830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Das Unsichtbare in der Schrift : magische Texttheorie im Paracelsus-Diskurs der Frühen Neuzeit
(2005)
Die Metapher des "velum" nimmt ihren Ursprung in der antiken Texttheorie - und hat auch in der Sprachverwendung der natürlichen Magie ihren festen Platz. Paracelsus', Böhmes und Weigels Gedankenfigur von dem "velum" über den "mysteria" findet ihre - teilweise wortgleiche - Entsprechung in der Mythentheorie Bacons [...] und in der frühen Naturalmagie selbst.
Expansion in die Natur : zum Verhältnis von "ars" und "natura" bei Paracelsus und im Paracelsismus
(2005)
Wenn Paracelsus Naturwissenschaft oder magica als eine Handlung definiert, die "aus ihr", der Natur, ist, diese aber "mer, dan" ihr selbst "zu zu legen ist", steigert und "bessert", dann geschieht dies auf Basis aristotelischer Argumente, die im 13. Jahrhundert auf neuplatonische Weise so kombiniert werden, daß die aristotelischen Vorgaben mit der Vorstellung einer aktiven sympathetischen Teilhabe des Menschen am Kosmos harmonisieren. Diese Überformung wird in der Frühen Neuzeit noch einmal weiterentwickelt. Es sind die protestantische Mystik mit und gegen Luther und die Auslagerung ihrer häretischen Tendenzen in die Naturwissenschaft, die der Theorie von der Steigerung der Natur aus ihrer Mitte die Bedeutung einer wechselseitigen souverinen Teilhabe verleihen.
Wenn am Ende der Beschreibung von Simplicius' Begegnung mit den Teufeln davon gesprochen wird, dass die ganze Geschichte ein "Traum" gewesen sein könnte, dann rekurriert Grimmelshausen damit auf ein spezifisches Argument der sogenannten Imaginationstheorie, die Johann Weyer in seiner — im "Simplicissimus" übrigens erwähnten — Schrift "de praestigiis daemon[um]" von 1563 mit großem (leider nur diskursiven) Erfolg in die Hexendebatte eingeführt hat.
[...] Ich möchte [...] zeigen, dass sich die [...] Teufel der Gewalt nicht nur bei den einfachen Soldaten in den Schlachten und Überfällen des Dreißigjährigen Krieges finden lassen, sondern auch auf der anderen Seite der Machtpyramide: bei der Staatsmacht.
In der Forschung ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass dem Leser in Ludwig Tiecks "Der blonde Eckbert" (ED 1797) verschiedene Lesarten angeboten werden, die auf den ersten Blick streng voneinander getrennt scheinen, sich aber bei naherem Hinsehen als indifferent erweisen. In einem ersten Schritt soll in diesem Aufsatz eruiert werden, worin die verschiedenen Lesarten bestehen und wie sie miteinander verbunden sind, bevor eine besondere, nämlich die des (zeitgenössisch zu denkenden) Verfolgungswahns, herausgehoben und auf ihre hereditaren und kindheitsmemorialen Aspekte befragt wird; all dies unter besonderer Berücksichtigung der romantischen Allegorie, innerhalb deren die verschiedenen Lesarten angeboten werden.
In diesem Aufsatz möchte ich den Zusammenhang zwischen pikturalen Kosmographien und kosmologisch argumentierenden Texten analysieren, die aus dem Bereich des Paracelsismus stammen, einem europaweit von Philosophen, Ärzten, Alchemikern und Literaten geführten Diskurs des 16. und 17. Jahrhunderts, dessen Gegenstand die Ars magica oder Magia naturalis ist, und der sich durch einen Rückgriff auf die Autorität Paracelsus legitimiert.
Gegenstand dieses Aufsatzes sind die drei aufeinander aufbauenden Gedankenfiguren, die Descartes in den Meditationes (und teilweise in der Recherche de la vérité) einführt, um seine methodisch zu verstehende Theorie eines globalen Außenweltskeptizismus zu formulieren: Wahnsinn, Traum und Genius malignus. Ich werde argumentieren, dass einige der in der Forschung hervorgehobenen Bezüge, insbesondere die zur schönen Literatur und zur antiken Skepsis, diese Gedankenfiguren und ihre Verbindung untereinander nicht hinreichend historisch kontextualisieren. Vielversprechender scheint mir ein, ebenfalls in der Forschung vertretener, Erklärungsansatz zu sein, der auf die (spät-)mittelalterliche Debatte über die Potentia absoluta Gottes zurückgreift. Mit Bezug auf diese Traditionslinie lässt sich konstatieren, dass Descartes einen Sprung vom allmächtigen (und daher auch grundsätzlich der Täuschung fähigen) Gott des Mittelalters zum bösen Dämon vollzogen hat. In meinem Beitrag sollen nun dieser Sprung und vor allem der böse Dämon selbst ins Zentrum der Betrachtung gestellt werden. Dafür gilt es, auf die in der Frühen Neuzeit im Zusammenhang der Hexenverfolgung (bei Gegnern wie Verteidigern) diskutierte Dämonologie zurückzugreifen, genauer gesagt: auf einen universalen Topos über die Fähigkeit von Teufeln und Dämonen, mittels Eingriff in Fantasie und Sinne Sachverhalte vorzutäuschen. Berücksichtigt man, dass von diesen dämonischen Betrügereien gesagt wird, sie ähnelten einem Traum und funktionierten bei Schwachsinnigen am besten, so zeigt sich eine bemerkenswerte Parallele zu Descartes' Argumentation.
Das Thema des Monologs ist das Schreiben und Sprechen als
"närrische Sache". Ich beginne meine Lektüre, indem ich den Begriff wörtlich nehme: Ein Narr ist, in der Psychologie der Zeit, jemand, der an Melancholie leidet, dessen Verstand bzw. Vernunft jedoch nicht vollständig, sondern nur teilweise angegriffen ist. [...] Die Diagnose der Narrheit gilt auch [...] für denjenigen, der sich in Novalis' Augen der Sprache zuwendet. Auch er wird zum Narren oder Partialwahnsinnigen, der sowohl vernünftig als auch ganz und gar unvernünftig sprechen kann. Die Krankheit liegt aber, und das stellt eine Differenz gegenüber der Psychologie der Zeit dar, nicht im Sprechenden, zumindest nicht in ihm allein, sondern in der Sprache. Sie selbst ist es, welche die "närrische Sache" ausmacht.
Der Aufsatz nimmt die argumentative Struktur in Tobias Peucers Dissertation "De relationibus novellis" (Leipzig 1690) in den Blick und beschreibt die Sicht Peucers auf eine "angemessene" Presseberichterstattung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Dies betrifft nicht zuletzt auch die Frage nach den persönlichen Dispositionen des Nachrichtenschreibers und der "inneren Haltung", mit der die frühmodernen Zeitungstexte verfasst wurden. Insbesondere ist im Hinblick auf Peucer und seine Zeitgenossen die Frage nach der zeitgenössischen Ausdifferenzierung von fiktionalen und faktualen Textsorten zu stellen. Auch offensichtlich fiktionale Texte bedienen sich sprachlicher Beglaubigungsstrategien, mit denen Glaubwürdigkeit herausgestellt und Faktualität postuliert wird. Das Spannungsfeld zwischen Unterhaltung, Nachrichtenwert und Glaubwürdigkeit von Nachrichten wird auch bei Peucer eindringlich und nach den wissenschaftlichen Standards der Zeit diskutiert.
Im Kompilationsschrifttum der Frühen Neuzeit bildet die Tragica- und Criminalliteratur eine eigene Masse. In zahllosen Historien wird ein Schreckenspanorama ausgebreitet. Vergehen mit bösen Folgen laufen auf große Verbrechen hinaus, Lug und Betrug, Liebesverirrung und Ehebruch auf Todschlag und Mord mit spätestens hier sinnverwirrten, besessenen und getriebenen Tätern. [...] Es kommt aber eine ebenso extreme, harsche Normierung hinzu. Zur Geschichte der Tat gehört unweigerlich die Hinrichtung des Täters. Die Mordnachrichten sind damit eigentlich Exekutionsberichte. Die Texte dienen auch dem Erweis 'guter Policey', die hier Zeichen setzt für die Konsolidierung der politischen und sozialen Systeme im Prozess der Frühen Neuzeit.
Fünfzehnhundertsiebenundachtzig : Literatur, Geschichte und die Historia von D. Johann Fausten
(2014)
Ausgehend von der Beobachtung, dass die 1587 in Frankfurt am Main erschienene »Historia von D. Johann Fausten« überaus erfolgreich war, wird die These formuliert, dass dieser Erfolg auf der dichten Vernetzung mit zeitgenössischen Techniken, Praktiken und Diskursen beruht. Um Teile dieses Netzwerks zu rekonstruieren, beschränkt sich der Beobachtungszeitraum auf die 1580er und frühen 1590er Jahre. Innerhalb dieses Zeitraums wird etwa untersucht, wie man am »Faustbuch« weiterschreibt, welche Rolle die Hexen- und Zaubererverfolgung spielt, wie es um den Einfluss der Transformationen des Postsystems und des Kalenders bestellt ist und was man von außergewöhnlichen Zeichen zu halten hat, die auf dem Körperäußeren erscheinen. Methodisch ist die Arbeit dem New Historicism verpflichtet, dessen vermittelnde Stellung zwischen ›Literatur‹ und ›Geschichte‹ auch dazu genutzt wird, gängige disziplinäre Grenzziehungen in Frage zu stellen.