370 Bildung und Erziehung
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Der Wunsch nach offenen und schülerzentrierten Unterrichtsformen nahm in den letzten Jahren immer mehr zu, da diese zentrale Elemente veränderter Lehr-Lern-Formen darstellen, die für eine demokratische und humane Schule unverzichtbar sind (vgl. Jürgens 2009). Die Selbst- und Mitbestimmung der Schüler_innen bei der Auswahl von Unterrichtsinhalten, bei der Unterrichtsdurchführung und beim Unterrichtsverlauf, die Orientierung an Interessen und Fähigkeiten der Schüler_innen sowie Gelegenheiten zum entdeckenden, problemlösenden, handlungsorientierten und selbstverantwortlichen Lernen sind nach Bohl & Kucharz (2010) wesentliche Kennzeichen des Offenen Unterrichts. Individualisierung und Differenzierung spielen somit neben Selbstständigkeit, Handlungsorientierung und Selbsttätigkeit eine wichtige Rolle. Zudem bietet die besondere Lehrerrolle als Lernbegleiter statt Wissensvermittler mehr Zeit und Möglichkeiten, die Schüler_innen individuell zu beobachten und zu beraten sowie alternative Bewertungsverfahren, wie Schülerselbstbewertungen und Schülermitbewertungen zu erproben. Im vorliegenden Beitrag wird ein Seminarkonzept vorgestellt, welches im Sommersemester 2018 an der Goethe-Universität Frankfurt am Main für Lehramtsstudierende angeboten wurde. Im Rahmen des Seminars erhielten die Studierenden nach einer theoretischen Einführung die Gelegenheit in Gruppenarbeit, konkrete Möglichkeiten zu erarbeiten, wie im Rahmen von Offenem Unterricht auf eine heterogene Schülerschaft eingegangen werden kann.
Das MIKS-Konzept ist ein Konzept für die Schulentwicklungsarbeit mit Grundschulkollegien, die alle Sprachen ihrer Schüler*innen wertschätzen und für das Lernen nutzen wollen. Ziel ist die Professionalisierung und Qualifizierung des Personals und die Unterstützung von Schulentwicklungsprozessen. Die Grundschulkollegien entwickeln und erproben eigene Praxisvorhaben zum Einbezug von Mehrsprachigkeit, implementieren sie in die regulären Schul- und Unterrichtsabläufe und gestalten so die Schulentwicklung im Handlungsfeld Mehrsprachigkeit selbst.
Das MIKS-Konzept enthält Vorgaben über den Ablauf und die Methoden der Qualifizierung und Schulbegleitung sowie über die Inhalte, die während der Qualifizierung vermittelt und bearbeitet werden. Das MIKS-Konzept wurde 2013-2016 entwickelt und in drei Grundschulen erprobt. Im Rahmen einer Dissemination wurde das Konzept 2016-2019 durch Multiplikator*innen in die Breite getragen und an weiteren 17 Grundschulen durchgeführt. Der Artikel fokussiert zunächst die theoretische Fundierung und Konzeptionalisierung von MIKS. Im zweiten Teil werden die Inhalte, die Anlage und der Ablauf der Qualifizierung erstmals ausführlich vorgestellt und durch Einblicke in bisherige Erfahrungen illustriert.
Im Rahmen des ERASMUS+-Aktionsforschungsprojektes SHARMED wurden didaktische Werkzeuge entwickelt, um Lehrende darin zu unterstützen, ihrem Auftrag in Zeiten der Inklusion gerecht zu werden. Dabei will SHARMED zu einem Perspektivenwechsel beitragen, bei dem die Diversität der Schüler*innen nicht als eine Herausforderung gesehen wird, die bewältigt werden muss, damit die Schüler*innen bestimmte Kompetenzen erwerben und Inhalte aufnehmen können. SHARMED legt den Fokus stattdessen auf das viel zu selten wahrgenommene, kommunizierte und ausgelebte Bereicherungspotenzial, das in dieser Diversität steckt und lädt ein, Raum dafür zu schaffen. SHARMED setzt auf die dialogische Haltung, wodurch Lernende zu Protagonist*innen des Lernprozesses werden, und ihn aktiv mitgestalten. Um die dazu notwendige Agency der Schüler*innen zu fördern, wurden sowohl die Techniken der dialogischen Prozessbegleitung erforscht, als auch die folgende Methode konzipiert und getestet: Anhand eigener, zu diesem Zweck selbst ausgewählter und mitgebrachter Bilder haben Schüler*innen eigene Erinnerungen erzählt, welche dann als Ausgangspunkt für Dialoge genutzt wurden. In diesem Artikel wird ein solcher Austauschprozess konversationsanalytisch untersucht und so gezeigt, wie bestimmte, die pädagogische Praxis prägende kommunikative Handlungen der Inklusion entgegenstehen. Gleichzeitig wird auch eine konkrete Vorstellung von der konversationsanalytischen Forschungsarbeit und den Materialien vermittelt, die zum Zweck der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften frei zur Verfügung stehen. Die Nutzung der Aufnahmen und Transkriptionen der Dialoge ermöglicht es Lehrenden, sich über die Auswirkung kommunikativer Handlungen auf den pädagogischen Prozess bewusst zu werden. Darüber hinaus geben die Materialien einerseits Impulse zur Selbstreflexion und vermitteln andererseits Wissen und konkrete Ideen, um die Arbeit in Klassenzimmer inklusiver zu gestalten.
In der vorliegenden Evaluationsstudie wurde die Wirkung der Lehre des universitären Lehrprojektes ‚Expertise und Kooperation für eine Basisqualifikation Inklusion‘ (EKBI) auf inklusionsbezogene Einstellungen, Haltungen und Selbstwirksamkeitserwartungen untersucht. Diese Lehre schloss jeweils Lehrtandems aus mindestens zwei Dozierenden sowie interdisziplinäre Kooperationen ein. Die Teilnehmenden der Kurse (Experimentalgruppe, n = 101) sowie Studierende, die nicht daran teilgenommen hatten (Kontrollgruppe, n = 54), wurden vor und nach dem Semester, in dem die Lehre stattfand, mittels Fragebogen untersucht. Bei der Entwicklung allgemeinerer Einstellungen, Haltungen und Bedenken konnte kein signifikanter Effekt der Zeit in Abhängigkeit von der Gruppe verzeichnet werden. Es zeigte sich aber, dass sowohl die spezifischen unterrichtsbezogenen Einstellungen als auch die subjektiv eingeschätzte Lehrer*innenwirksamkeit in Bezug auf Inklusion in der Experimentalgruppe stärker anstiegen als in der Kontrollgruppe. Es ist zu schlussfolgern, dass die Tandemlehre mindestens kurzfristig wirksam in Bezug auf eine proinklusive Entwicklung ist. Zukünftige Studien könnten die Nachhaltigkeit der Effekte sowie ihren Praxistransfer untersuchen.
Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass sich empirisch eine inklusive Schule oftmals als eine differenzierte und differenzierende Schule darstellt. Dies bezieht sich etwa auf die Ausdifferenzierung der ‚heterogenen Lehrgruppe‘. Im zeitgemäßen inklusiven Unterricht sind allgemein- und sonderpädagogische Lehrkräfte ebenso wie Schulbegleitungen anwesend. Auch Sozialpädagog*innen und Therapeut*innen gehören vermehrt zum Schulalltag.
Vorliegende Studien dokumentieren, dass die Gestaltung inklusiver Schulen bzw. von inklusivem Unterricht von nicht intendierten Effekten und Widerständigkeiten der Akteur*innen begleitet ist. Im Beitrag werden – basierend auf der ProFiS-Studie – zwei Herausforderungen von inklusiven Schulen in den Mittelpunkt gerückt. Zum einen wird auf das Spannungsfeld von Professionalisierung und Deprofessionalisierung eingegangen. Zum anderen stellt das Verhältnis von Kategorisierung und Dekategorisierung eine Herausforderung dar. Beide Relationen sind als Spannungsverhältnisse untereinander und zueinander zu denken, die sich nicht ‚einfach‘ in eine Richtung auflösen lassen, sondern die in ihrer Widersprüchlichkeit gerade konstitutiv für die Praxis ‚inklusiver Schulen‘ wirken. Zentrale Frage des Beitrags ist, wie dieses komplexe Spannungsverhältnis der wechselseitigen Bezogenheit de/kategorisierender und de/professionalisierender Prozesse in professionellen Aktivitäten hervorgebracht wird.
Die Gestaltung eines inklusiven Mathematikunterrichts, der allen Schüler*innen Zugänge zur Mathematik eröffnet, wirft Fragen hinsichtlich einer fachbezogenen Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen auf. Im vorliegenden Beitrag wird eine Qualifizierungsmaßnahme vorgestellt, die darauf zielt, angehende Lehrkräfte für die Anforderungen und Herausforderungen eines inklusiven Mathematikunterrichts zu sensibilisieren sowie diesbezügliche Kritik- und Analysefähigkeiten zu entwickeln. Es wird untersucht, welche Potenziale die Analyse von Praxismaterialien in Bezug auf ihre Eignung für inklusiven Mathematikunterricht bietet. Die Datengrundlage bilden offene Fragebögen, in denen Studierende einen auf Inklusion bezogenen Praxisbeitrag reflektieren. Die Auswertung der Fragebögen erfolgt anhand einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010). Auf Basis einer theoretischen Konzeptionalisierung wird somit eine empirisch erprobte Möglichkeit der Qualifizierung in der ersten Phase der Lehramtsausbildung vor- und zur Diskussion gestellt.
Die Zielsetzung der vorliegenden Studie liegt darin, Bedarfe für eine Qualifizierung und Professionalisierung von Lehrkräften in inklusiven Schulen zu identifizieren. Dabei stehen sowohl spezifische Lehrer*innengruppen als auch konkrete Inhalte bzw. Anforderungen von Inklusion im Fokus. Den Rahmen hierfür bilden Schulen mit dem Schulprofil Inklusion (N = 471 Lehrkräfte aus 49 Schulen). Mittels hierarchischer Clusteranalyse (Überprüfung durch Diskriminanzanalyse) werden Gruppen von Lehrer*innen gebildet. Diese basieren darauf, wie die Lehrkräfte berichten, die Anforderungen von Inklusion (adaptive Unterrichtsgestaltung, Förderplanung, Schulkonzeptentwicklung, innerschulische und externe Kooperation) umzusetzen. Die Betrachtung der vier Cluster zeigt eine Gruppe von Lehrer*innen, die die Anforderungen inklusiver Bildung durchwegs am intensivsten realisiert. Diese machen deutlich, dass nicht für alle Lehrenden gleichermaßen die Notwendigkeit einer Qualifizierung besteht. Gleiches gilt für die Konzeption einheitlicher Maßnahmen, denn für alle Lehrkräfte identische Maßnahmen werden der Diversität der geäußerten Einschätzungen nicht gerecht. Zielführender erscheinen mikrokontextuell orientierte Maßnahmen, die auf bestimmte Lehrkräfte und Anforderungen zugeschnitten sind. Solche Bedarfe zielen einerseits auf die Lehrer*innen ab, die die Anforderungen von Inklusion übergreifend als am geringsten verwirklicht einschätzen sowie diejenigen, die bestimmte Anforderungen nicht umsetzen. Für diese sind Gründe und folgend Maßnahmen zu diskutieren, warum die Umsetzung durchwegs eine so negative Einschätzung erfährt. Maßnahmen im Kontext von Schulentwicklung oder Supervision erscheinen zielführend. Spezifische Qualifizierungsbedarfe bestehen vor allem hinsichtlich innerschulischer Zusammenarbeit, die sich clusterübergreifend als eher gering ausgeprägt erweist.
Der vorliegende Beitrag beschreibt den theoretischen Hintergrund und das Design des Projekts GLUE (Gemeinsame Lern-Umgebungen Entwickeln). Die Konzeption der Gemeinsamen Lern-Umgebungen zielt im Sinne der Prinzipien des ‚Universal Design of Learning‘ (Hall, Meyer & Rose, 2012) darauf ab, den inklusiven Mathematikunterricht von einem gemeinsamen Lerngegenstand aus zu denken, der einerseits Zugänglichkeit für alle Lernenden schafft und andererseits Unterstützungsmaßnahmen auf unterschiedlichen Niveaustufen zulässt.
Das Projekt geht der Frage nach, wie sich die Kompetenzentwicklung von berufserfahrenen Lehrkräften der allgemeinen Schule und für sonderpädagogische Förderung durch Fortbildungsangebote zum inklusiven Mathematikunterricht wirksam unterstützen lässt. Hierzu wurde ein Blended-Learning-Angebot zur Entwicklung gemeinsamer Lernumgebungen für alle Kinder einer Lerngruppe erarbeitet, die sich auch von mehreren Lehrkräften gemeinsam entwickeln lassen.
In diesem Beitrag werden der theoretische Hintergrund, die Konzeption und die methodische Anlage des Projekts vorgestellt. Kapitel 1 befasst sich mit Differenzieren und Fördern im Mathematikunterricht der Primarstufe, Kapitel 2 diskutiert zentrale Befunde zur Wirksamkeit von Lehrerfortbildungsmaßnahmen sowie zu Blended-Learning-Angeboten. Im dritten Kapitel werden auf dieser Grundlage die Ziele des Projekts (Kap. 3.1), die Inhalte und die Struktur des Fortbildungsangebots (Kap., 3.2), die Forschungsfragen (Kap. 3.3) und das Design der Interventionsstudie dargestellt (Kap. 3.4). Die Wirksamkeit wird in einem ausbalancierten Prä-Post-Follow-Up-Test-Design im Vergleich zu unbegleiteten Online-Angeboten evaluiert, die Ergebnisse sollen in einer Folgepublikation kommuniziert werden.
Was verstehen Lehramtsstudierende unter Inklusion? Eine Untersuchung subjektiver Definitionen
(2019)
Der Begriff der Inklusion ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das sowohl in Theorie als auch in Praxis unterschiedlich definiert ist. Für angehende Lehrkräfte bedeutet dies, dass sie sich mit unterschiedlichen Konnotationen dieses Begriffs auseinandersetzen müssen und dadurch möglicherweise eigene Begriffsdefinitionen vornehmen. Im Mittelpunkt dieses Beitrages steht die Frage nach den subjektiven Begriffsdefinitionen zum Begriff Inklusion. Im Rahmen einer schriftlichen Befragung wurden 290 Lehramtsstudierende mit Hilfe einer offenen Fragestellung zu ihrem Inklusionsverständnis befragt. Das Material wurde mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Ergebnisse verweisen auf ein differenziertes Begriffsverständnis angehender Lehrkräfte. Es können vier Verständnistypen unterschieden werden, ausgehend von einem sehr engen bis hin zu einem sehr weiten und offenen Begriffsverständnis.
Schulbegleitung ist ein zunehmend relevantes Tätigkeitsfeld bei der Realisierung inklusiver Bildungsangebote. Kritisch diskutiert wird die Einschlägigkeit der Qualifikation der eingesetzten Personen. Aktuell sind etwa 50% der als Schulbegleiter/innen Beschäftigten pädagogisch, therapeutisch oder medizinisch-pflegerisch qualifiziert. Bislang ist wenig darüber bekannt, welchen Tätigkeiten Schulbegleiter/innen genau nachgehen und wie die Zusammenarbeit mit Lehrkräften eingeschätzt wird. In der vorliegenden Untersuchung werden deshalb Tätigkeitsprofile und Selbsteinschätzungen zur Qualität der Zusammenarbeit mit Lehrkräften bei Fachkräften und Nicht-Fachkräften vergleichend in den Blick genommen. Es wurden in einer Fragebogenbefragung n = 61 Schulbegleiter/innen befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass wider Erwarten die Fachkräfte mit pädagogischer Qualifikation eher im Bereich der lebenspraktischen Unterstützung als im Bereich der Emotions- und Verhaltensregulation tätig sind. Die Zusammenarbeit mit Lehrkräften wird von Fachkräften und Nicht-Fachkräften gleichermaßen positiv bewertet. Es gibt Hinweise darauf, dass die Bewertung der Zusammenarbeit mit Lehrkräften von spezifischen Tätigkeitsprofilen abhängt.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich aus der Sicht des Subjekts mit Transformationen und nimmt die dabei (potentiell) stattfindenden Bildungsprozesse in den Blick. Diese werden im spezifischen Kontext des Übergangs in die Hochschule empirisch analysiert. Durch diesen Fokus wird es möglich, unterschiedliche Facetten von transformatorischer Bildung sowie Hinweise auf selbstbezogene Veränderungen in den Eigentheorien der Subjekte herauszuarbeiten. Darüber hinaus lässt sich die Funktion dieses spezifischen Übergangs als Generator solcher Bildungsprozesse rekonstruieren.
Vor diesem Hintergrund werden folgende Fragestellungen bearbeitet, die über ihren Bezug zur subjektiven Gestaltung des Übergangs miteinander verbunden sind:
Welche Dimensionen charakterisieren den Übergang in die Hochschule aus Sicht der Betroffenen?
Welche selbstbezogenen Veränderungen lassen sich in den Eigentheorien der Befragten identifizieren?
Um einen Beitrag zur Diskussion dieser Fragestellungen zu leisten, wird zunächst das Forschungsfeld der Hochschullandschaft dargestellt. Nach der Rahmung der zentralen theoretischen Konzepte wird das Forschungsdesign erläutert, auf dessen Ergebnissen der vorliegende Beitrag beruht. Dem schließen sich die zentralen empirischen Ergebnisse sowie deren Rückkopplung an den Forschungsstand an.
Bei der zusammenfassenden Analyse unterschiedlicher empirischer Qualifikations- und Forschungsprojekte mit ganz unterschiedlichen Fragestellungen und Erkenntnisinteressen (vgl. Nittel, Schütz, Tippelt 2014; Burkart, Meyer, Stemmer 2016; Meyer 2017; Nittel, Tippelt 2018) zeigt sich sehr deutlich immer wieder ein und dasselbe Phänomen: In den beruflichen Selbstbeschreibungen von pädagogisch Tätigen aus der Elementar- wie der Primarbildung, der Sekundarstufe I und II, der Sozialpädagogik, der Erwachsenenbildung und den Hochschulen nehmen die Begriffe Begleiten und Begleitung eine zentrale Stellung ein. ...
Habituelle Grundlagen des Studierverhaltens. Annäherungen an die Bedingungen universitären Lernens
(2019)
Der vorliegende Band fragt nach "Erwachsenenbildung und Lernen in Zeiten von Globalisierung, Transformation und Entgrenzung." Die damit beschriebenen Veränderungen können Anlass sein, neue pädagogische Konzepte zur Unterstützung des Lernens von Erwachsener an verschiedenen Lernorten und in unterschiedlichen institutionellen Kontexten zu entwickeln. Sie können aber auch Ausgangspunkt für empirische Studien sein, die sich mit den spezifischen Bedingungen und Formen des Lernens von Erwachsener befassen. Anknüpfend an die Diagnose einer Entgrenzung bzw. Vervielfältigung der Lernorte widmet sich die Erwachsenenbildungsforschung zunehmend auch der Untersuchung der Formen und Bedingungen des Lernens Erwachsener jenseits der klassischen Institutionen der Weiterbildung. Damit kommen auch andere Lernorte – etwa das Lernen am Arbeitsplatz, im Verein, im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements und nicht zuletzt auch an der Universität – in den Blick. Durch die empirische Untersuchung des hochschulischen Lehrens und Lernens kann die Erwachsenenbildungswissenschaft somit auch einen Beitrag zur Analyse des Lebenslangen Lernens leisten (Rhein 2015).
Der vorliegende Beitrag beleuchtet das Erwachsenenlernen anhand einer Studie zum Studierverhalten an der Universität. Der Fokus wird dabei auf die habituellen Bedingungen des Studierens gelegt. Die Ergebnisse weisen aber darauf hin, das Wechselverhältnis zwischen individuellen Lernvoraussetzungen und institutionellen Möglichkeitsräumen stärker in den Blick zu nehmen.
Der Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule ist seit vielen Jahren ein heftig diskutiertes Thema. In Deutschland wird die Diskussion insbesondere in der Bildungsforschung, Bildungspolitik und der Praxis kontrovers geführt.Die Hauptgründe dafür sind: Der mangelnde Konsens um das Konzept der Schulfähigkeit und Fragen, die an den Diskurs um Bildungserfolg von Kindern anschließen, sowie die strukturelle Trennung der beiden Institutionen Kindertageseinrichtung und Grundschule, die nach wie vor als Bruch oder Einschnitt problematisiert werden. Genau an dieser Schnittstelle werden Diskontinuitäten befürchtet, die sich auf den weiteren Bildungsverlauf von Kindern negativ auswirken könnten. Diese Debatte ist auch international zu beobachten, auch wenn die Bildungssysteme sich unterscheiden. Eher randständig ist dabei die Sicht von Kindern selbst. Folglich existiert wenig Wissen darüber, wie sie diesen Übergang erleben und bewerten. Im Rahmen dieser Arbeit wurde nach Wegen gesucht, wie Kinder im Übergangsprozess mehr in den Fokus gerückt werden können. Die Arbeit befasst sich vordergründig damit, einen vertieften Einblick in den Alltag von Kindern zu erfahren, der durch die Institutionen Kita und Grundschule mitgeprägt ist und von ihren Sichtweisen zu lernen. Folgende Forschungsziele wurden aus kindheitstheoretischer Perspektive bearbeitet: eine empirische Analyse über die subjektive Sichtweise von Kindern im Übergang Kita/GS vorzulegen, ein tieferes Verständnis darüber gewinnen wie Kinder den Übergang wahrnehmen und welche Erfahrungen sie machen sowie die Sicht von Kindern für die Gestaltung des Übergangs in der Praxis fruchtbar zu machen. Darüber hinaus wurden Ergebnisse dazu vorgelegt, welchen Beitrag Kinder aktiv im institutionellen Setting des Übergangs haben. Die Dissertation ist im Kontext des BMBF-Projekts „Schulfähigkeit und Befähigung – Die Sichtweisen der Akteure“ unter der Leitung von Sabine Andresen und Nadia Kutscher entstanden.
In this paper, we developed a method to extract item-level response times from log data that are available in computer-based assessments (CBA) and paper-based assessments (PBA) with digital pens. Based on response times that were extracted using only time differences between responses, we used the bivariate generalized linear IRT model framework (B-GLIRT, [1]) to investigate response times as indicators for response processes. A parameterization that includes an interaction between the latent speed factor and the latent ability factor in the cross-relation function was found to fit the data best in CBA and PBA. Data were collected with a within-subject design in a national add-on study to PISA 2012 administering two clusters of PISA 2009 reading units. After investigating the invariance of the measurement models for ability and speed between boys and girls, we found the expected gender effect in reading ability to coincide with a gender effect in speed in CBA. Taking this result as indication for the validity of the time measures extracted from time differences between responses, we analyzed the PBA data and found the same gender effects for ability and speed. Analyzing PBA and CBA data together we identified the ability mode effect as the latent difference between reading measured in CBA and PBA. Similar to the gender effect the mode effect in ability was observed together with a difference in the latent speed between modes. However, while the relationship between speed and ability is identical for boys and girls we found hints for mode differences in the estimated parameters of the cross-relation function used in the B-GLIRT model.
Für Schüler/innen ist Unterricht ein krisenhafter Prozess, da sie dort mit Fremdem konfrontiert werden. Die Aufgabe von Lehrer/innen besteht darin, solche Krisen sowohl zu initiieren als auch bei deren Lösung behilflich zu sein. Aber auch Lehrer/innen können im Unterricht in Krisen geraten. Wie erfahren Lehrer/innen diese Krisen, wie gehen sie mit ihnen um? Und wie hängen die Krisen der Lehrer/innen mit denjenigen der Schüler/innen zusammen? Mit diesen Fragen befasst sich der Erziehungswissenschaftler Jan-Hendrik HINZKE in einer vor kurzem erschienenen Studie.
HINZKE hat eine Reihe von Interviews mit Lehrer/innen geführt und mithilfe der dokumentarischen Methode ausgewertet. Die Ergebnisse hat er schließlich in einer Typologie präsentiert. In dem vorliegenden Aufsatz wird diese Studie nicht nur vorgestellt, sondern auch kritisch erörtert. Zu diesem Zweck wird ein Teil eines Interviews mittels der Methode der objektiven Hermeneutik reanalysiert. Es zeigt sich, dass die Lehrperson, mit der das Interview geführt wurde, ihr pädagogisches Handeln nicht als krisenhaft erfährt, sondern als durch Routinen geprägt. Insoweit kann dem Ergebnis von HINZKE, dass alle Lehrer/innen ihr Handeln als krisenhaft erfahren, nicht zugestimmt werden. Das andere Ergebnis, nämlich dass die Krisen der Schüler/innen kaum in den Blick der Lehrer/innen geraten, bestätigt sich hingegen.
In diesem Beitrag wird ein hochschuldidaktisches Konzept zur Förderung des reflektierten Umgangs mit Heterogenität im schulischen Kontext unter Verwendung digitaler Lerneinheiten vorgestellt. Im Projekt "Level – Lehrkräftebildung vernetzt entwickeln" (Qualitätsoffensive Lehrerbildung BMBF, Goethe-Universität Frankfurt) wurden in den Bildungswissenschaften digitale Lerneinheiten zu den Heterogenitätsdimensionen "Geschlecht", "kultureller Hintergrund", "sozio-ökonomischer Hintergrund", "kognitiv-motivationale Lernvor-aussetzungen" und "Behinderung" konzipiert und in der universitären Lehre erprobt. Die Auswahl der erstellten Lerneinheiten begründet sich auf Ergebnissen der PISA-Studien sowie der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Lerneinheiten werden in Blended-Learning-Szenarien eingesetzt und zielen auf den Aufbau von Fachwissen und professionellen Überzeugungen sowie Reflexivität. Auf der Grundlage individuellen Vorwissens werden von den Lernenden (videobasierte) Aufgaben bearbeitet, die der Perspektivübernahme und Selbstreflexion im Hinblick auf Kategorisierungen dienen und die Bearbeitung fachwissenschaftlicher Texte und aktueller Studien beinhalten. Arbeitsergebnisse können digital im Peer-Feedback bearbeitet sowie mit einem digitalen Portfolio verbunden werden. Das Onlineformat ermöglicht die fächer- und phasenübergreifende Nutzung durch Dozierende sowie Ausbilder_innen an Studienseminaren. Zusätzlich zu den fünf Lerneinheiten wurden eine einführende Version für Studierende und eine erweiterte Version für Lehrende erstellt, die einen Einblick in Aufbau und Struktur des Formats gibt und als "pädagogischer Doppeldecker" konzipiert ist. Die formative Evaluation mit Lehramtsstudierenden und Ausbilder_innen ergab positive Ergebnisse hinsichtlich der Einsetzbarkeit der Lerneinheiten in der Lehramtsausbildung.
The following paper critically discusses the idea of a learning platform for teaching and learning at universities in an international context highlighting several social questions that arise in relation to questions of higher education and mobility. By using the example of the proposed platform, the paper touches on existing social inequalities in a complex system of international university landscapes and current educational and political changes by relating the discussed topics to the Four Freedoms of the European Union, namely the free movement of capital, goods, services and people. Based on the discussion of the ambivalence of benefits and limitations of current changes in higher education especially in relation to mobility, the paper discusses innovative ideas using new technical opportunities and critically asks whether these ideas are necessary and helpful in order to reduce limitations and inequalities or whether it might instead just shift these limitations and inequalities, thus pointing at wider structural and political problems within higher education and educational policies.
Die wissenschaftliche Vernetzung, Betreuung und Unterstützung in der Promotionsphase steht im Zentrum dieser Forschungsarbeit, für die eine soziale Netzwerkanalyse (SNA) zur Karriereentwicklung in einem Bildungsforschungsprogramm in Deutschland durchgeführt wurde. Als Ausgangsproblem wird die schwierige Situation der unsicheren beruflichen Perspektiven Promovierter aufgegriffen.
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie Promovierende sowohl eine hohe fachliche Qualifikation erreichen, die für eine wissenschaftliche Karriere erforderlich ist, als auch eine gute Vernetzung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft aufbauen können, um sich Chancen für die nächsten Karriereschritte zu eröffnen. Aus der Perspektive der Promovierten werden Chancen und Risiken der Vernetzung behandelt, um Überlegungen zu förderlichen und hinderlichen Aspekten der Betreuung und Unterstützung anzustellen.
Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit zeigen auf, welche Bedeutung soziale Netzwerke in der Berufsbiografie haben können und wie wissenschaftliches und soziales Kapital für die Karriere genutzt werden kann. Dazu richtet sich die erziehungswissenschaftliche Perspektive auf Prozesse des Wissenserwerbs und gemeinschaftlicher Lernprozesse, die zur Qualifizierung dienen und unterschiedliche Modelle von Betreuung umfassen. Im Verlauf der Promotionsphase und der weiteren wissenschaftlichen Karriere beginnen die Promovierenden auf der Wissensgrundlage ihres Studiums als Neulinge ihre erste umfangreiche empirische Forschungsarbeit. Sie werden durch die Mitarbeit im Projekt und ihre Beteiligung an Aktivitäten an die Arbeitsweisen in der Wissenschaft herangeführt. Von einer solchen eher randständigen Position aus erwerben sie Wissen, lernen hinzu, tauschen sich mit fortgeschrittenen WissenschaftlerInnen aus und sammeln eigene Erfahrungen. Nach einiger Zeit weiterer Qualifizierung und größerer Sichtbarkeit in der wissenschaftlichen Gemeinschaft können sie Positionen näher am Zentrum ihres Forschungsgebiets einnehmen, die auf ihren Kenntnissen und ihrer zunehmenden fachlichen und methodischen Expertise beruhen.
Neue Erkenntnisse über Betreuungsmodelle sind hilfreich, denn die Betreuung orientiert sich mal stark an dem klassischen Lehrer-Schüler-Modell (Individualbetreuung) oder an einer gemeinsamen Betreuung in einer Forschungsgruppe (Gruppenbetreuung). Die Untersuchung der Bedeutung von sozialem Kapital und situiertem Lernen in der Qualifikationsphase dient dazu, die Vernetzung von Promovierten in ihrer späteren akademischen Karriere zu analysieren.