830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Heinrichová, Naděžda/ Dědičová, Helena et al. (Hgg.) (2015): Německá próza po roce 2000 [Deutsche Prosa nach dem Jahre 2000]. Červený Kostelec: Pavel Mervart, 166 S., ISBN 978-80-7465-183-0
Im April 2013 fand an der Universität Hradec Králové eine tschechisch-deutsche Autorentagung unter dem Motto Passagen - Literatur im Übergang statt, die sich der Literatur und dem literarischen Leben in der Tschechischen Republik und in Deutschland widmete und neben Autorenlesungen und Workshops zur Gegenwartsliteratur auch Podiumsdiskussionen über den tschechischen wie deutschen Literaturmarkt bot. Sie wurde zum Impuls für die vorliegende Publikation zur deutschen Prosa des 21. Jahrhunderts der Literaturwissenschaftlerin Naděžda Heinrichová, der Sprachwissenschaftlerin Helena Dědičová (die hier auch als Übersetzerin von Milena Oda figuriert) sowie der Studentinnen der Pädagogischen Fakultät der Universität Hradec Králové.
Rezension zu Chiellino, Carmine/ Shchyhlevska, Natalia (Hgg.) (2014): Bewegte Sprache. Vom 'Gastarbeiterdeutsch' zum interkulturellen Schreiben. Dresden: Thelem, 288 S., ISBN 978-3-942411-60-8
Unter welchen Voraussetzungen entsteht interkulturelle Literatur in Deutschland? Dieser Frage widmet sich der vorliegende Band und untersucht, wie sich der kreative Umgang mit der deutschen Sprache durch drei Autorengenerationen entwickelt hat. Die Beiträge würdigen die Sprachleistungen der jeweiligen AutorInnen und weisen zugleich durch gezielte Analysen auf wiederkehrende Grundtendenzen im Umgang mit der deutschen Sprache hin. Dabei ist besonders von Interesse, wie sich die deutsche Sprache unter dem Einfluss der Literatur interkultureller AutorInnen entwickelt und verändert. Literatur-, Sprach- und Translationswissenschaftler aus mehreren Ländern analysieren wiederkehrende Erzählstrategien und literarische Phänomene in den Werken zahlreicher AutorInnen mit unterschiedlichen Herkunftssprachen und -kulturen.
Rezension zu Catani, Stephanie/ Marx, Friedhelm (Hgg.) (2015): Über Grenzen. Texte und Lektüren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Göttingen: Wallstein, 223 S., ISBN 978-3-8353-1723-9
Das Buch Über Grenzen erscheint als zwölfter Band der Reihe Poiesis. Standpunkte zur Gegenwartsliteratur, die sich als 'Forum poetologischer, literaturwissenschaftlicher und literaturkritischer Beiträge im Kontext der Bamberger Poetikprofessur' versteht. Der vorliegende Band passt sehr gut in das Programm der Reihe1, die sich in der Mehrzahl einzelnen SchriftstellerInnen - wie zuletzt Jenny Erpenbeck, Thomas Glavinic oder Annette Pehnt - widmet, werden in ihm doch Werke (Romane und ein Hörspiel) von gleich sieben Gegenwartsautor(inn)en vorgestellt und literaturwissenschaftlich analysiert sowie mit einem Kommentar zu deren Entstehung von den SchriftstellerInnen selbst versehen.
Rezension zu Bergerová, Hana/ Vaňková, Lenka et al. (2015): Lexikalische Ausdrucksmittel der Emotionalität im Deutschen und im Tschechischen. Ostrava: Universität Ostrava, 262 S., ISBN 978-80-7464-460-3
Die Publikation Lexikalische Ausdrucksmittel der Emotionalität im Deutschen und im Tschechischen entstand im Rahmen des von der Forschungsagentur der Tschechischen Republik (GA ČR) geförderten Projektes Ausdrucksmittel der Emotionalität im deutsch-tschechischen Sprachvergleich. An diesem Projekt haben Germanist(inn)en und Bohemist(inn)en der Universität Ostrava, der Masaryk-Universität in Brno und der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem vier Jahre lang zusammen gearbeitet, wobei die besprochene Publikation nur einen Teil der Forschungsergebnisse vorstellt.
Ausgehend von der Verschränkung der aktuellen Diskurse von Spatial Turn und Emotional Turn wird in dem Beitrag der Frage nachgegangen, inwiefern der Begriff 'Heimat' als Raum des sozialen und symbolischen Handelns des Menschen bzw. dessen Emotionen in den Werken deutschsprachiger Gegenwartsautor(inn)en tschechischer Herkunft konstruiert wird. Während im Roman Die Fassade (Libuše Moníková) der Heimat eine symbolische Funktion eines externen Gedächtnisses zugesprochen wird, rückt in dem Roman Georgs Sorgen um die Vergangenheit… (Jan Faktor) die räumliche Komponente in den Vordergrund. Die Hauptfigur in Novemberfäden (Katja Fusek) konstruiert dagegen ihren Heimatbegriff aus der eigenen emotionsbeladenen Erinnerung heraus, wobei dessen Revision eine notwendige Voraussetzung für die eigene Identitätsbildung auf Grund der Konfrontation von 'Fiktion' und 'Realität' darstellt.
Schlesien ist eine Region mit einer komplizierten multinationalen Vergangenheit, seit Jahrhunderten ein multikultureller Übergangsraum, stets Peripherie einer größeren territorialen und sprachlichen Einheit. Ein Großteil dieser heute überwiegend in Polen gelegenen Region gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg zum deutschen Sprachraum. Polnisch sprach nur eine Minderheit der Bevölkerung. Nach dem Krieg hat sich das Blatt gewendet, und heutzutage gibt es im überwiegend polnischen Sprachgebiet nur vereinzelt deutsche Sprachinseln. Der nachstehende Beitrag befasst sich mit der Situation der deutschsprachigen Schlesier in Polen und der Überlebensfähigkeit der deutschen Sprache in der Region.
Der Beitrag geht der Frage nach, wie sich die noch in den 1980er Jahren marginalisierte Migrationsliteratur heutzutage unter der Etikettierung 'Interkulturelle Literatur' auf dem literarischen Markt allmählich etabliert hat und mittlerweile zur zentralen Tendenz der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur geworden ist. Am Beispiel von Autoren und Autorinnen tschechischer Herkunft, Jiří Gruša, Libuše Moníková und Michael Stavarič, wird die 'Verortung' der 'interkulturellen Literatur' im Spannungsfeld von Peripherie und Zentrum dargestellt und ihr Mehrwert diskutiert.
Rezension zu Gero von Wilpert: Deutschbaltische Literaturgeschichte. München (C.H. Beck) 2005. 287 S.
Mit seinem 'Sachwörterbuch der Literatur' und seinem großangelegten 'Lexikon der Weltliteratur', geordnet nach 'Autoren' und 'Werken', gehört Gero von Wilpert seit einem halben Jahrhundert zum festen Bestand der Literaturwissenschaft. Hohes Lob in der Flut ähnlicher Unternehmungen fand 1998 sein 'Goethe-Lexikon'. Diese Lexika flankierend erschienen seine motivgeschichtlichen Monographien, die ebenfalls einen breiten Leserkreis erreichten: 1978 'Der verlorene Schatten: Varianten eines literarischen Motivs', 1994 'Die deutsche Gespenstergeschichte: Motiv, Form, Entwicklung'. Wenn Gero von Wilpert nun eine 'Deutschbaltische Literaturgeschichte' vorlegt, so darf er der interessierten Aufmerksamkeit einer weltweiten Leserschaft gewiss sein. Sein besonderes, hier spürbares Engagement hat einen lebensgeschichtlichen Hintergrund: Gero von Wilpert wurde 1933 in Dorpat (Estland) geboren und realisiert mit der jetzt präsentierten Monographie ein langgehegtes Vorhaben. Präzise, fundiert und auf große Linien ausgerichtet durchläuft seine Darstellung mit ihren acht Kapiteln die deutschbaltische Literatur vom Mittelalter bis ins 20.Jahrhundert.
[Rezension zu:] Oxana Swirgun: Das fremde Rußland. Rußlandbilder in der deutschen Literatur 1900-1945. Frankfurt a.M., Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien (Peter Lang) 2006 (= Bochumer Schriften zur deutschen Literatur, Bd. 65). 268 S.
Wer sich über das literarische deutsche Russlandbild und die vielfältigen imagologischen Aspekte der deutsch-russischen Literaturbeziehungen vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts orientieren will, findet hierzu verlässliche erste Informationen und zahlreiche bibliografische Hinweise zu spezieller Forschungsliteratur in den zwischen 1985 und 2000 von Mechthild Keller bei Wilhelm Fink herausgegebenen vier Sammelbänden zum Thema 'Russen und Rußland aus deutscher Sicht', die innerhalb der von Lew Kopelew herausgegebenen Reihe "West-Östliche Spiegelungen" erschienen sind. Überblicksdarstellungen zu den deutsch-russischen Literaturbeziehungen des 20. Jahrhunderts liegen in größerer Zahl vor, wobei der Schwerpunkt auf der deutschsprachigen Russland- bzw. Sowjetunion-Reiseliteratur vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges liegt.
Rezension zu Stefan Neuhaus: Märchen. Tübingen, Basel (A. Francke) 2005. 391 S.
Obwohl die zeittypischem Literaturverständnis geschuldete Zuordnung von André Jolles längst revidiert und das Märchen von der Forschung als sozusagen komplexe Form rehabilitiert wurde, fehlen neuere Überblicksdarstellungen zu der gerade für die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft höchst interessanten Gattung. Diese Lücke zu schließen ist ambitiöses Ziel des vorliegenden Bandes.
Die Arbeit widmet sich in umfassender Analyse dem Gesamtwerk des deutschen Barockdichters Friedrichs von Logau (1605–1655). Diese beruht in erster Linie auf der zu Lebzeiten erschienenen Ausgabe der Epigramme und Gedichte, 'Salomons von Golaw Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend' (1654). Betrachtet wird die Entwicklung der Gattung des Epigramms in der deutschen Literatur und die besonderen Ausprägungen epigrammatischer Dichtkunst in der Barockzeit, ihre Stilmerkmale und ihr rhetorisch überformter Charakter. Eingehend diskutiert werden sodann die Versuche der wissenschaftlichen Definition und Verortung des Epigramms in der Theorie des 16. bis 20. Jahrhunderts und eine eigene Charakteristik der Epigramme Logaus erarbeitet. Die Untersuchung analysiert auch das breiten Spektrum der Gattung des literarischen Epigramms im Werk Logaus und die verwendeten poetischen Verfahren. Darüber hinaus kommen die patriotischen Aspekte seiner Dichtung in den Blick, und es werden die Quellen der seiner Nachdichtungen und die Anspielungen auf zeitgenössische Ereignisse vorgestellt. Ein Ausblick auf die Rezeption von Logaus epigrammatischem Werk vom Ausgang des 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart schließt sich an. Leitlinien der Untersuchungen durch den Verf. war die Erarbeitung der religiösen Weltsicht des Dichters, der gnomischen Weisheitslehre und die Aufdeckung der Verbindung zwischen dem Titel seines Werkes und der biblischen Spruchweisheit. Die Idee ist die eines "Buches der Sprüche des neues Salomo" und verkörpert sich in der Sammlung der Epigramme. Der Verfasser versucht auf der Grundlage genauer Examination des Werks die geistige Konzeption seines Werkes darzulegen und die Epigramm-Sammlung Logaus als universelles Buch der Sprüche über die Welt und das menschliche Leben zu deuten. In den Anhängen der Dissertation zeichnet der Verfasser den Lebensweg des Dichters nach und bietet eine Übersicht zu den literarischen Übersetzungen seiner Epigramme in andere Sprachen.
Aktuelle Berichte
(2014)
Repräsentationen der verlorenen Heimat in der deutschsprachigen Literatur Böhmens, Mährens und Schlesiens. Internationale Tagung in Vitoria-Gasteiz, 27.-29. Juni 2013
Transnationale Repräsentationen von Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg (Deutschland - Polen - Tschechien - Slowakei). Internationale Tagung an der Universität Lille 3, 20.–22. März 2014
"Ende einer Ära. 1914 in den Literaturen der Donaumonarchie und ihrer Nachfolgestaaten". 22. Franz Werfel-StipentiatInnen-Tagung in Wien, 28.–29. März 2014
Projekt SpoluRosteme :: ZusammenWachsen :: 30 Jahre GFPS-Geschichte im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung in Mittel- und Osteuropa. Internationales Seminar in Ústí nad Labem, 3.–6. April 2014
Zentren und Peripherien. Deutsch und seine interkulturellen Beziehungen in Mitteleuropa. Sektion: "Macht und Ohnmacht. Hegemonialität und Marginalität in den Literaturen Mitteleuropas". IV. Kongress des MGV in Erfurt, 10.–12. April 2014
Eine "Nomadisierung der Moderne"? Interdisziplinäre Perspektiven der Interkulturalitätsforschung. Internationale Tagung am Internationalen Forschungszentrum Chamisso-Literatur an der Universität München, 26.–28. Juni 2014
"Deutsch ohne Grenzen". Tagung des Germanistenverbandes der Tschechischen Republik in České Budějovice, 16.–18. September 2014
Frieden und Krieg im mitteleuropäischen Raum. Historisches Gedächtnis und literarische Reflexion. Kolloquium der Österreich-Bibliotheken im Ausland. Tschechische Republik, 20.−27. September 2014
Im Jahre 2011 feierte der Slowakische Deutschlehrer- und Germanistenverband SUNG das zwanzigjährige Jubiläum seiner Gründung mit einer Reihe von Veranstaltungen, in denen er sowohl alle an der deutschen Sprache und der deutschsprachigen Kultur Interessierten als auch alle an ihrer Förderung und Erforschung Beteiligten zum Dialog einlud. Den Auftakt der Reihe bildete das wissenschaftliche Seminar zum Thema 20 Jahre Germanistik in der Slowakei“, das in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Germanistik der Cyril und Methodius Universität in Trnava im Juni 2011 veranstaltet wurde und den Stand der germanistischen Forschung in der Slowakei gut zwei Jahrzehnte nach dem gesellschaftlichen Umbruch fokussierte. Im Heft 2/2011 veröffentlichte die Slowakische Zeitschrift für Germanistik den linguistischen Teil der retrospektiven Studien, die durch diese Initiative angeregt wurden.
Das Heft [...] bietet Raum zur Fortsetzung dieser Bilanz, indem es die Bereiche Literaturwissenschaft (mit den Schwerpunkten Schweizer Literatur, österreichische Literatur, DDR-Literatur, Komparatistik) und Translationswissenschaft (literarische Übersetzung, Übersetzungskritik, germanistische Translationswissenschaft in Banská Bystrica) in den Fokus rückt. Mehrere slowakische Literaturwissenschaftler und Übersetzungswissenschaftler, die der Einladung des Verbands folgten, bemühen sich in den hier publizierten Studien, die bisherige germanistische Forschung ihrer Themenfelder zu reflektieren und die fachlichen Entwicklungen seit dem Epocheneinschnitt geschichtlich einzuordnen. Jüngere Forscher nutzen dieses Forum, um die Leistungen von namhaften Vertretern der slowakischen germanistischen Literaturwissenschaft genauer in den Blick zu nehmen, sie neu zu hinterfragen und im geschichtlichen Kontext zu verorten. In allen Aufsätzen wird jedoch die Unabgeschlossenheit der Ausführungen zugegeben. Die Studien wenden sich ausgewählten Forschungsschwerpunkten zu und das Bild, das am Ende entsteht, muss ausschnitthaft und unvollständig bleiben. Die Beiträge dienen jedoch keineswegs der heute so häufigen Selbstinszenierung, sondern zeugen von Respekt vor der Leistung der anderen und sind das Ergebnis einer ehrlichen Bemühung um ihre Dokumentation.
An den Schnittpunkten der Fachgeschichte und der Forschungsgegenwart sollen auch aktuelle Fragestellungen aufgegriffen werden und zugleich Anregungen zu den Diskussionen um die Perspektiven der slowakischen Germanistik entstehen. Auf diese Weise möchte die Slowakische Zeitschrift für Germanistik einen Beitrag dazu leisten, bestehende wissenschaftliche Aktivitäten in der slowakischen Forschungslandschaft zu vernetzen und unterschiedliche, oft vereinzelte Forschungstrends der hiesigen Germanistik zu bündeln.