830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Die Geometrie und ihre Sprache im 16. Jahrhundert am Beispiel der deutschen volkssprachlichen Werke
(2013)
Der mathematischen Wissenschaft Geometrie kam schon in der Antike eine wichtige Stelle zuteil. Die Pythagoreer (6. Jahrhundert v. Chr.) erklärten sie zu einer der vier grundlegenden Disziplinen: Arithmetik, Astronomie, Harmonielehre (Musik) und Geometrie (mathemata). Grammatik, Rhetorik, Dialektik und die vier genannten Disziplinen galten als der weltliche Wissensstoff und wurden im Mittelalter als die sieben Freien Künste (Septem artes liberales) bezeichnet und an den ersten Universitäten gelehrt. (Vgl. Taegert 2008: 13−14). "Wissenschaftssprache war im Mittelalter Latein, so dass Mathematik in lateinischer Sprache gelehrt und notiert wurde. Die Beschäftigung mit ihr war naturgemäß auf einen sehr eng umgrenzten Personenkreis beschränkt. Alltagsrelevante praktische Anwendungen der Mathematik standen hier, wie beispielweise bei der sogenannten "Klostermathematik", nicht im Vordergrund, vielmehr wurde diese Wissenschaft als eine den Geist und das schließende Denken schulende Tätigkeit angesehen." (Schuppener 2003: 40)...
During the last two decades of the 20th century writers gradually returned to traditional narrative methods, though their works were creatively enriched by the incorporation of new tendencies. The results of these efforts show traces of literary postmodernism. One of the representatives of German-language postmodern literature is Sten Nadolny, whose oeuvre is typified by its openness to the plurality and diversity of the world. His novel "Ein Gott der Frechheit" revives ancient gods and mythological figures, revealing the mysteries of old legends; this is viewed as a background to the self-destructive disorientation of contemporary society.
Wie ersichtlich gehört Saiko zu jener Schriftstellergeneration der Zwischenkriegszeit, deren Jugendjahre in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg fallen. Mit seiner Romandarstellung unterscheidet er sich trotz der prinzipiellen Ähnlichkeiten in wichtigen Punkten von seinen Zeitgenossen. Diese Details werden von Klaus Kastberger in seinem Artikel Einsam auf dem Floß. Wohin treibt George Saiko (Kastberger 2003: 9) in folgenderweise hervorgehoben: Obwohl die Autoren Robert Musil, Franz Kafka und James Joyce oftmals Bezugsautoren für George Saiko bildeten, grenzt Saiko sich in den wichtigsten Einzelheiten von ihnen ab, denn wie Kastberger auch erwähnt, wird alles, was in die Figuren 'hineingepackt' ist, im Laufe der Darstellung erzählerisch 'ausgepackt'. Treffender lässt es sich sagen, George Saiko hätte nicht wie Musil, Kafka und Joyce geschrieben, sondern er versucht in seinem Roman Auf dem Floß (Saiko 1980), ein Seelenpanorama der Hauptfigur zu zeichnen. Mit dem Leitgedanken der Freudschen Theorien schildert Saiko eine andere Realität und zeichnet sie in seinen Romanen nach. Das Aufschließen der menschlichen Seele, die Gründe und Abgründe des menschlichen Verhaltens werden anhand von Saikos Romancharakteren ans Licht gebracht. In seinem Roman wird der Zerfall anhand menschlicher Triebe dargestellt.
Der Aufbau des zweiten Romans der Braunschweiger Trilogie "Stopfkuchen" gründet sich auf eine Zweipoligkeit, die durch das Gegenüberstellen des Romanhelden Heinrich Schaumann und seines Gegenspielers Eduard entsteht. Diese zwei Figuren gehören gegensätzlichen Welten an. Dem Antagonisten wird nur ein Name gegeben, und zwar der Vorname: Eduard! Der Protagonist wird mit beiden Namen vorgestellt: Heinrich Schaumann! Der Name des Helden hat symbolische Bedeutung, wie man es oft bei Raabe findet: Schaumann ist der Mann, der schaut. So wird dieses Kennzeichen seiner Funktion gerecht. Der Held beobachtet etwas. Seine Beobachtungen gelten der Gesellschaft. Er beobachtet eine Gesellschaft, die er nicht gutheißt, in die er sich nicht integriert. Vom geographischen Standpunkt aus betrachtet: Der Held Schaumann ist einer der Einwohner des am Fuße des Berges Rote Schanze gelegenen Ortes namens Maiholzen.
[W]elche Rolle spielen […] Mythen in der Literatur? D.h. welche Funktionen sind mit der Rezeption von Mythen verknüpft? Diese allgemeine und einfache Fragestellung wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit dahingehend präzisiert, dass die Bedeutungsgehalte der Mythenkomplexe in den beiden Nachkriegsromanen 'Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende' (1946) von Alfred Döblin und 'Nekyia. Bericht eines Überlebenden' (1947) von Hans Erich Nossack auf ihre Affinität zum Geschlechteraspekt hin befragt werden. Dieser Ansatz bietet sich ganz besonders an, weil Mythen als Teil des kulturellen Gedächtnisses und somit als kulturelle Repräsentationsformen überhaupt Geschlechterverhältnisse sowie Geschlechterrollen mitprägen und demzufolge bei der Erzeugung der Geschlechterdifferenz mitbestimmend werden. Diese beiden Romane behandeln zunächst zeitgeschichtliche Problemfelder, d.h. sie setzen sich primär mit der Kriegs- bzw. Schuldfrage auseinander. Allerdings erfährt diese Fragestellung eine tiefgreifende Transformation, denn bemerkenswerterweise werden hier mithilfe der Rezeption von bestimmten Mythenkomplexen Geschlechterdiskurse, genauer Weiblichkeitsdiskurse zum Tragen gebracht, die der anfänglichen Thematik von Krieg und Schuld einen gänzlich anderen Akzent verleihen.
Im Folgenden soll es zunächst darum gehen, den Mythos aus kulturwissenschaftlicher sowie mythostheoretischer Perspektive einzuordnen. Anschließend werde ich mich auf die Analyse der genannten Romane konzentrieren.
09-10. Eylül 2013 tarihinde Sakarya Üniversitesi Çeviri Bölümü Başkanı Sayın Prof. Dr. İlyas Öztürk'ün ev sahipliğinde gerçekleştirilen Germanistik Çalıştayı'nda
1) Almanca bölümleri ve üyeleri için (bölümler arasında dayanışma / ağ kurulabilmesi ve yurtiçi ve yurtdışı tanıtımlar vb. gibi) somut olarak neler yapılabilir?
2) Üyelerimizin yayınlarının dağıtımı ve bölümlerimizin ihtiyaç duyduğu (ihtiyacı karşılayacak nitelikte yazılmış) kitapların tespiti (ve/ya yazılması) için dernek çatısı altında neler yapılabilir?
3) XII. Uluslararası Türk Germanistik Kongresinin planlanması gündemli oturumlarda tartışılan ve benimsenen görüşler aşağıda sunulmuştur.
In 'Mein Jenseits', der dritten Novelle innerhalb Walsers umfangreicher literarischer Produktion, werden uns von Walsers früheren Büchern bekannte Themen aus einer neuen, einem "Spätwerk" entsprechenden Perspektive dargeboten, wie im Laufe dieser Analyse gezeigt werden soll. In diesem Zusammenhang soll besonders die zentrale Rolle, die hier einem Bild für das Textganze zukommt, beleuchtet werden.
Adler ve Freud'un da işaret ettiği gibi babalar kızlarıyla, anneler de oğullarıyla iyi ilişkiler kurabilmektedir. Gerçek yaşamla ilgili bu saptama, çağdaş Alman yazarlarından Karl-Heinz Ott'un 1998 yılında yayımlanmış ve "Ins Offene" adını taşıyan romanının kurmaca dünyasında, bu sefer anne-oğul ilişkisi bazında, tersine işlemektedir.
Çalışmada, anne ve babanın birlikte yaşamamaları, yani aralarında evliliğin gerçekleşmemesi, anne ve oğlunun farklı karakterde olmaları, annenin oğluna olan aşırı bağımlılığı ve kırsal ataerkil toplum bu ilişkiyi sorunlu hale getiren ana etmenler olarak belirlenmiştir.
Im Juni 2009 fand in der slowakischen Hauptstadt Bratislava unter dem Titel "20 Jahre Freiheit: Deutschland sagt Danke!" eine Veranstaltung statt, die das Auswärtige Amt und die Deutsche Botschaft Pressburg in Zusammenarbeit mit dem Außen- und Kulturministerium der Slowakischen Republik und weiteren Partnern durchführten. Ähnliche Veranstaltungen wurden in Prag, Warschau, Danzig und Budapest organisiert, um deutsche Perspektiven auf die Ereignisse vor und nach 1989 mit den Blickwinkeln der anderen postsozialistischen Länder in einen Dialog treten zu lassen. Darüber hinaus wollten die Veranstalter das seit dem Fall des Eisernen Vorhangs gemeinsam Erreichte deutlich machen, die Menschen emotional mitnehmen und die Dankbarkeit und Weltoffenheit Deutschlands erlebbar machen. Im Rahmen des abwechslungsreichen Kultur- und Unterhaltungsprogramms las Monika Maron "aus ihrem neuen Werk Stille Zeile sechs, wie es in allen Ankündigungen der Lesung hieß. Marons Roman ist aber 1991 erschienen, also achtzehn Jahre davor. Nach der Lesung führte einer der bekannten jungen Moderatoren eines slowakischen Nachrichtensenders ein kurzes Gespräch mit der Schriftstellerin, das er mit der Frage "Frau Maron, wie fühlen Sie sich als Mensch zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer?" einleitete. Monika Maron versuchte vor laufenden Fernsehkameras mühsam eine Antwort auf die peinliche Frage zu finden. Sie schien sich dessen bewusst zu sein: Das Mauerfall-Jubiläum ist ein medial inszeniertes Ereignis...
Alle zwei Jahre wird an einer slowakischen Universität die Verbandstagung des Herausgebers der Slowakischen Zeitschrift für Germanistik, des Deutschlehrer- und Germanistenverbands SUNG, veranstaltet. Die Fachkonferenz ist in den zwanzig Jahren ihrer Existenz nicht nur zum bedeutendsten Forum des Slowakischen Deutschlehrer- und Germanistenverbands geworden, sondern auch zur größten und wichtigsten Zusammenkunft der Mittler der deutschen Sprache, der deutschsprachigen Kultur und der darauf bezogenen Forschung in der Slowakei...
Kurzgeschichten kurz gefasst
(2013)
The author starts from a study by Maria Fanache and Ilse Fels about Sibiu writers in the years of the „people’s democracy,” i.e. the period around 1960. The outlook and the stylistic structure were typical of socialist realism, while the criteria for the selection of the Romanian and German writers discussed were those of belles-letters adapted to propaganda purposes. The present paper rounds off the convenient aspects of the literature of the time with a series of aspects that had been kept silent or ignored for the sake of avoiding confrontation with certain factual contradictions which the socio-political changes of the „people’s democratic” dictatorship had brought about. In the summer of 1956, the state authorities considered a private literary meeting of over twenty persons an action meant to subvert the official ideology, an attempt to commit a conspiracy, and, later, some of those present came under investigation and served severe prison sentences.
Der Begriff des Rahmens hat in den letzten Jahrzehnten in unterschiedlichsten Kontexten Konjunkturen erlebt: in der Anthropologie und der Soziologie als kontextsensibler Handlungsrahmen, in den Theaterwissenschaften als Inszenierungsrahmen, in der Literaturwissenschaft als paratextuelle Rahmung, in der Linguistik als kognitiver Repräsentationsrahmen respektive als Skript – und, nicht zu vergessen, in der Kunstwissenschaft als Bildrahmen. Dabei steht jede "Aufmerksamkeit für Rahmungen" in einem Spannungsverhältnis zwischen einem Interesse für explizite, sprich: materielle und insofern sichtbare Formen der Rahmung einerseits und einem Interesse für implizite, konzeptionelle, sprich stillschweigend vorausgesetzte Interpretationsrahmen andererseits. Zugespitzt formuliert könnte man sagen: Das Problemfeld 'Rahmen' wird durch das Verhältnis von phänomenaler Rahmenwahrnehmung und funktionalem Rahmenwissen bestimmt, wobei sich in der Verhältnisbestimmung zugleich die Rahmenbedingungen von textuellen, theatralen, pikturalen und technischen Konfigurationen zeigen.
Paralysiert starrt er ins Nichts. Gestern noch war er stolzer Portier eines Berliner Grandhotels; heute wird er aufgrund seiner Altersschwäche zum Toilettenwärter degradiert. Während der Protagonist aus Friedrich Wilhelm Murnaus 'Der letzte Mann' (1924) sein Schicksal noch gar nicht fassen, sich gefangen im Schock noch gar nicht regen kann, macht sich ein junger Mitarbeiter bereits daran, ihm die Portiersuniform auszuziehen. Dieser eigentlich simple Akt der Entkleidung erfährt durch seine filmische Inszenierung eine enorm starke semantische Aufladung: Zum einen wird die hier zivile Uniform, die den Namenlosen als Teil einer gesellschaftlich angesehenen Berufsgruppe ausweist, zum Symbol für die Arbeit selbst; das heißt, die Uniform ist (entsprechend ihres Bedeutungswandels, der sich zwischen dem 18. und dem frühen 20. Jahrhundert aufgrund der Reorganisierungen der Staats- und Gesellschaftsformen vollzog) weniger Verweis auf etwaige militärische Motive als vielmehr Medium zur Kommunikation all dessen, was sich mit der professionellen Position verbindet, wie Status, Modernität, Männlichkeit. Zum anderen erscheint sie in Anbetracht der langwierigen, schmerzvoll anmutenden Prozedur, die es erfordert, sie abzunehmen, wie eine zweite Haut, die dem Mann abgezogen werden muss. Im übertragenen Sinne veranschaulicht der Film damit genau jenes Problemfeld, das Wolfgang Engler in seiner 2005 erschienenen Schrift 'Bürger, ohne Arbeit' mit folgender Frage umreißt: "Was bleibt vom 'Menschen', wenn man die 'Arbeit' von ihm abzieht?" Es ist eine entscheidende Frage, wenn man bedenkt, dass die moderne Gesellschaft sich, um die prominente These Hannah Arendts aufzugreifen, im Ganzen zu einer Arbeitsgesellschaft entwickelt hat. Längst wird die Arbeit nicht mehr nur im notwendigen Zusammenhang mit der materiellen Basis gesehen, sondern darüber hinaus als bedeutende Variable im Prozess der sozialen Integration sowie Identifikation begriffen.
Seit Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts liegt in der Handschriftenabteilung des Freien Deutschen Hochstifts Frankfurt als Dauerleihgabe der Stiftung Volkswagen ein in 29 Tranchen aufgeteiltes, rund 170 Autografen umfassendes Briefkonvolut, das aus dem Nachlass Hugo von Hofmannsthals stammt und über Oxford, dem letzten Wohnsitz der vor den Nazis geflohenen Witwe Hofmannsthals, an den Main gelangt ist. Und da jede dieser Tranchen ein gleichgestaltetes archivalisches Kennzeichen trägt -"Degenfeld, Ottonie, v." - erübrigt es sich fast zu sagen, womit man es zu tun hat: Es sind die Briefe, die Ottonie Gräfin Degenfeld-Schonburg, ursprünglich angeregt durch ein Schreiben Hofmannsthals vom September 1909, zwischen 1910 und Hofmannsthals Todesjahr 1929, überwiegend von Schloss Neubeuern am Inn, dem Anwesen ihrer Schwägerin Julie Freifrau von Wendelstadt bzw. dessen nahegelegenem, testamentarisch an die Gräfin gefallenen Meierhof Hinterhör, dann aber auch von Orten wie Berlin, Dresden, München, Paris, Stuttgart, Weimar, dem elterlichen Gut im thüringischen Sondershausen oder dem schwäbischen Sitz ihrer Schwiegerfamilie Eybach aus an Hofmannsthal adressiert hat.
[Nachruf] Klaus von See
(2013)
Arno Schmidt wäre nicht Arno Schmidt, wenn er bei seinen Lesern nicht anecken wollte. Er war ein Meister der Provokation. Nichts liebte er mehr als Leser egal welchen Couleurs vor den Kopf zu stoßen, in seinem Frühwerk vor allem Konservative und Gläubige, in seinem Spätwerk sogar auch seine liberalen und linken Anhänger. In seiner Essayistik und Funkessayistik über deutschsprachige und angelsächsische Autoren war solch gezielte Irritation sein Metier. Paradebeispiele sind seine Funkessays und Aufsätze über Goethe,Stifter, Karl May, Edgar Allan Poe und James Joyce. [...] Rabiat in seiner Kritik an der Gegenwartsgesellschaft suchte Schmidt Zuflucht vor den ungeliebten und ennervierenden Zeitgenossen im intellektuellen Gespräch mit seiner selbsterwählten literarischen Ahnengalerie. Diese Ahnen kamen freilich nicht immer ungeschoren davon: mal waren sie Gegenstand seines Lobes und seiner Verehrung, mal seines Zornes oder Spotts, wie wir gleich auch beim Fall Dante sehen werden.
Aus der Sicht der Literatur, im Rahmen literarischer Schreibweisen, erscheint das Tagebuch als besonders 'unmittelbare' Form. Das kann Verschiedenes bedeuten, etwa, dass es eigentlich gar keine Form ist, dass das Schreiben von Tagebüchern keiner besonderen Vorgabe folgt und dass man auf alle möglichen Weisen Tagebuch schreiben könne. Historisch ist das tatsächlich der Fall, wie die Vielfalt überlieferter Tagebücher zeigt: Sie können umfassend und sehr begrenzt sein, ein Leben oder auch nur eine Woche umfassen, und man kann sie mit fast allen möglichen Schreibmaterialien produzieren. alleine, zu zweit, oder auch als Gruppe. Daher haben Tagebücher für die Literaturwissenschaft lange als formlose Gebrauchstexte außerhalb der 'eigentlichen' Literatur gegolten, die allenfalls als Quelle biographischer oder historischer Informationen interessant sein könnten. Als die Forschung begann, sich mit ihnen zu beschäftigen, geschah das aus diesem biographischen, meist psychologischen Interesse heraus. Dabei wurde die 'Unmittelbarkeit' noch anders verstanden, nämlich dass es sich beim Tagebuch um eine 'authentische' Form handelt, sei es, dass das Berichtete hier direkter als sonst beschrieben wird, sei es, dass der Berichtende hier besonders unverstellt zu Wort kommt. Gerade weil ihm die Vermittlung einer besonderen literarischen Form fehle, komme das Schreibende oder das Geschriebene unmittelbarer als anderswo zum Ausdruck. Dazu gehört auch, dass das Tagebuch eines Autors zum Ort werden kann, wo schreibend über das eigene Schreiben reflektiert wird, wo sich das Schreiben gewissermaßen selbst berührt.
Botho Strauß hat die Frage der Sehnsucht nach Transzendenz von verschiedenen Gesichtspunkten aus immer wieder in seinem Werk behandelt. Da ist zunächst der Punkt, wie Gesellschaftstheorien und Weltbilder, denen er ursprünglich selbst gefolgt ist, diese Sehnsucht in eine falsche Richtung gelenkt und die wirkliche Rolle von Technologie unbehandelt gelassen haben. Strauß' eigene Analyse, die Überlegungen vor allem aus den Naturwissenschaften aufnimmt, vernachlässigt aber die Bedeutung schöpferischer Aktivität. Ein weiterer Gesichtspunkt ergibt sich aus Strauß' Darstellung des unglücklichen Bewusstseins des modernen Individuums und den Versuchen, dieses zu transzendieren. In einem letzten Punkt wird dann Strauß' eigener Versuch erörtert, im Kunstwerk Transzendenz zu schaffen. Der Artikel macht hier erneut auf die unterbelichtete Rolle schöpferischer Aktivität aufmerksam.
Silke vom Berg liefert eine imagologische Studie, in der sie den überwiegend xenophoben Türken-Bildern in lyrischen Texten nachgeht und das nicht nur im Vormärz negative Image dieser Besatzer historisch herleitet. Mit dem 2005 erschienen Corpus "Philhellenische Gedichte des deutschsprachigen Raums", zusammengetragen und herausgegeben von Michael Busse, liegt nun eine rund 670 Gedichte, Balladen und Lieder umfassende Sammlung vor. Die Fülle mag nicht nur angesichts der thematischen Engführung auf das historische Ereignis verwundern, sondern auch hinsichtlich der zeitgenössischen Beliebtheit des künstlerischen Klein-Formats. Der vorliegende Beitrag nähert sich diesen Phänomenen auf den Pfaden philhellenischer Selbst- und Fremdbilder. Letztere figurieren in der Lyrik der Philhellenen vornehmlich als Orientalen und Türken, welche in auffälliger Häufung als Kannibalen, Dämonen und Kindsmörder verunglimpft und entmenschlicht werden. Hingegen hebt sich das zu verteidigende 'Selbst', repräsentiert durch Deutsche, Philhellenen, Hellenen und Neugriechen, als edel, tugendhaft und heldenmütig ab. Der vorliegende Beitrag soll jedoch nicht erneut dazu beitragen, dichotome Freund-Feindbilder figurativ und motivisch zu unterfüttern - das Material böte hierfür schier endlose Möglichkeiten -, sondern er richtet sein Augenmerk auf Knotenpunkte, in denen historische und zeitgenössische Diskurse zusammenlaufen und eine innerdeutsche Gemengelage in Relation zu ethnisch-kulturellen Konzepten tritt.
Um dos capítulos mais importantes da recepção do teatro alemão no Brasil se iniciou em 1958, com a montagem de "A alma boa de Setsuan". A encenação de muitas entre suas obras a partir de então colocou novas questões dramatúrgicas e teóricas num cenário aberto à experimentação estética e marcado pela dialética entre o teatro e o turbulento contexto social brasileiro da época. Grupos como o Arena, o Oficina e o CPC discutiram, atualizaram e articularam a obra de Brecht com suas próprias pesquisas. Como essa recepção, ontem como hoje no Brasil, é feita a partir dos mais diferentes referenciais teóricos e críticos, faz-se necessária a revisitação da crítica esclarecedora de Anatol Rosenfeld sobre Brecht. Profundo conhecedor de estética teatral, da teoria do teatro épico, da obra de Brecht e do teatro brasileiro, Rosenfeld tem papel decisivo em vários debates em torno de sua obra e de sua influência no teatro brasileiro. Nesse artigo, a partir de questões que surgem da recepção contemporânea de Brecht, pretendemos acompanhar algumas etapas desse percurso na obra de Rosenfeld, que é tanto teórico como histórico e crítico e se constitui como um dos mais lúcidos e atuais estudos sobre Brecht e o teatro brasileiro.
Wartburg castle is associated not only with Luther's German translation of the Bible, but also with the legendary singing contest that is said to have taken place there in the early 13th century. Although today it is impossible to tell whether this was a real event or merely a legend, the contest became a popular basis for literary treatments. The "classic" version of the story was presented in the 19th century by Richard Wagner in his opera "Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg", while the most recent version of the story dates from 2012: Robert Löhr's novel "Krieg der Sänger". Because Löhr's version was almost immediately compared with Wagner's, the aim of this study is to analyze the two works and draw conclusions from such a comparison. Which sources did both authors work with, and how? Were they primarily concerned with a historically accurate depiction of events, entertaining the reader or audience, or communicating some deeper thoughts? In what light are the main hero and his competitors presented? What do Wagner and Löhr have in common, and how do they differ?
Wie Projektionen der eigenen politischen Vorstellungen auf literarischem Gebiet funktionieren, wie mittels Auto- und Heteroimages in der Lyrik politisch Stellung bezogen wird, zeigt Heiko Ullrich. Von Bedeutung ist in der Literatur nicht nur der Bezug zum alten Griechenland, sondern auch zum Christentum. Mit Kreuzzug-Motiviken verleihen deutschsprachige Poeten dem griechischen Unabhängigkeitskrieg eine religiöse Motivierung und Rechtfertigung.
Essential for my study is to show the nature and status of gypsy women from Transylvania, which has to be necessarily considered in the context of its own culture. The pictures of these women are mostly shown in the work of Heinrich von Wlislocki, transylvanian gypsy researcher, translator and folklorist of the 19th century. The gypsy women can occupy positions of power, such as an old wise woman,as magic woman, as a mother and as a potential wife. In these cases she is highly valued by the tribe. The above criteria for a gypsy woman to be measured, can be seen only in the context of tribal laws and customs of traditional gypsy groups.
This dissertation examines the portrayal of China in German modernist literature, as well as the adaptation of said literature in post-Mao China. It analyzes how the German texts of the modernist period negotiate cultural and political identity in the age of imperialism and Orientalism, and how their Chinese interpretations approach similar issues of representation and reform in different decades of China after Mao. How do the de-nationalizing elements of the original German-language writings create resonance with the nationalist aspects found in their contemporary Chinese counterparts? Drawing upon specific examples, I situate the German-language sources and their Chinese adaptations within their literary, cultural and historicopolitical contexts, and implement a multidisciplinary approach that combines textual analysis with postcolonial theory and cultural studies on global capitalism. Demonstrating how each work addresses and challenges the dominant discourse of its day, my thesis shows the continued influence of Germany literary modernism upon culture and politics in present day China, and argues in support of the existence of dynamic cultural transference between Germany and China.
German-language works discussed include: Arthur Schnitzler’s fragment “Boxeraufstand” (1926), Bertolt Brecht’s drama Der gute Mensch von Sezuan (1953), Franz Kafka’s short story “Beim Bau der Chinesischen Mauer” (1917), and Stefan Zweig’s novella Brief einer Unbekannten (1922). Chinese works discussed include: the Sichaun opera Sichuan Haoren (1987), Can Xue’s essay “Building in Sections: The Artist’s Way of Life” (1997), and Xu Jinglei’s film Letter From an Unknown Woman (2004).
Übersetzung von Rechtstexten
(2013)
Infolge der Globalisierung in den letzten Jahrzenten kommt es zur Vereinheitlichung einzelner Rechtssysteme. Nach dem Beitritt der Slowakischen Republik zur Europäischen Union wird auf unser Rechtssystem das Europäische Recht angewandt, womit die Notwendigkeit professioneller Übersetzer ständig wächst. Diese werden sehr oft mit neuen Erscheinungen konfrontiert, zu denen es keine adäquaten Ausdrücke gibt und oftmals greifen sie dann zu Internationalismen und Neologismen...
Günümüz Avusturya edebiyatının yaşayan isimlerinden felsefe doktoralı Fr. Ch. Zauner çok yönlü bir yazardır. Yazdığı radyo ve tiyatro oyunları, hikaye ve roman türündeki eserleri Avusturya kültürünün ve coğrafyasının izlerini taşır. Dilimize 1994'te "Ormandaki Yabancıların Sırrı" adıyla çevrilen eser 1981 tarihinde yayınlanmıştır.
Makalede romanın zaman ve mekan yapısı, anlatım konumu, sunum araçları gibi anlatı unsurlarının yanında kedi-fare motifi esas alınarak bir inceleme yapılmıştır. Söz konusu bu kavramlar metne bağlı – içkin – yöntemin araçlarıdır. Yaygın anlamda anlatı unsurları olarak bilinen bu kavramlarla edebiyat araştırmalarının her basamağında karşılaşmak olasıdır.
Çalışma, Zauner'in bu romanı hakkında önceden buna benzer bir yayının olmaması nedeniyle ve didaktik amaçlarla kaleme alınmıştır. İlk eseri olmasına rağmen romanın, yazarın başarısını yansıtan önemli bir eser olduğunu düşünüyoruz.
Vom 4. bis 6. April 2013 fand im Schloss Herrenhausen (Hannover) das Colloquium "Nach der Theorie, jenseits von Bologna, am Ende der Exzellenz? Perspektiven der Germanistik im 21. Jahrhundert" statt. Fünfundfünfzig geladene Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie rund sechzig Gäste diskutierten auf Podiumsdiskussionen und abseits davon streitbar und produktiv über die Entwicklungen und Perspektiven der Germanistik.
"Die Jugend aber ist das Dornröschen, das schläft und den Prinzen nicht ahnt, der naht, es zu befreien." (Walter Benjamin)
Walter Benjamins Jugendschriften stellen eine weitgehend unbekannte Seite seines Schaffens dar. Zumeist wird mit Befremden auf sein enthusiastisches Engagement in der Jugendbewegung vor dem Ersten Weltkrieg reagiert. Benjamins philosophische und literarische Anfänge gilt es jedoch als eigenständige Phase seines Denkens Ernst zu nehmen. Denn Benjamin war nicht nur jung, als er seine frühesten Schriften verfasste, sondern die ambivalente Idee der Jugend diktiert diesem Diskurs auch sein Gesetz. Die vorliegende Studie rekonstruiert die spezifische Konfiguration von Benjamins Jugendphilosophie und wirft ein neues Licht auf spätere Phasen seines Denkens. Damit stellt sie die erste umfassende systematische und historische Auseinandersetzung mit dem jungen Benjamin dar. Durch die konsequente Berücksichtigung des zeitgenössischen Kontexts wird ein wichtiger Beitrag zur kulturgeschichtlichen Aufarbeitung der Jahrhundertwende, einem Stiefkind der Philosophiegeschichte, geleistet.
Für mehrere Generationen von Germanisten ist der Name Zdeněk Masařík ein Begriff. Manche ehren ihn als einen anspruchsvollen, strengen, aber gerechten Lehrer, manche würdigen ihn als einen tüchtigen Wissenschaftler und großen tschechischen Sprachgermanisten und manche schätzen ihn als einen verlässlichen Kollegen, ausgezeichneten Sänger und guten Menschen. Beim zusammentreffen mit diesem energischen Mann will man nicht glauben, dass er in diesem Jahr seinen 85. Geburtstag feierte, denn man hat den Eindruck, seine Seele bleibt immer jung.
Sánta-Jakabházi highlights the interaction between writing strategy, genre selection and censorship, and creates a complete image of the understanding of identity by Franz Hodjak. She presents Hodjak as an author who has a distanced and ironic attitude towards the idea of home, for whom the strange, the new and the detachment of all known represent identity-forming factors and who understands freedom, as the choice not to belong to a certain group.
Dieter Wellershoff ist ein Schriftsteller, der die Ereignishaftigkeit des literarischen Augenblicks häufig in Geschichten der Bewusstwerdung und zugleich der Selbstauflösung übertragen hat. Die illusionäre Allmachtsgeste eines ohnmächtigen Solipsismus, der die Gesetze seiner Welt festlegen will und dabei sein entfremdetes Dasein und die Herausforderungen der Alltagsrealität falsch einschätzt, ist eines der Hauptthemen der Romane und Erzählungen dieses Schriftstellers. Darin zeigt sich eine solide Kontinuitätslinie in seinem literarischen Schaffen, das schon immer bestrebt war, Phänomene des existentiellen Versagens analytisch zu beschreiben, die von stereotypen Lebensentwertungsstrategien, Selbstbeherrschung erfordernden Normalitätszwängen oder standardisierten Glückserwartungen ausgelöst werden. Dieses literarische Programm wird im Folgenden anhand von 'Die Schönheit des Schimpansen' (1977), 'Die Sirene' (1980), 'Der Sieger nimmt alles' (1983) und der jüngeren Romane ausschnitthaft und am Leitfaden einzelner Erzählelemente illustriert. In Wellershoffs letzten Werken und besonders in der Erzählung 'Das normale Leben' (2004) lässt sich jedoch eine Akzentverschiebung bemerken, die in den Zerreißproben der Kontingenz zumindest teilweise die Möglichkeit einer nüchternen Rückeroberung der psychischen Integrität sichtbar macht. "Die Hölle, das sind wir selbst", resümierte einmal Adorno. Und doch ist uns grundsätzlich die Möglichkeit gegeben, wieder von vorne und stets neu anzufangen - diese Elementarweisheit, sei sie auch prekär und scheinbar banal, legt uns Wellershoffs letzte Einsicht in die Realität der Alltagswelt nahe.
Die Perspektive für die Zukunft zeigt, dass in Europa die Anforderungen an die Dolmetscher ständig steigen und dass es wichtig ist, ständig neue Informationen aufzunehmen um somit mit dem Trend Schritt zu halten. Gegenstand unserer Forschung ist auch aus diesem Grunde eine Betrachtung jener Eigenschaften und Voraussetzungen, die einen „richtigen“ Dolmetscher ausmachen. Im Blickpunkt unseres Interesses liegen sowohl die Vorbereitung und die Persönlichkeitsmerkmale eines Dolmetschers als auch die psychologischen, psycholinguistischen und marktbezogenen Ansichten von Studenten des 10. Semesters des Fachs Übersetzen und Dolmetschen und ihr Vergleich mit den Ansichten der Berufsdolmetscher. Bei unserer praktischen Fallstudie haben wir zwei Gruppen von Probanden befragt. Eine Gruppe bildeten 11 Studenten des 10. Semesters des Fachs Übersetzen und Dolmetschen. Die zweite Gruppe bildeten 23 Berufsdolmetscher, die ihre Arbeit freiberuflich auf dem Markt in der Slowakei und bei den Institutionen der EU ausüben, durchgeführt. Die Umfrage verlief anonym, um eine möglichst objektive Ansicht seitens der Kollegen zu gewinnen. Der Fragebogen war in drei Teile gegliedert...
Bu yazıda Alman edebiyat tarihinde çok önemli bir isim olan Heinrich von Kleist'ın Alman birliği konusundaki çabalarını ele aldık. Kleist, Alman yazarlar arasında en fazla Prusyalı olan, Prusyalılar arasında da en fazla Alman olan kişidir. Bu yazar şimdiye kadar Alman Filolojilerinde bu yönüyle fazla tanıtılmamıştır. Oysa Kleist büyük bir Alman milliyetçisidir. O birçok başka büyük şairden farklı olarak Almanlığa sahip çıkmış ve Alman milletinin birliği için mücadele etmiştir.
Yaşadığı dönemde Alman Ordusu Fransızlar karşısında korkunç bir hezimete uğramış, bir devlet çökmüştü. Başkent işgal edilmişti. Bu durum milliyetçiler açısından kabul edilemezdi. Bu yıllar Kleist'ın doğrudan ya da dolaylı yoldan siyasete karışmaya başladığı yıllardı.
O sıralar milliyetçiler gizli örgütlerde biraraya geliyorlardı. Bazı vatansever dernekler ciddî planlar üzerinde çalışıyordu. Bu grupların bir üyesi de Kleist'dı. Avusturya'yla Prusya arasındaki çekişmeyi tasvip etmiyordu. Onun için bu iki Alman devletinin düşmana karşı birlikte hareket etmesinden daha doğal bir şey olamazdı. Artık Kleist'ın edebî eserlerinde geleceğin milliyetçiliğinin unsurları görülüyordu. Prusyalı milliyetçiler arasında radikal kesimdendi. O zaman savunduğu fikirler "Herrmannsschlacht" ve "Prinz von Homburg" adlı piyeslerinde, kendini gösterecektir.
Der folgende Beitrag präsentiert die Problematik der Eponyme in der Fachsprache und beschäftigt sich mit deren Vorkommen in ausgewählten naturwissenschaftlichen Bereichen. Naturwissenschaften stellen eine reiche Quelle eponymischer Bezeichnungen dar. Für die Analyse wurden drei Disziplinen ausgewählt: Medizin, Chemie und Physik. Alle drei naturwissenschaftlichen Disziplinen wurden in deutscher Sprache analysiert und konfrontiert. Die Analyse konzentriert sich auf die Besonderheiten der Eponyme, d.h. Struktur, Gebrauch, Vorkommen, Kategorisierung und Evaluierung im Rahmen der ausgewählten Disziplinen. Mit der Problematik der Eponyme haben sich mehrere Autoren beschäftigt, z.B. Morton S. Freeman und Dorothy Auchter. In der Slowakei haben sich den Eponymen Mária Bujalková, Božena Džuganová, Gabriela Poláčková und Ivan Masár gewidmet. I. Masár benutzt den Terminus dedikačné termíny (Dedikationstermini, aus dem Griechischen dedicare = widmen). In der deutschen Sprachforschung sind Hans-R. Fluck und Ingrid Wiese zu nennen...
Als die Festwochen der Stadt Berlin im September 1953 zu Ende gehen, spricht Rudolf Alexander Schröder in der Eichengalerie des Charlottenburger Schlosses über sein Berlin – die Stadt, die "mir am nächsten ans Herz gewachsen ist". Schröder hält sich um 1900 regelmäßig dort auf, wohnt zwischen 1905 und 1908 beim Ehepaar Meier-Graefe in der Genthiner Straße und erweist in seiner Rede einer langen Reihe von Freunden und Weggefährten seine Referenz, von Detlev von Liliencron und Paul Scheerbart über Johannes Schlaf, Richard und Ida Dehmel und Stanislaw Przybyszewski bis hin zu Harry Graf Kessler. Schließlich kommt er auf "eine der denkwürdigsten Gestalten meines engeren Freundeskreises" zu sprechen: Eberhard von Bodenhausen. In schneller Folge lässt Schröder dessen berufliche Laufbahn Revue passieren. Dem gelernten Juristen, der "zu den tätigsten Mitbegründern und Mitarbeitern des Pan" zählt und der - nach dem Studium der Kunstgeschichte - "die heute noch führende Arbeit über Gerard David" schreibt, gelingt der Eintritt in das Kruppsche Direktorium. Als 1914 der Krieg ausbrach, war Bodenhausen - äußerlich ein Hüne - schon ein müder Mann; gegen Kriegsende war er aus dem Amt geschieden, hatte das Angebot der Nachfolge Wilhelm von Bodes und sogar den Reichskanzlerposten ablehnen müssen.
Schließlich äußert der Redner den Wunsch, man möchte sich in Berlin einen der würdigsten Vertreter deutscher Geistigkeit um die Jahrhundertwende ins Gedächtnis zurückrufen.
Im Kongress 'Das Freie Wort' traten Intellektuelle, Künstler und Repräsentanten zahlreicher Vereinigungen gemeinsam mit Männern und Frauen aus verschiedenen Parteien – von der demokratischen Mitte über die SPD bis zur KPD - öffentlich für die Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Lehr- und Redefreiheit und die Freiheit der Kunst ein. Am Tagungsort, dem großen Festsaal der ehemaligen Krolloper im Zentrum von Berlin, fanden sich am Sonntag-Vormittag des 19. Februar 1933 ab zehn Uhr an die 1000 Menschen ein, davon mindestens 100 Journalisten aus dem In- und Ausland. Eingeladen hatte "Das Initiativkomitee 'Das Freie Wort'". Gegen halb zwei Uhr wurde der Kongress von der Polizei aufgelöst.
Nur neun Tage später diente der Reichstagbrand der Regierung als Vorwand, mit der Notverordnung vom 28. Februar 1933 "bis auf weiteres", also unbefristet, die Bürgerrechte der Weimarer Verfassung "zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte" außer Kraft zu setzen. Unmittelbar danach begannen die Verhaftungen von Kommunisten, Sozialisten und anderen Oppositionellen. Rückblickend besteht kein Zweifel: Der Kongress 'Das Freie Wort' kam viel zu spät und blieb politisch völlig wirkungslos. Aber allein die Tatsache, dass er angesichts von Terror und Einschüchterung im Vorfeld der Reichstagwahl am 5. März 1933 überhaupt stattfand, rechtfertigt seine Würdigung.
Seit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 war der staatlich geduldete wilde Terror und der staatlich legalisierte Terror gegen die politischen Gegner ständig angewachsen. Gleich am 4. Februar 1933 hatte eine Notverordnung die Versammlungs- und Pressefreiheit über die bereits bestehenden Einschränkungen hinaus beschnitten. Am 17. Februar hatte Göring mit seinem berüchtigten Schießerlass der Polizei Straffreiheit bei Schusswaffengebrauch gegen alle "staatsfeindlichen Kräfte" zugesichert. Am 22. Februar waren die bewaffneten SS und SA Einheiten (ca. 50.000 Mitglieder) offiziell zu Hilfspolizisten ernannt worden.
Arthur Schnitzlers "Medardus Affairen" : Teil II: Materialien / mitgeteilt von Hans Peter Buohler
(2013)
Der umfänglichen "dramatischen Historie" "Der junge Medardus" kommt innerhalb des OEuvres Arthur Schnitzlers ein Sonderstatus zu. Dieser gründet zum einen in der schieren Fülle des nachgelassenen Materials, das mit ungefähr 1.700 Blatt quantitativ bei weitem die Entwurffassungen und Skizzen der übrigen Dramen übertrifft. Zum anderen bietet das seinerzeit außerordentlich erfolgreiche Werk die seltene Gelegenheit, eine plurimediale "Mehrfachverwertung" par excellence beobachten zu können, da sich neben dem Lesedrama auch die Strichfassung der Uraufführung, ein Drehbuchentwurf Schnitzlers und eine unter der Regie von Mihály Kertész/Michael Curtiz (1888-1962) ausgeführte Verfilmung vollständig erhalten haben. Lediglich eine 1931 - ohne Schnitzlers Wissen erstellte - Rundfunkbearbeitung muss als verloren gelten. Mit Hilfe des Tagebuchs von Arthur Schnitzler lässt sich überdies die Entstehungsgeschichte beinahe lückenlos rekonstruktieren.
Während der erste Teil der "Medardus Affairen" die zu großen Teilen unbekannte Korrespondenz Schnitzlers mit dem Wiener Burgtheater, den Schauspielern, seinem Verleger Samuel Fischer sowie der Sascha-Filmgesellschaft präsentiert hat, dokumentiert der zweite Teil exemplarisch Entstehung und Wirkung des Dramas
1857 veröffentlicht Adalbert Stifter im Verlag von Gustav Heckenast eine umfangreiche literarische "Erzählung" in drei Bänden: "Der Nachsommer. Eine Erzählung". Bemerkenswert an dem Text ist der nahezu ausschließliche Verzicht auf psychologische Erzählweisen bei einer recht spärlichen Handlung. Obschon der Ich-Erzähler den eigenen Bildungsweg schildert, übt er sich in Verschwiegenheit, was sein 'Inneres' betrifft: Individuelle Gefühle und Gedanken gibt er kaum preis - weder innerhalb der erzählten Welt noch als Erzähler. Plausibel sind seine Maßnahmen zur Selbstzensur insofern, als er rückblickend erzählt; "[s]eine Geschichte ist ihm selbst bereits Geschichte."
Das Internationale Colloquium "Perspektiven der Germanistik im 21. Jahrhundert" fand vom 4. bis 6. April 2013 im SchlossHerrenhausen in Hannover statt.
Der Autor hat den Herausgebern den vorliegenden Text nach der Konferenz zur Verfügung gestellt. Er antwortet auf die Ausgangsfragen zum Diskussionsforum B.2 "Germanistik studieren – Perspektiven in Ausbildung und Beruf", die im Programm zur Veranstaltung formuliert worden waren.
Dieser Text wurde verlesen als Statement auf dem Internationalen Colloquium "Perspektiven der Germanistik im 21. Jahrhundert", das vom 4. bis 6. April 2013 im Schloss Herrenhausen in Hannover stattfand. Er bildete die Grundlage für eine Podiumsdiskussion zum Thema "Germanistik studieren – Perspektiven in Ausbildung und Beruf" in der Sektion "Jenseits von Bologna – Studium und Beruf".
Aktuelle Berichte
(2013)
Künftige Standards wissenschaftlicher Lexikographie. Europäischer Workshop an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin, 25.–27. März 2012 (Marco Scheider, Christiane Unger)
"Bild ist Text ist Bild. Narration und Ästhetik in der Graphic Novel". Konferenz an der Universität Wien, 03.–04. Dezember 2012 (Susanne Hochreiter, Ursula Klingenböck)
Emotionalität im Text. Konferenz an der Universität Ostrava, 20.–23. Februar 2013 (Ágnes Veszelszki)
"Stiftungslehrstühle des BKM in Ost- und Mitteleuropa". Wissenschaftliche Tagung in Olomouc, 11. April 2013 (Veronika Opletalová)
21. Franz Werfel-Tagung "Reise und Raum. Ortsbestimmungen der österreichischen Literatur" in Wien, 26.–27. April 2013 (Zdeněk Pecka)
The present text introduces the anthological volume of Queen-poetess Carmen Sylva Poveştile unei regine [The Stories of a Queen] and highlights the fact that both her prose – tales and stories – and her poems are representative not only of her favorite themes and motifs, but also of the specific stylistic features of the author.
The present article focuses on the organization of the “Transylvania” Summer Academy in Sibiu, which aims to stimulate, on the one hand, the promotion of German culture from Romania and Southeastern Europe, one the other hand, keeping the cultural exchanges alive. Apart from presenting a synopsis of German literature in Romania, from its origins up to the present, the article also highlights the perspectives of promoting German culture from Romania through national institutions or institutions in Germany.
Erinnerungsdiskurs und Identitätskonstruktion in Carmen Elisabeth Puchianus Roman "Patula lacht"
(2013)
The novel of Romanian-born German author Carmen Elizabeth Puchianu Patula lacht, was published in 2012 by the Karl Stutz Passau publishing house in Germany. The novel is hybrid in nature, with discourse oscillating constantly between the factual and the fictional, many of the events being autobiographical and rendered in the form of recollections. The present article sets out to analyse Carmen Elizabeth Puchianu’s above-mentioned novel in terms of the recollection techniques used. This study is based on research in literary and cultural theory issued over the past several years. The interference between recollection and identity – which is not regarded as an entity proper but rather as one that is built and enriched with multiple facets throughout the narrative – is also investigated.
Prof. Dr. Kasım Eğit hat 1970 die Abteilung für deutsche Sprache und Literatur an der Atatürk Universität in Erzurum absolviert und hat 1978 den Doktortitel an der Ruhr Universität-Bochum erhalten. Er ist gegenwärtig als Abteilungsleiter für deutsche Sprache und Literatur an der Ege Universität tätig und hat in den Jahren 2003-2009 das Dekanat der philosophischen Fakultät der Ege Universität geleitet. Zwischen den Jahren 1993-2009 war er Abteilungsleiter in der Hochschule für Fremdsprachen. Neben diesen diversen Diensten hat Herr Eğit als Literaturwissenschaftler und auch als Übersetzer viele gewinnbringende Werke für die deutsche und türkische Sprache und Literatur veröffentlicht.
Während seiner Zeit als Kapellmeister am Kasseler Hoftheater (1883-1885) war Gustav Mahler (1860-1911) unglücklich in die junge Sopranistin Johanna Richter verliebt. Als Wurzeln des mahlerschen Kunstschaffens lassen sich fast immer auch biografische Erlebnisse nachweisen. So ist die früheste seiner erhaltenen Kompositionen - "Das Klagende Lied" nach einem Text aus Ludwig Bechsteins seinerzeit überaus populärer Märchensammlung von 1856 - wohl durch den Abschied von seiner Geliebten Josephine Poisl angeregt.
Mahlers Liebe zu Johanna Richter blieb offenbar einseitig, und er verarbeitete seine Bitternis nach der Trennung von seiner Geliebten (Jahresende 1884) in sechs Gedichten, von deren Vertonungen allerdings nur vier erhalten sind - zunächst für Gesang mit Klavier-, später mit Orchesterbegleitung:
Wenn mein Schatz Hochzeit macht
Ging heut' morgen über's Feld
Ich hab' ein glühend Messer
Die zwei blauen Augen
Wie für sein Chorwerk "Das Klagende Lied" hat Mahler für diese Vertonungen die Texte selbst verfasst, und wie er für sein "Märchenspiel" auf einen volksliterarischen Text von Ludwig Bechstein zurückgriff, so sind auch seine "Lieder eines fahrenden Gesellen" durch ähnliche Quellen angeregt und geprägt.
The main theme “Identity and Alterity” requires a comprehensive view over the literary personages who are characterized by their backgrounds, their language and their food culture as well. Therefore, an interdisciplinary extending of perspectives should enhance the mere literary analysis. For this purpose the fields of study Sociolinguistics and Gastrosophy (a still insufficiently acknowledged humane discipline) are advisable. The sociolinguistic perspective illustrates the acquired or renegotiated spiritual home and identity of the personages within their language, whereas the gastrosophic perspective investigates their identity considering specific eating habits. The migration background of the reviewed author functions as a mirror which reflects and conveys these aspects in an inventive way. The paper intends to demonstrate to what extend the suggested approaches are suitable for analyzing a transcultural text.
Zürich, 22. März 1937 - im ersten Stock des renommierten Herrenausstatters "London House" probiert Thomas Mann gerade einen neuen Anzug an, als ihn ein Verkäufer informiert, dass im Erdgeschoss Gerhart Hauptmann eingetroffen sei. "Möchten Sie ihn sehen?" Nach kurzem Zögern lehnt Thomas Mann ab - mit den Worten: "Ach, da wollen wir vielleicht doch andere Zeiten abwarten." Replik des Verkäufers: "Genau das hat Herr Hauptmann auch gesagt." Die Zürcher Nicht-Begegnung der beiden Nobelpreisträger ist in verschiedener Hinsicht bemerkenswert. Schließlich handelte es sich nicht nur um die international bekanntesten deutschen Schriftsteller, sondern auch um alte Bekannte. Und jeder von beiden hatte dem anderen manches zu verdanken. Warum also wollten die beiden einander nicht begegnen?
Um die literaturgeschichtliche Bedeutung der Situation im Zürcher Herrengeschäft einschätzen zu können, muss man die gesamte Beziehung zwischen beiden in den Blick fassen. Sie könnte wechselvoller kaum sein. Nach dreißig Jahren kollegialer, phasenweise nahezu freundschaftlicher Verbundenheit brach der Kontakt abrupt ab und wurde bis zu Hauptmanns Tod 1946 nicht mehr aufgenommen. Nach dem Ableben des älteren Kollegen ändert sich Thomas Manns Sicht auf Gerhart Hauptmann jedoch wieder. Und – soviel vorweg – dabei spielten Jubiläumsgeburtstage stets eine wichtige Rolle. Ich gehe zunächst auf die Phase der engen Bekanntschaft ein; im zweiten Teil dann auf die Umstände des Abbruchs der Beziehungen. Dabei soll vor allem der letzte Kontaktversuch genauer analysiert werden. Ein resümierender Blick auf die dritte Phase steht am Ende dieser Überlegungen. ...
Dieser Text wurde verlesen als Statement auf dem Internationalen Colloquium "Perspektiven der Germanistik im 21. Jahrhundert", das vom 4. bis 6. April 2013 im Schloss Herrenhausen in Hannover stattfand. Er bildete die Grundlage für eine Podiumsdiskussion zum Thema "Wissenschaft und Forschung" in der Sektion "Am Ende der Exzellenz – Wissenschaftsbetrieb".
Seit seinem Erscheinen im Jahr 1919 stand das 'Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens' im Zentrum des öffentlichen Interesses. Die Aufzeichnungen, die von der zunächst anonym bleibenden Herausgeberin, der Wiener Kinder-Analytikerin Hermine Hug-Hellmuth, als "Kulturdenkmal unserer Zeit" präsentiert und von Sigmund Freud als kulturhistorisches Dokument ersten Ranges gewürdigt wurden, erwiesen sich nur wenige Jahre nach ihrer Publikation als Werk der Analytikerin selbst. Dass das Tagebuch als 'authentisches' Zeugnis so erfolgreich war - bereits in den ersten Jahren wurden 10.000 Exemplare verkauft - und sich als Fälschung so wirksam entfalten konnte, hatte mit seinem spezifischen kulturellen und wissenschaftlichen Umfeld zu tun. Denn Hug-Hellmuth war nicht nur fest in die psychoanalytische Bewegung eingebunden, auch hatte sie sich in dem im Entstehen begriffenen kinderpsychoanalytischen Diskurs der 1910er Jahre bereits einen Namen gemacht - und so die für eine Fälschung unabdingbaren Qualifikationen erworben. Vor allem aber lag die Durchschlagskraft des Tagebuchs in seiner wissenschaftsinternen Bedeutung: Versprach es doch, als gleichsam verschriftlichter 'Originalton', Freuds Theorie von der kindlichen und adoleszenten Sexualität sowie deren Bedeutung für die Ätiologie der Neurosen zu belegen und somit eine der wichtigsten Hypothesen der Psychoanalyse auf empirische Grundlagen zu stellen. So sollte das intime Jugendtagebuch, das sich schon qua Genre als 'unverfälschte' und unverstellte Selbstaussage präsentierte, den lang ersehnten Einblick in die Blackbox der adoleszenten Seele ermöglichen, jenen psychischen Raum also, der sich der pädagogischen Kontrolle ebenso wie der auf Erwachsene eingestellten Psychoanalyse entzog.
'Generationenromane' versus 'Väterbücher'. - Stephan Wackwitz' Roman 'Ein unsichtbares Land' (2003) hat eine gleichsam panoramische Struktur: Der Text bietet die wohl eingehendste und materialreichste "Auseinandersetzung mit familiären und kulturellen Archiven" aller jüngeren 'Generationenromane' und rekonstruiert, ausgehend von den schriftlichen Erinnerungen Andreas Wackwitz', des Großvaters des Erzählers, die Geschichte des 20. Jahrhunderts als Familiengeschichte - von der 'Urkatastrophe' des ersten Weltkriegs bis in die Gegenwart. Dabei entspricht 'Ein unsichtbares Land' in scheinbar idealtypischer Weise den literaturwissenschaftlichen Postulaten über die aktuellen 'Generationenromane'.
Der Text beruht tatsächlich auf der "nachträglichen Rekonstruktion einer Familiengeschichte", wobei diese "rekonstruierte Vergangenheit [...] weit hinter die Geburt der Erzählfiguren" zurückreicht und "daher nur schwer vereinbar mit einem kontinuierlichen Erzählen" ist; in ihm wird "Geschichte neu besichtigt und rekonstruiert", und zwar "mit dem Anspruch, unbekannte Aspekte der historischen Wahrheit freizulegen" - er ist, kurzum, ein Zeugnis hingebungsvoller "Arbeit am kulturellen Gedächtnis als Konstruktionsarbeit" und somit kohärent mit der gängigen Deutung des 'Generationenromans' der Gegenwartsliteratur als metahistorisches, selbstreflexives und eben gleichsam 'rekonstruktives' literarisches Verfahren, das gedächtnistheoretisch grundierte Interpretationsansätze erfordert. Als scheinbar prototypischer 'Generationenroman' ist nun 'Ein unsichtbares Land' in zweifacher Hinsicht von besonderem Interesse. Zum einen reflektiert Wackwitz als "Repräsentant der 68er-Generation" genau die intergenerationellen Verwerfungen, die auch in der sogenannten 'Väterliteratur' der Siebziger- und Achtzigerjahre prominent figurieren. Mithin lässt sich an diesem im Paratext als 'Familienroman' bezeichneten Werk besonders deutlich und prägnant zeigen, wie mangelhaft und revisionsbedürftig auch die jüngeren literaturwissenschaftlichen Differenzierungsversuche zwischen der 'Väterliteratur' und den aktuellen 'Generationenromanen' zuweilen sind.
Die Verbreitung von Auto- und Heteroimages, deren Formen und Funktionen thematisiert Regine Quack-Manoussakis am Beispiel deutschsprachiger Tagespresse - des "Oesterreichischen Beobachters" und der Augsburger "Allgemeinen Zeitung". Anhand der Schlacht von Tripolitsa werden die politischen Implikationen und Interessen der Berichterstattung untersucht.
Je geringer, umso besser – gemeint ist die Entfernung zum Handlungsort eines Werkes, falls der Schriftsteller ihn nicht in seiner Heimat platziert. Für einen Dichter deutscher Zunge bestand kaum ein Grund, der Slowakei Aufmerksamkeit zu schenken. Zu einer intensiveren, für beide Seiten unheilvollen Berührung beider Länder kam es erst im Herbst 1944, als die deutsche Wehrmacht sich daran machte, die Slowakei zu besetzen und den Aufstand, der Ende August ausbrach, niederzuschlagen...
Es ist nicht üblich, Brecht und Celan in einem Atemzug zu nennen. Zu sehr dominiert die Vorstellung von dem hermetischen Lyriker hier, der eher mit Hölderlin, Mallarmé und Rilke in Zusammenhang gebracht wird und sich in der raffinierten und weltabgewandten Verschlüsselung ausgedrückt haben soll, und dem operativen Dichter dort, der, um in das politische Handgemenge unmittelbar eingreifen zu können und dort seine Wirkungen zu erzielen, sich einer möglichst kommunikativen und transparenten Sprache verschrieb. Woher sollten sich dann ihre Sphären je berühren? Indes, sie berühren sich, und nicht zuletzt dadurch, dass Celan selber noch in seiner letzten und zunehmend umdüsterten Lebensphase sich wiederholt und ausdrücklich auf Brecht bezogen hat.
In den Jahren von 1993 bis 2004 veröffentlichte Walter Kempowski den Zyklus 'Das Echolot. Ein Kollektives Tagebuch'. In zehn Bänden wurden mit Hilfe von Zitaten aus Dokumenten von Zeitzeugen entscheidende Phasen des Zweiten Weltkriegs wie die Invasion der UdSSR und die Schlacht um Stalingrad dargestellt. Abschnitte aus Tagebüchern, Briefen, Erinnerungen, Reden, Militärberichten und Radiosendungen wurden nach den Tagen angeordnet, an denen sie entstanden waren oder auf die sie sich bezogen (im Fall der Erinnerungen); sie bildeten so eine kollektive Darstellung des Krieges, die sich aus den Perspektiven von Personen verschiedener Gesellschaftsschichten zusammensetzt: Politiker, Militärs, Intellektuelle, deutsche Zivilisten, Juden und andere Opfer. Obwohl eine beträchtliche Anzahl von Texten aus bereits publizierten Büchern verwendet wurde, ohne die es kaum möglich gewesen wäre, ein vollständiges Bild des Zweiten Weltkrieges zu zeichnen, stammt annähernd die Hälfte der Zitate aus dem Archiv für unveröffentlichte Biographien, dessen Bestände der Autor im Laufe von mehr als zwei Jahrzehnten zusammengestellt hatte, indem er auf Flohmärkten und in Antiquariaten sowie durch Anzeigen nach Tagebüchern und Briefen aus der Zeit von 1900 bis 1950 suchte.
Die zehn Bände, die das kollektive Tagebuch 'Das Echolot' ausmachen, bilden vom ästhetischen Gesichtspunkt gesehen eine gigantische Montage von Zitaten ohne inhaltliche Texte des "Autors" in Form von Kommentaren oder verbindenden Erzählungen. Diese formalen Eigenschaften wurden sowohl von Carla Damiano in ihrer Dissertation Walter Kempowski's "Das Echolot" als auch von Kai Sina in Sühnewerk und Opferleben untersucht, aber beide beziehen sich vor allem auf die vier ersten Bände, Das Echolot '43. Die Form der Montage von Fremdtexten mit ihren Verfasserangaben erweckt beim Leser den Eindruck, dass Kempowskis Rolle sich auf die des Herausgebers oder "Kompilators" beschränkt, was z.B. von Holger Helbig vertreten wird. Mit Ausnahme der Vorworte ist in dem gesamten Zyklus die Stimme Kempowskis abwesend. Dieser Eindruck soll im vorliegenden Artikel korrigiert werden, indem die Tätigkeit des Autors bei der Auswahl und Kürzung seines Materials sichtbar gemacht wird.
Die Parallelkorpora sind in den letzten Jahren offensichtlich nicht nur beim Sprachenvergleich, sondern auch beim Fremdsprachenlernen und in der Lexikographie zu einer unentbehrlichen Quelle von authentischen Daten geworden.
Das erste funktionsfähige tschechisch-deutsche Parallelkorpus (ČNPK) wurde 2000 - 2005 am Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur der Pädagogischen Fakultät der MasarykUniversität in Brno erstellt und ist nach manchen Kriterien bis jetzt noch nicht überholt (konsequente Zweisprachigkeit, Proportionen, manche Funktionen).
Aber seit 2005 läuft ein Projekt, das uns ein einzigartiges Instrument zur Verfügung stellt. Es handelt sich um das Projekt InterCorp, in dessen Rahmen das weltweit größte multilinguale Parallelkorpus entsteht...
"Es ist einfach zu aktuell." - "Die Kostüme find ich fabelhaft", sagt eines der Kommissionsmitglieder zu dem im Hinausgehen begriffenen Regisseur, der im Jahr 1977 das sophokleische Drama um Antigone für das Fernsehen neu inszeniert hat. Gezeigt werden Teile der Antigone-Inszenierung und das Treffen einer Kommission, die entscheiden soll, ob die Inszenierung ins laufende Programm übernommen werden soll. Zu der Kommission gehören - neben Mitgliedern der Fernsehanstalt - auch ein Pfarrer und ein Politiker, die sich beide besonders engagiert an der Diskussion beteiligen, sowohl an der um die Inszenierung selbst als aber auch an der um die drei Versionen eines 'Distanzierungstextes', die, dem eigentlichen Dramentext vorgeschaltet, gezeigt werden sollen. In diesen drei Distanzierungsversionen wird mehr oder weniger deutlich betont, dass das Vorkommen von Gewalt in klassischen Texten zwar unvermeidlich sei, diejenigen aber, die an der Inszenierung beteiligt seien, sich von jeder Form der Gewalt distanzierten. Die Distanzierungstexte sind Ausdruck der aufgebrachten politischen Stimmung, die die 1970er Jahre, und insbesondere die Zeit um 1977 herum prägen und die einen unbefangenen, unbelasteten Umgang mit einem zweitausend Jahre alten Dramentext unmöglich machen.
Die Inszenierung der Antigone und die Diskussion leiten den letzten Teil des Episodenfilms Deutschland im Herbst aus dem Jahr 1978 ein, der unter diesen angespannten Bedingungen entstanden ist und der zu dokumentieren versucht, wie Filmemacher und Künstler auf eine politische Krisensituation reagieren. Es waren Jahre, in denen die Gewalttaten der Roten-Armee-Fraktion, auch Baader-Meinhof-Gruppe genannt, die politische Atmosphäre in Deutschland prägten.
Die Arabeske ist ein Nachkömmling. Sie ist die jüngere Schwester
der Groteske. Die Gemeinsamkeiten wird man schwer übersehen können. Beide, Groteske und Arabeske, kennen keine strikte Trennung zwischen 'hohen' und 'niederen' Künsten, beide entwickeln sich gleichermaßen in 'klassischen' wie in Print-Medien, beide haben Teil an der Ausbildung der Künstler als Experten in Spezialbereichen. Gemeinsam ist ihnen vor allem, dass ihre Entstehung überschattet ist von Infragestellungen. Die Pointe freilich ist, dass Kritik und Abwehr der Groteske zur Geburt der Arabeske führen. Es liegt also nahe, die Ketten von Polemiken zunächst zu benennen, zumal da die Antworten und Gegenmaßnahmen auf die Kritik die ästhetischen Spielräume der Grotesken und Arabesken erst eigentlich eröffnen.
Wissenspopularisierung
(2013)
Im einleitenden Teil soll an drei markanten Beispielen die kulturpraktische Bedeutung ästhetischer Mystifikation und Verstellung in der Romantik vorgeführt werden. Im zweiten Teil soll ein Problemaufriss gegeben werden, auf welche Weise aus der Kulturpraxis der artistisch eingesetzten Mystifikation Camouflagetechniken entstehen können.
It can hardly be disputed that the theme of popularity is central to the Enlightenment. Popularity is the sociality equivalent to the individual appeal: 'Dare to know.' Parallel to this runs the following imperative: 'Dare to encourage your neighbour and your fellow man and woman to think on their own – even though they do not belong to the erudite elite.' It is also undeniable that Romantic authors and philosophers polemically attempted to tear down the popularity project of the Enlightenment, their main criticism being its tendency towards mediocrity. It is less well known that Romantic authors and philosophers themselves, around the turn of the nineteenth century, made popularity their central concern. To quote Friedrich Schlegel in the journal Athenaeum: 'The time of popularity has come.' This article explores the Romantics' alternative conception of popularity, with especial reference to Johann Gottlieb Fichte and the Grimm Brothers. To this end, it is helpful to reconstruct the background of the Romantic attempt to create an independent concept of popularity: the debate between Immanuel Kant and the German popular philosopher Christian Garve on the necessity, possibilities, and limits of popularity.
Nicht jeder Innenraum ist ein Interieur. Das Interieur ist ein unter spezifischen historischen, gesellschaftlichen und kulturpoetischen Bedingungen entstandenes komplexes Gebilde. Es lässt sich durch die Bündelung von drei Aspekten rekonstruieren: 1. einer Kultur- und Komfortgeschichte de Wohnens; 2. einer Beschreibung des Widerspiels von Draußen und Drinnen und 3. der interieurspezifischen Bestimmung einer Raumästhetik, bestehend aus einer Poetik der Atmosphäre und der Dinge und konstituiert aus Erwartung, Erinnerung und Koketterie.
Die Etablierung Goethes als "Klassiker" im 19. Jahrhundert ist Teil einer komplexen Wirkungsgeschichte, in der die Deutung des Werks mit dem Interesse an der Person aufs engste verknüpft ist. Noch im Untertitel einer jüngst erschienenen Goethe-Biografie wird ein zentrales Denkmuster der Rezeption aufgegriffen, dass das "Leben" des Dichters sein eigentliches "Kunstwerk" gewesen sei. Goethe wird zur Projektionsfigur eines scheinbar autonom gestaltbaren Lebens in einer immer komplexer werdenden modernen Gesellschaft, zum Lehrmeister einer humanen Bildung des Individuums, das vor allem nach 1945 noch als Rettung angesichts einer beschädigten Identität noch einmal beschworen wurde.
Der Aufsatz skizziert diskurs- und mentalitätsgeschichtlich Stationen eines Rezeptionsprozesses von der frühromantischen Inthronisation Goethes als "Statthalter des poetischen Geistes auf Erden" (Novalis) bis zur Bedeutung der "Goethe-Philologie" für die Institutionalisierung einer Wissenschaft von der deutschen Sprache und Literatur in der Bismarckzeit und im Wilhelminismus. Untersucht werden dabei die zentralen Wahrnehmungs- und Deutungsmuster in der Rezeption von Werk und Leben eines Dichters, in denen sich auch politisch-gesellschaftliche Entwicklungen des 19. Jahrhunderts spiegeln, die in der Kritik der Jungdeutschen am "Fürstenknecht" Goethe ebenso deutlich werden wie in der Instrumentalisierung Goethes für die Aufwertung des nationalen Selbstwertgefühls.
Armut erscheint – zumindest seit der Spät-Moderne, die dem 'armen Poeten' der Romantik einen ausdifferenzierten Literatur- und Kulturbetrieb entgegengesetzt hat – in ihrer medialen Repräsentation oftmals als ein defizitärer Zustand: Im Sinne einer quantifizierbaren kapitalistischen Logik wird der Mangel an ökonomischen Kapital als ein generelles Lebensdefizit verbucht, aus dem eine affektive Reaktion des Rezipienten, die von Mitleid bis Abscheu reichen kann, generiert werden kann. Die Konzentration auf das ökonomische Kapital – im Sinne Bourdieus – scheint aber zu kurz gegriffen, da durch die Abblendung des kulturellen und symbolischen Kapitals zwei für die Identitätsbildung eben so bedeutsame Kapitalarten nicht berücksichtigt werden und Lebensentwürfe, die nicht auf eine Konzentration des ökonomischen Kapitals ausgelegt sind und ihren Fokus auf die Generierung des kulturellen oder symbolischen Kapitals setzen, im Sinne der ökonomischen Logik fälschlicherweise als defizitär verbucht werden müssen.
Im Folgenden soll anhand der Texte von Clemens Meyer gezeigt werden, dass Armut nicht nur als ökonomischer Mangel definiert werden kann, der die Lebensentwürfe der Protagonisten bestimmt, sondern auch als Ausweis einer authentischen, avantgardistischen und antibürgerlichen Gegenströmung umcodiert werden kann. Nach einem kontrastierenden Einstieg, der die Erzählung der Armut bzw. des Reichtums in der Literatur ab 1968 und in der Pop-Literatur skizziert, soll ausgehend von der spezifischen 'Ästhetik der Straße' eine Poetologie der Armut und eine Poetologie des Wartens entwickelt werden; Clemens Meyers Erzählung "Warten auf Südamerika" wird hier den Schwerpunkt der Überlegungen darstellen.
Kafka war in der DDR kein Gegenstand der Poesie und Literaturwissenschaften allein. Spätestens seit der berühmten Kafka-Konferenz im tschechischen Liblice, im Mai 1963, war sein Werk ein Politikum, das kurioser Weise zeitweise sogar das Verhältnis zwischen den 'sozialistischen Bruderparteien' entzweite. In theoretischer Hinsicht war insbesondere der Versuch einiger tschechischer und westlicher Teilnehmer brisant, die Marx'sche Entfremdungsproblematik unter Inanspruchnahme des Prager Dichters auf den Sozialismus selbst zu beziehen. Insofern war es schon erstaunlich, dass Wolfgang Heise nur zwei Jahre später seinen, den Entfremdungsbegriff auf die DDR beziehenden Aufsatz 'Über die Entfremdung und ihre Überwindung' sogar in der 'Höhle des Löwen', nämlich in der Deutschen Zeitschrift für Philosophie veröffentlichen konnte. Rückblickend gesehen stehen verschiedene Themen und Thesen Heises ganz im Einklang mit den in Liblice diskutierten: etwa dem von Ernst Fischer modifizierten Begriff des Realismus und der Hervorhebung "des Künftigen, des Möglichen, des wie ein Schimmer oder Schatten in die Gegenwart Fallenden, [einer] mitunter tiefere[n] Wirklichkeit als die mit Händen zu greifenden sogenannten Tatsachen". Folgt man Camilla Warnke, so hat es in der DDR keinen anderen Theoretiker gegeben, "der so eindringlich und so konsequent wie Heise seine Kritik am realen Sozialismus im Rückgriff auf das Marxsche Entfremdungskonzept formuliert hat und seinen Implikationen unter den neuen, nicht mehr privateigentümlichen Verhältnissen nachgegangen ist." Auf Kafka hatte Heise in seinem Aufsatz nur kurz, aber an signifikanter Stelle verwiesen: "Kafka hat an den Gittern der Ohnmacht gerüttelt".
Textgemeinschaften : der "Gregorius" Hartmanns von Aue in mittelalterlichen Sammelhandschriften
(2013)
In der Handschriftenkultur des Mittelalters werden Texte in aller Regel in Sammelhandschriften tradiert und nicht – wie dies heutige Editionen meist suggerieren – separat. Die materiellen und medialen Qualitäten der allgegenwärtigen Sammelhandschriften können sich, so die grundlegende These der Dissertation, auf die Form und den Inhalt der jeweils niedergeschriebenen Texte auswirken. Aus diesem Grund können je spezifische Sammlungskontexte nicht nur das Bedeutungsspektrum einzelner Texte beeinflussen; auch Varianzen im Wortlaut eines Textes lassen sich mitunter durch die Interaktion mit mitüberlieferten Texten erklären.
Anhand der mittelalterlichen Bücher, die den „Gregorius“ Hartmanns von Aue enthalten, werden Sammelhandschriften als ein bedeutendes Medium der vormodernen Schriftkultur in den Fokus gerückt und die Effekte dieser Tradierungsform untersucht. Zudem werden verschiedene Lektüren vorgestellt, die sich dem „Gregorius“ und seinem Bedeutungspotenzial von den jeweiligen Manuskriptkontexten her nähern, diese in die Interpretation einbeziehen und neue Einsichten in einen der meistbeforschten Texte der deutschsprachigen Literatur ermöglichen.
Michael Haneke stellt in seinem Kinofilm 'Das weiße Band' ein "Modell im historischen Gewand" zur Diskussion - ein Modell, mit dem der Filmemacher und Autor die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts als eine Geschichte der Gewalt zu analysieren versucht. Der Film bedient sich eines im 21. Jahrhundert anachronistisch anmutenden, didaktisch-aufklärerischen Ansatzes, was nur deshalb nicht naiv oder vermessen wirkt, weil es zugleich um das Scheitern dieses Ansatzes geht. Der aus ruhigen Schwarz-Weiß-Bildern komponierte Film hält nämlich nicht, was er eingangs 'verspricht': aus der Perspektive eines reifen, mit großem zeitlichen Abstand auf ein Kapitel seiner Jugend zurückblickenden Erzählers Licht in eine dunkle Angelegenheit zu bringen. Eines ehemaligen Pädagogen noch dazu, der den Zuschauer an die Hand nimmt, ihm geduldig und ohne Hast erklärt, an welchem Punkt er mit seiner Geschichte ansetzt und worin sein Anliegen besteht. Dieses vor allem aus der Novellistik des poetischen Realismus bekannte narrative Verfahren, die Rahmung durch den nachträglichen Kommentar des gereiften Erzählers (im Film als Voice-Over), schafft zunächst einmal Distanz. Die Schwarz-Weiß-Ästhetik sowie die die Konzentration des Zuschauers fordernde hohe Tiefenschärfe der Bilder tun ihr Übriges, um den Eindruck von Unmittelbarkeit und Nähe zu verhindern. Und doch verringert sich der Abstand im Laufe des Films, geleitet uns die sonore Altersstimme des Erzählers (Ernst Jacobi) an einen Abgrund, so meine These, der seine eigene und auch unsere potentielle Position als 'Mitwisser' und 'Mitschuldige' betrifft.
Durch Filme wie Benny's Video (Ö, Schweiz 1992) und Funny Games (Ö 1997) hat sich der österreichische Filmemacher Michael Haneke über die Grenzen Europas hinaus einen Namen gemacht als Kritiker des Mainstreamfilms, in dem die Darstellung von Gewalt dem Gesetz der stetigen Steigerung folgt.
The present article focuses on the typological similarities and differences at Herta Müller and Gheorghe Crăciun. As a basis serves the work of the renowned Slovak comparatist Dionýz Ďurišin, “Comparative Literature. Attempt of a methodical-theoretical framework”(1972). Unlike the genetic relationships that relate to the contact within a nation or even the world literature, the typological relationships are linked to the structure of the compared works and their internal dynamics. In this regard three kinds of typological relationships can be found between Herta Müller and Gheorghe Crãciun: social, literary and psychological-typological similarities and differences.
Er "werde keine Unordnung machen" (NS 114),1 versichert in Stifters Nachsommer dessen Protagonist und Ich-Erzähler Heinrich Drendorf während seines ersten Besuchs am Asperhof. Bei aller vermeintlichen Beiläufigkeit, die dieser Bemerkung anhaften mag, kommt in ihr doch eine latente, dadurch aber nicht weniger nachdrückliche Notwendigkeit zur Beschwichtigung und Entschuldigung für das Eindringen in ein System zum Ausdruck, das von dem Bedürfnis nach gerade dem Gegenteil solcher "Unordnung" durchdrungen scheint. Mehr noch: der Vorsorglichkeit dieser Beschwichtigung Heinrichs und der vorauseilend zur Schau gestellten Bereitschaft zu unbedingter Kooperation und Zurückhaltung eignet etwas Überraschendes, da Unerfragtes, und vielleicht spricht sich gerade in dieser merkwürdigen Aufdringlichkeit die Relevanz dessen aus, was die Vermeidung von Unordnung unbedingt und nachdrücklich erhalten will: nämlich die "musterhafteste Ordnung" (NS 150).
Es ist kein Geheimnis, dass Stifters Nachsommer die Dinge der Lebenswelt im Verhältnis zu ökonomischen, moralischen, theologischen, juridischen, ästhetischen, politischen, sozialen, ökologischen und zuletzt wohl auch literarischen Ordnungen in sich aufnimmt und ihnen Gestalt verleiht. Gerade im Wissen um seine eigene Gestalt als Roman, dessen formales Prinzip es ist, dass er all diese Ordnungen als Einheit zu begreifen und bedingungslos vor den Gefahren einer Unordnung zu bewahren hofft, versucht er ihnen je einen angemessenen, 'rechten' Platz im System eines gefahrlosen Ganzen zuzuweisen. Dabei ist, wie vielfach bemerkt, die je in neuer Gestalt variierte Rede von solcher "Ordnung" zweifelsohne als unabdingbarer Baustein des Programms von Stifters Prosa überhaupt zu verstehen, derweil im Programm dieser Ordnung verschwiegen ein altes, scholastisches Erbe von der Idee eines geschlossenen und einheitlichen mundus nach göttlichem Vorbild nachschwingt.