340 Recht
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Gestern hat sich hier im Blog eine interessante Kontroverse entsponnen über meine These, dass der Anruf des Bundespräsidenten bei Kai Diekmann die Pressefreiheit desselben und seiner Bildzeitung unangetastet gelassen hat. Wir haben Dieter Grimm, den ehemaligen BVerfG-Richter und Rektor des Wissenschaftskollegs, um ein klärendes Wort gebeten und die Gelegenheit genutzt, ihm auch noch einige weitere Fragen zur Affäre um den Bundespräsidenten zu stellen.
Dieter Grimm im Interview: Welche Hürden das Grundgesetz vor einem NPD-Verbot errichtet, wie andere Demokratien mit verfassungsfeindlichen Parteien fertigwerden, und warum eine NPD-Klage gegen ein Verbot vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg durchaus Erfolgschancen besäße.
Die Stellung der Grundrechte im europäischen Rechtsraum zeichnet eine tiefe Ambivalenz aus. Einerseits haben sie ihr Schattendasein im Unionsrecht hinter sich gelassen: Man denke an die Grundrechtecharta, den bevorstehenden Beitritt zur EMRK, das Bekenntnis zu einer grundrechtsorientierten Außenpolitik (Art. 21 Abs. 2 lit. b) EUV) und die strenge Überprüfung von Beitrittskandidaten. Andererseits gibt die Grundrechtslage in einigen Mitgliedstaaten Anlass zu erheblicher Sorge. Traurige Bekanntheit genießt die Situation von Minderheiten und Migranten. Maßgebliche Institutionen, wie der Europarat und die OSZE, sehen aber auch die Freiheit der Medien stark gefährdet. Ranglisten zur Pressefreiheit verzeichnen einen signifikanten Abstieg einiger EU-Mitgliedstaaten wegen Medienkonzentration, offener politischer Einflussnahme, unverhältnismäßiger Sanktionen, der Zweckentfremdung von Antiterrorgesetzgebung, unzureichenden Quellenschutzes und nicht aufgeklärter Gewaltakte gegen Journalisten. ...
... Im Zusammenhang mit Eurobonds und Schuldentilgungsfonds werden auch immer wieder Projektbonds genannt. Hier haben die Juristen durchweg freundliche Nachrichten, nicht zuletzt, weil diese unzutreffenderweise mit Eurobonds zusammen diskutiert werden. Projektbonds, d.h. Garantien aus dem EU-Haushalt und der Europäischen Investitionsbank für projektbezogene Anleihen für Investitionen etwa in Verkehrs- und Energieprojekte, werfen vergleichsweise wenig rechtliche Probleme auf. Denn zum einen nimmt Art. 125 AEUV ausdrücklich gegenseitige finanzielle Garantien für die Durchführung eines gemeinsamen Projektes vom Bailout-Verbot aus. Zum anderen handelt es sich um genau begrenzte Garantien aus dem EU-Budget, so dass eine weitergehende Haushaltsbelastung der Mitgliedstaaten nicht zu befürchten ist. ...
... Es stellen sich auch für das Konzept eines Schuldentilgungsfonds – jedenfalls in Deutschland – verfassungsrechtliche Fragen. Zwar sollen Schuldentilgungsfonds sowie die dadurch bedingte gemeinschaftliche Haftung zeitlich und dem Umfang nach begrenzt sein und seine Errichtung parlamentarischer Zustimmung unterliegen. Das klingt zunächst einmal beruhigend. ...
... "Eurobonds" werden in den Verträgen nicht erwähnt. Hier fangen die Probleme also bereits an. Auf der Suche nach Kompetenzgrundlagen für die Einrichtung von Eurobonds wäre denkbar, Gebrauch von den dem Rat in Art. 136 AEUV übertragenen Befugnissen zu machen oder alternativ dazu Art. 352 mit Art. 133 und 136 AEUV heranzuziehen. Diese Bestimmungen sind jedenfalls vom Europäischen Parlament im Brok/Gualtieri-Bericht im März 2011 als in den Verträgen vorgesehene Möglichkeiten zur Einrichtung eines ständigen Stabilitätsmechanismus erörtert worden. ...
Die Diskussion um Eurobonds hält an. Es gibt gute Gründe gegen solche Bonds, aber auch welche dafür. Einerseits wird darauf verwiesen, dass durch die Einführung von Eurobonds der Reform- und Spardruck auf verschwenderische Fiskalpolitik zu sinken droht. Und dass zuviel Liquidität – leicht verfügbares Geld – genau das Ausgangsproblem war. Auf der anderen Seite wird daran erinnert, dass Staatsaufgaben nun einmal weiter finanziert werden müssen, und es wird bezweifelt ob ausschließliches Sparen wirklich trägt. Gemeinsame Anleihen würden für die meisten Staaten zudem günstigere Konditionen bedeuten, freilich nicht für Deutschland – wobei Deutschland unter verschiedenen Aspekten von der derzeitigen Situation profitiert. ...
Um die verworrene Lage im Regelungsdickicht aus Urheberrecht, Nutzungsbedingungen und Kopierschutz bei digitalen Downloads ging es bei iRights.info gerade ausführlich am Beispiel von Musik sowie Filmen und E-Books. In einer neuen Urheberrechts-Debattenreihe bei Süddeutsche.de hat sich heute CDU-Netzpolitiker Peter Tauber für ein Recht auf Privatkopie bei gekauften Downloads ausgesprochen ...
Seit dem 17. Jahrhundert gibt es historische Reflexionen darüber, wie und warum das antike römische Recht, geformt durch Lehre und Praxis des mittelalterlichen Italiens nördlich der Alpen, "rezipiert" worden sei. Ebenso diskutierte man seit dem 19. Jahrhundert über das Lübecker Stadtrecht im Rahmen der Hanse sowie die Ausbreitung des Magdeburger Rechts auf Städte im slawischen Osten. Die heutige Rechtsgeschichte sucht nach neuen Modellen und Terminologien, um den Transfer von Gesetzbüchern, Rechtsprinzipien, Institutionen, Rechtssprache oder kulturellem Habitus von Rechtsanwendern angemessener zu erfassen. Berichtet wird hier über ein Südosteuropaprojekt (1850 bis 1933) mit Blick auf den Transfer normativer Ordnungen (Verfassungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht) in ehemaligen Provinzen des Osmanischen Reichs, die nun zu jungen Nationalstaaten wurden, etwa Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Montenegro und Albanien.
Der Aufsatz weist zunächst die bipolare Dependenz von Moral und Recht in Kants praktischer Philosophie nach. Durch eine Analyse von Kants Neuinterpretation der ulpianischen Rechtsregeln ist es möglich aufzuzeigen, dass Kant eine moralphilosophische Argumentation entwickelt, die mittels der intersubjektiven Anwendung des kategorischen Imperativs in der Selbstzweckvariante auf die Notwendigkeit von Rechtsverhältnissen rekurriert, die angeborene Freiheit aller Menschen sichert. Gleichwohl ist die normative Differenz von moralischer und rechtlicher Freiheit zu beachten.
Zudem zeichnet sich Kants spezifische Eigentumstheorie durch eine dynamische Entwicklung vom 'ursprünglichen' Gesamteigentum über den 'provisorischen' Ersterwerb hin zum 'ursprünglichen' Vertrag, der die Freiheit der Staatbürger sichert sowie den Staat als 'Obereigentümer' institutionalisiert.
Das Spannungsverhältnis von individuellen Staatbürgerrechten und staatlichen Handlungsbefugnissen verliert seine scheinbare Widersprüchlichkeit, sofern Freiheit sowohl als negatives wie als positives Recht verstanden wird. Ausschließlich in dem Kontext positiver Freiheitsrechte dürfte es möglich sein, die von Kant aufgeführten staatlichen Pflichten, wie beispielsweise die Pflicht des Staates, das Dasein aller Staatsbürger zu sichern, in Kants allgemeines Rechtsprinzip zu integrieren.