830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Hyperions Melancholie
(2005)
In der Balladenforschung besteht Konsens darüber, daß die Kunstballade in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begründet wird. Strittig scheint nur, wem man die Priorität zuweist: Gleim oder nicht doch eher Bürger. Freilich ist die Gattung der Wenn Goethe, um dessen Balladendefinition es im Folgenden genauer gehen soll, die Ballade mit Bezug auf ein dreigliedriges Gattungssystem definiert, dann hat dies auch den skizzierten gattungstheoretischen Zusammenhang. Goethe vereinfacht das Gattungssystem. Er sieht klar, daß die grundlegenden ästhetischen Möglichkeiten, die die Poesie bietet, durch die drei Hauptgattungen hinreichend beschrieben sind. Eine Kategorie "beschreibende bzw. didaktische Gattung" stünde zu diesen ästhetischen Kategorien von Epik, Lyrik, Dramatik geradezu quer! Denn beschreibend und didaktisch kann jede Form von Literatur sein; jede Form kann solche Elemente in sich aufnehmen. Zugleich unterläuft Goethes Definition aber auch das in der Gattungspoetik um 1800 verbreitete triadische Gattungsmodell, das Epik und Lyrik als Gegensätze begreift, die in der Dramatik "aufgehoben" werden. Sie kehrt dieses, auch geschichtsphilosophisch begründete, Modell geradezu um: In der Ballade ist zu einer organischen Einheit zusammengezogen, was sich nun von hier aus differenzieren kann. So ist Goethes Balladendefinition auch ein Versuch, ein ästhetisches Einheitskonzept zu formulieren angesichts fortschreitender kultureller und sozialer Differenzierung.
In der Hölderlin-Forschung der letzten Jahrzehnte ist immer deutlicher geworden, wie anspielungsreich und wie komplex Hölderlins Werk ist. Staunend, dankbar und mit großem Gewinn nimmt man die überreichen Forschungsbeiträge zur Kenntnis, die die vielfältigen Bezüge von Hölderlins Werk auf die Antike, auf die Bibel, auf theologische und philosophische Traditionen aufdecken. Ein herausragendes Ergebnis dieser differenzierten Kommentierungsarbeit ist die grundlegende These, daß Hölderlins Werk der bedeutendste Beitrag der Literatur um 1800 zu einer poetischen Geschichtshermeneutik und Geschichtsphilosophie sei. Diese geschichtsphilosophische Deutung Hölderlins läßt sich gut mit politisch-revolutionären und utopischen Deutungen verbinden.
In der Geschichte der Literatur ist eine Schaltstelle dafür die Konstituierung der Volkspoesie durch Herder und Goethe in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Diese programmatische Neuorientierung der Literatur in der sog. "Sattelzeit" (Koselleck) der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts berührt sich mit der Frage, ob, wie und wann sich Elite-Kultur und Volks- bzw. neutraler: populäre Kultur differenzieren, insofern sich entsprechende Wahrnehmungsmuster herausbilden. Sie berührt sich auch mit dem komplizierten Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Zuge der allmählichen Durchsetzung des Buchdrucks. Und sie berührt sich schließlich mit der Frage nach der Entstehung moderner Unterhaltungskultur. Um diese Aspekte soll es im Folgenden gehen.
Die Zeit danach vorstellen : Überlebensfiguren bei Goethe, Kleist, Nietzsche und Heiner Müller
(2009)
Es ist nicht zu übersehen: Jene Schriftspur der Träne bildet das Medium der Sichtbarkeit eines ansonsten Nicht-Sichtbaren. Aufgrund dessen ist dem Objektiv der Träne ein transitorisches oder passageres, das heißt eine Grenze passierendes "Begreifen des Unsichtbaren" an den äußersten Grenzen der bloßen Vernunft möglich. Das Objektiv der Träne hält den Sehenden in der Blickbahn des 'selbanderen' Passanten, der – der Transitivität der Zeit zum Trotz - eine Topographie des Einzigen zum Vorschein bringt. So repräsentiert die Träne – die zugleich einen Schutzfilm bildet, um mit dem Leben davonzukommen – eine (un-)sichtbare Urspur des Unsichtbaren.
Friederike Mayröckers Bekenntnisschrift 'ich bin in der Anstalt. Fusznoten zu einem nicht geschriebenen Werk' stellt das vorläufige Ende einer Reihe von IchTexten dar. Zur Besonderheit dieser Prosa - teilweise in Briefen oder in Form von Essayistik verwirklicht - gehört, dass Sprache und Dinge wie magisch miteinander verbunden scheinen. Wobei der Fusznoten-Text eine weitere Verdichtung vollzogen hat. Die Welt ist ins Buch eingegangen und das Buch Welt geworden. Hinzu kommt die paradoxe Konzeption: Mit Blick auf Fernando Pessoas 'Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares', mit dem erstmals in der Geschichte der europäischen Literatur eine Autobiographie ohne Ereignisse vorgestellt wurde, ließen sich die 243 Fusznoten als Bekenntnis ohne Wahrheit und als Werk ohne Werkanspruch bezeichnen. Dissonante Stimmen fließen in ein Bekenntnis-Ich zusammen und bilden eines von mehreren Heteronymen Friederike Mayröckers. Die Anstalt, in dem das Individuum den Gesetzmäßigkeiten des Lebens - bis hin zur Invalidität - unterworfen ist, ist der symbolische Ort eines mit dem Alter voranschreitenden allgemeinen Ausnahmezustands.
Luise Mühlbach (Pseudonym für Clara Mundt) (1814-1873) gehörte zur ersten Generation der sogenannten Berufsschriftstellerinnen, d.h. der ersten Schriftstellerinnen, die durch ihr Schreiben finanziell unabhängig sein konnten. Die Tatsache an sich galt schon vielen Zeitgenossen als Provokation und Emanzipationsstreben, da die Geschlechtergrenzen durch das Ausüben eines Männerberufes überschritten wurden. Über einen längeren Zeitraum war Mühlbach sogar Alleinverdienerin der Familie, da ihr Ehemann, Theodor Mundt, frühzeitig erkrankt und 1861 gestorben war. Zudem gehörte sie ab den 1850er Jahren zu den populärsten BestsellerautorInnen ihrer Zeit und sie wurde somit schnell erfolgreicher als Theodor Mundt. Luise Mühlbach hat sich sehr früh gegen die Konvenienzehe und für eine Eheschließung aus Liebe und Zuneigung geäußert und hat dies in ihrer Ehe vorgelebt.
Der Begriff "Virtuose" geht zurück auf das lateinische Wort "virtus"; es bedeutet: kriegerische Tüchtigkeit, "zum Sieg fähig". Etwas vom sieghaften Gestus dieser Bedeutung ist auch in der Vorstellung vom Virtuosen noch enthalten: in der Auffassung des Begriffs, wie er in der Renaissance verwendet wird. Hier bezeichnet "virtuoso" ganz allgemein das Ideal des gebildeten Menschen; zugleich wird der Begriff mehr und mehr für herausragendes Können und bezogen auf Gelehrsamheit in allen Sparten des Wissens und der Kunst verwendet. Erst im 18. Jahrhundert verlagert sich die Bedeutung von "Virtuose" – mit der Trennung von Autor und darstellendem Interpreten – auf den ausübenden Künstler.
Dabei ist aber in Erinnerung zu rufen, daß "virtuosi" in einer älteren und allgemeineren Wortbedeutung, insbesondere in England im 16. Und 17. Jahrhundert, jene Gelehrten meinte, die sich als Sammler und Liebhaber sowohl von Kunstwerken als auch von naturwissenschaftlichen Objekten hervortaten und sich der 1662 gegründeten "Royal Society of London for Improving Natural Knowledge" anschlossen.
Die Virtuosi des frühen 17. Jahrhunderts waren Amateure im ursprünglichen Sinne dieses Wortes, sie beschäftigten sich mit Kunst, Altertümern, Mathematik und / oder Raritäten der Natur, weil sie diese Gegenstände liebten und darin ihre Freude fanden.
Harry Graf Kessler war durch seine Herkunft und ebenso durch seinen Lebensstil Europäer. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg intensivierten und verdichteten sich seine Reisen zwischen Paris, Weimar, Berlin, London, München und Wien. Es ist die Zeit, in der er das Netzwerk seiner Kunst-Vermittlungen nicht nur in der bildenden Kunst, sondern auch verstärkt in den aktuellsten Entwicklungen in Theater, Oper und Tanz entfaltet. Im Zentrum von Kesslers mäzenatischem und ästhetischem Interesse standen in den Jahren 1909-1914 die von Serge Diaghilew geleiteten 'Ballets Russes'. Die Aufführungen dieser Ballett-Truppe aus Russland waren ein europäisches Kunstereignis, das durch Diaghilews Geschick als Impresario seit der ersten Saison in Paris, 1909, und erneut mit jedem Programm in Gastspielen in ganz Europa gefeiert wurde. Kessler hatte an diesem Erfolg einen bedeutenden Anteil. Zahlreiche Einträge in seine Tagebücher bezeugen seine Begeisterung und sein Engagement. Seit seinem ersten Besuch der Aufführungen der 'Ballets Russes' war er von der ästhetischen Innovation überzeugt, die 'die Russen' (wie er Diaghilews Truppe in Briefen und im Tagebuch häufig bezeichnete) für Theater und Ballett der Moderne bedeuteten: eine neue Form des Gesamtkunstwerks, ein Zusammenwirken von Körper, Bewegung, Rhythmus, Bild und Musik - aus dem Geiste des Tanzes.
Der Sprung bezeichnet einen herausgehobenen Moment im Verlauf einer Bewegung - einen gleichsam emphatischen Augenblick der Still-Stellung.
Was aber macht den Sprung zum Sprung? Die Plötzlichkeit seines Auftretens? Die Dynamik der Zustandsänderung eines Körpers, ja der gewaltsame Bruch in einer Bewegungsrichtung? Oder der Effekt seiner Wirkung, der Sprung auch in der Wahrnehmung des unvermuteten Ereignisses: als Überraschung, Staunen, Schock?
Nach Hofmannsthals Konzeption sind einzig die Künste (und im besonderen die nonverbalen) geeignet, das kostbare kulturelle Potential sinnlicher Erfahrung zu stiften oder zu bezeugen. Wahrnehmungen und Gefühle lassen sich im System der Begriffssprache weder festhalten noch kommunizieren, sie lassen sich auch nicht einfach, wie es noch die von protokollierenden 'Registrierapparaten' träumenden Naturalisten glaubten, beschreiben.
Trotz seiner Abneigung gegen die lyrische Form schrieb Schmidt in den 1950er Jahren einige beachtliche Gedichte. [...] Obwohl gerade diese Gedichte mit ihrer ausgreifenden, originellen Metaphorik und ihren zahlreichen Anspielungen der Deutung bedürfen, ist bisher keines eingehend analysiert worden. Wo überhaupt einzelne Gedichte betrachtet wurden, ist dies in größeren Zusammenhängen ohne die eigentlich nötige genaue Ausdeutung geschehen. Die vorliegende Arbeit soll am Beispiel des 1950 entstandenen Widmungsgedichts zu "Brand's Haide" – "Der goldgetränkte Himmel über mir" – zeigen, dass eine tiefer gehende Analyse Schmidtscher Gedichte durchaus ergiebig sein und einen weiteren Blick auf die Werkgeschichte eröffnen kann. Auch zu diesem Gedicht liegt bisher – außer einigen Bemerkungen in zwei Überblicken über Schmidts lyrisches Schaffen bzw. über die Paratexte der Erstausgabe von "Brand's Haide – keine Interpretation vor.
Das [im Marmorbild] in Aussicht gestellte Leben ist […] das Band, das die Erzählung der Künste und der Liebe zusammenhält. In dieser Fügung von Kunst und Leben ist der Pygmalion-Mythos als Intertext der Eichendorffschen Novelle eingeschrieben. Die folgenden Überlegungen unternehmen den Versuch diese Textkonstellation unter dem Fokus der bildlichen Lebendigkeit zu lesen.
Wenn im Folgenden von Masken des Erzählens die Rede sein wird, dann geschieht dies durchaus absichtsvoll mit Blick auf das Verständnis von Maske als Verstellung und als einer Form des Verbergens. Hinter der (Gesichts-)Maske liegt das wahre Gesicht. Die Rhetorik der Maske ist mithin immer schon ein Spiel mit der Figur des wahren Antlitzes und des wahren Blickes, eine Szene des Sehens und des Gesehenwerdens. Als Spielform des literarischen Diskurses ist die Maske ein genuin theatrales Moment. Das lateinische 'persona' meint in diesem Kontext die Maske im Sinne der durch die Schauspieler dargestellten Figuren, die 'dramatis personae'. Im Drama wird die gegenständliche, leblose Maske zur personalen Identität, die durch den Schauspieler buchstäblich Stimme und Leben erhält. Aus dieser Perspektive mag es widersinnig erscheinen, von Masken des Erzählens zu sprechen, zeichnet sich doch gerade das narrative Moment durch die Diegese aus. Die Erzählung als solche bedarf gerade nicht der theatralen Maske als Vermittlungsinstanz. Der Erzähler übernimmt hier die Funktion, die im Drama die Maske einnimmt. Die 'persona' kommt dabei allenfalls in einer uneigentlichen Bedeutung zur Geltung, in der Figuren- oder Personenrede. In der narratologischen Textanalyse ist es üblich, die Form der Rede als dramatischen Modus zu bezeichnen. Insofern schreibt sich dann doch das theatrale Moment der Maske in den narrativen Text ein. Doch nur selten wird die Person als 'persona', die Maske als Maske gelesen. Der folgende Versuch, das Erzählen als ein Modell der Maske zu lesen, ist nicht einer spezifisch narratologischen Perspektive geschuldet, sondern einigen Textbeobachtungen anhand einer Lektüre von John von Düffels Roman 'Houwelandt'. Vergleichend wird außerdem die Schlusssequenz aus Thomas Manns 'Buddenbrooks' in den Blick genommen, in der von Düffels narratives Masken-Spiel schon vorgezeichnet ist.
Die globalen Waren, mit denen die Literatur handelt, sind oftmals Gegenstände, die sich der Wertform des Kapitals entziehen: Sie sind Gaben, die - etwa im Sinne Greenblatts - eine Zirkulation sozialer Energien bewirken oder - im Sinne Derridas - ein die Ökonomie des Tauschprinzips unterbrechendes Ereignis stiften können. Das globale Moment der Literatur bestünde demnach darin, dass, wie es Goethe in "Dichtung und Wahrheit" formuliert hat, "die Dichtkunst überhaupt eine Welt- und Völkergabe sei". Diesem Verständnis von Literatur als "Welt- und Völkergabe" ist auch Paul Celans Werk verpflichtet. In der Gabenstruktur seiner Gedichte, die sich in der bewussten Hinwendung zum Anderen anzeigt, kommt auch der Weltbezug dieser Dichtung zum Ausdruck. Diesen vielfältigen Facetten von Celans literarischem Weltbezug sind die in diesem Themenschwerpunkt versammelten Beiträge gewidmet. Dem Werk Celans muss die Struktur der Globalisierung nicht erst künstlich zugeschrieben werden: Sie ist ihm inhärent. Denn zum einen hat die Erfahrung von Migration und Mehrsprachigkeit Celans Schreiben in hohem Maß geprägt; zum anderen ist aber auch die globale Dimension der Literatur, nämlich der weltliterarische Gestus seines Schreibens, in den Texten stets präsent.
Die Meridian-Rede ist als die zentrale poetologische Schrift Celans anzusehen, in der er sich mit unterschiedlichen poetologischen und philosophischen Konzepten auseinandersetzt. Im Folgenden werden die vielen für die Rede bedeutsamen Intertexte jedoch nicht nochmals thematisiert; es soll vielmehr das Augenmerk auf die Rhetorik des Raums gerichtet werden. [...] Aufbauend auf Celans Poetik des globalen Raums soll der Versuch unternommen werden, dessen Konzeption einer dichterischen Toposforschung anhand eines Gedichts aus dem im Jahr 1967 erschienenen Band "Atemwende" plausibel zu machen. Es handelt sich um das letzte Gedicht des zweiten Zyklus und trägt den Titel "Hafen".
Bei Helmut Brall-Tuchel geht es um die Prozesse der inneren und äußeren Wahrnehmung. Diese Analyse, die sich mit den Affekten befaßt (vor allem mit der Bildsprache des Schreckens im Parzival) und mit der Beziehung des Erzählers zu den Wahrnehmungen seiner Figuren, konzentriert sich auf einen kulturanthropologischen Gesichtspunkt.
1958 schrieb Theodor W. Adorno:
Den Nimbus, der den Namen von Georg Lukács heute noch, [...] umgibt, verdankt er den Schriften seiner Jugend, dem Essay-Band 'Die Seele und die Formen', der 'Theorie des Romans', den Studien 'Geschichte und Klassenbewußtsein', in denen er als dialektischer Materialist die Kategorie der Verdinglichung erstmals auf die philosophische Problematik prinzipiell anwandte. Ursprünglich etwa von Simmel und Kassner angeregt, dann in der südwestdeutschen Schule gebildet, setzte Lukács bald dem psychologischen Subjektivismus eine objektivistische Geschichtsphilosophie entgegen, die bedeutenden Einfluß ausübte. Die 'Theorie des Romans' zumal hat durch Tiefe und Elan der Konzeption ebenso wie durch die nach damaligen Begriffen außerordentliche Dichte und Intensität seiner Darstellung einen Maßstab philosophischer Ästhetik aufgerichtet, der seitdem nicht wieder verloren ward. Als, schon in den frühen zwanziger Jahren, der Lukácssche Objektivismus sich, nicht ohne anfängliche Konflikte, der offiziellen kommunistischen Doktrin beugte, hat Lukács nach östlicher Sitte jene Schriften revoziert; hat die subalternsten Einwände der Parteihierarchie unter Mißbrauch Hegelscher Motive sich gegen sich selbst zu eigen gemacht und jahrzehntelang in Abhandlungen und Büchern sich bemüht, seine offenbar unverwüstliche Denkkraft dem trostlosen Niveau der sowjetischen Denkerei gleichzuschalten [...].
Wenn heute - über ein halbes Jahrhundert später - diese Zeilen wie eine unverändert gültige Charakterisierung des Philosophen und Literaturhistorikers anmuten, so nicht nur, da sich mit der Auflösung der Sowjetunion und dem Ende des realen Sozialismus in Ostmittel- und Osteuropa die politischen Rahmenverhältnisse, die Lukács' Arbeit in vielfacher Weise bestimmt hatten, aufgelöst haben. Schon deutlich früher war das Werk des ungarischen Intellektuellen ins Abseits des europäischen Gedächtnisses gedrängt worden.
Hofmannsthal und Majakowskij. Hofmannsthal und Picasso. Hofmannsthal und Malewitsch. Hofmannsthal und Beuys. - Was Hofmannsthal seinem Chandosbrief nachgerufen hatte - "fernes Fremdes als nah verwandt spüren zu machen" (BW Andrian 161) -, kann als Leitsatz gelten für den vorliegenden Beitrag, der Hofmannsthal mit Namen in Verbindung bringt, von denen man bisher ziemlich genau wußte, wie wenig sie mit diesem Dichter zu tun haben.