the research questions and lists the associated work hypotheses that are investigated throughout this work. Chapter 4 includes the methodological aspects of the work, indicating the description of the sample, design of the study, the methods used the gather the data and the analyses chosen to answer the proposed research questions.
Chapter 5 contains the presentation of results, which are organized by research question, starting with the results from quantitative analyses and continuing with the results from qualitative analyses. This chapter closes with a general summary of the results organized according to the central themes of the study. Finally, chapter 6 concludes with a discussion of the link between the results and the instructional explanations literature and research, or lack thereof, that originally motivated the research questions addressed in this study. This chapter finishes with a discussion of the limitations of the study and the implications of its results, as well as an examination of areas where the research on instructional explanations can be fruitfully expanded in the future.
In Anbetracht der wachsenden soziokulturellen Vielfalt in Deutschland und in anderen europäischen Ländern wächst die Relevanz pädagogischer Ansätze zur kulturellen Verständigung und somit auch der soziokulturellen Kommunikation und Sozialisationsforschung.
D. Kumbier und F. Schulz von Thun beschreiben diese Situation in folgender Weise: "Wenn Menschen miteinander in Kontakt treten, prallen Welten aufeinander. Das ist schon innerhalb einer Kultur der Fall, weil jeder mit einem persönlichen mentalen System ausgestattet ist, das ihn zu einem einmaligen und einsamen Inselbewohner macht. Unsere ganze Kommunikationspsychologie legt es darauf an, für diesen Prozess der Bewegung von Welten ein Bewusstsein zu schaffen und auf diese Grundlage kompetente Umgangsformen aufzubauen" (Kumbier/Schulz von Thun 2008, S. 9).
Hier begegnen sich zwei Welten, die auf zwei verschiedenen Kontinenten liegen, deren Werteorientierungen und kulturelle Normen und Gebräuche auf verschiedenen Weltreligionen basieren, die sich im Laufe der Jahrhunderte anders entwickelt haben. Hier ist die Rede von Asien und Europa, vom Christentum und Islam, von einem Entwicklungsland und einem Industrieland, nämlich von Afghanistan und Deutschland.
Eine nähere Betrachtung zeigt, dass das Christentum, das Judentum und der Islam eine gemeinsame Wurzel haben und sich von dem gemeinsamen Stammvater Abraham herleiten. Der große Unterschied besteht darin, dass Europa die Aufklärung erlebt hat und Religion heute überwiegend als eine Option empfunden wird. ...
Basierend auf den Daten der Erhebung „Gesundheit in Deutschland Aktuell“ von 2010 (GEDA2010)vom Robert Koch-Institut wird in dieser Dissertation der Frage nachgegangen, wie sich
Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten auswirken und eine systematische Analyse für Deutschland durchgeführt. Dabei werden sowohl Aspekte der Geschlechterforschung als auch der Erforschung sozialer Ungleichheiten mitbetrachtet. Die Ergebnisse liefern unteranderem Hinweise darauf, dass Gesundheitsverhalten als Coping-Strategie in stressreichen Arbeitssituationen, die beispielsweise durch Leistungsdruck oder Schichtarbeit gekennzeichnet sind, genutzt wird.
Kinder aus zugewanderten Familien und aus den unteren Sozialschichten haben es an deutschen Schulen schwer. Zu ihrer Unterstützung werden vielfältige Fördermaßnahmen angeboten. Welche Art der Förderung insbesondere Familien mit Migrationshintergrund benötigen, wird in der vorliegenden Schrift besprochen.
Zur Beantwortung dieser Frage wurde ein Familien-Bildungsprogramm - mittels qualitativer und quantitativer Erhebungsmethoden - evaluiert. In dem Programm werden Familien über die Dauer von zwei Jahren (im Übergang von der 4. in die 5. Klasse) eng begleitet. Das vielfältige Unterstützungsangebot ist dahingehend ausgerichtet, die teilnehmenden Kinder auf ihrem schulischen Weg zu unterstützen. Ebenso möchte das Programm zur Erhöhung der gesellschaftlichen Teilhabe der Familien beitragen.
Erhebliche Leistungsfortschritte erreichen fast alle Kinder im Kompetenzbereich Lesen. Besonders die leistungsschwächeren Kinder haben von der Förderung profitiert. Auch die Rechtschreibkompetenzen haben sich im Schnitt verbessert. Das schulbezogene Fähigkeitsselbstkonzept der Kinder sowie ihre Lern- und Leistungsmotivation bleibt von der Förderung relativ unbeeinflusst. Die Eltern profitieren insbesondere von dem Zugewinn einer konstanten Ansprechperson. Es gelingt den Mitarbeiterinnen ein Stützungs-Setting aufzubauen, welches den Eltern Sicherheit vermittelt und sie zuversichtlicher werden lässt. Daneben wurde eine Reihe differentieller Wirksamkeiten ermittelt (wie Entlastung, Aktivierung, Qualifizierung). Das Ausmaß der Wirksamkeit wird durch spezielle Bedingungen - auf Seite der Teilnehmer und auf Seite der Ausführenden - moderiert.
Die vorliegenden Ergebnisse werden mit Bezug auf Implikationen für die Praxis (in Schulen und Bildungsprogrammen) diskutiert.
Diese kulturanthropologische Studie beschäftigt sich mit gegenwärtigen Veränderungen des Nachkriegsphänomens Städtepartnerschaften. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass, obwohl einstige Gründungsmotive wegfallen, Städtepartnerschaften derzeit nicht etwa abgeschafft oder ersetzt, sondern neu ausgerichtet werden. Im Zentrum der Arbeit steht daher die Frage nach den Charakteristiken des gegenwärtigen Wandels und der kulturellen Spezifik von Städtepartnerschaften sowie möglichen Folgen. Dem wird am Beispiel von deutsch-polnischen und deutsch-türkischen Städtepartnerschaften des Ruhrgebiets mit Methoden einer transnational ausgerichteten empirisch-ethnografischen Feldforschung und einer akteurszentrierten und praxisorientierten Anwendung des Assemblage-Konzepts nachgegangen. Die Ergebnisse, die sich schwerpunktmäßig auf einen Zeitraum zwischen 2007 und 2012 beziehen, machen nicht zuletzt durch ihren länderbezogenen Kontrast deutlich: In Städtepartnerschaften trifft derzeit eine Vielzahl von aktuellen Entwicklungen, Prozessen und Akteuren aufeinander. Städtepartnerschaften werden derzeit staatsgrenzenübergreifend von verschiedenen Akteuren aus Politik, Zivilgesellschaft und Bürgerschaft mit je eigenen derzeitigen Herausforderungen wie Integrationsfragen und Wirtschaftsförderung, urbanem Standortwettbewerb sowie biografischen Bestrebungen und Mobilitätsinteressen verbunden. Dabei führen insbesondere auf deutscher Seite normative Ansprüche dazu, dass einstige Prinzipien und Aktivitäten von Städtepartnerschaften beibehalten und abgewandelt werden, weshalb von einem Format und einem Formatwandel gesprochen werden kann, was nicht jede beliebige Veränderung zulässt. In den neueren Varianten von Städtepartnerschaften zeigen sich aber auch nicht zwangsläufig intendierte, doch sehr wirkungsvolle Formen von Europäisierung und Governance durch Kommunen und ihre Bürgerinnen und Bürger.
Das Ziel der vorliegenden publikationsbasierten Dissertation liegt darin, ein Erhebungskonzept zu entwickeln, das es erlaubt, ICT-Skills – das heißt Fertigkeiten für das Lösen von Aufgaben in einer Informations- und Kommunikationstechnologie-Umgebung – theoretisch fundiert zu erheben sowie die Validität der intendierten Testwerteinterpretation empirisch zu untersuchen. Die Testwerte sollen als ICT-spezifische Fertigkeiten höherer Ordnung interpretiert werden.
Für die Erfassung von ICT-Skills kann auf keine lange Forschungstradition zurückgegriffen werden. Daher ist es das Ziel der ersten Arbeit, eine Rahmenkonzeption zur Messung von ICT-Skills zu erstellen. Dabei werden drei Ziele verfolgt: Erstens soll für die Itementwicklung spezifiziert werden, auf welchen generischen und ICT spezifischen Fertigkeiten ICT-Skills basieren. Mithilfe etablierter psychologischer Theorien aus den relevanten Fertigkeitsbereichen werden kognitive Schwierigkeiten bei der Bewältigung von ICT-Aufgaben beschrieben, die als Grundlage für die Entwicklung der Items dienen. Zweitens werden für die Implementierung der Items Rationale für deren Erstellung in einer simulationsbasierten Umgebung formuliert, die es erlauben sollen, die intendierten kognitiven Prozesse realitätsnah in den Items abzubilden. Obgleich diese Arbeit einen konzeptionellen Fokus hat, besteht das dritte Ziel darin, die Rahmenkonzeption empirisch zu erproben, um zu beurteilen, ob die Rahmenkonzeption zur Itementwicklung und -implementierung geeignet war.
Aus der Rahmenkonzeption, die ein breites Spektrum relevanter ICT-Aufgaben für die Erfassung sowie eine simulationsbasierte Erhebung vorsieht, resultieren sehr heterogene Items. Deshalb unterscheiden sich ICT-Skills-Items von eher homogenen Itempools, wie sie typischerweise zur Erfassung von Konstrukten der psychologischen Leistungsdiagnostik, etwa zur Intelligenzdiagnostik, verwendet werden. Aus diesem Grund ist für die Konstruktvalidierung der Testwerteinterpretation, die das Ziel der zweiten und dritten Arbeit darstellt, zunächst konzeptionelle Forschungsarbeit nötig, um angemessene Validierungsstrategien für heterogene Items zu entwickeln. Diese in der zweiten und dritten Arbeit erforderlichen konzeptionellen Beiträge bedingen die Struktur dieses Rahmentextes, in dem zunächst die konzeptionellen Beiträge aller drei Arbeiten vorgestellt und anschließend alle empirischen Ergebnisse berichtet werden. Die konzeptionellen Entwicklungen für die Validierung der intendierten Interpretation der Testwerte orientieren sich an Vorgehensweisen der psychologischen Leistungsdiagnostik, der nomothetischen Spanne und der Konstruktrepräsentation (vgl. Embretson, 1983). Mit diesen wird untersucht, inwiefern sich die zentralen Annahmen der Rahmenkonzeption aus der ersten Arbeit, nämlich die bei der Aufgabenlösung involvierten Fertigkeiten und kognitiven Prozesse, in den Testwerten widerspiegeln.
Das Ziel der zweiten Arbeit besteht darin, die nomothetische Spanne von ICT-Skills zu untersuchen und den postulierten Zusammenhang mit generischen und ICT-spezifischen Fertigkeiten empirisch zu untersuchen. Neben dem klassischen Ansatz, der Zusammenhänge über alle Items hinweg betrachtet, wird das Zusammenspiel verschiedener Fertigkeiten auch auf Itemebene analysiert. Darüber hinaus sollen potentielle Variationen in den Zusammenhängen über die sehr heterogenen Items durch Merkmale erklärt werden, welche für diese Heterogenität bezeichnend sind. Die empirischen Ergebnisse dienen – basierend auf den in der Rahmenkonzeption definierten Fertigkeiten – als Evidenzen für die Validität der Testwerteinterpretation.
Das Ziel der dritten Arbeit ist es, die Konstruktrepräsentation zu untersuchen, indem Evidenzen für die intendierten kognitiven Prozesse in der Itembearbeitung gesammelt werden. Klassischerweise werden in homogenen Itempools Itemmerkmale zwischen Items verglichen und wenn möglich quantifiziert, um die Schwierigkeit in Items zu beschreiben. Da die Items sehr heterogen sind, wurden zwei experimentelle Ansätze entwickelt, die diese kognitiven Prozesse in Itemvarianten verändern oder eliminieren. Die Auswirkungen dieser Manipulationen werden in Bezug auf die Itemschwierigkeit und den Zusammenhang mit anderen Konstrukten untersucht. Verändert werden die in der Rahmenkonzeption abgeleiteten schwierigkeitsdeterminierenden Merkmale, um zu untermauern, dass die ICT Skills Items ICT-spezifische Fertigkeiten erfordern. Eliminiert werden alle Merkmale die Fertigkeiten höherer Ordnung erfordern sollten. Mit diesen experimentellen Strategien können die zentralen Punkte der intendierten Testwerteinterpretation untersucht werden.
Neben den empirischen Ergebnissen zur Untermauerung der intendierten Testwerteinterpretation für den entwickelten ICT-Skills-Test ist der Erkenntnisgewinn dieser Arbeit auch in den konzeptionellen Beiträgen zu sehen. Mit diesen wurde exemplarisch gezeigt, wie ein Konstrukt wie ICT-Skills erfasst werden kann, indem man sich an den Vorgehensweisen der psychologischen Leistungsdiagnostik orientiert und dabei auf Annahmen kognitiver Prozesse zurückgreift.
Staaten haben keine Freunde, sondern Interessen – das scheint sowohl unter Praktikern als auch unter Forschern der internationalen Politik allgemein bekannt zu sein. Entgegen diese weit verbreiteten Ansicht argumentiert diese Dissertation, dass es in der Tat Raum für das Konzept von Freundschaft in den internationalen Beziehungen gibt, und dass ein besseres Verständnis der hiermit verbundenen Dynamiken nicht nur dazu beiträgt, eine sich verändernde globale Ordnung besser zu verstehen, sondern auch die Beziehungen zwischen China und Afrika.
Aufbauend auf der konstruktivistischen Literatur zu staatlicher Identität sowie Erkenntnissen aus Psychologie, Soziologie und Anthropologie wird in einem ersten Schritt ein neues Modell internationaler Freundschaft entwickelt. Es bezieht sich auf eine verlässliche Beziehung zwischen Staaten, die sich gegenseitig entsprechend ihres eigenen Selbstverständnisses anerkennen, und die durch gegenseitige Identifikation sowie häufigen Austausch und enge Zusammenarbeit eine als intim zu bezeichnende Beziehung entwickelt haben. Dies bedeutet zwar nicht, dass ungleiche Macht und konkurrierende Interessen irrelevant werden; aber sie ermöglichen es den beteiligten Staaten, konstruktiv mit potenziell konfliktreichen Fragen von Macht und Interesse umzugehen, und bilden so eine zentrale Säule legitimer internationaler Ordnungen.
In einem zweiten Schritt wird dieses Modell der internationalen Freundschaft zur Analyse der chinesisch-äthiopischen und chinesisch-südafrikanischen Beziehungen herangezogen. Ausgehend von den Sichtweisen der jeweiligen Staatseliten wird das komplexe Zusammenspiel von Interessen und Identitäten in den gegenwärtigen Beziehungen zwischen China und Afrika beleuchtet, und wie die beiden bilateralen Beziehungen durch eine Reihe bewusster Entscheidungen schrittweise ihre aktuellen Qualitäten erworben haben. Heute bilden geteilte Ideen von historisch gewachsener Solidarität, überschneidendend strategischen Interessen und dem gemeinsamen Engagement für ein Projekt alternativer Modernisierung und globaler Transformation die Grundlage für zwei Beziehungen, die von China als beispielhafte „internationale Beziehungen neuen Typs“ gepriesen werden. Somit liefern die chinesisch-äthiopischen und chinesisch-südafrikanischen Beziehungen auch wichtige Einblicke, wie eine chinazentrierte internationale Ordnung aussehen könnte - zumindest für diejenigen Staaten, die diese Ordnung und ihre von Peking definierten Regeln und Rollen als legitim akzeptieren.
My study examined MMA training, and thereby the ‘back region’ of MMA, where the ‘everyday life’ of MMA takes place. I enquired into how MMA training corresponds with MMA’s self-description, namely the somehow self-contradicting notion that MMA fights would be dangerous combative goings-on of approximately real fighting, but that MMA fighters would be able to approach these incalculable and uncontrolla-ble combative dangers as calculable and controllable risks.235 Conducting an ethnog-raphy in which I focused on the combination of participation and observation, I stud-ied how the specific interaction organisations of the three core training practices of MMA training provide the training students with specific combative experiences and how they thereby construct the social reality that is MMA training....
Based on an original dataset of 100 important pieces of legislation passed during the three presidencies of William J. Clinton, George W. Bush, and Barack H. Obama (1992-2013), this study explores two sets of questions:
(1) How do presidents influence legislators in Congress in the legislative arena, and what factors have an effect on the legislative strategies presidents choose?
(2) How successful are presidents in getting their policy positions enacted into law, and what configurations of institutional and actor-centered conditions determine presidential legislative success?
The analyses show that in an hyper-polarized environment, presidents usually have to fight an uphill-battle in the legislative arena, getting more involved if they face less favorable contexts and the odds are against them.
Moreover, the analyses suggest that there is no silver-bullet approach for presidents' legislative success. Instead, multiple patterns of success exist as presidents - depending on the institutional and public environment - can resort to different combinations of actions in order to see their preferred policy outcomes enacted.
The study focuses on the introduction of a health education curriculum in Cyprus’ public schools. The curriculum’s implementation is looked at as a project of modernization and is examined ethnographically in two primary schools in the Republic of Cyprus over a period of three years. Utilizing theories and methods from Science and Technology Studies and Global Ethnography, the study examines the entanglements of Science with Culture and of Tradition with Modernity as experts, teachers, parents and children encounter the new health education curriculum. Health education is compared to a project of biological citizenship and the curriculum is seen as an actant attempting to form a personal obligation towards health by promoting “common sense” knowledge and privileging “modern” individuals.
Bindung bildet in der Erforschung langfristiger psychosozialer Entwicklung ein zentrales Konstrukt. In Bezug auf die Phase der mittleren Kindheit liegt dabei jedoch oft eine eingeschränkte Forschungsperspektive vor: dem Konzept der Monotropie folgend, wird trotz des wachsenden sozialen Umfelds allein Eltern eine besondere Aufmerksamkeit in ihrer Rolle als Bindungsfiguren zugeordnet. Zudem fehlen Studien jenseits westlich-europäischer Entwicklungsverläufe. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die explorative Erforschung der transkulturellen Spannbreite und der kontextspezifischen Adaptivität in der Auswahl und Funktionalität von Bindungsfiguren der mittleren Kindheit. Dazu werden Daten in zwei ökokulturell gegensätzlichen Settings erhoben, um kontextspezifische und globale Trends betrachten zu können.
Zunächst erfolgt eine ethnologische Annäherung an die frühste Kindheit im kamerunischen Setting der Nseh entlang des Tragetuchs als zentralem Care-Objekt. Diese offenbart eine symbiotische Beziehungsgestaltung, aber auch strenge Regeln des Aufbaus und der Abgrenzung im geteilten Care-System.
Anschließend wird eine methodische Strategie zur Erforschung der mittleren Kindheit entwickelt, die eine Netzwerkperspektive beinhaltet und der kindlichen Wahrnehmung folgt. Dabei werden teilnehmende Beobachtungen mit Photo Elicitation Interviews verbunden, um das vollständige Kollektiv der Bindungsfiguren zu identifizieren und in ihren soziostrukturellen und funktionellen Eigenschaften zu charakterisieren. Indem das Setting zum inhärenten Teil der Datenerhebung wird, werden dabei adaptive Prozesse zugänglich.
In Umsetzungen dieser kontextualisierend explorativen Strategie bei den kamerunischen Nseh und im deutschen Bad Nauheim werden die Bindungsnetzwerke der mittleren Kindheit erfasst und in ihrer Adaptivität diskutiert. Der Kontrastvergleich offenbart, dass die Kinder der Nseh im Vergleich zu den Kindern aus Bad Nauheim in der Altersstruktur vielfältigere, räumlich enger begrenzte und zeitlich stabilere Netzwerke beschreiben. In beiden Settings identifizieren die Kinder eine Aufteilung der inhaltlich-funktionelle Verantwortlichkeiten, die bei den Nseh gemäß den Altersgruppen verläuft.
Insgesamt zeichnet sich für die mittlere Kindheit ein komplexes Bindungsumfeld ab. Dabei verbinden sich settingspezifische Kindheitsbedingungen mit globalen Entwicklungsthemen. Das mehrdimensionale kindliche Sicherheitsgefühl kann auf die Wirkung eines Kollektivs an Bindungsfiguren zurückgeführt werden, zu dem kontextunabhängig in einem bedeutsamen Ausmaß auch Peers gehören.
Due to immigration influxes, Germany’s ethnic diversity is on steady rise. Although citizens of immigrant origin make up a high percentage of the population in all Western European countries, they are descriptively underrepresented in most legislative bodies. As widely acknowledged, political parties form the key channels through which societal developments are fed into parliament. By selecting parliamentary candidates, they constitute the most crucial nexus of the population to be represented and legislative bodies. Despite the pivotal role of the intra-party candidate selection in shaping who runs for election, the question of how candidates of immigrant background fare in the candidate selection and whether the criteria political parties use for selecting candidates of immigrant background are the same as for native-born candidates remained a blind spot of the research on minority representation. Therefore, the dissertation scrutinizes the thresholds candidates of immigrant background need to overcome to run for legislative office. It thus tackles the questions of how political parties go about selecting candidates of immigrant background in comparison to native-born candidates and which contextual factors drive their choice of selection behavior. For this purpose, the dissertation develops three ideal-typical selection strategies political parties can adopt towards candidates of immigrant background, which are referred to as neutrality, opening or closure, and empirically tests which selection strategy is in use. To explore parties’ selection behavior towards candidates of immigrant background, the dissertation combines the advantages of quantitative analysis by employing candidate surveys at the state and national level, with advantages of qualitative analysis by conducting interviews with candidates of immigrant background. As the analysis reveals, neutrality is the predominant selection strategy that political parties use towards candidates of immigrant background, the reason being that neutral selection practices involve the fewest intra-party conflicts.
An die Soziologie werden zunehmend Fragen des ökonomischen Nutzens und der gesellschaftlichen Relevanz herangetragen. Ein Wissen um den gesellschaftlichen Impact soziologischen Wissens und die Artikulation eines Nutzens für die Praxis sind wertvolle Werkzeuge im Kampf um die Alimentation soziologischer Forschung. Aber wie wird soziologisches Wissen überhaupt angewendet? Um diese Frage zu beantworten, wird soziologisches Wissen definiert und dessen Anwendung expliziert. Unter Zuhilfenahme von Wissenschaftstheorie und Wissenssoziologie wird zunächst eine Definition erarbeitet. Anschließend werden Forschungsgebiete, die sich mit der Anwendung von (soziologischen) Wissen beschäftigen, vorgestellt – allen voran die soziologische Verwendungsforschung. Darauf aufbauend wird eine Explikation der Anwendung soziologischen Wissens erarbeitet, vor dessen Hintergrund aktuelle Bemühungen, soziologisches Wissen stärker anzuwenden, betrachtet werden. Die abschließende Diskussion beschäftigt sich mit den Möglichkeiten und Restriktionen der Anwendung soziologischen Wissens und betont die Rolle der Soziologie als kritische gesellschaftliche Aufklärungsinstanz.
Die Forschungsarbeit leistet einen kriminologischen Beitrag zur Systematisierung des Phänomens der sekundären Viktimisierung bei Opfern sexualisierter Gewalt und zeigt gleichzeitig Präventionsansätze auf, die sekundäre Viktimisierung verhindern sollen.
„Sekundäre Viktimisierung“ als die sogenannte „zweite Opferwerdung“ durch soziale Fehlreaktionen einzelner Personen oder gesellschaftlicher Gruppen sowie die Prävention dieses Phänomens ist im Detail noch wenig erforscht. Der Fokus des Forschungs- und Erkenntnisinteresses richtet sich auf die Zielgruppe der Opfer sexualisierter Gewalt, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht und als Erwachsene sekundär viktimisiert wurden. Es wird angenommen, dass Sexualstraftaten, die von den Opfern im Kindesalter erlitten werden, in besonderem Maße die persönliche Unversehrtheit verletzen und dass somit eine zusätzliche sekundäre Viktimisierung als besonders belastend empfunden wird.
Zunächst wird im theoretischen Teil auf wesentliche Begriffe wie sexualisierte Gewalt in Verbindung mit primärer und sekundärer Viktimisierung eingegangen und nimmt deren kriminologische Einordnung vor, stellt das Ausmaß sowie die Spezifika des Phänomens in den Fokus. Dabei wird zunächst der Opferbegriff ausführlich diskutiert, wobei der Opferperspektive viel Raum gegeben wird. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Darstellung des aktuellen Forschungsstandes zur sekundären Viktimisierung, insbesondere mit Bezug zu sexualisierter Gewalt.
Im Zentrum des qualitativen Forschungsansatzes stehen folgende Fragen: „Welche Strukturen prägen die Situationen sekundärer Viktimisierung?“ und „Wie ist Prävention von sekundärer Viktimisierung möglich?“. Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse wurde ein Präventionskonzept mit praxisorientierten Empfehlungen entwickelt. Zunächst sind typische Strukturen sekundärer Viktimisierung analysiert und in einem Modell verdeutlicht worden. Es ist zu unterscheiden zwischen Strukturen, die sekundäre Viktimisierung begünstigen (Risikofaktoren) sowie Strukturen, die sekundärer Viktimisierung vorbeugen (Schutzfaktoren). Anhand der identifizierten Schutzfaktoren entstand das Modell zur Prävention sekundärer Viktimisierung, aus denen konkrete Präventionsansätze abzuleiten sind.
Hervorgehoben wird die kriminologische Orientierung der Arbeit; wenngleich die Kriminologie interdisziplinär einzuordnen ist, dominiert bei der Analyse die kriminalsoziologische Verortung und speziell die viktimologische Ausrichtung.
Die vorliegende Untersuchung wurde mit dem Ziel durchgeführt, fördernde und hemmende Einflussfaktoren auf die Entstehung und Durchführung von translationaler Forschung näher bestimmen zu können. Dazu wurden im Verlauf der Forschung sechs Gruppen von möglichen Einflussfaktoren untersucht. Diese waren 1) externe politische, 2) institutsbezogene, 3) soziale (auf soziale Rollen und sozialen Status bezogene), 4) epistemische, 5) forschungskulturelle und 6) individuelle Faktoren.
Translationale Forschung wurde als Spezialform interdisziplinärer Forschung konzeptualisiert. Auch bei dieser wird Wissen aus mehr als einer wissenschaftlichen Disziplin herangezogen, um ein disziplinübergreifendes Problem zu lösen. Das Besondere an der translationalen Forschung ist jedoch, dass zusätzlich mindestens eine der beteiligten Disziplinen grundlagenorientiert und eine andere anwendungsorientiert ist. Der Vorteil besteht darin, dass fortan der Wissensbestand beider Disziplinen kombiniert werden kann. Ein Nachteil ergibt sich daraus, dass die Wissensbestände untereinander nicht ohne Weiteres anschlussfähig sind und eine „Übersetzung“ durch die unterschiedlichen Praxisbezüge der beteiligten Disziplinen erschwert wird. Die translationalen Forschung muss neben dieser noch einer weiteren Herausforderung begegnen: Denn sie gewinnt ihre Erkenntnisse unter Laborbedingungen, wo Umweltfaktoren praktisch keine Rolle spielen. Dadurch lassen sich ihre Ergebnisse nicht unbedingt in die klinische Praxis transferieren. Kurz gesagt: Was im Labor eine bestimmte Wirkung erzielt hat, entfaltet diese Wirkung nicht automatisch am Patienten.
Im Rahmen der Dissertation wurden sechs translationale Forschungsprojekte aus Berlin-Buch aus der Zeit zwischen 1959 und 1989 untersucht. Aufgrund der in der DDR etablierten, staatlichen Überführungspolitik konnte insbesondere der Einfluss externen politischen Drucks auf diese Forschungsprojekte untersucht werden. Als Quellen dienten archivierte Akten, graue Literatur, zur damaligen Zeit publizierte Fachliteratur und Interviews mit Forschern, die damals an diesen Projekten beteiligt waren. Da es an soziologischer Literatur spezifisch zu translationaler Forschung bisher mangelt, wurden mehrere Einzelstudien aus der soziologischen und wissenschaftshistorischen Forschung herangezogen. Die Untersuchungsergebnisse erweitern den Forschungsstand zur interdisziplinären Forschung und zu Praxisbezügen von Forschung.
Die untersuchten Fallstudien zeigen exemplarisch, dass es die von der Staatsführung der DDR gewollten anwendungsorientierten medizinischen Forschungsprojekte auch in Berlin-Buch gegeben hat. Entgegen der Erwartung zeigen sie aber auch, dass translationale Forschung nicht speziell gefördert (mit Ressourcen oder einem besonderen Commitment) wurde und es somit oft vom Zufall abhängig war, ob diese (vorzeitig) beendet wurde oder nicht. Darüber hinaus konnten Anhaltspunkte dafür gefunden werden, dass translationale Forschung im Wesentlichen auf epistemischen (fachlichen) Schnittstellen beruht, die von anwendungsorientierten Biomedizinern meist aus persönlichem Interesse aufgegriffen werden, wenn sie als solche erkannt werden und wenn entsprechende Ressourcen zur Forschung zur Verfügung stehen.
Somit konnte widerlegt werden, dass das so genante „Translationsproblem“ darauf zurückzuführen ist, dass Kliniker und Forscher kein Interesse haben, miteinander zu kommunizieren oder zu forschen. Ein Problem stellt lediglich dar, dass epistemische Schnittstellen meist zufällig (oft als Nebenprodukte von disziplinärer Forschung) sichtbar werden und es an kurzfristig verfügbaren Ressourcen fehlen kann, um diesen nachzugehen. Hinzu kommt der erhöhte Aufwand, der sich durch das Einbeziehen von Forschern aus anderen Disziplinen ergibt und das vergleichsweise hohe Risiko, dass medizinische Anwendungen, die auf translationaler Forschung aufbauen, unter komplexen Umweltbedingungen (am Patienten) nicht mehr die gewünschte Wirkung entfalten. Die untersuchten Fallstudien haben jedoch auch gezeigt, dass translationale Infrastrukturen und regelmäßiges Peer Review Forschern dabei helfen können, Ergebnisse translationaler Forschung auf ihre Tauglichkeit in der Klinik zu prüfen. Das Risiko des Scheiterns lässt sich jedoch nicht vollständig ausschließen.
Die Arbeit thematisiert weibliche Beiträge der graphischen Gattung der humorvollen und satirischen Zeichnung im "Golden Age" der Karikatur in Großbritannien. Ausgehend von den Begünstigungen und relativen Freiheiten weiblicher Bildproduktion in der vorviktorianischen Zeit, setzt die Untersuchung die zeichnerische Aktivität von Frauen in den Kontext von weiblicher "curiosity" und weiblichem "wit" in der Wahrnehmung neuer Interessenlagen der Aufklärung.
Für den Zugang zu sozialen Netzwerken - sei es ein klassisches soziales Netzwwerk oder eine objektspezifische Community - ist die Existenz eines Avatars obligatorisch. Die virtuelle Repräsentation bindet die User_innen dahinter als gestaltbares Interface-Objekt in das Kommunikationssystem ein. Der systemspezifische Avatar besteht dabei aus feststehenden Modulen, deren Anordnung von den User_innen unveränderbar ist so dass mit dem Zugang zum System die Annahme der medialen Uniformität ebenfalls obligatorisch einhergeht; sie standadisiert alle Avatare des zugehörigen Systems schablonenhaft. Durch das Füllen der Module der medialen Uniformität mit grafischen Informationen kann eine persönliche grafische Uniform generiert werden, die immer in Bezug zur grafischen Uniformität der jeweiligen Community steht...
This thesis investigates whether professionals on the global financial markets, such as investment bankers, traders, and analysts, form a global social class.
Over recent decades, rising inequality has reinvigorated interest in issues of class. Despite the experience of world-wide economic crises demonstrating the global reach of the contemporary economy, the research areas of globalisation and class remain surprisingly disengaged from each other. Especially the question of global class formation remains underexplored.
The first part of this thesis examines why the issue of globalisation remains a niche within research on class. Therefore, the theoretical foundations of the dominant approaches to class are investigated, identifying the causes for the implicit “methodological nationalism” of modern mainstream class analysis in the underlying theories of the economy and social action. Vice-versa, an examination of globalisation theory shows that similar obstacles persist in the theoretical reasoning on inequality from a global perspective, precluding a conceptualisation of global class formation. In dialogue with the few existing approaches to conceptualize class on a global level, a framework for the study of global class formation based on Pierre Bourdieu’s notion of social fields is developed.
In part two of the thesis this framework is employed to examine empirically, whether the global field of finance is currently the source for the formation of a global financial class. The field of finance as the most globalised economic sector is a paradigmatic case for studying the formation of a global class. An interview study on the career trajectories of financial professionals from Frankfurt and Sydney uncovers that despite the legacy of national economic specificities on the institutional level, financial actors draw in their social praxis on global forms of social, cultural, and economic capital and have developed a common culture, worldview, praxis, and habitus, delineating the formation of a global financial class.
By the latter half of the twentieth century, a documented, substantial quantitative increase had occurred in the total number of Christian political organizations operating in Washington, D.C. with the sole purpose of influencing Congress and the administration through direct lobbying. This study seeks to understand what were the contributing historical factors that influenced the rise of Christian Lobby Organizations (CLOs), resulting in their normalization in American society?
Das Projekt „Geo-Social Analysis of Physicians' Settlement" (kurz GAP) wurde ins Leben gerufen, um potentielle Lücken in der ambulanten medizinischen Versorgung deutscher Großstädte aufzudecken, insbesondere in Bezug auf den sozioökonomischen Status der in einem Praxisumfeld lebenden Bewohner. In der vorliegenden Studie erfolgte die Untersuchung des Niederlassungsverhaltens von Ärzten und Psychotherapeuten in Berlin-West im Hinblick auf sozioökonomische, demographische und topographische Faktoren.
Das Untersuchungsgebiet Berlin-West wurde in 251 Praxisumfelder untergliedert. Für diese wurden Daten zu Einwohnerzahl, Altersstruktur und Wohnlage sowie Arbeitslosen- und Ausländerquoten zusammengetragen. In vergleichenden Analysen konnten dann die Unterschiede im Niederlassungsverhalten der 20 Fachgebietskategorien hinsichtlich des sozialen Status der Praxisumfelder herausgearbeitet werden. Weitere Auswertungen beinhalteten eine genderspezifische Praxisumfeld-Analyse sowie Analysen nach Praxisform, Fremdsprachenkenntnissen der Ärzte und Psychotherapeuten sowie des Praxis-Jahres-Überschusses als Maß für das ärztliche Einkommen.
Im Rahmen einer Fachgebiet-Sozialindikatoren-Analyse ergab sich weder für die hausärztliche noch für den Großteil der fachärztlichen Versorgung in Berlin-West eine signifikante Bevorzugung von Gebieten mit einem höheren sozialen Status. Lediglich für die Gruppe der Ärztlichen und Psychologischen Psychotherapeuten zeigte sich, dass diese eindeutig vermehrt in Gegenden mit hohem sozialen Status niedergelassen sind. In der Gender-Analyse konnte gezeigt werden, dass Ärztinnen und Psychotherapeutinnen sozial schwächere Gegenden seltener als Niederlassungsstandort wählen. Im Rahmen einer Störfaktoren-Analyse konnten Zentrumsdistanz und Einwohnerdichte als mögliche Einflussfaktoren auf die Standortwahl der Ärzte und Psychotherapeuten ausgeschlossen werden.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass über eine Unterteilung der einzelnen Großstädte in mehrere Planungsbereiche – statt sie wie bisher als einen einzelnen großen zu betrachten – nachgedacht werden sollte. Um die medizinischen Bedürfnisse der sozial schlechter gestellten Bevölkerung besser abdecken zu können, wäre die Einführung eines Sozialfaktors, ähnlich dem des bereits existierenden Demographiefaktors (zur Anpassung an die Altersstruktur der Bevölkerung) für die Berechnung des tatsächlichen Ärztebedarfs empfehlenswert. Auf diese Art und Weise könnte zukünftig eine bedarfsgerechtere Planung der Ärzteverteilung erfolgen und somit ein gleichmäßigerer Zugang zu ambulanter vertragsärztlicher Versorgung für alle GKV-Versicherten gewährleistet werden.
The marginalization of the hijra identity in postcolonial Pakistan perpetuates the inequalities that have dogged the transgender community since the colonial era. Although Pakistan has since ratified all concerned UN treaties aimed at protecting transgender people and preventing human rights violations against them, the country’s gender-variant population nevertheless remains vulnerable to these transgressions. As such, this study aims to explore the following inquiry: “What are the lifeways of the hijra community and how do hijra people face human rights violations in their daily life activities?”
The identity construction of the hijra is a complex process. Pakistan is a patriarchal society that determines gender based on biological sex. While a genitally ambiguous child is generally recognized as intersexed, the family usually obscures this circumstance or tries to enforce a predominantly male identity onto the child. To some degree, an intersexed child is allowed to perform feminine roles, particularly when compared to a biologically male individual who is inclined toward femininity. They may partake in “girls’ games” or in “women’s chores” like cooking; they may opt to don feminine clothing and jewelry or practice walking and talking “like a girl.” Many family members and relatives consider such actions a threat to family honor and/or an indication of weakness, which in turn renders the child vulnerable to sexual or physical assault. Abuse also causes some gender-variant children to drop out of school. As adults, many hijras do not see childhood sexual encounters as assault, particularly because they considered themselves to be feminine even from a young age. Nevertheless, experiences of isolation, abuse, and exclusion often compel a gender-variant child to seek company outside of his/her family of orientation.
Many transgender individuals see redemption in joining the hijra community: there, a new identity is defined and shaped. New members mirror themselves after more senior hijras. In the community, relationships are solidified through similar childhood experiences and interests as well as a shared freedom to express the outer reflection of an “inner feminine soul.” Here, they accept the childhood label affixed to them by heteronormative society: hijra. In fact, the identity now becomes the key to economic viability and socialization.
The predominant livelihood strategies within the hijra community are dancing and prostitution. New members must adhere to stringent norms and rules; they risk (sometimes severe) punishment if they do not. For example, a new hijra must adopt a very strict feminine appearance; if she does not appear feminine enough she may be socially isolated or physically punished. Similarly, a hijra is required to remain passive during sex. In fact, because hijras are stereotyped as passive and vulnerable, many clients physically exploit or even rape them. If she tries to resist, a hijra may face physical violence and, in extreme circumstances, death. Reporting abuse to law enforcement authorities often leads to further exploitation. As such, whether dancing or performing sexually, hijras are encouraged to do whatever is asked of them.
In the last decade, the Supreme Court of Pakistan has taken significant steps to ensure the rights of transgender people. The Court has similarly compelled local governments to amend existing legislation in order to protect the transgender community. Nevertheless, discrepancies exist in legislative and judicial interpretations of the transgender identity, which continues to impede the struggle for basic rights. Indeed, there is a long way to go in the effort to incorporate transgender people into the folds of mainstream Pakistani society.
The dissertation studied reused Roman coins (AD 100 – 400) that were found in medieval cemeteries (AD 400 – 1400) in the territory of Serbia. The evaluation process was traced through three different periods and cultural contexts: (1) in the period of Roman domination in the central Balkans (AD 1 – 400), i.e. the “primary context” of their use and circulation; (2) in the time of transition from the late antiquity to early medieval period (AD 400 – 700); and (3) in the high and late Middle Ages (AD 900 – 1400), where the last two were considered to be a “secondary context” in which the Roman coins were no longer a valid currency.
It was observed that the reused Roman coins, as a distinctive category of archaeological finds, impose a necessity for reconsideration of the relationship between the disciplines of archaeology and numismatics; encouraging a greater cooperation and discussion between the two. Considering the use and evaluation of Roman coins in their “primary context”, it is possible to presume that the strength of the political Roman system was the crucial factor in the formation and maintaining the stability of the value of Roman coins. The act of reuse should not be automatically equalized with recycling; implying only to use value, but at the same time it was not possible to assume that the value was formed only on a purely symbolical level. The (re)use of Roman coins in the funeral practices from c. AD 400 to 700 was considered to be a part of wider and occasional practice of incorporating older Roman issues in the coin pool by the “barbarian” or Byzantine authorities. It could be then concluded that the value of Roman coins was understood more as a potential attribute than as a fixed category; enabling one to simultaneously “overvalue “ and “undervalue” these objects. In the period from c. AD 900 to 1400, the reuse of Roman coins was detected only within the cemeteries of the peasantry and in a context of gradual increase of general coin use in the central Balkan communities of the Middle Ages. This was understood as an indicator that the Roman coins were not perceived as particularly valuable per se, but since the were recognized as category of objects that became more important in defining social relationships they were then incorporated in the funeral rituals and reinterpreted by the medieval population.