430 Germanische Sprachen; Deutsch
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Ruth Klüger in Deutschland
(1994)
Enthält:
Ruth Klügers deutsches Publikum im Spiegel der Veranstaltungsberichte / Stephan Braese
Weiter leben in der deutschen Buchkritik / Holger Gehle
Ruth Klügers Lesung in Hamburg / von Timothy K. Boyd
Ruth Klüger liest in Bonn / von Holger Gehle
Ruth Klüger im Gespräch mit Matthias Beltz / von Susanne Klockmann
Ruth Klüger zur Begrüßung / Martin Walser
Ausgangspunkt der Überlegungen war die Beobachtung, daß die Germanistik nach 1966/68 als „disziplinäre Einheit“ in die „Krise“ geriet. Erklärt werden kann dies mit dem Verlust ihrer bis dato unhinterfragten einheitsstiftenden Fundamente: Plötzlich wurden der Nationenbegriff, der bürgerliche Literaturbegriff und der Bildungsbegriff zur Zielscheibe der Kritik und Forderungen nach Aktualität oder gesellschaftlicher Relevanz bestimmten das Denken. Die „Dichtersterne“ und Geistesgrößen am „Bildungshimmel“, die die Götter abgelöst hatten, wurden entthront; die Hochsprache wurde als Machtinstrument enttarnt. Ob es sich bei der „Krise“ tatsächlich um eine „Krise“ handelt oder um einen „Segen“, hängt vom Betrachterstandpunkt ab. In dieser Hinsicht spaltete sich denn auch die disziplinäre Gemeinschaft in zwei Hälften. Lediglich die Lehrerbildung blieb als „Klammer“ für das Fach erhalten. Diese beiden „Hälften“ entfalteten in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche Strategien, wie mit der Situation umzugehen sei: Stiegen die einen aus der Germanistik aus („Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.“), versuchten die anderen das Schiff wieder flott zu bekommen, also der Germanistik wieder zu der gesellschaftlichen Bedeutung zu verhelfen, die ihr historisch und faktisch zusteht – als Wissenschaft von der deutschen Sprache, Literatur und Kultur – und dies gegen alle Widerstände. Zu diesen Widerständen gehört erstens ab Mitte der 60er Jahre die Szientifizierung1, die zwei Funktionen erfüllt: Sie verschafft wissenschaftliches Renommee (Professionalisierungsstrategie) für ein Fach bzw. dessen Teilfächer, die als soft sciences traditionell dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ausgesetzt sind – so v.a. die subjektiv operierende Literaturwissenschaft –, und sie demonstriert Distanz zur Politik bzw. Ideologiefreiheit. Zu diesen Widerständen gehört zweitens – wenn man den wissenschaftspolitischen Prognosen der Systemtheorie folgt – die subdisziplinäre Ausdifferenzierung, die quasi natürlich und unaufhaltsam von statten geht und zwei Folgen zeitigt: die Auflösung in Teildisziplinen und die Distanzierung von außerhalb des Wissenschaftssystems liegenden Funktionen und Leistungen. Auch das Nichtüberschreiten der (Wissenschafts-)Systemgrenze demonstriert Ideologiefreiheit. Gesellschaftliche Diskussionen („Zuwanderung“; „deutsche Leitkultur“ etc.) als außerhalb des Wissenschaftssystems liegend dürfen von der Germanistik nicht aufgegriffen werden – auch dies ist eine Frage des wissenschaftlichen Ansehens im Elfenbeinturme. Dabei verwandeln sich merkwürdigerweise Leistungen für das politische System (Sprachen-, Kultur- bzw. Bildungspolitik) zum schlechten, Leistungen für das ökonomische System oder das „Beschäftigungssystem“ zum guten Ton...
Es hat Zeiten gegeben, in denen sich Autoren der verschiedensten Disziplinen auf »die Alten« beriefen, wenn sie ihre Argumentation mit Verweis auf Autoritäten der Vergangenheit, meist der Antike, absichern wollten. Das waren Zeiten, in denen »die Alten« insgesamt ein hohes Ansehen hatten. Auch die traditionelle Darstellung des christlichen Gottvaters als alter Mann sollte ihn eindeutig als Respektsperson auszeichnen. Im ältesten deutschen Heldenlied, dem »Hildebrandslied« (Aufzeichnung im 9. Jahrhundert), ist es entsprechend der Vater Hildebrand, der aufgrund seines Alters vor seinem Sohn das Wort ergreifen darf. ...
Wikipedia (28.02.2008): Kolonial-Deutsch ist eine von dem Kolonialbeamten Emil Schwörer im Jahr 1916 veröffentlichte Plansprache. Schwörer entwarf dieses Pidgin für die Kommunikation in Deutsch-Südwestafrika und publizierte eine 62-Seiten umfassende Broschüre mit dem Titel "Vorschläge einer künftigen deutschen Kolonialsprache in systematisch grammatikalischer Darstellung und Begründung". Schwörer verarbeitete dabei Erkenntnisse über das Pidgin-Englisch sowie über die Bantu-Sprachen und Suaheli. Seine Kolonialsprache war eine vereinfachte Version des Deutschen, die beeinflusst war von den afrikanischen Kontaktsprachen. Seine Vorschläge wurden nie in die Praxis umgesetzt.
„Habemus Papam!“ – so schließt Text A und bringt die für Deutschland sensationelle Nachricht, daß ein Deutscher zum Papst gewählt wurde noch einmal mit der entsprechenden rituellen Formel zum Ausdruck. Daß diese Feststellung nicht nur sachlicher Ausdruck für die Tatsache eines Pontifikatswechsel ist, sondern vielmehr einen kirchengeschichtlichen Vorgang mit besonderer Relevanz für die katholische Kirche in Deutschland beschreibt, zeigt sich exemplarisch an den hier analysierten Pressetexten. Während die Texte aus kirchlichen und kirchennahen Medien vor allem dadurch auffallen, daß sie ein gestärktes katholische Selbstbewußtsein ausdrücken, springt bei den Beispielen aus weltlichen Medien hauptsächlich eine neue Offenheit im Umgang mit der katholischen Kirche und ihrer Lehre ins Auge. Die Artikel beider Bereiche betonen auf ihre Weise die emotionalen Aspekte des kirchlichen Lebens. Gleichzeitig thematisieren sie mehr oder weniger intensiv Grundfragen des katholischen bzw. christlichen Glaubens und sind so Beleg dafür, daß sich die Situation der katholischen Kirche in Deutschland durch die Wahl Joseph Ratzingers zum Papst maßgeblich verändert hat. Auch wenn der Umgang der Medien mit der alten „Institution Kirche“ zwischen extrem hoher medialer Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit Papst Benedikt XVI. und völliger Mißachtung sonstiger kirchlicher Vorgänge und Themen schwankt, markieren die vorgestellten Texte einen Trend, der zwar nicht auf breiter Front, noch durchgängig zum Tragen kommt, dennoch aber vorhanden ist und neue Berührungspunkte zwischen katholischer Kirche und Medien eröffnet. Dieser Prozeß erscheint eingebettet in die gewachsene Relevanz von Religion und Glaube, so unbestimmt und diffus auch beide in der deutschen Gesellschaft vorhanden sein mögen. Der Pontifikatswechsel hat dazu geführt, daß seit 2005 auch vermehrt katholische bzw. christliche Themen im öffentlichen Diskurs über Religion, Glaube und Spiritualität Beachtung finden und sich stärker gegenüber anderen religiösen und esoterischen Angeboten profilieren können. Anzeichen dafür finden sich mit Blick auf die Medien vor allem auf dem deutschen Buchmarkt. Aber auch die Kirche selbst erfährt Aufwind und scheint trotz weiterhin bestehender Probleme und Schwierigkeiten in einigen Bereichen wieder fester Tritt zu fassen. Papst Benedikt XVI. ist sicher nicht alleiniger Auslöser dieser Entwicklung, seine Wahl und sein Wirken hatten und haben aber offensichtlich katalytische Wirkung und begünstigen einige Ansätze positiv. ...
In der Arbeit wurde der Deutschunterricht im Iran in Bezug auf seine Gegenstände, Ziele, Methoden und die ihn anbietenden Institutionen auf diskurstheoretischer Grundlage besonders im Hinblick auf Aspekte interkultureller Kommunikation beschrieben und untersucht. Wenn gerade die kommunikativen Aspekte des Deutschunterrichts in den Blick genommen werden, darf nicht übersehen werden, dass dabei nicht nur rein sprachliche, sondern auch kulturelle Aspekte des Lehrens und Lernens zu berücksichtigen sind. Die Ziele der Arbeit in Fragen der Deutschdidaktik ergeben sich aus besonderer Beachtung dieser Aspekte und sind auf Forschung, Lehre und Analysemethoden bezogen. Die einzelnen Kapitel sind explorativ und vermitteln insgesamt einen Eindruck von der Vielfalt der Fragestellungen und so auch von den neueren Entwicklungen und Fragestellungen, die sich in der unterrichtlichen Kommunikation bei iranischen Deutschlernern und –lehrern aufgetan haben. Das umfangreiche Material, das hier erstmals in einer bearbeitungsfähigen Form zur Verfügung gestellt wurde, bietet den Lesern reiche Möglichkeiten, weitere Phänomene interkultureller Kommunikation selbst zu entdecken und zu untersuchen. Darüber hinaus wird sprachliches Handeln im DaF-Unterricht im Hinblick auf „interkulturelle Kommunikation“ und auf die Möglichkeit, die „Diskursanalyse“ als Untersuchungsmethode darauf anzuwenden, beleuchtet.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, Chronologie und Erscheinungsform volkssprachlicher Schriftzeugnisse zwischen ca. 750 und 1250 im fränkischen Gesamtreich, im ostfränkischen Reich, im entstehenden ‚Deutschen Reich‘, als Folge geistesgeschichtlichen und politischen Wandels in dieser Zeitspanne darzustellen. Explizite soll die disparate Erscheinungsform ‚deutscher‘, volkssprachlicher Texte als Folge sich wandelnder Ziele der Herrscher dargestellt werden: Zielsetzungen, die sich aus dem sich verändernden Weltbild und der sich verändernden politischen Lage ergeben und die das Handeln des Herrschers bestimmen. Anders gefragt: Welche politischen Gründe können fränkische und sächsische Könige und Kaiser im Mittelalter bewogen haben, die ‚deutsche‘ Volkssprache zu fördern und – steht das in Zusammenhang mit der jeweils gültigen Reichsideologie?
Die Doppelobjekt-Konstruktion bildet einen Untersuchungsgegenstand, der in der Vergangenheit die Theoriebildung in der Syntaxforschung wesentlich beeinflusst hat. Untersuchungen zu Doppelobjekt-Konstruktionen sind u.a. folgenreich gewesen für die Kasustheorie sowie für Analysen der Verbbewegung, Satz-, VP- und Argument-Struktur. In diesem Aufsatz stelle ich eine Analyse einiger wichtiger Aspekte der Doppelobjekt-Konstruktion im Deutschen vor. Untersucht wird, in welcher Position die Objekte des Verbs basisgeneriert werden und in welchen abgeleiteten Positionen sie erscheinen. Die Beantwortung dieser Fragen liefert eine Erklärung für das asymmetrische Verhalten der beteiligten Objekte in Bezug auf ihr Bindungs- und Extraktionsverhalten.
In diesem Aufsatz diskutiere ich die Distribution von kohärenten Kontroll-Infinitiven im Deutschen. Es werden die Verbklassen bestimmt, die kohärente Infinitive lizenzieren. Dabei zeigt sich, dass ausschließlich Infinitive 'kohärent' konstruiert werden können, die die Position der Akkusativ NP (bzw. die Position des direkten Objekts) einnehmen. Kontroll-Infinitive in anderen strukturellen Positionen sind zwangsläufig 'inkohärent'. Transparente Infinitive in Sprachen wie dem Polnischen und Spanischen sind in derselben Weise in ihrer Distribution beschränkt. Ich schlage eine einheitliche Analyse der relevanten Daten vor, die weitere distributionelle Generalisierungen bezüglich des Auftretens kohärenter Infinitive korrekt prognostiziert. Für die idiolektale Variation, die unter Sprechern in Bezug auf bestimmte Verben existiert, die kohärente Infinitive lizenzieren, wird eine Erklärung formuliert, die auf der Idee basiert, dass die Bildung dieser Infinitive an die Präsenz eines Inkorporations-Merkmals gebunden ist, das beim Spracherwerb auf der Grundlage positiver Evidenz erworben wird. In this article, I discuss the distribution of so-called 'coherent (control) infinitives' in German. In section 2, I will argue that both coherent as well as incoherent control-infinitives have a sentential status. In section 3, I argue that only infinitives occupying the position of the direct object show the well-known properties associated with coherent infinitives. Control infinitives in other structural positions represent incoherent infinitives. This situation is not limited to German infinitives. Transparent infinitives in Polish and Spanish show the same structural asymmetry. In section 4, I propose a unified analysis for the data that in addition, correctly predicts further restrictions for the distribution of coherent infinitives. In section 5, I propose an account for idiolectal variation in the class of verbs that license coherent infinitives. This account is based on the idea that coherent infinitives require an incorporation-feature in their lexical entry that is acquired on the basis of positive evidence.
In diesem Aufsatz gehe ich der Frage nach, in wie viel unterschiedlichen Positionen Verben im deutschen Satz vorkommen können. Anhand syntaktischer Tests wird gezeigt, daß das Verb im Deutschen in insgesamt drei unterschiedlichen Positionen auftritt und nicht, wie in der traditionellen Grammatik angenommen wird, in nur zwei Positionen (in der rechten und in der linken Satzklammer). Es wird dafür argumentiert, daß die Anwendung des abstrakten Satzschemas, wie es heute gängigerweise in der generativen Grammatikforschung als universelles Satzmodell angenommen wird, die Erklärung einer Vielzahl syntaktischer Phänomene im Deutschen ermöglicht, die mit der traditionellen Verbstellungsanalyse, die von nur zwei Verbpositionen ausgeht, nicht erklärt werden können. Gemäß des universellen Satzschemas repräsentiert die Infl(ection)-Position eine Verbposition im Satz. Diese Position ist identisch mit der rechten Satzklammer. Eine weitere Verbposition ist die V-Position innerhalb des Mittelfelds und eine dritte potenzielle Position für das Verb entspricht der C(omplementizer-) Position (bzw. der linken Satzklammer). Der Aufsatz ist folgendermaßen gegliedert. In der Einleitung schildere ich kurz die unterschiedlichen Auffassungen, die in der Vergangenheit zur Verbstellungsproblematik im Deutschen vertreten wurden. In Abschnitt 2 nenne ich die wichtigsten Argumente, die gegen die Annahme vorgebracht wurden, daß im deutschen Satz für Verben insgesamt drei Positionen zur Verfügung stehen. Im Anschluss daran werden in den Abschnitten 3.1 bis 3.2 Argumente diskutiert, die für drei Verbpositionen sprechen. Abschnitt 3.3 behandelt die Frage, wie vor diesem Hintergrund die Daten aus Abschnitt 2, die sich als problematisch für diese Analyse erwiesen haben, erklärt werden können. In Abschnitt 4 wende ich mich weiterer unabhängiger Evidenz aus dem Bereich der historischen Syntax zu, die für drei Verbpositionen im Deutschen spricht. In Abschnitt 5 gebe ich eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
Ausgangspunkt der folgenden Untersuchung ist die Überlegung, daß verschiedene Versionen der Prinzipien- und Parametertheorie unterschiedliche Prognosen bezüglich strukturell ambiger Wortfolgen in Passiv-Konstruktionen des Deutschen machen. Im Rahmen einer Theorie, in der Move-alpha frei appliziert, wie etwa in der Rektions- und Bindungstheorie (Chomsky 1981, 1986a, 1986b), können multiple Derivationen für derartige Abfolgen nicht ausgeschlossen werden, wohingegen eine andere Situation vorliegt, wenn man die entsprechenden Konstruktionen im Rahmen des Minimalistischen Programms analysiert. Hier kann die Anzahl möglicher (und mit einer Wortfolge verträglicher) Derivationen mit Hilfe von Ökonomieprinzipien beschränkt werden. Auf Grundlage verschiedener syntaktischer Tests wird im weiteren gezeigt, daß bestimmte Wortfolgen nur mit einer Derivation verträglich sind, was im Einklang mit einer minimalistischen Analyse der Daten steht. Der Aufsatz ist folgendermaßen gegliedert. In Abschnitt 2 erläutere ich das Grundproblem der multiplen Derivationen, das sich im Deutschen z. B. bei Passiv-Konstruktionen ergibt, wenn man annimmt, daß NP-Bewegung und Scrambling optional erfolgen und ferner keine Beschränkungen für potentielle Derivationen gelten. In Abschnitt 3 diskutiere ich die Voraussetzungen für die Überprüfung der Prognosen der verschiedenen Varianten des Prinzipien- und Parametermodells und versuche anschließend auf Grundlage syntaktischer Tests zu belegen, daß die diskutierten Beispiele tatsächlich nicht strukturell ambig, sondern strukturell eindeutig sind, wie es die Analyse der entsprechenden Konstruktionen im Rahmen des Minimalistischen Programms vorhersagt. Abschnitt 4 beschreibt die Konsequenzen der Analyse für weitere Sprachen wie Niederländisch und Japanisch und zusätzliche Bewegungstypen. Abschnitt 5 enthält die Konklusion.
Innerhalb der Reihe "GrenzBereiche des Lesens" gehaltener Vortrag. "GrenzBereiche des Lesens" ist eine kulturwissenschaftliche Vortragsreihe, die 2003 und 2004 an der Universität Frankfurt stattfand. Thomas Küpper nimmt in seinem Beitrag das Kriterium der Wiederholungslektüre, das als Qualitäts- und Differenzmerkmal ästhetisch anspruchsvoller Literatur gilt, zum Anlass, die Grenzziehung zwischen Kitsch und Kunst genauer zu überdenken. Nicht die Wiederholungslektüre an sich macht bereits den Unterschied, vielmehr muss eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der Wiederholungslektüre getroffen werden. In systemtheoretischer Perspektive lässt sich eine solche typologische Differenzierung anhand des je spezifischen Verhältnisses von Medium, d.h. hier: der Gattungen, und der Form, d.h. der Texte, präzise vornehmen. Trivialliteratur unterscheidet sich dann von der Kunst, insofern ihre Medien der eigentlichen Formrealisierung nur wenig Spielraum lassen: Nicht die Abweichung, sondern die Bestätigung der gegebenen Schemata wird honoriert. Auch der Kitsch bietet Variationen des Bekannten, doch – und hier nähert er sich der Kunst an – die vertrauten und wiederholten Muster werden als einmalige und besondere Formen von bleibendem Wert inszeniert. Am Beispiel des Kultfilms "Pretty Woman" spielt Thomas Küpper diese unterschiedlichen Lektüren durch und zeigt an diesem vermeintlich eindeutig trivialen Fall, dass sich die Faszination des Films den vielen Wiederholungen verdankt.
Am 3 Februar 2004 innerhalb der Reihe "GrenzBereiche des Lesens" gehaltener Vortrag. "GrenzBereiche des Lesens" ist eine kulturwissenschaftliche Vortragsreihe, die 2003 und 2004 an der Universität Frankfurt stattfand. Die potentielle Unabschließbarkeit literarischer Lektüren ist oft mit der Metapher vom Text als Gewebe umschrieben worden. Uwe Wirth widmet sich ihr mit Blick auf den Grenzbereich eines anderen Mediums: des Computers. Findet sich im Hypertext die digitale Einlösung der Metapher vom Textgewebe, so stellt sich aufs Neue die Frage nach den Rollen von Autor und Leser: Der Hypertextleser wird zum editorialen "Spinner" eines Netzes aus semantischem und medialem Gewebe.