791 Öffentliche Darbietungen, Film, Rundfunk
Refine
Year of publication
- 2012 (46) (remove)
Document Type
- Part of Periodical (17)
- Part of a Book (14)
- Article (6)
- Working Paper (4)
- magisterthesis (2)
- Book (1)
- Report (1)
- Review (1)
Has Fulltext
- yes (46) (remove)
Keywords
- Film (8)
- Pasolini, Pier Paolo (8)
- Motion pictures (4)
- Callas, Maria (3)
- Classical antiquity (2)
- Greek myths (2)
- Griechenland (Altertum) (2)
- Il vangelo secondo Matteo (2)
- Medea (Film, 1969) (2)
- Paulus, Apostel, Heiliger (2)
Institute
Seit einigen Jahren setzt die Filmwirtschaft wieder verstärkt darauf, das breite Publikum mit der Adaption von literarischen Texten in die Kinosäle zu locken. Das Interesse erstreckt sich sowohl auf Klassiker als auch auf Werke der Gegenwartsliteratur: Thomas Manns 'Buddenbrooks', Heinrich Manns 'Henri IV', Theodor Fontanes 'Effi Briest', Martin Walsers 'Ein fliehendes Pferd', Patrick Süskinds 'Das Parfum' und Bernhard Schlinks 'Der Vorleser' wurden innerhalb weniger Jahre auf die Leinwand gebracht. Die Liste lässt sich mit populären Titeln vor allem der jüngeren Literatur fortsetzen, etwa Thomas Brussigs 'Am kürzeren Ende der Sonnenallee', Judith Hermanns Erzählband 'Nichts als Gespenster' (vielleicht die gelungenste der hier genannten 'Literaturverfilmungen', Benjamin Leberts 'Crazy', Sven Regeners 'Herr Lehmann', Frank Goosens 'Liegen lernen' und Martin Suters Romane 'Small World' und 'Lila Lila'. Dieses neu erstarkte Interesse an der Literatur mag auch eine Reaktion auf den florierenden Diskurs über den angeblichen oder tatsächlichen deutschen Bildungsnotstand sein: Wenn die Schule als Bildungsinstitution versagt, muss die Unterhaltungsindustrie versuchen, die klaffenden Löcher zu stopfen, das Heer der Leseunwilligen via Bild mit einem gewissen Maß an Kanonischem zu versorgen. Ich konzentriere mich hier auf zwei 'Literaturverfilmungen', deren Macher offenbar auf eine in zahlreichen Ratgebern und Fachpublikationen zur filmischen Dramaturgie propagierte - aber auch kritisch diskutierte - 'Rezeptur' gesetzt haben, um die Chancen auf einen kommerziellen Erfolg zu erhöhen.
Als der Filmproduzent Franco Rossellini 1969 den Kontakt zwischen Pasolini und Maria Callas herstellte, brachte er nicht nur zwei der außergewöhnlichsten Künstler des 20. Jahrhunderts - beide stolz und zerbrechlich, archaisch und modern - für die Arbeit am Set von Pasolinis Euripides-Verfilmung Medea zusammen. Zugleich ergab sich dadurch eine intersubjektive Konstellation, die - im Schmelztiegel einer intensiven, aber tragischen Freundschaft und Zuneigung - den mythischen Unterstrom hervorquellen ließ, der die besondere Existenz und das künstlerische Werk Pasolinis gleichermaßen grundiert und zusammenschmiedet. Es ist das Magma der tellurischen Mächte, das die Verschmelzung von Leben und Poesie zu einer "corporeita pasoliniana", zur pasolinispezifischen "Körperlichkeit der poetischen Aktion" (Giovanni Giudici) erhellen kann, ohne sie einem subjektiven Willkürakt zuzuschreiben.
"Wo sein Pferd vorbeigeritten ist, wächst Gras", erklärt Andre Bazin mit Blick auf den Westernhelden, der dem französischen Filmkritiker und ersten wichtigen Theoretiker des Westernfilms als archetypischer Wegbereiter der Zivilisation gilt. Mit seiner Ankunft, so ließe sich Bazin verstehen, verwandelt sich die Wüste in einen Garten, bricht eine neue Zeit an, genauer: wird durch die Kultivierung das zeitlose Sein der Wildnis in Geschichte überführt. Natürlich stellt diese Transformation nichts anderes als einen Mythos dar, der seinerseits die Geschichte tilgt, um sie in ein komplexitätsreduziertes und widerspruchsfreies Narrativ zu verwandeln. Hierin offenbart sich seine speziell von Roland Barthes profilierte reinigende Kraft, die wir im ältesten Filmgenre der Welt allerorten am Werk sehen, wobei sie in Handlungen zum Tragen kommt, die genau genommen von nichts anderem als Säuberungsakten berichten. Denn um Kulturbringer sein zu können, muss der Westernheld sich reinigend betätigen, das heißt zum Cleaner werden, der der heranrückenden Zivilisation Platz schafft. Er tut dies, indem er die Zivilisationsverweigerer- und -arretierer, die Indianer und Banditen, wahlweise ins Reservat, Gefängnis oder Grab, mindestens aber aus der Stadt befördert.
Die hier vorgelegte kleine Auswahl an Berichten und Artikeln aus dem 18. und 19. Jahrhundert bedarf der Begründung. Es handelt sich fast ausnahmslos um Texte, die sich öffentlichen Belustigungen und Schaukünsten jenseits des "regulären" Theaters widmen, also solchen Praktiken, die neuerdings verstärkt in den Blick einer kulturwissenschaftlich ausgerichteten Forschung rücken. Die Art und Weise, wie diese Belustigungen von Zeitgenossen beschrieben wurden, war in der Regel von einem Theater- und Kulturkonzept geprägt, das um Ideale von moralischer, sozialer und ästhetischer Bildung kreiste; dementsprechend kritisch fielen unter Umständen die Kommentare zu Vergnügungspraktiken aus, die einem solchen Konzept nicht folgten. Doch gerade weil die in den ausgewählten Texten beschriebenen Unterhaltungsformen populäre, auf ein Massenpublikum ausgerichtete Phänomene jenseits eines sprach- oder gesangszentrierten mimetischen Theaters waren, erlauben diese Kommentare Rückschlüsse auf Bedürfnisstrukturen eines breiten großstädtischen Publikums und ansatzweise auch auf das Publikumsverhalten und dessen Veränderungen.
Mediale und vor allem fiktionale Inszenierungen von Katastrophen in den Bildmedien referieren jedoch nicht nur auf eine 'Wirklichkeit', sondern prägen auch umgekehrt die Realitätswahrnehmung. Die Terroranschläge vom 11. September 2001, so zeigt Mark Schmitts Beitrag 'The Blowback of Reality', erschütterte die Wahrnehmungsgewohnheiten der Zeugen und Zuschauer dieses Ereignisses so fundamental, dass das Verhältnis von ›Fiktivem‹ und ›Realen‹ infrage steht. Schmitts Analyse stellt die sich direkt auf 9/11 beziehenden Filme, die geradezu einem Darstellungstabu unterliegen, dem Monsterfilm 'Cloverfield' gegenüber und geht dabei der Frage nach, inwiefern die 'derealisierende Übertragung' der Gefahr ins Fantastische die Konventionen der 'richtigen' Darstellung unterlaufen.
Der Ansatz, dass Katastrophen als diskursive Produkte immer auch ein Symptom der Sinnsuche sind, wird auch in Bernhard Strickers Aufsatz 'Hiob - unser Zeitgenosse?' aufgegriffen. Die Unglücksfälle, die Hiob im Alten Testament widerfahren, können als eine Akkumulation persönlicher Katastrophen gedeutet werden, die sich zunächst durch ihre scheinbare Sinnlosigkeit auszeichnen. Stricker vergleicht zwei zeitgenössische filmische Neugestaltungen der Hiob-Geschichte ('A Serious Man' und 'Das Leben ist zu lang'), die ein ironisches Spiel mit den narrativen Strategien der Sinnstiftung im Angesicht des Realen in Form der Katastrophe treiben.
Nestwärme mag sich nicht unbedingt als Begriff aufdrängen, um die Zugehörigkeit zu einer im Bürgerkrieg kämpfenden Zelle der kommunistischen Partei zu beschreiben. Auch der Hühnerstall mag nicht die allererste Wahl sein, um einer gefühlten Unbehaustheit ein Bild von Geborgenheit gegenüberzusetzen. Doch gerade mit solchen Assoziationen eröffnet Maher Abi Samra in seinem Dokumentarfilm 'Shuyu'iyin kinna' ('We were Communists') die Suche nach seiner verlorenen Zeit. In dem 2010 fertiggestellten, teils autobiographischen Film begibt sich der Regisseur auf eine Selbstfindungsreise, die gleichzeitig in die Vergangenheit und Gegenwart führt, und lässt dabei auch drei Mitstreiter ihren Lebensweg seit den 1980er Jahren Revue passieren. Zu Beginn des Films, als der einstige Kämpfer erstmals nach langem Auslandsaufenthalt in sein Appartement zurück kehrt, unter dem es früher einmal ein KP-Büro gab, stellt er fest: "This gave me a sense of security, [...] the security chicken feel in their coop." Doch dieses Gefühl wird nicht anhalten. Am Ende des Films sehen wir den Regisseur allein in seinem verschneiten, gespenstischen Heimatdorf davongehen und hören eine Tür knarrend zufallen: Es gibt keinen Weg zurück.
Slovenian partisan film is a term which denotes films glorifying Slovenian communist-led guerrilla fighters (so-called 'partisans'), who resisted the German and Italian occupying forces during WW II. These films were made during the decades of communist rule in post-war Yugoslavia and were an important part of the official ideological propaganda. Since the fall of communism in 1989 and Slovenia's secession from former Yugoslavia two years later, however, partisan films have fallen into complete neglect. This is regrettable since they not only represent an important (and not necessarily unattractive) part of Slovenian film history but also allow unique insights into the complexities of the official ideology during the decades of communist rule in the country (1945−89). Namely, the existing ideology was not as simple as might have seemed from the outside: while the Slovenian Communist party had no problems with class issues (class inequalities were regarded according to the Marxist agenda as bad and everything was actually done to eliminate them), there were many important areas of social life that were neglected or dealt with in ideologically relatively ambivalent terms.
Die Schwierigkeit von Zugehörigkeit in einer Stadt, die sich durch Zerstörung und Wiederaufbau ständig im Wandel befindet, ist eines der Themen, mit denen der libanesische Regisseur Ghassan Salhab seine Filmfiguren konfrontiert. Die Zerstörung des multikonfessionellen und sozial gemischten Stadtzentrums bereits in den ersten Kriegsjahren, die zu einer Entkernung der Stadt Beirut, zu einer leeren Mitte führte, hat die Auslöschung sozialer Erinnerungsräume zur Folge. Stadtviertel erfahren entsprechend einer kriegsbedingten, zunehmenden Fragmentierung der Stadt massive Veränderungen ihrer Sozialstruktur hin zu kleineren homogenen Einheiten, wodurch die durch stark emotionalisierte Erinnerungen geprägten mentalen Topographien die physische Realität überlagern.
Das, was wir Kulturproduktion nennen, ist nicht per se antithetisch zur Macht. Der 'bösen' Realität der Politik steht nicht die 'gute' Fiktion der Künstler gegenüber. Wer Literatur produziert, Bilder in die Welt setzt oder vor einer Kamera agiert, ist nicht automatisch 'gut'. Wie z. B. der amerikanische Performancekünstler Vito Acconci betont, besteht vielmehr ein vorgängiges Verhältnis zwischen der Realität der Macht und ihrer Fiktionalität, und die übliche Verwunderung darüber, wie Metaphern, Witze, oder überhaupt Fiktion zu Wirklichkeit werden, wird weiter bestehen, wenn man hier eine Demarkationslinie zieht. Wie Adorno betont, entscheidet sich gesellschaftlich an den Kunstwerken, "was an Inhalt aus ihren Formstrukturen spricht." Es ist genau dieser Aspekt ästhetischer Wirksamkeit, der Regis Debray dazu brachte, zu behaupten, dass "der Mai 68 der Studenten wie auch die Revolutionen des 19. Jahrhunderts vom italienischen Theater gestaltet wurden, mit seinen Holzbühnen, szenischen Posen, emphatischen Gesten und klangvollen Slogans." Wie Debray betont, war dies "die letzte große Theateraufführung der Geschichte". Meine These ist nun, dass sich an diesem vorgängigen Verhältnis zwischen der Fiktion der Macht und der Realität der Macht vor allem die politischen Identitätsdiskurse der letzten Dekaden – insbesondere diejenigen seit 1989 – festmachen lassen. Um es anders zu formulieren: Dort, wo Identität behauptet, demonstriert oder zelebriert wird, fiktionalisiert sich die Politik – bzw. umgekehrt: Dort, wo Politik theatralisch wird, ist auch ein Identitätsdiskurs nicht fern.