830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Die Romantiker lieben es, programmatisch aufzutreten. Daher ist es bemerkenswert, dass in ihren Manifesten die Nennung und Konzeptualisierung von Ironie, Arabeske, Humor, Phantastik und Groteske dominiert. Die Erwähnung der Satire hingegen findet sich selten, sie bleibt randständig. Und doch ist auffällig, dass zum Beispiel in den nicht zur Veröffentlichung bestimmten poetologischen Notizen Friedrich Schlegels die Satire nicht nur gleichwertig mit Ironie, Burleske, Parodie, Groteske behandelt, sondern zugleich um ihren literaturtheoretischen systematischen Ort und ihre literaturpolitische Stellung geradezu gerungen wird.
Als methodisches Rüstzeug bieten sich im Falle des hier verfolgten Themas vier Zugänge an: Erstens eine ideengeschichtliche Rekonstruktion der jüdischen Neuromantik, gegliedert nach verschiedenen Phasen (Vorgeschichte, zionistische Auslegung, ästhetische Kontroversen). Zweitens ein kulturwissenschaftlich ausgerichteter Konstellationsforschungsansatz. [...] Drittens bietet sich das Thema jüdische Neuromantik geradezu dafür an, die jüngst im englisch-amerikanischen Theoriefeld wieder aufgegriffenen methodischen Überlegungen zu kulturwissenschaftlich ausgerichteten "translation studies" einzubeziehen; [...] Und schließlich erscheint eine begriffliche Differenzierung nützlich. Im Blick auf die kulturpolitisch ausgerichtete zionistische Bewegung dürfte es angemessen sein, von einer "Wiederaufnahme" romantischer Vorgaben aus der Zeit um 1800 zu sprechen. Der zeitgenössische kulturpoetisch-ästhetische Versuch einer genaueren Charakterisierung neuromantischer Gattungen und Schreibweisen dürfte allerdings treffsicherer mit dem Begriff "gesteigerte Wiederkehr" umschrieben werden können.
In der österreichischen Literatur entwickelte sich zu Beginn des 19. Jahrhundertskeine literarische Bewegung, die mit der deutschen Romantik vergleichbar wäre. Der Aufenthalt und ausgedehnte Tätigkeiten vieler deutscher Romantiker in Wien jedoch hatten Auswirkungen auf das geistig-kulturelle und literarische Leben in Österreich und führten zu heftigen Debatten und wortgewaltigen Polemiken in der literarischen und journalistischen Szene. Die Aufklärungspostulate hatten in Wien Prämissen gesetzt, die das kulturelle Leben der österreichischen Länder bis weit in das 19. Jahrhundert hinein stark beeinflussten.
Zwar hatte Loos seinen Feldzug gegen das Ornament schon um 1900 begonnen, doch entwickelte keiner seiner scharfzüngig formulierten Essays eine größere Sprengkraft als der 1908 erschienene Aufsatz "Ornament und Verbrechen", dessen Hauptthesen er zugleich erfolgreich in wirkungsvollen Vorträgen popularisierte. Er wandte sich darin gegen den historistischen Fassadenstil der Wiener Ringstraßenästhetik und gegen die Formensprache sezessionistischer Strömungen, propagierte eine an Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit orientierte Baukunst und verteufelte die seiner Meinung nach überflüssige Dekorationswut, die aus der Verbindung zwischen Kunst und Kunsthandwerk im Gefolge der Arts-and-Craft-Bewegung hervorgegangen war. Trotz oder wegen der kontroversen zeitgenössischen Aufnahme hatten die kämpferischen Thesen eine vielfältige Wirkungsgeschichte. Sie beeinflussten nicht nur nachhaltig die architektonische Praxis bei der Herausbildung des internationalen Funktionalismus, sondern auch puristische und elementaristische Strömungen in der bildenden Kunst sowie allgemeine ästhetische Theorien und hinterließen bis ins 21. Jahrhundert hinein Reflexe in literarischen Texten.
Ich spreche im Folgenden über ein Thema, das 'Hermeneutik nach Luther' heißen soll. Als Hermeneutik verstehe ich dabei im Anschluss an Friedrich Schleiermacher - also im Anschluss an einen protestantischen Theologen, der seine eigene Hermeneutikkonzeption vorwiegend mit Bezug auf die Auslegung des Neuen Testamentes entwickelt hat, das heißt in einem dezidiert christlichen und zugleich mehrfachen, noch näher zu klärenden nach-Luther'schen Sinn - die "Kunst des Verstehens". Die Bestimmung verdeutlicht, dass das Verstehen nichts Selbstverständliches ist. Verstehen versteht sich nicht von selbst. Es muss selbst verstanden werden. Hermeneutik bezeichnet nach diesem Verständnis eine Aufgabe, und zwar, wie Schleiermacher zu betonen nicht müde wird, eine niemals abgeschlossene, immer weiter fortzusetzende Aufgabe.
Die künstliche Außenweltbeleuchtung ist keine neutrale Helligkeit, die die Sichtbarkeit der von ihr bestrahlten Umgebung unmodifiziert über die Dämmerungsgrenze hinweg in die Nacht hinein weiterdauern lässt. Sie hat in aller Regel einen intrusiven Aspekt und schafft ein spezifisches, vom Tagesanblick deutlich unterschiedenes Erscheinungsbild. Meistens erzeugt sie zum Beispiel Wahrnehmungsbilder, die mit fast allen Formen von gemalten Abbildungen und mit narrativen Darstellungen gemeinsam haben, 'Unbestimmtheitsstellen' zu enthalten.
Die Wahrnehmungsgeschichte der künstlich erleuchteten Stadtzentren ist von der Komplexität geprägt, die auch das Verhältnis von Kunstlicht und Raum charakterisiert. Im Verlauf der Epoche, die mit der Aufstellung der ersten Gaslaternen zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann und die mit der Einführung der elektrischen Glühbirnen, der Neon-Röhren und schließlich der LED-Dioden ihre Fortsetzung fand, hat das von diesen Lichtern erzeugte Raumerlebnis mehrfach qualitative Veränderungen erfahren. Die folgenden Ausführungen kontrastieren vier historisch aufeinander folgende Typen von Wahrnehmungsbildern der erleuchteten Innenstädte: 1.) Reaktionen aus der ‚Pionierzeit‘ der Straßenbeleuchtung (bis Ende des 19. Jahrhunderts); 2.) Reaktionen aus der Zeit der Einführung der elektrischen Beleuchtung; 3.) die avantgardistische Kunstlichtwahrnehmung der 1920er Jahre; 4.) Wahrnehmungsbilder, wie sie aktuell angewendete Beleuchtungspraktiken nahelegen. Die beobachteten Wandlungen im Erleben der beleuchteten Stadtszenerien werden mit Tendenzen, die für die jeweiligen Stadtgesellschaften typisch sind, in Zusammenhang gebracht.
Wer durch eine Stadt wie Venedig geht, sieht, dass die Zeit überall ihre Spuren hinterlässt. Der britische Kunsthistoriker John Ruskin nennt diese Spuren in seinem 1851 bis 1853 publizierten Reisebericht 'The Stones of Venice' "time stains" und macht darin eindrücklich darauf aufmerksam, dass Spuren der Zeit ästhetisch betrachtet werden können, obwohl sie kein Produkt des Menschen, sondern zunächst einmal eines der Zeit sind. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, ob und inwiefern die Zeit als Gestalterin ästhetischer Objekte begriffen werden kann und wie sie dieses Potenzial in Konkurrenz zu kulturellen Gestaltungsabsichten erfüllt.
Zur Beantwortung dieser Frage lassen sich die im Kontext der Ruinenästhetik geführten Diskussionen und das seit einigen Jahren zu verzeichnende neue Interesse am Naturschönen folgendermaßen verbinden und zuspitzen: Die Zeit muss als gegenkulturelle Gestalterin der Lebenswelt genauer ins Visier und als ästhetisches Subjekt ernst genommen werden. Der Beitrag reiht sich damit in die seit einigen Jahren Konjunktur verzeichnende ästhetische Auseinandersetzung mit der Zeit ein. Dort ist bislang versäumt worden, dezidiert nach der ästhetischen Gestaltungskraft von Zeit zu fragen, während man die kulturelle Gestaltbarkeit von Zeit betont hat.
Eine neue Veröffentlichung der seit über 30 Jahren existierenden Kinderkrimireihe Die 'Drei ???' verdrängt noch länger wirkende und mit jeder Veröffentlichung auf geradezu enervierende Weise den Status quo bestätigende Bands wie etwa AC/DC von den ersten Plätzen der Bestsellerlisten; dem Marvel-Universum zugehörige Serien wie Daredevil und Jennifer Jones oder das aus Versatzstücken der Horror-Kultur komponierte Penny Dreadful werden von der Streaming-Plattform Netflix höchst erfolgreich und in direkter Konkurrenz zum allerneuesten Sherlock-Holmes-Pastiche produziert: Neue Helden sind rar geworden, weshalb man lieber sattsam bekannte durch neue Abenteuer laviert, wobei auch hier Variationen zwar grundsätzlich erlaubt sind, aber nur in bestimmten, eng definierten und zudem von Fans rigoros kontrollierten Grenzen, die den ursprünglichen Gehalt der Vorlage stetig zementieren sollen. Zweifellos durchwirkt gegenwärtig ein Phänomen die Kultur, sinnig Retromania genannt, infolgedessen es die jetzige Generation wie wohl keine zuvor vermag, so vehement die Helden der eigenen Jugend zu konservieren; andererseits gelingt es keiner Generation wie dieser so wenig, sich von den Helden ihrer Kindheit, ja von ihrer Kindheit ganz allgemein zu trennen. Da passt es dann, wenn zeitgleich die Literatur in Werken von Karl Ove Knausgård oder Andreas Maier eben diese Kindheit als naiven Zustand ursprünglicher Naivität zelebriert.
Romantik als Gegenbewegung zur vernunftfixierten, fortschrittverheißenden Aufklärung wird allzu oft klischeehaft reduziert auf gedankenverlorene Gefühlsduselei, schwärmerische Realitätsflucht und idealisierende Mittelalterverehrung. Wie die Romantik wird auch die Rheinromantik in dieser verzerrten Form heute als Topos des Tourismusmarketing missbraucht und derart im kollektiven Gedächtnis markiert. Dabei hat nicht zuletzt Rüdiger Safranskis populäre Romantikmonographie unmissverständlich hervorgehoben, dass Romantik auch als politische Emanzipationsbewegung, als Ergänzung des nüchternen Rationalismus und als Erweiterung des Wirklichen um das Geheimnisvolle verstanden werden muss.
Dieser ursprünglichen Vieldeutigkeit des Romantischen ist auch Ulrich Meyer-Doerpinghaus mit seinem Band "Am Zauberfluss" verpflichtet. Die "Szenen aus der rheinischen Romantik" wollen das idyllisierende Klischee der efeubewachsenen Gemäuer, der weinseligen Geselligkeit und der Wehmut widerlegen.
0. Wenn man als Anarchisten jemanden versteht, der davon überzeugt ist, dass es den Menschen möglich ist, ihr Zusammenleben so zu organisieren, dass Herrschaft in jeglicher Form verzichtbar ist, dann war Grabbe ganz sicher keiner. Auch gibt es in allem, was schriftlich von ihm überliefert ist, keinen einzigen Hinweis darauf, dass er sich jemals zustimmend zum Ideal der Herrschaftslosigkeit geäußert hätte. Wenn Grabbe m.E. dennoch zum Kontext des Themas Anarchismus im Vormärz gehört, so hat das andere Gründe.
1. Negativer Anarchismus
Das Programm, mit dem sich der noch ganz junge, 1801 geborene literarische Debütant mit seiner Tragödie 'Herzog Theodor von Gothland' (entstanden zwischen 1819 und 1822) von dem das literarische Feld seiner Zeit bestimmenden klassisch-idealistischen Diskurs in radikalster Weise abgrenzen will, ist das eines Frontalangriffs auf alle ihm zugrunde liegenden Wertvorstellungen und Deutungsmuster. Die hehren Ideale des klassisch-humanistischen Projekts (das Wahre, Gute und Schöne als zugleich Mittel und Ziel der menschlichen Veredelung durch einen umfassenden Bildungsprozess) werden im Gothland ebenso rigoros als nicht mit der Wirklichkeit kompatibel zurückgewiesen wie die aufklärerische Grundannahme der Perfektibilität des Menschen und die christliche Überzeugung von einem guten Gott, der die Geschicke im Sinne der an ihn Glaubenden und ihm Vertrauenden lenkt. Nach Grabbe ist so gut wie in jeder Hinsicht das Gegenteil der Fall.
Die Jubiläumstagung feierte das 25jährige Bestehen des Franz Werfel-Programms. Viele Tagungsbeiträge analysierten Werke und Tendenzen der Literatur der österreichischen Moderne, andere suchten Erotik bei vergessenen oder jüngeren Autoren.
Die regelmäßig stattfindende internationale Konferenz des Franz-Werfel-Programms vertieft die Zusammenarbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und bietet einen spannenden Perspektivenaustausch nicht nur im Rahmen der Auslandsgermanistik, sondern auch zwischen ihr und der Literaturwissenschaft in Österreich.
Bericht über die Tagung "Beziehungskrisen: Deutsch-türkische
Verhältnisse in Literatur und Film"
(2017)
Zwischen dem 14. und 16. November 2017 wurde an der Ege Universität-Izmir eine Internationale Tagung veranstaltet, welche im Rahmen zweier Germanistischer Institutspartnerschaften (GIP) vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert wurde. Die Kooperation zwischen der Universität Paderborn und der Ege Universität sowie die Partnerschaft zwischen der Universität Hamburg und der Istanbul Universität trugen dazu bei, dass diese Tagung mit dem Schwerpunkt "Beziehungskrisen: Deutsch-türkische Verhältnisse in Literatur und Film" zustande kam.
Unter der Leitung der Ege Universität und der Beteiligung der Universität Paderborn, Istanbul und Hamburg fand vom 14. bis zum 16. November 2017 die erste internationale/kooperative Vierer-Tagung im Rahmen der Germanistischen Institutspartnerschaft an der Ege Universität in Izmir statt. Wissenschaftler und Interessierte reisten aus verschiedenen Städten wie Istanbul, Ankara, Eskişehir, Berlin, Paderborn, Hildesheim und Hamburg für die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) geförderte GIP Tagung an und leisteten mit gebiets- und themenbezogenen Vorträgen einen besonderen Beitrag dazu, eine international sehr vielschichtige Plattform entstehen zu lassen, die mehr als nur den literaturwissenschaftlichen Austausch ermöglichte
Die Germanistikabteilung der Philologischen Fakultät in Kronstadt/Braşov veranstaltete in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Germanisten Rumäniens [GGR] (Zweigstelle Kronstadt) und mit dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt zwischen dem 30. März und 01. April 2017 ihre XX. Internationale Tagung zum Thema Luthers Reformation und deren Wirkung auf Sprache, Literatur und Kultur.
Scharlatane waren für die Gelehrtendiskurse der Frühen Neuzeit von kaum zu überschätzender Bedeutung, da sich anhand ihres Negativbeispiels Verhaltensideale formulieren ließen, die für die Wissenschaft maßgeblich waren. Das Interesse an dieser Figur reichte auch in die Literatur hinein, wo sie in vielfältiger Weise aufgegriffen wurde und um 1800 verstärkt in Erscheinung trat. Christoph Martin Wieland war einer der Autoren, die sich besonders intensiv mit ihr befassten. In seinem Roman Geschichte der Abderiten (1773-1779) inszeniert er den geistigen Gegensatz, der zwischen dem Protagonisten Demokrit, einem beispielhaften Gelehrten, und seinen Mitbürgern, den törichten Abderiten, besteht. Die These des vorliegenden Beitrags lautet, dass Wieland damit auf eine poetische Reflexion von Wissen abzielt, wobei er mit Hilfe des Scharlatanmotivs die wissenschaftlichen Ausschlussmechanismen seiner Zeit ironisiert. Mithin sind es die Bedingungen der Produktion von Wissen, die im Text aufs Korn genommen werden. Dabei spielt Wieland die komischen Konflikte durch, die auftreten können, wenn das der Aufklärung nahestehende Wissenschaftsethos eines Demokrit auf den Eigendünkel einer unaufgeklärten Gesellschaft trifft.
In der Monographie 'Po stopách německy psané literatury na Hlučínsku' [Auf Spuren der deutschsprachigen Literatur in der Hultschiner Region] werden die Ergebnisse der Forschung vorgestellt, die auf das literarische und kulturelle Bild des Hultschiner Ländchens eingeht. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht das literarische Schaffen dieser Region, die durch multikulturelle Einflüsse geprägt wurde und neue Forschungsimpulse bietet.
This paper compares Friedrich Dürrenmatt's drama script titled Besuch der alten Dame (The Visit, 1956) with the screenplay of the same name by Susanne Beck and Thomas Eifler (2008) with regard to emotionality in language. Due to the fact that the paper cannot focus on all aspects of emotionality, just one significant phenomenon will be addressed, namely certain features found in Dürrenmatt's text which are mostly lost in the screenplay and vice versa. The main focus is on the grotesque and absurdity on the one hand, and the text's closeness to reality and sentimentality on the other. The differences are illustrated using extracts from two selected scenes - the so-called Konradsweilerwald scene and the final scene. From the viewpoint of methodology, the linguistic text analysis of emotions will be used. Within the analysis, expression of emotions, description of emotions and evocation of emotions will be distinguished.
In der Zeitschrift Studia Germanistica werden Forschungsergebnisse zu aktuellen Themen auf dem Gebiet der germanistischen Linguistik, Literaturwissenschaft und DaF-Didaktik publiziert, die den Stand der Forschung in Tschechien sowie im Ausland dokumentieren. Bestandteile der Zeitschrift sind kulturwissenschaftliche Studien und Rezensionen.
In der Zeitschrift Studia Germanistica werden Forschungsergebnisse zu aktuellen Themen auf dem Gebiet der germanistischen Linguistik, Literaturwissenschaft und DaF-Didaktik publiziert, die den Stand der Forschung in Tschechien sowie im Ausland dokumentieren. Bestandteile der Zeitschrift sind kulturwissenschaftliche Studien und Rezensionen.
Die Verfasserin plädiert für einen Kanon 'erinnerungswürdiger Texte' im Deutschunterricht sowie im universitären germanistischen Curriculum, der zur Identitätsbildung in einer Kulturnation unentbehrlich ist, aber in Anbetracht permanenter Gleichsetzung von Bildung und Ausbildung geringgeschätzt wird. Zusätzlich verhindert der deutsche Bildungsföderalismus, sich bereits in der Schule einen Kanon von fiktionalen Texten anzueignen, der als Fundus für identitätsstiftende Diskurse dient, die zum kulturellen Zusammenhalt einer Nation beitragen. Der aktuell zu beobachtenden Xenophobie hat fiktionale Literatur etwas entgegenzusetzen, indem sie Bilder vom eigenen und dem fremden Land in der Literatur vermittelt (Imagologie).
Im Mittelpunkt des Beitrages stehen Werke von Autoren aus dem ehemaligen Ostdeutschland, denen es dank der Nominierungen auf den zwei wichtigsten Buchmessen in Deutschland gelungen ist, von der Peripherie ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Die anderen Erfahrungen aus dem Leben in der DDR ermöglichen Autoren aus den neuen Bundesländern eine unterschiedliche Sicht auf die deutsche Geschichte. Untersucht wird die Themenwahl der Werke, die sich aus der Vergangenheit im geteilten Deutschland ergibt. In den nominierten Romanen nach dem Jahre 2000 lassen sich folgende Themen finden: Geschichte, Privatsphäre und aktuelle Themen. Die deutsche Geschichte des 'kurzen zwanzigsten Jahrhunderts' wird in den Familienromanen vorgestellt. Gleichzeitig besteht Interesse an den Ereignissen der Wendezeit sowie der Zeiten davor und danach. Die lang erwartete und trotzdem plötzlich kommende Wende mündete in Ratlosigkeit, Entfremdung und Unsicherheit. Großer Beliebtheit erfreuen sich auch das Thema Privatleben sowie die Themen Kindheit, Jugend in der DDR vor und nach der Wende, aber auch zwischenmenschliche Beziehungen zwischen den einzelnen Generationen, die auf die gesellschaftlichen Ereignisse reagieren, womit sich beide zuerst genannten Hauptthemen vermischen. Nicht zuletzt werden in den nominierten Romanen aktuelle Gegenwartsthemen wie Terrorismus oder Flüchtlinge reflektiert, die anhand konkreter Geschichten erzählt werden.
Der Beitrag beschäftigt sich im Umriss mit den wenig bekannten Hörspiel-Partituren Ferdinand Kriwets. Damit soll skizzenhaft ein spezifischer Einblick in die eigenartige radiophone Werkstatt des Autors geboten werden, dies mithilfe der bisher nirgendwo veröffentlichten Partiturausschnitte. Das experimentelle Hörspiel sowie auch die Fragen nach dessen Notation gehören im Bereich des literarischen Diskurses, und zwar keineswegs zu Recht, zu den wenig beachteten Forschungsfeldern, zur eigentlichen Peripherie.
Der Beitrag zeigt, dass sich die Etablierung des Phänomens der 'Prager deutschen Literatur' auf den beiden Konferenzen von Liblice von 1963 und 1965 ganz im Zeichen der Dichotomie von Zentrum und Peripherie vollzog. Diese fand vor allem in der wertenden Abgrenzung einer vermeintlich durchgängig humanistischen 'Prager deutschen Literatur' (als Zentrum) gegen eine umfassend nationalistische, ja präfaschistische sudetendeutsche Literatur (als Peripherie) Anwendung. Erstaunlicherweise findet sich jedoch sowohl im Beitrag zur Weltfreunde-Konferenz von Paul Reimann als auch dem von Eduard Goldstücker zudem ein Argumentationsmuster, in dem Prag als Peripherie zu den Hauptstädten vermeintlich 'welthistorischer Völker' (Reimann) oder zu Wien (als Hauptstadt Österreich-Ungarns bei Goldstücker) profiliert wird und die besondere Bedeutung der 'Prager deutschen Literatur' gerade aus dieser peripheren Lage abgeleitet wird. Insgesamt ergibt sich die Diagnose einer inkonsistenten Begründung der einen 'Prager deutschen Literatur', die nach einer Neukonzeption dieses Phänomens verlangt.
Der Beitrag enthält eine Analyse des 1927 erschienenen Romans Der Sprung ins Ungewisse von Paul Zifferer, einem wenig bekannten, aus Mähren stammenden österreichischen Schriftsteller. Dieses Prosawerk bietet eine bemerkenswerte Auffassung des Phänomens Zentrum und Peripherie aus territorialer, sozialer, psychologischer, kultureller und politischer Sicht. Überdies stellt es ein wenig erforschtes Kapitel der literarischen Moderne dar.
Vorgänge der Kommunikation und solche der medialen Vermittlung sind an Prozessen von Marginalisierung oder auch Zentralisierung beteiligt. Die Neukonstruktion und Neukategorisierung des Raums wird daher an sprachlichen Zeugnissen (briefliche Selbstauskünfte, Lyrik, Publizistik) nachgezeichnet. Der Beitrag verfolgt die allmähliche kulturelle Entperipherisierung der pommerschen Insellandschaft und insbesondere Rügens, indem drei Phasen unterschieden und behandelt werden: 1. die mittelalterliche und frühneuzeitliche Abwertung oder Bewertung des Nordens unter dem Blickpunkt christlicher Mission und biblischer Ordnungsvorstellungen, 2. das Entstehen einer Kunstmythologie um 1800, die sich auf Shakespeare, Rousseau, Ossian sowie die germanisierte skandinavische Überlieferung berief und Pommern zur utopisch idyllischen wie zur unwirtlich-wilden, das heißt auch erhabenen Landschaft formte und 3. die Durchdringung Gesamtpommerns durch die Zentralitätsstruktur preußischer Institutionalisierungs- und Ordnungsprozesse nach 1815.
Der Artikel geht auf die Darstellung des kulturellen Engagements des Grafen Albert Joseph Hoditz (1706 - 1778) ein, das im Rosswalder Schloss und in dessen Garten entwickelt wurde. Die Rosswalder Gartenlandschaft wird im Bezug auf die europäische Literaturgeschichte vorgestellt. Darüber hinaus spiegelt sie künstlerische Interessen des Grafen Albert Joseph Hoditz wider und weist auf die Phänomenalität dieses an der Peripherie liegenden Dominiums hin.
In Ulrichs von Liechtenstein Frauendienst tauchen zahlreiche Motive auf, welche von einem weitgehenden Kulturtransfer zeugen dürften. Das deutlichste Beispiel dafür ist die Venusfahrt des Erzählers, wobei der bislang abgewiesene Ritter den Einsatz deutlich erhöht, und eine im Ganzen vollkommen inszenierte Liebesfahrt unternimmt. Dabei schafft er nicht nur zwischen seiner eigenen ritterlichen Kultur und der weit entfernten Antike eine plakative Verbindung, sondern versucht, dank der Instrumentalisierung der Liebestradition, von der verachteten Peripherie her ins ersehnte Zentrum zu gelangen.
Der Beitrag geht der Frage nach, wie sich die noch in den 1980er Jahren marginalisierte Migrationsliteratur heutzutage unter der Etikettierung 'Interkulturelle Literatur' auf dem literarischen Markt allmählich etabliert hat und mittlerweile zur zentralen Tendenz der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur geworden ist. Am Beispiel von Autoren und Autorinnen tschechischer Herkunft, Jiří Gruša, Libuše Moníková und Michael Stavarič, wird die 'Verortung' der 'interkulturellen Literatur' im Spannungsfeld von Peripherie und Zentrum dargestellt und ihr Mehrwert diskutiert.
Zentrum und Peripherie wurde zum leitenden Thema der gleichnamigen Konferenz, die vom 25. bis 27. Mai 2016 an der Schlesischen Universität Opava stattfand. Die Tagung, an der beinahe 90 Fachleute aus 9 Ländern teilnahmen, wurde vom Germanistenverband der Tschechischen Republik und der Germanistischen Abteilung des Instituts für Fremdsprachen der Schlesischen Universität Opava organisiert. Die Tagung verfolgte das Ziel, Zentrum und Peripherie in unterschiedlichen Bereichen zu untersuchen und einen Überblick über neue Methoden und Erkenntnisse im Bereich der sprachwissenschaftlichen, literarischen und didaktischen Forschungen in fünf Sektionen zu bieten: Die deutsche Sprache: Zentrum und Peripherie; Korpuserstellung und -analyse; Literatur interkulturell vs. transkulturell; Kanon und Norm in Literatur und Literaturdidaktik; Fehler und ihre Behandlung, und stellte eine Vielzahl an Fragestellungen und eine Vielzahl an Ansätzen vor. Die breite thematische und historische Streuung der hier versammelten Aufsätze sowie die Vielfalt ihrer Methoden lassen die vielseitige Anschlussfähigkeit des Rahmenthemas erkennen, für die Mediävistik ebenso wie für die Gegenwartsliteratur, für die soziologischen Aspekte von Literaturpreisen genauso wie für kulturwissenschaftliche Analysen. Darüber hinaus eröffnet der Band seinen Leserinnen und Lesern aber auch die Möglichkeit, innerhalb des hier gebotenen Einblicks in den Forschungsstand der tschechischen germanistischen Literaturwissenschaft und einiger ihrer Nachbarn ihre jeweils eigenen Zentren und Peripherien zu lokalisieren, zu verschieben und kritisch zu reflektieren.