791 Öffentliche Darbietungen, Film, Rundfunk
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In der heutigen Zeit sieht sich das kulturelle Erbe der Völkergemeinschaft der Gefahr ausgesetzt, von der rasanten Entwicklung der Medientechnologien in den Hintergrund gedrängt und zerstört zu werden. Die Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft führt auch zu einer kulturellen Globalisierung und damit zur Dominanz des von der westlichen Welt gelebten Kulturimperialismus. Einzelne Kulturformen verlieren ihren Platz in der Kulturweltgemeinschaft und wichtige Kulturgüter wie Literatur, Sprache, Mythen, Darstellungen oder Riten werden nach und nach verdrängt. Aus diesen Gründen ist es notwendig, dass sich die Theater- und Medienwissenschaftler mit diesen Kulturformen auseinandersetzen, sie erforschen und im Bewusstsein der Menschen erhalten. Diese Arbeit stellt eine unabhängige Untersuchung dar, die in dieser Form innerhalb eines geschlossenen gesellschaftlichen Systems nicht möglich gewesen wäre. Die letzte deutschsprachige Dissertation über den Stand der For-schung zu diesem Thema wurde vor knapp vierzig Jahren verfasst. Seitdem ist auch keine Untersuchung der Rezeption dieser Kunstform in Theater, Film und Medien in Europa erfolgt. Meiner Kenntnis nach existiert auch im Iran keine ver-gleichbare wissenschaftliche Arbeit, die sich mit dem untersuchten Themengebiet beschäftigt. Die Ta¬ziyeh ist eine sakrale Theaterform aus dem Iran, die sich über lange Zeit großer Beliebtheit in der eigenen Bevölkerung und Anerkennung durch westliche Reisende erfreute. Obwohl der Vormarsch der Medientechnologien, insbesondere die Verbreitung des Fernsehens und des Kinos im letzten Jahrhun-dert auch dazu geführt hat, dass das Ta¬ziyehritual zurückgedrängt wurde, ist es bemerkenswert, dass modernes Theater, Film und Fernsehen im Iran ihrerseits durch die Ta¬ziyehkultur und –praxis bis heute beeinflusst werden. Ich untersuche in meiner Promotionsarbeit die Geschichte und Auffüh-rung der Ta¬ziyeh, sowie ihre Rezeption im Theater, Film und Fernsehen im Iran. Die Ta¬ziyeh ist ein auf religiösen Riten beruhendes Passionsspiel, welches durch die Ideale und den Glauben der Schiiten begründet wurde und seinen Ursprung im Mythos des  hat. Für das Verständnis der Ta¬ziyeh ist über die Begriffsklärung hinaus sowohl ein grundlegender Überblick über die schiitische Glaubensrichtung, als auch ein Abriss der altiranischen Geschichte und Kultur im ersten Teil dieser Ar-beit unerlässlich. Außerdem werde ich auf die konkrete Ausgestaltung des schiiti-schen Passionsspiels eingehen. Besonders wichtig erscheinen mir hierbei der Ort der Aufführung des Schauspiels, die Dekoration und Requisiten, sowie die Art der Aufführung, zu der eine genaue Beschreibung der Schauspieler, ihrer Rollen, ihrer Kostüme, der begleitenden Musik und der für die Vorstellung benötigten Tiere gehört. Im weiteren Verlauf der Arbeit soll dann detailliert auf die theatralische Entwicklung der Ta¬ziyeh in der Zeit des 15.– 20. Jahrhunderts anhand von Be-richten berühmter Iranreisender eingegangen und eine Rezeption des letzten Jahr-hunderts im Hinblick auf die Ta¬ziyeh besprochen werden. Im dritten Teil der Arbeit analysiere ich nach der Klärung der Ta¬ziyehhistorie und -ästhetik in den ersten beiden Teilen schließlich ausführlich die Rezeption und Praxis der Ta¬ziyeh im modernen Theater, Film und anderen Medien im Iran. Diese Untersuchung bildet aus Sicht der Theater- und Medien-wissenschaften den wesentlichen Kern der Arbeit, in dem die im Untersuchungs-gegenstand beschriebene Synthese herausgearbeitet wird. Dafür werden exempla-risch zwanzig Werke bedeutender Künstler des Irans herangezogen, die den Ein-fluss des sakralen Rituals in einem säkularen Medium eindeutig aufzeigen. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Synopsis der Untersuchungen, so-wie ein Ausblick auf die gegenwärtige Entwicklung der Ta¬ziyeh.
Die vorliegende Magisterarbeit untersucht verschiedene Formen der Darstellung von Geschichte im Film mit Hilfe der Filmphilosophie von Gilles Deleuze. Ausgangspunkt der Betrachtung sind zunächst die vielfältigen Ansätze der Regisseure des Neuen Deutschen Films, auch und gerade bei der Thematisierung von (deutscher) Geschichte die klassische Unterscheidung zwischen dokumentarischen und fiktionalen filmästhetischen Strategien aufzubrechen. Inwiefern sich diese Vorgehensweise und die dabei entstehenden neuen “Deutschlandbilder” (Anton Kaes) mit Deleuze’ Konzept des Zeit-Bildes (l‘image-temps) in Beziehung setzen lassen, wird hier am Beispiel der Filmtheorie Alexander Kluges und dem unter dessen maßgeblichen Einfluss kollektiv produzierten Film “Deutschland im Herbst” von 1978 diskutiert. Knapp zwanzig Jahre später beschäftigte sich Heinrich Breloers als Fernseh-Großereignis konzipierter Zweiteiler “Todesspiel” erneut mit den Ereignissen des Deutschen Herbstes. Auch hier mischen sich dokumentarische und fiktionale Elemente im Rahmen des “Doku-Fiktion”-Formates, das in seinen Erzählstrategien jedoch umso stärker auf das klassische Modell des Bewegungs-Bildes zurückgreift. Andres Veiels “Black Box BRD” von 2001 und Christopher Roths “Baader” von 2002 knüpfen dagegen - nicht zuletzt in expliziter Ablehnung einer konventionalisierten Fernsehästhetik - erneut an das von Deleuze vor allem für das europäische Nachkriegskino mit dem Begriff des Zeit-Bildes beschriebene Modell einer aufgebrochenen Narration und einer Sinn-Resistenz der visuellen Bilder an: Kontraste und Widersprüche fordern den Zuschauer zur Reflexion über das Dargestellte auf; “Wahrheit” wird hier entweder als von subjektiven Interessen geleitete Sichtweise (“Black Box BRD“) oder als gesellschaftlich konstruierter Mythos (“Baader“) gezeigt. Mit Hilfe der von Nietzsche inspirierten Thesen Deleuze’ zum Wahrheitsmodell des Bewegungs-Bildes einerseits, den “Mächten des Falschen” im Zeit-Bild andererseits versucht die vorliegende Arbeit so zugleich zu zeigen, inwiefern den verschiedenen Bildarten im Hinblick auf die Darstellung von Geschichte notwendig eine politische Komponente innewohnt: Während die verschiedenen Formen des Bewegungsbildes eine bereits konstituierte Gemeinschaft vorgeben, der sich anzuschließen die Filme durch Identifikation ermöglichen, scheint das Zeit-Bild eine wesentlich demokratischere Form des “Wir” zu eröffnen: Es emanzipiert den Zuschauer durch das Miteinander des Aufzeigens der in einer bestimmten Sichtweise versteckten Interessen und der im gleichen Atemzug vorgenommenen, als solche jedoch stets kenntlich gemachten "Parteiergreifung" der Filme zu einem an deren Herausbildung und steten Neuerschaffung gleichberechtigt beteiligten Mitglied dieser Gemeinschaft.