800 Literatur und Rhetorik
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Çocuklara yönelik fantastik yazın çevirisi alanında yaptığımız bu çalışmada "The wonderful wizard of Oz" adlı yapıttan yola çıkarak, Türkçe'ye dört farklı çevirisi karşılaştırmalı olarak incelenmiştir. Araştırmamız, çevirmenleri ve yayınevleri farklı olan fantastik çocuk kitabı çevirilerinde uyarlama yapılıp yapılmadığını belirlemeyi amaçlamıştır. Bu incelemenin ayrıca amacı fantastik çocuk kitapları çevirisinde uyarlamanın tek bir yöntem olarak kullanılmasının olumsuz yönüne dikkat çekmek, aynı zamanda da kitapların biçimsel ve içeriksel olarak iyileştirilmesine katkıda bulunmaktır. Çalışma neticesinde elde edilen verilerden sonuçlar çıkarılarak genel bir değerlendirme yapılmış ve çeşitli öneriler sunulmuştur.
"Que d'eau! Que d'eau!" : narrative Strategien literarischer Überflutungen bei Puschkin und Zola
(2015)
Nicht erst in der Literatur der Gegenwart lassen sich Beispiele finden, in denen Naturphänomene und nicht-menschliche Agenzien zu Protagonisten oder sogar zu Erzählinstanzen eines literarischen Textes werden. Gerade das Wasser (in Form von Flüssen oder des Meeres) scheint prädestiniert dafür, innerhalb der Diegese wie auch der Erzählsituation zur handlungsbestimmenden Instanz zu werden und damit den Menschen in die Passivität zu drängen – und teilweise sogar existentiell zu gefährden. Besonders deutlich wird dies am Beispiel von Überschwemmungen, die programmatisch die Macht der Natur bei gleichzeitiger Machtlosigkeit von Mensch und Zivilisation spiegeln. Zwei literarische Beispiele aus dem 19. Jahrhundert sollen exemplarisch aufzeigen, mit welchen narrativen Mitteln das Wasser auf inhaltlich-motivischer und formal-erzählerischer Ebene den Text "überflutet": Alexander Puschkins Poem "Der eherne Reiter" (1833) und Émile Zolas Erzählung "L'Inondation" (1875).
Rezension zu "Klassiker neu übersetzen. Zum Phänomen der Neuübersetzungen deutscher und italienischer Klassiker / Ritradurre i classici. Sul fenomeno delle ritraduzioni di classici italiani e tedeschi". Hg. Barbara Kleiner, Michele Vangi und Ada Vigliani. Stuttgart: Franz Steiner, 2014 (Villa Vigoni im Gespräch; Band 8). 147 S.
Traditionelle Fragestellungen der Hermeneutik zur Thematik Sprache, Verstehen, Deuten und Anwendung in Zusammenhang mit der Translation werden hier aus der seltenen Perspektive der Spätphilosophie Wittgensteins untersucht, unter Einbezug einzelner Aspekte der linguistischen Pragmatik. Hauptziel ist die Prophylaxe des theoretischen Dogmatismus, der entsteht, wenn Eigenschaften des Modells auf das zu untersuchende Objekt projiziert werden. Zu unterscheiden sind zwei Arten von Notwendigkeiten: Einerseits jene der internen Relationen, als Bedingung der Möglichkeit des ganzen Systems, andererseits jene, die dem System extern sind und einfach als gegeben vorausgesetzt werden. Die gegenwärtige Diskussion übersieht nicht selten, dass jede Theorie aus unterschiedlichen Schichten besteht, sodass manche Argumente aneinander vorbeigehen, weil sie einfach nicht auf dem gleichen Niveau operieren. Darum soll der jeweilige Wirkungsbereich jener miteinander verflochtenen Ebenen berücksichtigt werden, um begriffliche Verwirrungen zu vermeiden. Als Alternative zur Dichotomie zwischen der traditionellen, essentialistischen Perspektive und dem postmodernen Relativismus wird eine radikal pragmatische Sprachauffassung vorgeschlagen, welche Einsichten des späten Wittgenstein mit einigen Kerngedanken der Hermeneutik kombiniert. Der daraus resultierende Begriff der Translation stellt die herkömmliche Beziehung zwischen Kommensurabilität und Übersetzung auf den Kopf.
Im spanischsprachigen Raum wird immer noch oft zwischen philosophischer und historiographischer Begriffsgeschichte unterschieden. Allerdings führen beide Richtungen seit einigen Jahren einen fruchtbaren Dialog miteinander. Damit schließen sie in gewisser Weise an eine Forderung Reinhart Kosellecks an. Nach seiner Einschätzung kann die "Fortführung oder Revision der Begriffsgeschichte" von "deren philosophiegeschichtlichen Wurzeln und Varianten" nicht absehen. Die von Koselleck benannte Theoriebedürftigkeit der Geschichtswissenschaft, damals noch umstritten, ist zu einer Art Evidenz geworden. Daher kann ein kleiner Exkurs zur editorischen Wirkungsgeschichte Kosellecks in Spanien und Iberoamerika aufschlussreich sein.
Walter Benjamin gilt allgemein als "schwieriger" Autor, da er nicht mit vorab geklärten, universell gültigen Begriffen arbeitet, sondern vorhandenen Begriffen wie dem individuellen "Erlebnis" in der Moderne oder der kollektiven "Erfahrung" in der Prämoderne eine besondere Bedeutung verleiht. Dies ist jedoch nur dadurch möglich, dass er diese "Individualbegriffe" in bestimmte Zusammenhänge einbettet. Die Wiederholung solcher Begriffe an der Textoberfläche bewirkt, dass einander als fremd vorgestellte Zusammenhänge in eine unerwartete Beziehung gebracht werden und, ähnlich wie in seiner Geschichtstheorie, zu einem "dialektischen Bild" zusammenfinden.
Sein Name ist Zypresse, ein Baum, der menschliche Gestalt anzunehmen scheint. Seine Geschichte als Bild fängt in der Achämeniden-Ära1 in der Antike an, wird später über Indien in den Kolonialreichen verbreitet und erscheint auf Schals und Krawatten – als Paisleymuster. Das Schicksal dieses Objektes ist mit seinem Kopf verbunden. Die Spitze seiner Gestalt, die sich in Miniaturen, Teppichen und Stoffen kreisförmig nach unten zieht, wurde auf verschiedenste Art interpretiert. In Geschichte und Literatur werden der Zypresse menschliche Eigenschaften zugeschrieben.
Als das kontradiktorisch Andere des Lebens wird gewöhnlich der Tod oder auch das Unbelebte gesetzt. Eine Biologiegeschichte der Vergeschlechtlichungen von Lebenskonzepten kann aber noch ein weiteres, etwas schräg zu dieser Gegensatzachse angeordnetes Konzeptpaar herausstellen: die aus sich selbst zeugende Materie, die einer nicht selbst zeugungsfähigen, zu belebenden Materie gegenübersteht. Die erstgenannte Materieart kann mit dem gewohnten Terminus 'lebend' oder 'lebendig' bezeichnet werden, aber in Bezug auf den zweiten Modus von Materie passen Begriffe wie 'tot', 'unbelebt' oder 'lebendig' nicht. Dieser zweite Zustand wird vielmehr als ein zwischen Leben und Tod vermittelnder und changierender wissenschaftlich ausgestaltet, oder genauer: als ein Zustand zwischen Handlungsfreiheit und Naturverfallenheit. Dieses Konzeptpaar - nennen wir es hilfsweise zunächst das Lebendige und seine lebensfähige Ressource - steht außerdem weniger in einem polaren als eher in einem hierarchischen Verhältnis zueinander und durchläuft, so wird in einem kurzen Abriss zu zeigen sein, eine mit dem gesellschaftlichen Geschlechterverhältnis korrespondierende Kulturgeschichte.
Wir alle wissen ungefähr, was Epigenetik heute ist. Wir haben das Gefühl, dass wir über die gleiche Sache reden und dies auch aus ähnlichen Gründen tun. Die Frage, was epigenetische Vererbung ist, zielt also nicht so sehr darauf, was diese Klasse von Phänomenen, über die wir reden (epigenetische Vererbung, transgenerationelle epigenetische Effekte etc.) ist, sondern darauf, warum wir über sie reden. Die Antwort lautet wahrscheinlich: Weil es in den letzten zehn, zwanzig Jahren zu einem Umbruch gekommen ist, der mit Stichworten wie "New Genetics", "postgenomische Ära" usw. beschrieben wird. Irgendetwas Dramatisches ist passiert, und im Zentrum des zu beobachtenden Umbruchs steht die epigenetische Vererbung - was auch immer das eigentlich ist. Diese mehr oder weniger intuitive Antwort möchte ich infrage stellen: Gibt es überhaupt so etwas wie "epigenetische" Vererbung?
The topic of this article relies on the assumption that books are unfortunately more and more driven to the wall while series products that are created for a short-term communication remain fashionable. The assessment of the forms and contents considered to be fashionable depends on ratings while the aesthetic criteria, authenticity and depth of the messages are simply ignored. The language and the style of both the printed and the visual media fashionable products are at a level just sufficient to convey messages with stereotyped expressions. Although easy to understand and relaxing, they remain a commodity for a specific audience, a substitute for the real world. For their readers, these series products provide a reading that is consistent with the life they live. Designs and linguistic structures of this trivial journalism are described in this paper.
Die symbolische Dimension von Macht- und Herrschaftsverhältnissen galt Pierre Bourdieu als Schlüssel zum Verständnis sozialer Ungleichheit in demokratisch verfassten Gesellschaften. Wenngleich er die Bedeutung materieller Ressourcen nie in Frage stellte, sah er Strukturen sozialer Ungleichheit immer auch als Resultat von alltäglichen Bewertungskämpfen, in denen Klassifikationen und evaluative Praktiken eine zentrale Rolle spielen. Besonders anschaulich beschreibt Bourdieu diese Bewertungskämpfe im Feld der Musik. Denn die vermeintlich harmlosen und trivialen Vorlieben und Aversionen waren für Bourdieu nicht nur Ausdruck klassenspezifisch geprägter Lebensstile, sondern auch ein probates Mittel zur Legitimation und Reproduktion sozialer Herrschaftsverhältnisse.
Erika Fuchs, 1906–2005
(2015)
Erika Fuchs gilt als die Grande Dame des deutschen Comics. In ihrer über 30 Jahre andauernden Tätigkeit als "Chefredakteurin" des Micky-Maus-Magazins übersetzte die Kunsthistorikerin unzählige US-amerikanische Disney-Comics ins Deutsche. Sie verlegte mit dem für sie charakteristischen extrem freien aber sprachlich sehr gehobenen Übersetzungsstil die Welt von Donald Duck und Mickey Mouse nach Deutschland und prägte dadurch die Sprache mehrerer Leser-Generationen.
Future Fashion
(2015)
Neue Materialien und neue Technologien stehen für Zukunftsmode. Davon schrieben Science-Fiction-Autoren, noch bevor Modemacher diese Kombination alltagstauglich machten. Prinz Vladimir Odoevskij, bekannt für seinen exzentrischen Kleidungsstil, entwarf in der Zukunftsnovelle 'Das Jahr 4338' (1835) schillernde Gewänder à la 'comète', gefertigt aus synthetischen Materialen wie "elastischem Kristall" mit eingewebten "metallischen Kristallisationen". Amerikanische Designer, die hundert Jahre später in dem British-Pathé-Clip 'Eve, Ad 2000!' (1939) mit eigenen Entwürfen die Zukunftsmode im Jahr 2000 ›voraussagen‹, kommen in Hinblick auf Material und Effekte auch der romantischen Vorstellung Odoevskijs erstaunlich nahe. Odoevskijs elegant-romantische Zukunftsästhetik, die synthetische Textilproduktion und spezifische Leuchteffekte dekorativer Glasfaserprodukte vorwegnimmt, erinnert an die LED-Technologie von heute. Denn dieser Tage sorgen nicht selten LED-Lämpchen, ob als falsche Wimpern oder am Gala-Kleid, für strahlende Auftritte: Future Fashion.
Mein Beitrag geht dem russischen Interesse an Vitalität und Transformation im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts nach. Dabei rücken insbesondere kulturspezifische Unterschiede zu vergleichbaren Phantasmen und Phänomenen in Westeuropa ins Blickfeld, die sich aus der Berücksichtigung der ostkirchlichen Tradition, insbesondere der orthodoxen Anthropologie, ergeben. Das Auferweckungsparadigma der russischen Moderne zeichnete sich zum einen durch seine Doppelreferenz auf Religion und Wissenschaft aus und manifestierte sich zum anderen durch die Synthese von Glauben und Technik, Kunst und Leben. Wie es zunehmend den russischen und sowjetischen Alltag durchdrang, wird anhand folgender Faktoren nachvollzogen: der Begründung der genuin russischen religionsphilosophischen Strömung des "Kosmismus", der aufkommenden performanzorientierten Konzepte des Lebendigen in Sprach- und Literaturtheorie und schließlich der Versuchsanordnungen zur Vitalisierung und Immortalisierung in Wissenschaft, kultureller Praxis und Literatur.
Der vorliegende Sammelband ist wichtigen Aspekten der sprachwissenschaftlichen Phraseologieforschung gewidmet; er enthält sowohl theoretische Ausführungen zu Struktur, Definition, Semantik, Pragmatik oder syntaktischer Verwendung von phraseologischen Strukturen als auch Beobachtungen zum alltäglichen Sprachgebrauch in konkreten Kommunikationssituationen. Der Band basiert auf der Tagung zum Thema 'Phrasenstrukturen und -interpretationen im Gebrauch', die vom 25. bis 27. September 2014 stattfand und die Tradition von germanistischen Konferenzen am Institut für Germanische Philologie der Universität Wrocław fortsetzte.
This analysis of the literary comic 'der Spieler' seeks to identify similarities and differences between the text and its pre-text, exploring whether the comic manifests the intentions of Dostoyevsky's literary model 'The Gambler' and asking whether the stylistic tone of the novel is retained in the comic version. The analysis shows that the authors of the comic manage to retain both Dostoyevsky's intentions and his poetic/narrative techniques, while also creating their own verbal and graphic interpretations.
Man liest Übersetzungen im Allgemeinen als transparente Stellvertreter eines fremdsprachlichen Ausgangstextes, ohne sich des Prozesses des Übersetzens, bzw. der Übersetztheit des Textes bewusst zu sein. Was aber geschieht beim Übersetzen? Übersetzen ist immer Interpretation, so die brasilianische Translationswissenschaftlerin Rosemary Arrojo. Anhand zweier Erzählungen, "Liebe" und "Die Dame und das Ungeheuer oder die allzu große Wunde", der Autorin Clarice Lispector, ins Deutsche übersetzt von Curt Meyer-Clason und Sarita Brandt, wird nach Übersetzungsstrategien und den sich daraus ergebenden Interpretationen, nach Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit der Übersetzer und der Übersetzung gefragt, die aus den Zieltexten erkennbar sind, stellt man sie den Ausgangstexten gegenüber.
Der Essay thematisiert eine in der Frühen Neuzeit noch weit verbreitete Praxis des Schreibens: das Abschreiben von Texten. Bei näherer Betrachtung dieser Schreibpraxis im Kontext von Geschichtsschreibung zeigen sich unterschiedliche Motivationen und Funktionen des Abschreibens von Texten. Nach der ersten Fixierung einer Geschichte treten eine Reihe weiterer Schreibertypen in Erscheinung, die die Geschichte durch unterschiedlich starke Eingriffe in den Text, durch Kommentare oder auch durch Fortsetzungen transformieren. Die Praxis des Abschreibens selbst wie auch dessen unterschiedliche Funktionen in einer Epoche auch noch nach Erfindung des Buchdrucks stellen nicht nur eine klare Unterscheidung zwischen legitimer Nachahmung und illegitimem Plagiat in Frage, sondern relativieren auch die heute verbreitete Bewertung von Texten mit Begriffen wie Originalität und Kreativität.
Hufeland beginnt seinen Text über die Zeichen des Todes beim Menschen nicht mit dem Hinweis auf die Erfolge der sich konstituierenden Reanimationsmedizin, sondern mit einem Bericht über Felice Fontanas Experimente an ausgetrockneten Haarwürmern und Rädertierchen. Man könnte diesen Einstieg leicht als etwas kuriose Analogie überlesen und sich auf die vitalistischen Lebenskrafttheoreme konzentrieren, die diese Analogie rahmen, aber es lässt sich argumentieren, dass die Rede über die Unsicherheit der Zeichen des Todes und die Möglichkeit der Wiederbelebung, die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zu vernehmen ist, mit der Erforschung des Lebens mikroskopisch kleiner Organismen wie dem Rädertierchen nicht nur akzidentiell zu tun hat.
"Das Elementare in der Musik" : Zeitkritik und 'primitive' Musik in Thomas Manns Doktor Faustus
(2015)
Thomas Manns 'Doktor Faustus' (1947) ist ein Altersroman, ein Exilroman, ein Deutschlandroman, aber vor allem natürlich ein "Musik[]roman". Das ist im Hinblick auf die Frage nach einem gerade auch intermedial konstituierten Primitivismus im frühen 20. Jahrhundert signifikant. Denn der in jener Zeit beginnende und im Nationalsozialismus kulminierende Umschlag von Kunst und "Kultur" in Krieg und "Barbarei" koinzidiert im zeitdiagnostischen Panorama von Manns Roman mit einem ästhetischen Interesse am "Elementaren", am "Primitiven und Uranfänglichen". Dieses aufkeimende Interesse und seine politischen Weiterungen werden in Betrachtungen über zeitgenössische Kunst reflektiert und insbesondere am Schaffen des Tonsetzers Adrian Leverkühn exemplifiziert. Anders ausgedrückt: Der zeitgenössische Diskurs über das 'Primitive' spiegelt sich in Struktur und Handlung des Romans. Wenn im Folgenden der Frage nachgegangen wird, wie diese Vorstellung des 'Primitiven' im 'Doktor Faustus' funktionalisiert ist und aus welchen Quellen sie sich speisen könnte, ist ein "ausgeweitete[r] Primitivismus-Begriff" in Anschlag zu bringen, der sich in der Literaturwissenschaft erst zu etablieren beginnt.
Die Rückseite einer Stickerei gilt gemeinhin nicht als vorzeigbar. Ungeachtet ihrer dreidimensionalen Textur ist die 'Nadelmalerei', wie man die Stickkunst schon in der Antike zu nennen pflegte, vielmehr ganz auf die Frontalseite ausgerichtet. In ihrer stark hierarchisierenden Fokussierung der zur Ansicht bestimmten kunstvollen 'Schau-' zuungunsten der meist ungestalten, dem Blick entzogenen 'Kehrseite' unterscheidet sie sich grundlegend von anderen Textilarten wie gefilzten oder gehäkelten Stoffen, deren Vorder- und Rückseite einander entweder gleichen oder aber symmetrisch sind. Anders als die konventionelle Leinwandmalerei wiederum ist die Stickerei konstitutiv mit ihrer Rückseite verbunden, insofern der stoffverzierende Faden "gleichzeitig zu seiner eigenen Befestigung auf der Unterlage dient."
Die Interaktionen von DNA mit Umwelt, die Kopplungen zwischen biologischen Prozessen und mentaler Erfahrung, deren mögliche Vererbbarkeit sowie das Aufzeigen der potentiellen Reversibilität von "krankhaften" Entwicklungen innerhalb solcher Wechselspiele bilden Faszinationen, die jenseits der molekularbiologischen Labore das öffentliche Interesse entzündet haben. Diese Faszinationen sollen hier im Mittelpunkt stehen. Denn fast unvermeidlich verfallen die Forschungsbefunde einem Deutungsanspruch auf Humankultur, auf einen Bereich, der zunächst einmal jenseits der konkreten Forschung liegt und weit über diesen hinaus zeigt. Die folgende Mischung aus Glosse und Essay zur epigenetischen Weltbildproduktion – höher kann der Anspruch angesichts einer unabgeschlossenen, derzeit noch emergierenden Publizistik nicht sein – hat mehrere Teile. Die beiden ersten sind dem Auftritt der Epigenetik in der Öffentlichkeit gewidmet: Zuerst in einer impressionistischen Bestandsaufnahme der diesbezüglichen Publizistik, danach, um einen prominenten Bildbereich festzuhalten, wie er sich in der öffentlichen Diskussion der Epigenetik sedimentiert hat. Die darauf folgenden Teile widmen sich dem Emporkommen einer molekularen Vergemeinschaftungsrhetorik. Abschließend soll kurz die soteriologische Hoffnung erörtert werden, mit welcher der epigenetischen Forschung zumindest in ausgewählten theologischen Diskursen begegnet wird.
Franz Fühmann gehört zu den profiliertesten deutschsprachigen Schriftstellern aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Rahmen seines Gesamtwerkes nimmt das Thema 'Griechenland' - namentlich die Zeit der Okkupation - einen beträchtlichen Raum ein; ja, Fühmann ist sogar derjenige DDR-Autor, der sich am intensivsten damit befasst hat.
Die Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg ist ein Thema, das gerade im Kontext der krisenhaften Erschütterungen in der Europäischen Union und der mannigfachen Spannungen innerhalb des deutsch-griechischen Verhältnisses im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts von erheblicher historisch-politischer Brisanz ist; ihre literarischen Gestaltungen sind wichtige Dokumente zeitgenössischer Reflexion und sollten Anregungen geben für das Problembewusstsein späterer Generationen. Zugleich aber sind diese Gestaltungen Teil eines schriftstellerischen Gesamtwerkes, und im Falle Franz Fühmanns ist insbesondere zu fragen, ob sich das Erlebnis Griechenlands – über seine Bedeutung für die Auseinandersetzung mit Krieg und Faschismus in den Erzählungen bis 1965 hinaus - auch im Schaffen der Folgezeit niedergeschlagen hat.
Franz Fühmann wurde am 15. Januar 1922 in Rochlitz an der Iser (Rokytnice nad Jizerou) im Riesengebirge geboren und starb am 8. Juli 1984 in Berlin. Anfang der fünfziger Jahre war er zunächst als Lyriker, ab 1955 auch als Erzähler bekannt geworden. Seit Mitte der sechziger Jahre wandte sich der Schriftsteller der antiken Mythologie zu (der Nacherzählung der Homerischen Epen unter dem Titel Das Hölzerne Pferd, dem 'mythologischen Roman' Prometheus sowie mehreren Erzählungen und dramatischen Texten) und schrieb eine Anzahl programmatischer Essays - darunter Das mythische Element in der Literatur (1974).
Rezension zu "Zwischen Transfer und Vergleich. Theorien und Methoden der Literatur- und Kulturbeziehungen aus deutsch-französischer Perspektive". Hg. Christiane Solte-Gresser, Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling. Stuttgart: Franz Steiner, 2013 (VICE VERSA. Deutsch-französische Kulturstudien; Bd. 5). 457 S.
The article analyses three texts which address the same subject (the definition of the word Wort) and aims to demonstrate that it is not only the topic that plays a crucial role in creating the macrostructure and microstructure of a text, but also the communicative situation. The article explores what differences there are in the selection of linguistic means when the same content is being expressed in texts intended for communication at various levels of specialization, and which communication strategies the authors of the texts choose in connection with the text's genre, their intentions and (above all) the communicative situation.
Schleppen und Schleifen
(2015)
Schleppen und Schleifen sind einander etymologisch verwandt. Seit dem 13. Jahrhundert soll die Ähnlichkeit von Schleppen und Schleifen bereits in der Deutschordensdichtung belegt sein; das Grimm'sche 'Wörterbuch' notiert, dass "die identität von schleppen und schleifen" um 1430 erkannt und erstmals in Wörterbüchern erfasst wurde. Nun sind Schleppen und Schleifen nicht nur Verben für den mehr oder weniger identischen Vorgang, etwas unter Mühe langsam, schwerfällig und mit großem Kraftaufwand am Boden entlang zu ziehen, sondern auch Pluralformen von Substantiven. Die Schleppe und die Schleife bezeichnen dabei geradezu das Gegenteil der verbalen Bedeutung: Anders als die Verben 'schleppen' und 'schleifen' sind sie nicht mit Mühe, Last und Erschöpfung konnotiert, sondern stehen vielmehr für Luxus und Verschwendung - für die unendliche Leichtigkeit des Seins.
Ein Rückblick auf die literarischen Hinterlassenschaften von Alfred Andersch könnte helfen, das Politische der Literatur als das Andere der Politik zu begreifen. In unserer Zeit der vermischten Verhältnisse in Kultur, Wissenschaft und Politik haben adversative Konstruktionen wie die einer U- und E-Literatur, ebenso die deklamatorische Gegenüberstellung von autonomer und engagierter Literatur keine Orientierungskraft mehr. Mit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und erst recht nach der Wendezeit der neunziger Jahre beginnt eine Zeit der Revision und Reflexion der Institution Literatur. Zu beobachten ist eine Reorganisation der literarischen Tätigkeit im Wettbewerb um öffentliche Aufmerksamkeit, eine literarische Produktivität, die sich zu behaupten weiß: mit dem, was sie zu sagen hat, auch und gerade dann, wenn sie den Anspruch hat, politisch zu sprechen. Diese Revision in eigener Sache, findet sich in Anderschs Texten vorgezeichnet, persönlich und gesellschaftlich bedingt und eingeschränkt, aber doch vielsagend in dem bei diesem Autor stets aktuellen Bemühen eines "Umschreiben[s] (re-writing) der kleinen Kultur-Nachrichten" aus dem Unmaß an Informationen, punktuell und strukturell komponiert, "verwertet und verwortet" (Arno Schmidt). So könnte das Politische als ein mit der Literatur mögliches Denken und Schreiben erschlossen werden: öffentlich und gemeinschaftlich zu wirken und zugleich in eigener Sache.
In einem 2015 veröffentlichten Ranking des populären Wissenschaftsportals 'postnauka' wurde in der Rubrik "die fünf wichtigsten Bücher zur intellectual history" Reinhart Kosellecks Monographie 'Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten' vorgestellt. Der Autor Ivan Boldyrev bezeichnete den Band als eines der Grundlagenwerke der deutschen Begriffsgeschichte und hob auf die Leistungsfähigkeit der historischen Semantik ab. Dass ein deutschsprachiges Buch auf die Liste kam, stellt eine große Ausnahme dar. Deutsche Titel erscheinen in diesen Rankings ansonsten nur, wenn sie in russischer Übersetzung vorliegen. Eine intensive Rezeption der Begriffsgeschichte Reinhart Kosellecks und seiner Arbeiten zu Zeitstrukturen setzte bereits vor über zehn Jahren ein. 2004 beendete der Historiker Aleksandr Dmitriev einen Überblicksartikel zur 'Intellectual History' mit der Ankündigung, dass der Moskauer Verlag 'Novoe literaturnoe obozrenie' (Neue literarische Umschau) in seinen Zeitschriften und Büchern das Thema zunächst am Beispiel der Begriffsgeschichte Reinhart Kosellecks verfolgen werde. Bereits zwei Jahre später, 2006, konstatierte Nikolaj Koposov, der Gründungsdekan des 'Smolny College of Liberal Arts and Sciences' in Sankt Petersburg, über Begriffsgeschichte werde viel diskutiert, der Ansatz selbst aber von russischen Kollegen bzw. an russischem Material nur wenig praktiziert. Mittlerweile hat sich einiges in diesem Forschungsfeld getan. Es liegen erste Übersetzungen der theoretischen Arbeiten Kosellecks sowie neun Artikel aus den 'Geschichtlichen Grundbegriffen' in russischer Sprache vor. Auch die Zahl von empirischen und theoretischen Arbeiten zur russischen Begriffsgeschichte wächst. Die Rezeption der deutschen Begriffsgeschichte und der Arbeiten Reinhart Kosellecks erfolgt - so die einhellige Meinung von russischen Autoren - im Zuge der wissenschaftlichen Neuorientierung in postsowjetischer Zeit und der Suche nach Parametern für die Forschung. Damit verbunden indet eine Internationalisierung und Öffnung der Geisteswissenschaften nach außen statt, d.h. es erfolgt eine intensivere Rezeption internationaler Historiographien und eine verstärkte Kooperation mit ausländischen Kollegen. Spezifisch für dieses Forschungsfeld ist die gleichzeitige bzw. gemeinsame Rezeption der Begriffsgeschichte bei Historikern, Philosophen, Linguisten, Soziologen und Politologen. Im Folgenden sollen die wichtigsten Institutionen, Veranstaltungen, Kooperationen und Publikationen vorgestellt und die inhaltlichen Schwerpunkte und Spezifika der russischen Rezeption Kosellecksche Arbeiten aufgezeigt werden.
Ziel des Artikels ist es, die Produktivität der Transformationstheorie, die am Berliner SFB 644 "Transformationen der Antike" zur Analyse kulturellen Wandels entwickelt wurde, zu belegen. Zu diesem Zweck werden Phänomene des kulturellen Wandels in den Wissenskulturen des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit untersucht. Aus der Sicht der Berliner Transformationstheorie ist ein hervorstechendes Charakteristikum kulturellen Wandels seine allelopoietische Struktur: Jede kulturelle Transformation setzt sich aus bidirektionalen, interagierenden, reziproken Phänomenen des Wandels in einer Aufnahmekultur und einer oder mehreren Referenzkulturen zusammen. Der Artikel behandelt deshalb soziale, epistemische und lehrende Praktiken und bezieht sich dabei zuvorderst auf 'convivia' und Akademien, Autopsie als besondere wissenschaftliche Methode und Disputationen und Deklamationen als akademische, universitäre Praktiken im 16. Jahrhundert. In all diesen Bereichen werden die Transformationen in einem andauernden Kampf um kulturelle und soziale Geltung verwirklicht, die durch die 'agency' einer Vielzahl vielfältiger Akteure und Agenten (wie Medien, Gattungen usw.) beeinflusst werden.
Im Bereich der Mode bilden die 'auf alt' gemachten, absichtsvoll zerschlissenen, mit Löchern, künstlichen Schmutzspuren oder in ausgewaschenen Farben präsentierten Kleidungsstücke eine besondere Variante, die als 'Used Look' bezeichnet wird. Vor dem Hintergrund einer langen Tradition des Schonens, Flickens, Ausbesserns schadhafter Stellen erscheint diese Modeform als historische Exzentrizität und als ein Extrem, von dem her zugleich der Normalfall der Mode kenntlich wird. Zu ihrem Begriff gehört der Aspekt der Kurzlebigkeit und des permanenten Wandels. Er ist gebunden an die moderne Gesellschaft, die sich von den vorbürgerlichen Gesellschaften grundsätzlich durch ihre dynamische Grundstruktur unterscheidet.
In der von Adorno häufig gebrauchten Periodisierung 'Nach Auschwitz' artikuliert sich das Bewusstsein einer historischen Zäsur, die zu einer Revision der überkommenen Grundbegriff e und kulturellen Leitvorstellungen nötigt. Die Tiefe des zivilisatorischen Einschnitts lässt sich daran ermessen, dass er sogar die vermeintlich unverrückbare Relation von Leben und Tod fundamental verändert hat. Im Folgenden möchte ich verschiedene Formen der Zerrüttung dieser Relation durch den Nationalsozialismus untersuchen. Ich thematisiere das nationalsozialistische Programm der Vernichtung durch Arbeit, den Umgang der Nazis mit den Körpern der Ermordeten, die Gestalt des Muselmanns, die medizinischen Menschenversuche der Nazis sowie die Spätfolgen und Nachwirkungen der Konzentrations- und Vernichtungslager. Es versteht sich von selbst, dass im Rahmen eines Aufsatzes keines dieser Themen auch nur annähernd detailliert ausgeführt werden kann. Ein Ziel meiner Ausführungen liegt in der Analyse verschiedener Formen und in der Darstellung der spezifischen Charakteristika und Folgewirkungen der Formen, in denen die Nazis traditionelle Bestimmungen des Verhältnisses von Leben und Tod verändert oder zerstört haben.
Dass Max Aubs Biographie über den Maler Jusep Torres Campalans einer fiktiven Person gilt, dass nicht nur die hier gebotenen Informationen zum Leben und Wirken dieser Figur fingiert sind, sondern auch das im Zusammenhang damit präsentierte 'OEuvre' des Künstlers von Max Aub selbst stammt, sieht man dem Buch Aubs zunächst einmal nicht an; auf den zweiten Blick mögen sich Auffälligkeiten ergeben (wie etwa nicht zueinander stimmende Detailangaben), aber dergleichen kann ja auch Nachlässigkeiten bei der Recherche, beim Lektorieren oder bei der Drucklegung geschuldet sein. Der Roman wird in Form und Ausstattung nach dem Vorbild einer Künstlerbiographie gestaltet. Dazu gehören neben den biografisch-narrativen Teilen des Buchs diverse Abschnitte, die den Duktus faktografischer Darstellungen imitieren; so ein chronikalischer Teil, der JTCs Leben und Wirken in Form einer annalistischen Tabelle in das zeitgenössische historische und kunsthistorische Umfeld einordnet, ferner auch ein umfangreicher Anmerkungsteil, der die Ausführungen weiter historisch und forschungsgeschichtlich kontextualisiert. Und dazu gehören insbesondere auch Reproduktionen und Beschreibungen angeblicher Werke des fiktiven Protagonisten, welche die Suggestion der Existenz dieses Malers schon insofern verstärken, als hier Beschreibung und Beschriebenes, Bildteil und Katalog gemeinsam präsentiert werden. Bilder, die man sieht, so die immanente Logik der Suggestion, sind evidenterweise ‚wirkliche‘ Bilder. Und wenn man, hiervon ausgehend, akzeptiert, dass die Kommentare zu diesen Bildern 'faktografisch' sind, dann ist es nur ein weiterer Schritt zur Akzeptanz auch der übrigen Mitteilungen als 'faktografisch': ein Analogieschluss zwar, aber ein naheliegender.
Das Konzept "Heimat" besitzt für die Identitätsstiftung eine große Bedeutung, in jüngerer Vergangenheit sogar in zunehmendem Maße. Dies wird durch den Rechtsextremismus aufgegriffen und für den Transport der eigenen xenophoben Ideologie genutzt. Dabei wird auch an die Ausdeutung des Themas im Nationalsozialismus angeknüpft. Heimat wird dabei zu einem bedrohten Wert erklärt, den es vor dem Fremden zu schützen gilt. Aus diesen Gründen spielen Heimatdiskurse schon seit langem eine wichtige Rolle im deutschen Rechtsextremismus. Wesentliche identitätsstiftende Momente von Heimat sind das Brauchtum und die Sprache, durch deren Besonderheiten Zugehörigkeit signalisiert und erkannt wird. Zugleich bieten diese Spezifika die Möglichkeit, sich von anderen abzugrenzen. Lässt man das Brauchtum im Hinblick auf die sprachwissenschaftliche Ausrichtung des Beitrages unberücksichtigt, so ist es die Sprache, genauer die Verwendung von Dialekt oder doch zumindest eines Regiolektes oder einer landschaftlichen Färbung, die landläufig ebenfalls als Marker für die regionale bzw. lokale Identität gilt [...]. Dementsprechend liegt die Frage nahe, ob dialektale bzw. regiolektale Elemente auch in rechtsextremer Kommunikation irgendeine Rolle bei der Konstituierung des Heimatbezuges spielen.
Der Beitrag befasst sich im Rahmen einer linguistisch-kritischen Inhaltsanalyse mit Aufklebern, die über rechtsextreme Versand-Anbieter im Internet vertrieben werden. Bei der Betrachtung von Sprache, Bild und Sprache-Bild-Kombinationen kann festgestellt werden, dass vor allem neuheidnische Aufkleber im Vordergrund des Angebotes stehen, während andere gesellschaftliche Fragen deutlich seltener thematisiert werden. Die Aufkleber dienen der Identitätsstiftung der rechtsextremen Szene, besitzen darüber hinaus aber auch eine an die Öffentlichkeit gerichtete Bekenntnisfunktion. Dabei werden sowohl sprachliche als auch bildliche und typografische Codes eingesetzt, um eine Einordnung in den rechtsextremen Lifestyle zu gewährleisten. Als eine inhaltliche Konstante der Aufkleber kann eine dezidierte Gewaltbejahung festgestellt werden. Die Ausrichtung der Aufkleber passt sich so mit der Bezugnahme auf germanisch-mythologische Elemente sowie mit der Vermittlung einer aggressiven Grundhaltung in den ideologischen Gesamtkontext der rechtsextremen Erlebniswelt ein.
Die passende Hose und die Dramatik Shakespeares, diese Konstellation ist - einerseits - ein Witz Thomas Bernhards, der Stoff und Sujet, Schnitt und Stil in seinem Dramolett 'Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen' (1986) in eins denkt und damit die Theaterversessenheit des Regisseurs Claus Peymann in Szene setzt. Die Verbindung von Hosenkauf und Dramatik eröffnet aber - andererseits - auch eine sehr plastische Auseinandersetzung des Autors mit der eigenen Beziehung zum Theater. Diese Auseinandersetzung verrät nicht nur einiges über Thomas Bernhard und das Theater, über das Burgtheater und das 'Theater Österreich'. Sie verrät auch einiges über die Moden und Modernisierungen des Theaters in der 'Postmoderne'.
Zunächst wird kurz in Bourdieus Konzept der symbolischen Herrschaft eingeführt und dessen Stellung im Kontext seiner Theorie der Praxis verdeutlicht. Da Bourdieu sein Verständnis der symbolischen Reproduktion des Sozialen insbesondere in Bezug auf die Sprache entfaltet, wird in einem zweiten Schritt auf seine sprachsoziologischen Arbeiten eingegangen. Dabei wird das Problem der Betonung der statischen Reproduktion sozialer Ordnungen adressiert. Im dritten Abschnitt erfolgt eine Kritik und Erweiterung von Bourdieus Perspektive im Anschluss an Judith Butler, die in "Haß spricht" eine Theorie zur Resignifikation sozialer Klassifikationen entwickelt hat und sich dabei von Bourdieus Sprachsoziologie abgrenzt. Sie betont im Unterschied zu Bourdieu die Möglichkeit der Verschiebung symbolischer Machtverhältnisse. Im Fazit werden die beiden Positionen vergleichend diskutiert und Ansätze einer Theorie sozialer Iterabilität herausgearbeitet.
Sigmund Freud hat 1926 in einem Interview bekannt: "Meine Sprache ist deutsch. Meine Kultur, meine Bildung sind deutsch. Ich betrachtete mich geistig als Deutschen, bis ich die Zunahme des antisemitischen Vorurteils in Deutschland und Deutschösterreich bemerkte. Seit dieser Zeit ziehe ich es vor, mich einen Juden zu nennen." Aus dem Bekenntnis 'Meine Sprache ist Deutsch' sind zwei Einstellungen herauszuhören, sowohl der offensichtliche Stolz auf die deutsche Sprache, sofern der Akzent auf dem Wort 'Deutsch' liegt ('Meine Sprache ist 'Deutsch''), Deutsch also im Unterschied zum Englischen, Französischen oder Jiddischen, als auch eine leisere Abgrenzung, sofern das Wort 'Sprache' betont wird ('Meine 'Sprache' ist Deutsch'), Sprache also im Unterschied zur ethnischen Herkunft oder kulturellen Tradition, die durchaus noch anders als deutsch definiert sein kann. In beiden Fällen geht es um die Komplexität einer heterogenen Identitätsbildung und dabei um die Rolle der Sprache, also darum, ob Sprache konstitutiv ist dafür, wer ich bin, was ich denke und wie ich mich verhalte: Es geht also letztlich um das sprachphilosophische Problem der Sprachlichkeit von Kultur überhaupt, ein Problem, das die Geisteswissenschaften schon immer beschäftigt hat.
"La cosmogonie est un genre littéraire d’une remarquable persistance et d’une étonnante variété, l’un des genres les plus antiques qui soient." Mit diesen Worten umreißt Paul Valéry in einem Essay über Edgar Allan Poes Prosagedicht "Eureka" die Bedeutung des literarischen Genres der Kosmogonie, der mythischen Erzählung der Weltentstehung, und hebt dabei deren anhaltende, bis in die Moderne reichende Wirkungsgeschichte hervor. Man wird Valérys Bemerkung ohne weiteres zustimmen können: Ist doch die Idee des Kosmos nicht nur eine alte, bis in die Antike zurückreichende Denkfigur, die ihrer Herkunft nach mythischen und religiösen Vorstellungen entstammt. Sie ist darüber hinaus eine Figur, die auch im neuzeitlichen Denken, etwa in verschiedenen philosophischen und literarischen Richtungen der Renaissance, eine erneute Konjunktur erfährt und deren Nachwirkungen sich bis in die Moderne verfolgen lassen. Dabei mag man nicht nur an die Rekurrenz des Kosmischen in moderner Esoterik, New Age oder Fantasy-Literatur denken, sondern mehr noch an neuere philosophische und epistemologische Ansätze, die in entscheidenden Hinsichten an Momente des alten Kosmos-Denkens anschließen und letzteres unter wenngleich veränderten Vorzeichen wieder aufnehmen. Doch wie kommt es zu dieser eigentümlichen Persistenz des Kosmos-Begriffs?
This paper attempts to apply the concepts of proximity and distance to a literary text – Arthur Schnitzler's "Fräulein Else". The analysis builds on five different proximity-distance relations: spatial, temporal, social, emotional and cognitive. The purpose is to show how linguistic devices are used to describe individual relations and what roles these relations play in the given text.
Von der nackten Wahrheit zur rätselhaften Wahrheit des Strumpfes : Walter Benjamins Bilddenken
(2015)
Mit der Unterscheidung zwischen Erkenntnis und Wahrheit findet sich in Benjamins frühen erkenntnistheoretischen Überlegungen eine Entsprechung zu den beiden Seiten der Sprache. Unter 'Erkenntnis' versteht er in diesem Zusammenhang durch Begriffe mitteilbare Sachverhalte, welche den Bereich propositionalen Wissens bilden und in der Semantik der Sprache aufgehen. Erkenntnisse können prädikativ erfasst und verbal vermittelt werden. Von der Wahrheit könne es hingegen kein Wissen geben. Da die Wahrheit weder in Begriffen darstellbar noch durch Aussagen mitteilbar ist, ist ihre Darstellung auf die symbolische Seite der Sprache verwiesen. Folgerichtig findet sich für diese Vorstellung von Wahrheit in Benjamins Schriften kein Begriff, sondern ein 'Bild', nämlich das des Strumpfes - vermutlich nicht zufällig. Denn dieser steht als ein Kleidungsstück exemplarisch für den Zusammenhang von Funktion und Symbol in der menschlichen Kultur.
Der vorliegende Artikel befasst sich mit der Herausforderung der Geschichtswissenschaft durch die sog. Postmoderne. Um ein besseres Verständnis über die Begrifflichkeit und die konkreten Herausforderungen zu gewinnen, konzentrieren sich die Ausführungen auf jene theoretisch konsistente Theoriebildung, wie sie von Jean-François Lyotard in seinen zwei maßgeblichen Werken "Das postmoderne Wissen" und "Der Widerstreit" formuliert wurde. Die Postmoderne ist für Lyotard durch eine Skepsis gegenüber den großen Erzählungen gekennzeichnet, welche jegliche Form des Wissens legitimieren. Im Vergleich zu anderen Fachdisziplinen steht die Geschichtswissenschaft in einem besonderen Verhältnis zu diesen Erzählungen, was zugleich die Chancen wie auch die Schwierigkeiten anzeigt. Die entscheidende Herausforderung der Geschichtswissenschaft betrifft dabei jedoch weniger die narrative Darstellung historischen Wissens, als vielmehr den Status der Geschichte als Wissenschaft.
Tagungsbericht "Medium - Medialität - Intermedialität." Tagung der Franz Werfel-StipendiatInnen in der Nachbetreuung in Wien, 27. - 28. März 2015
Am 27. und 28. März 2015 veranstaltete die Wiener Germanistik in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Austauschdienst-Gesellschaft in Wien die Tagung der Franz Werfel-StipendiatInnen in der Nachbetreuung zum Thema 'Medium - Medialität - Intermedialität. Beiträge zur österreichischen Kulturgeschichte'.
Bohemian and Moravian archives and libraries represent a rich resource of medieval texts on the plague. Advice, recommendations and recipes for avoiding the plague (prophylaxis), as well as instructions on how to treat it (therapy), can be found in many manuscripts from the 14th–16th centuries. An example of a varied approach to this topic can be found in the plague tractates contained in the Křivoklát manuscript I. b. 25 and the Olomouc manuscript M. I. 650. This article describes the origin and presentation of the information in the manuscripts, as well as the graphic arrangement of the text.