791 Öffentliche Darbietungen, Film, Rundfunk
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Autor*innenfiguren finden sich seit Anbeginn der Filmgeschichte im audiovisuellen Medium - und zwar sowohl als Rekurrenz auf tatsächlich existierende historische Autor*innen als auch auf fiktive Schriftsteller*innen, die für die jeweilige Narration mitsamt der von ihnen geschriebenen Werke kreiert sind. Es bleibt eine spannende Frage, warum das audiovisuelle Medium ein so großes und langlebiges Interesse an Prozessen des Imaginierens, Schreibens und Publizierens hat, das besondere Konjunkturphasen während Herausforderungslagen des Mediums durchlebt - wie beispielsweise die jüngste Welle rund um das Millennium, die mit der zunehmenden Digitalisierung des Films zusammenfiel. Dieser Zusammenhang zwischen sich verändernden medialen Begebenheiten und dem Interesse an Autor*innenfiguren lässt sich nun auch im seriellen Erzählformat des Mediums finden. Der jüngst zu beobachtende Wandel des seriellen audio-visuellen Erzählens vollzog sich insbesondere durch das Aufkommen von Streaming-Diensten und der damit von Sendezeiten der Fernsehsender losgelösten Verfügbarkeit aller bis dato veröffentlichten Episoden einer Serie. Während zuvor ein wöchentliches Warten auf einzelne Folgen und (abgesehen vom Sonderfall der Wiederholung) nur die Verfügbarkeit dieser jeweiligen Episode gewährleistet war, besteht nun die Möglichkeit über 'Binge Watching' große Abschnitte einer Serie auf einmal anzusehen. Hierüber ergibt sich die Möglichkeit komplexe und stringent fortlaufende Handlungsstränge im seriellen Format zu erzählen. [...] Im Kontext dieser Verschachtelung von Spannungsbögen werden auch an die Darstellung von Autorschaft im seriellen Erzählformat Anforderungen gestellt, die deutlich von denen des Spielfilmformats abweichen und sich als folgende Hypothesen formulieren lassen: 1. Aufgrund ihrer Länge und der Untergliederung in einzelne Episoden mit jeweils eigenen kleinen Höhepunkten kann nicht nur die Entstehungsgeschichte eines Werks im Fokus der Narration stehen. Autor*innen im seriellen Erzählformat müssen immer wieder neue Werke angehen, sich auf immer wieder neue Art mit diesen auseinandersetzen und sich durch deren Vollendung erneut beweisen. 2. Das schöpferische Potential und der Akt der Entstehung eines Werks werden im Rahmen der Spannungsbögen getaktet. [...] 3. Als Weiterführung der letzten Konjunkturwelle im Spielfilmformat ist ein deutlich intensivierter transmedialer Umgang zu verzeichnen. [...] Wie sich diese drei Annahmen in einzelnen Beispielen manifestieren, soll anhand drei unterschiedlicher Typen von Autorenfiguren in amerikanischen Serien aufgezeigt werden.
Bereits mit dem Titel dieses Bandes wird in Aussicht gestellt, darin "Biopolitik(en) in Literatur, Film und Serie" zu thematisieren. Mit der Überschrift dieses Beitrags wird hierzu analog angekündigt, die "Modi der Aushandlung menschlichen Lebens in (Gegenwarts-)Literatur, Film und Serie" zu untersuchen. Was jedoch meint 'in' im gegebenen Kontext? Worin besteht die Konnexion zwischen biopolitischer Thematik und künstlerischem Medium, die über die Präposition zum Ausdruck gebracht wird? Zunächst kann ein Auftreten biopolitischer Themen in Erzähltexten auf Ebene der 'histoire' festgestellt werden, insofern Biopolitik in ihren diversen Spielarten die Settings und Plots literarischer wie filmischer erzählender Texte ausgestaltet. [...] Weitergehend kann eine Wirksamkeit biopolitischer Fragestellungen in Erzähltexten auf Ebene des 'discours' konstatiert werden, sobald Biopolitik zum Reflexionsanlass eines erzählenden Textes wird. Über Szenario und Handlung hinausgehend, eröffnen semantische, narratologische oder metafiktionale Auseinandersetzungen mit biopolitischen Fragen neue Aushandlungs- und Reflexionsräume, in denen Biopolitik perspektiviert und problematisiert wird und mit denen eine kritische Revision durch die Rezipierenden initiiert wird. In dieser Variante biopolitischer Thematik in erzählenden Texten wird somit Biopolitik nicht nur zur Darstellung gebracht, sondern zur Disposition gestellt. In dieser Weise kann ein Erzähltext selbst als Beitrag zum biopolitischen Diskurs fungieren und als solcher Lebenswissen generieren. Auf diesen Prämissen aufbauend werden im Folgenden zunächst der Begriff der Biopoethik und die Besonderheiten biopoethischer Modi skizziert, bevor eine ausführlichere Betrachtung vier solcher Modi an konkreten Erzähltextbeispielen erfolgt. Als komplementäre Ergänzung zur Produktivität biopolitischer Diskurse, wie sie im voranstehenden Beitrag erarbeitet wird, soll so die Produktivität narrativer Biopolitik(en) verdeutlicht werden.
Bevor Wolodymyr Selenskyj vor einem Jahr Präsident der Ukraine wurde, war er dies schon einmal gewesen, und zwar in seiner Rolle in der erfolgreichen Fernsehserie "Sluha narodu" ("Diener des Volkes"). Hier zeichnet sich nicht nur ein neues Verhältnis von digitaler Wirklichkeit und politischer Öffentlichkeit ab, sondern auch eine neue Form des Populismus, die nicht auf nationalistische Diskurse und reaktionäre Denkmuster baut, sondern antistaatliche und neoliberale Affekte miteinander verbindet.
Eine in gewisser Weise auf die Spitze getriebene visuelle Inszenierung von Geschlechter-Dramen bildet die Grundlage des Beitrags von Anda-Lisa Harmening "Mopa - Serielle und visuelle Geschlechter-Dramen in "Transparent" von Jill Soloway", dessen Gegenstand die ersten beiden Staffeln der seit 2015 erscheinenden Dramedy-Serie bilden. Visuell steht zunächst das Coming-out eines Familienvaters im Fokus, der sich seiner Familie erstmals als Frau präsentiert und somit seine Transsexualität enthüllt. Dieses Ereignis scheint im Laufe der Serie die Krisenhaftigkeit der Geschlechtsidentitäten sämtlicher Familienmitglieder freizusetzen und diese in der Serialität in unterschiedlichen Variationen zu erproben. Harmening stellt anhand der Leitbegriffe Visualität, Maskerade und Serialität in ihrer Analyse heraus, dass die konflikthaften Geschlechterkonstitutionen und -konstruktionen im privaten Bereich der Familie durchgespielt werden, gleichzeitig aber entscheidend mit der Historizität öffentlich wahrnehmbarer (Trans-)Gender-Debatten verbunden werden, die Geschlechter-Dramen also sowohl auf der Mikro- als auch auf der Makro-Ebene inszeniert und vor allem dramatisiert werden.
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(2013)
Im frühen 20. Jahrhundert begeisterten sich die Menschen für Rekorde aller Art, für die Geschwindigkeit der Eisenbahn, des Autos: schneller, schneller ... in die Zukunft. Die Futuristen riefen: "Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit". Der sonderbare Eindruck des Rückwärtslaufens der Eisenbahnräder in der filmischen Aufnahme, der die menschliche Wahrnehmung verunsichert, traf im Kino auf die Freud'sche Traumanalyse. Traumbilder und Projektionen im Kinosaal formten ein neues Erzählmantra. Das große Versprechen des 20. Jahrhunderts war der Kommunismus - ein Kinotraum. Heute scheint es, dass uns die Geschwindigkeitsfantasien des 20. Jahrhunderts überholt haben. Während sich zwischen den Jahren 1500 und 1900 das Wissen der Menschheit nur etwa alle hundert Jahre verdoppelte, geschieht dies heute alle fünf Jahre - Tendenz steigend. Datenströme fließen in Echtzeit, Verkehrsströme haben sich vervielfacht. Unser Zeitbegriff klingt im Echoraum von updating nach. Zeit wird wahrgenommen als eine Art ewig andauernde Gegenwart.
Der Begriff temporality ersetzt den Begriff time. Unsere Vorstellung von Zeit ist nicht mehr an eine Abfolge einzelner Schritte geknüpft, sondern ein Fluss permanenter Veränderung. Diesem Zeitbegriff entspricht eine Erzählform, die keinen Anfang und kein Ende hat, vielmehr einen Fluss von Veränderungskrisen, von Episoden und Staffeln beschreibt - die serielle Erzählung im Fernsehen. Eine Staffel, die übergeben wird und weiterläuft oder, wie im Englischen der Begriff season, auf den ewigen Fluss der wechselnden Jahreszeiten verweist.
Komparatistische Tagung an der Universität des Saarlandes 30.09. bis 01.10.2013.
Die narrativen Entwicklungen im seriellen Erzählen internationaler Fernsehproduktionen standen im Mittelpunkt der zweitägigen Konferenz an der Universität des Saarlandes (Campus Saarbrücken), die von Solange Landau, Jonas Nesselhauf und Markus Schleich organisiert wurde. Die 24 Vorträge ließen sich allgemein drei Fragekomplexen zuordnen: In verschiedenen Ansätzen wurde der Begriff des "Quality-TV" hinterfragt, reflektiert und neu bestimmt; daneben wurden unterschiedliche Formen der Rezeption sowie der Zuschauerbindung und -interaktion vorgestellt und analysiert. Der Schwerpunkt lag jedoch, ja bereits titelgebend, auf der 'Narration' der Fernsehserie: Sowohl im komparatistischen Vergleich verschiedener Serien, als auch anhand der Poetik einer einzelnen Produktion untersuchten die Referenten die Erscheinungsformen und die Möglichkeiten des Erzählens in Serie(n).
Laut Richard Dyer haben die Menschen schon immer Serialität als Spiel mit Wiederholung und Erwartung geliebt: "It’s clear that humans have always loved seriality. Bards, jongleurs, griots and yarnspinners (not to mention parents and nurses) have all long known the value of leaving their listeners wanting more, of playing on the mix of repetition and anticipation, and indeed of the anticipation of repetition, that underpins serial pleasure. However, it is only under capitalism that seriality became a reigning principle of cultural production, starting with the serialisation of novels and cartoons, then spreading to news and movie programming." Dyer unterscheidet in seinem historischen Abriss kaum zwischen Wiederholung und Serialität. Die Menschen lieben Serialität, weil es eine Lust an der Wiederholung gibt, doch erst seit der seriellen Produktion des Kapitalismus hat sich die Serie als Format durchgesetzt. Die Wiederholung im Kinderspiel unterscheidet sich jedoch von den Fortsetzungsromanen und Fernsehserien, da hier Variation und Linearität partiell eine größere Rolle spielt, die sich nicht auf die Erwartungshaltung in der rituellen Wiederholung reduzieren lässt. Denn obwohl dem zuzustimmen ist, dass "allen serialen und seriell angebotenen Produkten [...] das stilistische Merkmal der Wiederholung gemeinsam [ist]", ist es meiner Ansicht nach notwendig, zwischen der Wiederholung und dem Seriellen in kulturellen und ästhetischen Ausdrucksformen zu unterscheiden. Daher werde ich zunächst die Wiederholung genauer skizzieren, bevor ich auf spezifische serielle Formate in Film und Fernsehen eingehe.
Die folgenden Angaben listen zu den einzelnen Serien den Originaltitel, das Produktionsland, den oder die ausstrahlenden Sender, das Produktionsjahr/ Ausstrahlungsjahr, die Folgenanzahl, die Sendedauer der Folgen, die Staffelanzahl, den Regisseur, das Genre sowie eine Inhaltsangabe auf. Bei Koproduktionen werden zusätzlich Angaben über den Erstaustrahler sowie über das Ausstrahlungsjahr aufgeführt.
Schmackhafte Bohnen aus dem Leichenmagen : über den erstaunlichen Erfolg der Fernsehserie "Autopsie"
(1997)
Die Kriminalistik-Reihe "Autopsie" präsentiert Tod, Verwesung und menschliche Abgründe in wohl bislang nicht gesehener Aufdringlichkeit. Rezeptionspsychologisch erklären lässt sich der Erfolg der Serie, wenn man aufzeigt, welch raffiniertes Spiel mit heterogenen Affekten und Lustquellen sie im Zuschauer erzeugt.
Die reimaginierte TV-Serie Battlestar Galactica gilt als ein Höhepunkt gegenwärtiger Science Fiction. Sie spiegelt aktuelle soziopolitische Brennpunkte unserer Gesellschaft und unserer Zeit in all ihrer Kontroversität wider. Darüberhinaus stellt sie mithilfe der Zylonen, humanoiden kybernetischen Organismen, die Frage nach dem Menschen, seinem Bewusstsein und seiner Subjektivität radikal neu. Der folgende Beitrag versucht, diese Radikalität, mit der Battlestar Galactica das Verhältnis von Mensch und Maschine verhandelt, anhand von diversen Reloads herauszustellen.
Die "Soap Opera" ist als fiktionale Familienserie in ein weitreichendes Bezugssystem eingebunden: In ihr spiegelt sich nicht nur unterschiedliche Wertehaltungen einzelner Gesellschaften - auch Charakteristika populärer Film- und Femsehgenres werden miteinander kombiniert. Der Aufsatz untersucht am Beispiel repräsentativer amerikanischer und deutscher "Soap Operas" die Kontinuität und den Wandel inhaltlicher und dramaturgischer Elemente, wobei besonders die Darstellung gruppenspezifischer Handlungsweisen im Mittelpunkt steht.