830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Als Uwe Johnson im Frühjahr 1980 in seinen "Begleitumständen", der Buchfassung der im Jahr zuvor an der Frankfurter Universität gehaltenen Poetik-Vorlesung, erstmals mitteilte, er sei von seiner Frau seit 1961 mit einem Agenten des tschechoslowakischen Staatssicherheitsdienstes betrogen und von beiden einvernehmlich ausspioniert worden, war die Ratlosigkeit unter seinen Lesern groß. Welches Interesse konnte der tschechische Staatssicherheitsdienst an Johnsons dichterischem Werk gehabt haben oder haben, und welches Interesse im besonderen daran, den Autor am Abschluss der "Jahrestage" zu hindern?
Der Blick auf Dichterruhm und Dichterverehrung im 19. Jahrhundert kann leicht in Vergessenheit geraten lassen, daß das immerwährende Hauptproblem dichterischer Existenz für die meisten der damals lebenden Autoren ein ganz anderes gewesen ist: die Bezahlung, das Geld. Während die Dichter des 18. Jahrhunderts ihren Lebensunterhalt noch weitgehend aus Familienbesitz oder ihrer mäzenatischen Versorgung durch die Höfe bestreiten konnten - alles andere wäre wegen des noch nicht gegebenen Urheberrechtsschutzes auch ausgeschlossen gewesen -, sind die des 19. Jahrhunderts zunehmend auf die Einnahmen aus ihren Werken angewiesen, und hier zeigte sich, daß auf die Gunst des Publikums noch viel weniger Verlaß war als vormals auf die Gunst der Mäzene. Auch Theodor Fontane hat sich so zeitlebens weniger um sein Ansehen als um sein Einkommen sorgen müssen, und je länger je mehr interessierte ihn dieses Ansehen überhaupt nur noch unter dem Gesichtspunkt, ob es ihm auch etwas eintrug.
Über Schillers kunsttheoretische Schriften noch etwas Neues sagen zu wollen, könnte nach allem, was im Verlauf von 200 Jahren über sie schon geschrieben worden ist, vermessen erscheinen - und wirklich kann für die Neuheit des hier Gesagten im einzelnen die Hand nicht ins Feuer gelegt werden. Hoffentlich aber doch für seine Neuheit im ganzen. Denn was an den Ausführungen zu diesem Thema seit langem unbefriedigt läßt, das ist die völlige Isoliertheit, mit der es in aller Regel behandelt wird, d.h. ist seine Erörterung lediglich auf der theoretisch-philosophischen Ebene und nicht auch im Hinblick auf seine Bedeutung für Schillers dichterische Praxis. Gewiß, Schiller selbst hat sich um diese Bedeutung auch kaum gekümmert. Als er sich nach dem Don Carlos erst der Geschichtsschreibung, dann der philosophischen Ästhetik widmete, geschah es ohne Bezug zu dichterischen Plänen, und als er fast ein Jahrzehnt später mit dem Wallenstein ernstlich einen solchen Plan wieder aufnahm, wollte er an seine theoretischen Schriften nicht mehr erinnert werden. Und nicht nur das, auch in diesen Schriften selbst kommen Bezüge zu praktisch-poetischen Fragen nur selten vor. Es sei überhaupt ein Fehler, so erklärt er in der Abhandlung Ueber die notwendigen Grenzen bei Gebrauch schöner Formen, in Fällen, wo es "um strenge Konsequenz im Denken zu tun" sei, nach praktischen Beispielen und sinnlich-konkreter Ausfüllung Ausschau zu halten. Der Verstand werde dadurch nur verführt, sich statt auf das zu erschließende Ganze nur auf das stets schon vorhandene Einzelne auszurichten und, indem er es mit seinen bloß zufälligen Erfahrungen verbinde, das Ganze womöglich verfehlen. Nur wer zum Volk und im besonderen, wer zu Frauen spreche, tue gut, "die Erkenntnisse der Wissenschaft wieder in lebendige Anschauung umzuwandeln". Denn ihm, dem weiblichen Geschlecht, sei es nun einmal nicht gegeben, die Wahrheit anders denn als materiell, d.h. im Beispiel zu begreifen, und so müsse man es wenigstens empfinden lassen, "wo es nicht gedacht und genießen, wo es nicht gearbeitet" hätte.
Fontane, ja gewiß - aber muss es Effi Briest sein? Bietet nicht Irrungen Wirrungen die wahrere, Frau Jenny Treibel die deftigere, L'Adultera die erfreulichere Geschichte? Doch Effi Briest kennt jeder, kann jedenfalls jeder nennen, und weil Bekanntheit immer auch motiviert und diesen Roman nicht zu kennen auch wiederum zu wenig wäre, kann ruhig mit ihm der Anfang gemacht werden.
Die Familie hatte sich bemüht, alle Spuren zu beseitigen, aber heraus kam es doch. "Denke Dir", Titelso lautete ein lange unterdrückter Brief Theodor Fontanes vom 1. März 1849 an seinen Freund Bernhard von Lepel, "Enthüllungen No II; zum zweiten Male unglückseliger Vater eines illegitimen Sprößlings". Und: "Meine Kinder fressen mir die Haare vom Kopf, eh die Welt weiß, daß ich überhaupt welche habe." Mit der Veröffentlichung 1960 wußte es also die Welt, und die Vermutungen gingen auch sofort in eine bestimmte Richtung. Da die Hiobsbotschaft Fontane als ‘Aktenstück aus Dresden’ erreicht hatte, nahm man an, daß dann nur beide Kinder aus ein und derselben Verbindung stammen konnten. Zu Dresden hatte er seit 1843, dem Ende seines Volontariats in der Salomonis-Apotheke, eigentlich keine Verbindung mehr - sollte dann nicht allein ein solches dort schon bestehendes Verhältnis zu einem weiteren Kind daselbst geführt haben?
Manche mögen noch immer für einen Scherz halten, was der knapp dreißigjährige und damals noch unverheiratete Theodor Fontane am 1. März 1849 an einen seiner Freunde schrieb, einen Scherz, weil es zu seiner sonstigen Redlichkeit und Umsicht so gar nicht zu passen scheint. "Denke Dir", schrieb er an den zwei Jahre älteren Bernhard von Lepel, 'Enthüllungen No II'; zum zweiten Male unglückseliger Vater eines illegitimen Sprößlings. Abgesehn von dem moralischen Katzenjammer, ruf ich auch aus: "Kann ich Dukaten aus der Erde stampfen usw." Meine Kinder fressen mir die Haare vom Kopf, eh die Welt weiß, daß ich überhaupt welche habe. O horrible, o horrible, o most horrible! ruft Hamlets Geist und ich mit ihm. Das betreffende interessante Aktenstück (ein Brief aus Dresden) werd' ich Dir am Sonntage vorlegen, vorausgesetzt, daß Du für die Erzeugnisse meines penes nur halb so viel Interesse hast wie für die meiner Feder.
So eingehend sich die deutsche Literaturwissenschaft mit Uwe Johnson im ganzen bislang beschäftigt hat - an einem seiner Werke ist sie dabei vorbeigegangen: an Zwei Ansichten. Bei seinem Erscheinen 1965 von immerhin einem halben Hundert Rezensionen begrüßt, ist sehr bald von dem Roman nicht mehr die Rede gewesen, nur ein paar Aufsätze und einige Besprechungen in Gesamtdarstellungen sind später zu ihm noch zu finden. Jüngere Materialien-Bände zu Johnson müssen deshalb auf seine Einbeziehung in ihre Rezeptions-Überblicke schon verzichten, oder sie greifen verlegen auf Beiträge zurück, die mehrfach anderweit schon gedruckt worden sind.
Es begann in Lesmona : auf den Spuren einer Bremer Liebesgeschichte ; [Homepage Lesmona-Projekt]
(1993)
Im Herbst 1951 erschien in Hamburg ein Buch, dessen Inhalt in mehrerer Hinsicht überraschend war. "Sommer in Lesmona" hieß es, Untertitel "Mädchenbriefe", doch Briefe aus einem italienischen Badeort enthielt es nicht. Die Briefe stammten aus Bremen und aus der Zeit schon vor der Jahrhundertwende - 'Lesmona' war eine Villa bei Vegesack.
Im Frühjahr 1902 schreibt der noch wenig bekannte, eben erst mit den Buddenbrooks hervorgetretene Thomas Mann an ein "verehrtes Fräulein Hilde" in Dresden einen ungewöhnlichen Brief. Nachdem er ihr zunächst artig zum Geburtstag gratuliert und sich mit einer kleinen Plauderei hinreichend bei ihr eingeschmeichelt hat, rückt er unverhohlen mit etwas ganz anderem heraus. Es ist ein Mordfall, der sich in Dresden zugetragen hat. Vor einiger Zeit habe eine 'Dame der Gesellschaft' in der Dresdner Straßenbahn einen jungen Musiker erschossen, ob sie ihm nicht, mit den Beteiligten bekannt, mehr darüber berichten könne. Der Fall habe einen "ganz merkwürdig starken Eindruck" auf ihn gemacht, vielleicht, daß er sich seiner einmal zu einer "wundervoll melancholischen Liebesgeschichte" bedienen werde. Und dann gießt er einen wahren Sturzbach von Fragen über sie aus: nach der Dauer der Beziehung zwischen den beiden, nach den Familienverhältnissen der Täterin, ob sie Kinder habe, wie man gesellschaftlich miteinander umgegangen sei, was mit den Geschenken gewesen sei, die sie dem Geliebten gemacht haben solle, wie sich die Tat im einzelnen abgespielt habe und vieles mehr. In jedem Falle aber benötige er "Détails", sie vor allem seien ihm wichtig. Wenn sie also irgend könne, so möge sie ihm doch "bitte, bitte, bitte!" einmal alles "recht genau, recht eingehend, recht ausführlich erzählen.
Wenn Effi Briest in den letzten zwei Jahrzehnten in unseren Schulen fast zur Pflichtlektüre geworden ist, so hängt das aufs engste damit zusammen, daß dieser Roman heute allgemein als gesellschaftskritisch verstanden wird, Effis Schicksal also als ein Beispiel dafür gilt, wie ein natürlich veranlagter, rein seinen Empfindungen folgender Mensch an bestimmten gesellschaftlichen Konventionen scheitert und ihnen schließlich zum Opfer fällt. Effi sei es um nichts als um ein ,schlichtes und schönes Leben' gegangen, lautet etwa ein in diesem Sinne paradigmatisch gewordenes Urteil von Lukacs, die Gesellschaft jedoch habe diesen ihren Anspruch einfach ,zerstampft'. Oder man denke an die immer wieder als besonders werkgetreu gelobte Verfilmung des Romans durch Faßbinder, in der Effi, regelmäßig ganz in Weiß, von lauter deformierten Gesellschaftswesen umgeben ist, die nicht ruhen, bis sie dieses einzige unverdorbene Geschöpf zugrunde gerichtet haben. Daß hinter solchen Deutungen stets auch die Absicht steht, heutige gesellschaftliche Verhältnisse zu kennzeichnen und zu kritisieren, versteht sich von selbst, soll hier aber nicht weiter beachtet werden, zumal natürlich auch zweifelhaft ist, daß ausgerechnet der Fall Effi Briest zur Bestimmung heutiger gesellschaftlicher Mißstände viel beitragen kann. Zunächst stellt sich die Frage nach der Plausibilitat jener Deutungen selbst, denn erst einmal sind sie es, die sich bei der Behandlung des Romans bewähren müssen.
Wohl jedem Leser der Romane Uwe Johnsons wird auffallen, daß örtliche und räumliche Angaben bei diesem Autor eine große Rolle spielen. Zwar sind diese Angaben - zumal in den frühen Romanen - nicht immer im kartographischen Sinne exakt, aber man spürt doch, daß es in dieser Hinsicht sorgfältig kalkulierte Verhältnisse gibt. Der wichtigste, der eigentliche Raum dieser literarischen Topographie ist natürlich Mecklenburg. Bereits in Ingrid Babendererde, dem ersten Roman, entworfen, kehrt er zunächst in den Mutmaßungen über Jakob, dann als Lebensstation des Journalisten Karsch wieder und wird schließlich in den Jahrestagen in umfassender Weise zur Geltung gebracht. Das Kleine Adreßbuch zu diesem Werk verzeichnet weit über einhundert Namen von mecklenburgischen Städten, Dörfern, Seen1), und nicht wenige von ihnen werden im Text in Einzelzügen berührt und einander räumlich zugeordnet nach Himmelsrichtungen und Verkehrswegen, Landschaftsmerkmalen und Aussichtshorizonten.
Im Jahre 1798, auf dem Höhepunkt seines Gedankenaustausches mit Schiller, veröffentlicht Goethe eine kleine Kunstbetrachtung mit dem Titel Über Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der Kunstwerke. Zwei Opernbesucher unterhalten sich hier über die Frage, ob man von einem Kunstwerk verlangen konne, daß alles an ihm 'wahr und wirklich' erscheinen solle, oder ob nicht die 'innere Wahrheit', die Übereinstimmung des Werkes mit sich selbst das viel Wichtigere sei. Dabei überzeugt der eine den anderen, daß gerade die Oper, wo die Personen wider jede Wahrscheinlichkeit "alle ihre Leidenschaften singend darlegen, sich singend herumschlagen und singend verscheiden", den Beweis für die Nebensächlichkeit der Naturtreue liefere. Nur der ganz ungebildete, allein am Gegenständlichen haftende Zuschauer nehme an dieser Unwahrscheinlichkeit Anstoß. Der Kenner frage eher nach der Kunstgestalt des Werkes, er bewundere "die Vorzüge des Ausgewählten, das Geistreiche der Zusammenstellung, das Überirdische der kleinen Kunstwelt" und gewinne so auch für sein eigenes zerstreutes Leben die Ahnung einer "höheren Existenz".1)
Ironie als Redefigur, die das Gegenteil dessen sagt, was sie meint, kommt bei Thomas Mann nicht vor. An ihrer Stelle steht - der Aufsatz legt es an einer Reihe von Beispielen dar - ein System von Über- und Untertreibungen, in dem Hochwertiges in seinem Ansehen vermindert und Geringes aufgewertet wird. Damit wird die Wirklichkeit zwar wohl karikiert, aber nicht 'verletzt.' Das ist zugleich der Grund, warum Thomas Manns Werk realistisch wirkt.
Es ist nunmehr fast zehn Jahre her, daß mit der Uraufführung von Rolf Hochhuths Stellvertreter das schon recht antiquiert wirkende Genre des historischen Dramas neu belebt wurde und auf der Stelle Wirkungen hervorrief, wie sie für die Theatergeschichte der Nachkriegszeit beispiellos sind. Auf dem Kothurn des jambischen Verses präsentiert und Szene für Szene als Literatur ausgewiesen, beschäftigte dieses "christliche Trauerspiel" weniger die literarische Welt als Historiker und Publizisten, Politiker und Bürger, Kleriker und Laien. Von Podiumsdiskussionen über Demonstrationen bis hin zu parlamentarischen Anfragen reichte die Skala der Reaktionen, fixiert allein auf die von dem Stück aufgeworfene Frage, ob Papst Pius XII. mehr, als er getan hat, hätte tun müssen und tun können, um die Juden Europas vor der Vernichtung durch Hitler zu bewahren. Als Literaturwissenschaftler könnte man versucht sein, das lediglich als ein Stück Wirkungsgeschichte des politischen Theaters abzuhandeln, dem man gewiß Respekt, aber ein weitergehendes Interesse dann doch nicht schuldig sei, wäre in diesem Zusammenhang nicht ein altes und seither häufig diskutiertes ästhetisches Problem aufs neue relevant geworden: das Problem der Autonomie der Kunst, bzw. die Frage nach der Freiheit des Autors gegenüber dem historischen Stoff.
Bibliographie : Historisch-kritische Ausgabe der "Römischen Octavia" (Stuttgart: Hiersemann 1993ff.)
(2004)
Anton Ulrich Herzog zu Braunschweig und Lüneburg: Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Akademie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel hg. von Rolf Tarot in Verbindung mit Hans-Henrik Krummacher. Stuttgart 1993ff. (= Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart)
Siebter Band der zweiten Fassung (B) der "Römischen Octavia". Postum veröffentlicht in Wien. Der Text bricht mitten im Satz ab. Über diesen siebten Band hinaus existieren auch noch große Teile der Diktatniederschriften für einen abschließenden achten Band des Romans. Am verlässlichsten informiert hierüber die Einleitung zur historisch-kritischen Ausgabe in HKA I, pp. XIX-LIX. Vor allem auf den letzten etwa 200 Seiten des siebten Bandes finden sich starke auch konzeptionelle Abweichungen gegenüber den Diktatniederschriften, die auf Anton Ulrichs Sekretär Gottfried Alberti zurückgehen, der nach dem Tod des Herzogs damit betraut war, das Romanprojekt zu einem Ende zu bringen. Zu den Umständen, warum der siebte Band erst 1762 in Wien und der achte Band gar nicht erschienen ist, vgl. Otte (1983) und HKA I, pp. XLVIII-LVIII. Zwischen 1714 (Erscheinen des sechsten Bandes) und 1716 (Konkurs Zilligers) entstand in Wolfenbüttel ein nie vollendeter und nie in den Verkauf gelangter Teildruck des siebten Bandes: Der| Römischen| Octavia| Siebender Theil.| [vignette]| Braunschweig/| Gedruckt und verlegt durch Johann Georg Zilligern| Hochfürstl. privil. Hof-Buchdrucker.
Sechster Band der zweiten Fassung (B) der "Römischen Octavia". verzeichnet im Ostermesskatalog von 1714. Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Enthält mehrere wahrscheinlich autorfremde Gedichte, die jedoch nicht sicher zugeschrieben werden können. Enthält auf den pp. 875-884 ein kleines Oratorium, dessen Verfasserschaft ungeklärt ist. Diverse Überarbeitungen gegenüber der ersten Fassung. Etwa die Hälfte des ursprünglichen Textes des sechsten Bandes der ersten Fassung ist nun dem fünften Band zugeschlagen worden. Ungefähr ab der Mitte des sechsten Bandes beginnt ganz neuer Text. Neu hinzugekommen ist in der ersten Hälfte folgende abgeschlossene Geschichte: "Die Geschichte der Epicharis", pp. 315-356.
Fünfter Band der zweiten Fassung (B) der "Römischen Octavia". verzeichnet im Ostermesskatalog von 1713. Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Etwa die Hälfte des Texts des sechsten Bandes der ersten Fassung ist in der zweiten Fassung in den fünften Band integriert. Enthält mehrere wahrscheinlich autorfremde Gedichte, die jedoch nicht sicher zugeschrieben werden können. Diverse Überarbeitungen gegenüber der ersten Fassung. Neu hinzugekommen sind folgende abgeschlossene Geschichten: "Die Geschichte des Corillus", pp. 15-54 "Des Vatinius Gesandschafft", pp. 57-67 "Begebenheit der Apasia", pp. 857-860
Vierter Band der zweiten Fassung (B) der "Römischen Octavia". verzeichnet im Ostermesskatalog von 1713. Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Enthält wahrscheinlich autorfremde Gedichte, die jedoch nicht sicher zugeschrieben werden können, sowie eine autobiographische Schlüsselerzählung Aurora von Königsmarcks "Die Geschichte der Solane", pp. 603-658. Enthält auf den pp. 415-466 Fragmente eines Davids-Epos in Alexandrinern "Die Geschichte des Davids/ Königs in Juda", das wahrscheinlich ein Jugendwerk Anton Ulrichs darstellt. Einige Überarbeitungen gegenüber der ersten Fassung. Neu hinzugekommen sind folgende abgeschlossene Geschichten: "Fortsetzung der Geschichte der Königin Berenice", pp. 221-232 "Die Geschichte des Davids/ Königs in Juda", pp. 415-466 "Die Geschichte der Solane", pp. 603-658, verfasst von Aurora von Königsmarck "Die Geschichte des Agbarus und der Printzeßin Nitocris", pp. 1051-1066
Dritter Band der zweiten Fassung (B) der "Römischen Octavia" verzeichnet im Ostermesskatalog von 1713. Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Enthält mehrere wahrscheinlich autorfremde Gedichte, die allerdings sämtlich nicht sicher zugeschrieben werden können (vgl. HKA III, pp. XXIII-XXVII). Gegenüber der ersten Fassung nur geringere Überarbeitung. Neu hinzugekommen ist "Die Geschichte Der Königin Berenice", pp. 276-350.
Zweiter Band der zweiten Fassung (B) der "Römischen Octavia". Verzeichnet im Ostermesskatalog von 1713. Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Enthält mehrere teils wahrscheinlich, teils sicher autorfremde Gedichte. Zwei davon stammen von Christian Hofmann von Hofmannswaldau (vgl. HKA I, pp. CLXXIVf., Anm. 195). Gegenüber der ersten Fassung nur geringere Überarbeitung. Neu hinzugekommen ist "Fortsetzung der Geschichte/ Des Königs Monobazes und der Königin Susanna von Adiabene", pp. 808-855. Von der "Geschichte der Flavia Domitilla und der Cönis", pp. 920-1015, existiert eine Übersetzung einer unbekannten französischen Hofdame ins Französische, datiert auf den 9. März 1714 (23: Cod.Guelf. 196.1 Extravag.).
Sechster Band der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Die nicht verkauften Exemplare dieses Drucks wurden zudem 1711 unter neuem Titelblatt im Rahmen einer Gesamtausgabe nochmals angeboten.
Fünfter Band der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Der Band ist erstmals im Ostermesskatalog von 1704 angekündigt worden und dann nochmals im Ostermesskatalog von 1706. Wahrscheinlich sollte der Band, wie es auch auf dem Titelblatt steht, ursprünglich 1704 erscheinen, ist dann aber erst 1706 tatsächlich auf den Markt gekommen. Vgl. dazu HKA I (1993), p. CXVI. Cf. zur Vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia. Römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Die nicht verkauften Exemplare dieses Drucks wurden zudem 1711 unter neuem Titelblatt im Rahmen einer Gesamtausgabe nochmals angeboten.
Drittes und letztes Drittel des vierten Bandes der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Die ersten beiden Drittel erschienen ein Jahr zuvor. Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Die nicht verkauften Exemplare dieses Drucks wurden zudem 1711 unter neuem Titelblatt im Rahmen einer Gesamtausgabe nochmals angeboten.
Die ersten zwei Drittel des vierten Bandes der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Das dritte Drittel folgte separat ein Jahr später. Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Von diesem vierten Band existiert ein nie vollendeter und nie erschienener Teildruck, der mit einigen Lücken die Seiten 250-418 umfasst, entstanden zwischen 1680 und 1682. Die einzelnen Blätter sind in Handschriften zur "Römischen Octavia" (SA Wolfenbüttel: 1 Alt 22, 317, 368, 369) zum Teil eingeklebt und zum Teil lose eingelegt. Vgl. HKA I (1993), pp. CVIf. Ursprünglich sollte dieser vierte Band den Roman abschließen. Als die Arbeit nach einer Unterbrechung von rund 20 Jahren um die Jahrhundertwende herum wieder aufgenommen wurde, wurde das Projekt auf dann auf sechs Bände erweitert. Etwa ab der Bandmitte dominiert dann neu verfasster Text, der nach 1700 entstanden ist. Die nicht verkauften Exemplare dieses Drucks wurden zudem 1711 unter neuem Titelblatt im Rahmen einer Gesamtausgabe nochmals angeboten.
Nachdruck des dritten Bands der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Enthält mehrere wahrscheinlich autorfremde Gedichte, die allerdings sämtlich nicht sicher zugeschrieben werden können (vgl. HKA III, pp. XXIII-XXVII).
Nachdruck des zweiten Bandes der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Von diesem Nachdruck existiert ein bis auf einige Lesarten textgleicher Doppeldruck mit durchgehendem Neusatz, erschienen nach 1685 und vor 1711. Von den ersten drei Bänden sind vor 1711 jeweils Doppeldrucke entstanden, also Ausgaben mit komplettem Neusatz, aber der alten Datierung. Dieser Vorgang ist angesichts der Tatsache, dass die Drucker der Zeit in der Regel sehr daran interessiert waren, ihre Ausgaben verkaufsfördernd als 'neu' zu präsentieren, eher ungewöhnlich. Das wichtigste Argument dafür, dass es sich nicht um gleichzeitige Doppeldrucke aus dem jeweiligen Ersterscheinungsjahr der Bände handelt, ist die Tatsache, dass für die Titelauflage des dritten Bandes von 1711 nicht etwa die Bögen der zweiten Ausgabe von 1702 verwendet wurden, sondern vor allem Bögen, die einer der beiden auf 1679 datierten Ausgaben zugerechnet werden müssen. Wenn diese Bögen tatsächlich bereits von 1679 stammten, hätte man 1702 ja gar nicht nachdrucken müssen. Vgl. zu dieser Argumentation Boghardt (1993), pp. XCVIIIf.
Nachdruck des ersten Bandes der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Von diesem Nachdruck existiert ein bis auf einige Lesarten textgleicher Doppeldruck mit durchgehendem Neusatz, erschienen nach 1685 und vor 1711. Von den ersten drei Bänden sind vor 1711 jeweils Doppeldrucke entstanden, also Ausgaben mit komplettem Neusatz, aber der alten Datierung. Dieser Vorgang ist angesichts der Tatsache, dass die Drucker der Zeit in der Regel sehr daran interessiert waren, ihre Ausgaben verkaufsfördernd als 'neu' zu präsentieren, eher ungewöhnlich. Das wichtigste Argument dafür, dass es sich nicht um gleichzeitige Doppeldrucke aus dem jeweiligen Ersterscheinungsjahr der Bände handelt, ist die Tatsache, dass für die Titelauflage des dritten Bandes von 1711 nicht etwa die Bögen der zweiten Ausgabe von 1702 verwendet wurden, sondern vor allem Bögen, die einer der beiden auf 1679 datierten Ausgaben zugerechnet werden müssen. Wenn diese Bögen tatsächlich bereits von 1679 stammten, hätte man 1702 ja gar nicht nachdrucken müssen. Vgl. zu dieser Argumentation Boghardt (1993), pp. XCVIIIf.
Bibliographie : Octavia römische Geschichte: Zweyter Theil, [vol. 3] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1679)
(2004)
Dritter Band der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Von diesem Erstdruck existiert ein bis auf einige Lesarten textgleicher Doppeldruck mit durchgehendem Neusatz, erschienen nach 1702 und vor 1711. Von den ersten drei Bänden sind vor 1711 jeweils Doppeldrucke entstanden, also Ausgaben mit komplettem Neusatz, aber der alten Datierung. Dieser Vorgang ist angesichts der Tatsache, dass die Drucker der Zeit in der Regel sehr daran interessiert waren, ihre Ausgaben verkaufsfördernd als 'neu' zu präsentieren, eher ungewöhnlich. Das wichtigste Argument dafür, dass es sich nicht um gleichzeitige Doppeldrucke aus dem jeweiligen Ersterscheinungsjahr der Bände handelt, ist die Tatsache, dass für die Titelauflage des dritten Bandes von 1711 nicht etwa die Bögen der zweiten Ausgabe von 1702 verwendet wurden, sondern vor allem Bögen, die einer der beiden auf 1679 datierten Ausgaben zugerechnet werden müssen. Wenn diese Bögen tatsächlich bereits von 1679 stammten, hätte man 1702 ja gar nicht nachdrucken müssen. Vgl. zu dieser Argumentation Boghardt (1993), pp. XCVIIIf.
Zweiter Band der ersten Fassung der "Römischen Octavia". Cf. zur vollständigen Publikationsgeschichte: Octavia römische Geschichte, [vol. 1] (Nürnberg: J. Hoffmann, 1677). Enthält mehrere teils wahrscheinlich, teils sicher autorfremde Gedichte. Zwei davon stammen von Christian Hofmann von Hofmannswaldau (vgl. HKA I, pp. CLXXIVf., Anm. 195). Von der "Geschichte der Flavia Domitilla und der Cönis", pp. 920-1015, existiert eine Übersetzung einer unbekannten französischen Hofdame ins Französische, datiert auf den 9. März 1714 (23: Cod.Guelf. 196.1 Extravag.).
Zur "Römischen Octavia" sind in der Herzog August Bibliothek (23:) und im Staatsarchiv (SA) Wolfenbüttel umfangreiche Vorarbeiten, Manuskripte und Diktatniederschriften erhalten, was für einen Roman des 17. und frühen 18. Jahrhunderts eine absolute Seltenheit darstellt. Über die gedruckten Bände hinaus existieren auch noch große Teile der Diktatniederschriften für einen abschließenden achten Band des Romans. Am verlässlichsten informiert hierüber die Einleitung zur Historisch-kritischen Ausgabe in HKA I, pp. XIX-LIX. Zur umfangreichen erhaltenen Korrespondenz Anton Ulrichs vgl. Mazingue (1978), pp. 887-900. Der Roman erschien in zwei Fassungen - Fassung A, verlegt in Nürnberg, und Fassung B, verlegt in Braunschweig und Wien, weichen im Text voneinander ab. A war zuerst auf vier Bände konzipiert, ist dann aber auf sechs Bände erweitert worden. Diese sechs Bände wurden 1711 zu einer Werkausgabe gruppiert. Fassung B war zuerst ebenfalls auf sechs, später auf acht Bände konzipiert, von ihr erschienen sechs Bände in Braunschweig zwischen 1712 und 1714 und ein siebter in Wien 1762. Von den Ausgaben A.3.a, A.1.b, A.2.b sind Druckvarianten überliefert, die jeweils nach den Nachdrucken der ersten drei Bände (1685-1702) und vor 1711 entstanden sind. Die ersten drei Bände der Ausgabe von 1711 bieten zum weit überwiegenden Teil Material dieser Druckvarianten.
Is the digital future a blessing for philologists, especially those working the vast area of Germanic Languages & Literatures? Or does it rather come with problems that jeopardize philology, in the Germanic and the broader scope? This paper sets out to explore the status quo (1.) of digital source material in Germanic philology, ranging from medieval manuscripts to 21st century e-books and their, at times, highly restricted availability to the scientific community. Do we really face a quantum leap in terms of open access, or is this leap rather confined to those only who pay the exorbitant fees specialist libraries charge for the use of their rare manuscript and book collections? How about Google Books (2.)? Are we in danger of neglecting everything that is (still) missing there? And what is in it for the German scholar? Can we believe that in some years’ time we will be able to get our hands on every source text we desire within seconds since it is only a click away? This paper critically assesses the process and progress of the digitization of mankind’s written records (3.), focusing on problems to be overcome by e.g. medievalists wishing to consult certain source material. This is illustrated by means of the example of how it is not yet possible consult certain materials related to the Franciscan preacher Berthold von Regensburg († 1272). A short concluding summary (4.) highlights perspectives for further thinking and discussion.
In this paper, a methodology for the analysis of the structure of the thematic openings of academic journal articles is developed. The methodology is derived from Hyland (2000) and Fredrickson/Swales (1994). After sketching the methodology, it is used to examine a corpus of 14 articles selected from the periodical Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. The conclusion discusses perspective for further studies in this thematic field.
Der bürgerliche Kalender des 19. Jahrhunderts schafft eine eigene Zeitordnung. Wer 25 Jahre sein Unternehmen durch den Zeitenwechsel bringt, darf diesen Zeitraum mit goldenem Lorbeer umrahmen, ebenso derjenige, der dem Staat als Beamter ein Vierteljahrhunderts gedient hat. Eine goldene Uhr wird ihn fortan daran erinnern. Für die Ehe gleicher Dauer muß man sich mit Silber begnügen, das Goldene Zeitalter beginnt in diesem Fall erst nach fünfzig Jahren. Nicht nur das Ereignis, auch der Zeitraum selbst wird, skaliert von 25 bis 1000, kulturell erinnerungswürdig und -fähig. Wer die Jahre zählt, läßt die Verbindung zum Vergangenen nicht abreißen. Vergangenheit erhält ihren Ort und ihren Tag im Alltag der Gegenwart. Die Erinnerung der Individuen wird an Jubel- und Gedenktagen durch ein kollektives Gedächtnis abgelöst. Der 1. Mai z.B will an etwas erinnern und läßt sich dennoch auf kein ursprüngliches Ereignis zurückführen. ‘Denkmal’ kann im 19. Jahrhundert fast alles werden, nicht nur Gebilde aus Stein und Bronze, auch Profanes wie Bierkrüge, Gläser, Teller, Zigarrenkisten, Hüte: das kollektive Gedächtnis muß an ihnen nur ausreichende Flächenhaftung finden oder sich eingravieren lassen.
Wie, so frage ich, soll man als Literaturhistoriker noch über Martin Walser schreiben, ohne unter Verdacht zu geraten, ihn für seine Friedenspreis-Rede mit einem Angriff auf sein literarisches Werk abzustrafen? Auf den Knien, wie Frank Schirrmacher oder auf dem Bauch, wie Franziska Augstein ? Muß man "zittern" wie der Geehrte, wenn nüchterne Analyse und nicht Huldigung das Ziel ist? Wird man zu den "Überführungsexperten (...) auf der Suche nach jenem letzten, allen Verdacht bestätigenden Beweis" gezählt, wenn man sich auf die philologische Suche nach den Quellen der Frankfurter Rede begibt?
Die vielleicht bewegendste literarische Lebensgeschichte des 18. Jahrhunderts, Karl Philipp Moritz’ Anton Reiser (1785-1790), ist ein in vieler Hinsicht hybrider Text. Weder Liebes-, Familien- noch Bekehrungsgeschichte erzählt sie den ins Leere laufenden Bildungsweg eines Melancholikers. Eingeschrieben ist ihr eine Lektüre- und Autorbiographie, in der Lesenlernen und die Initiation in die Bücherwelt eine Schlüsselfunktion haben. Daß meine Darstellung dieser Initiation in einen so breiten Rahmen eingelassen ist, muß begründet werden. Er soll zeigen, wie die in den Vorreden geforderte Aufmerksamkeit für alltägliche Details über die Ordnung des Erzählens generiert wird; und zwar eines Erzählens, das Kontexten auf der Spur ist. Interessiert hat mich sowohl die Deskription wie auch die Konstruktion dieser Geschichte, und so ist mein Beitrag auf den Umfang von zweien angewachsen...
Als Goethe Ende Februar 1788 eine Art Resümee seines Aufenthaltes in Italien zieht, entwirft er auch ein Programm für die Zukunft: "Ich bin fleißig und vergnügt", schreibt er an Johann Gottfried Herder, "und erwarte so die Zukunft. Täglich wird mir's deutlicher, daß ich eigentlich zur Dichtkunst geboren bin, und daß ich die nächsten zehen Jahre, die ich höchstens noch arbeiten darf, dieses Talent excoliren und noch etwas Gutes machen sollte, da mir das Feuer der Jugend manches ohne großes Studium gelingen ließ. Von meinem längern Aufenthalt in Rom werde ich den Vortheil haben, daß ich auf das Ausüben der bildenden Kunst Verzicht thue. / Angelica [Kauffmann] macht mir das Compliment: daß sie wenige in Rom kenne, die besser in der Kunst sähen als ich. Ich weiß recht gut, wo und was ich noch nicht sehe, und fühle wohl, daß ich immer zunehme, und was zu thun wäre, um immer weiter zu sehn. Genug, ich habe schon jetzt meinen Wunsch erreicht: in einer Sache, zu der ich mich leidenschaftlich getragen fühle, nicht mehr blind zu tappen."
"Das Leiden definieren" : Spiel-Räume und Sprach-Spiele in Ilse Aichingers "Die größere Hoffnung"
(2003)
Zehn Jahre nach dem Novemberpogrom, der sogenannten "Reichskristallnacht", drei Jahre nach Kriegsende, erschien mit Ilse Aichingers erstem und einzigen Roman "Die größere Hoffnung" eine der frühesten literarischen Auseinandersetzungen mit dieser schwärzesten Epoche deutsch-österreichischer Geschichte. Aichingers Roman erschien im Verlag Bermann-Fischers, der damals gerade nach Wien zurückgekehrt war, im Impressum aber noch Amsterdam angab. Der Roman ist einer der wichtigsten Gründungstexte für jenes inzwischen umfangreiche internationale Korpus der sogenannten 'Holocaust-Literatur', die sich mit der grundsätzlichen und vieldiskutierten Frage auseinanderzusetzen hatte, welche Formen der Darstellung und des Gedächtnisses gegenüber dem nationalsozialistischen Terror überhaupt literarisch angemessen sein könnten.
In den Geisteswissenschaften hat neben Walter Burkert mit seinem Buch über den homo necans (1972) der in den USA lehrende Franzose René Girard einige der interessantesten Hypothesen zur Frage nach dem Entstehen und Funktionieren von Gewalt aufgestellt. Sie erweisen sich gerade für einen kulturanalytischen Blick auf literarische Texte als höchst fruchtbar. Girard ist, wie Burkert, schon seit über dreißig Jahren den Mechanismen von Gewalt auf der Spur, maßgeblich in seinem Buch „La violence et le sacré“ von 1972 (dt. „Das Heilige und die Gewalt“ 1987). Und bis heute sind für Girard weder die modernen philosophisch-politischen Theorien der Gewalt (mit dem Tenor: der Mensch ist im Wesentlichen gut, erst seine Unterdrückung lässt ihn gewalttätig werden) noch die psychologisch-biologischen Theorien eines mit Todestrieb oder womöglich Aggressivitätsgenen ausgestatteten Menschen überzeugend. Er selbst geht von der zunächst scheinbar einfachen Annahme aus, dass Gewalt ein soziales Phänomen ist, das in der Interaktion von Menschen entsteht. Wie das genauer begründet wird und was ein literarischer Text zu diesem Befund beitragen bzw. was dieser Befund für das Verständnis von literarischen Texten leisten kann, möchte ich am Beispiel von Franz Grillparzers „Die Jüdin von Toledo“ zeigen.
"Tell me where is fancie bred, / or in the heart or in the head." (III,2) Diese Elementarfrage des Kaufmanns von Venedig hat schon die Antike beschäftigt: Der griechische Arzt Alkmaion von Kroton lokalisierte im 6. Jahrhundert v. Chr. die Sinneswahrnehmungen, Gedächtnis und Vernunft im Gehirn, für andere war das Herz Zentralorgan der Gedanken oder das Zwerchfell. Wenn am Beginn des 21. Jahrhunderts das Gehirn als Prozessor aller unserer Verhaltensleistungen gilt, so scheint sich das Problem ein für alle Mal erledigt zu haben. "Wir gehen heute davon aus", schreibt Wolf Singer, "daß alle unsere Verhaltensleistungen, die höchsten kognitiven Funktionen und mentalen Prozesse eingeschlossen, auf neuronalen, also materiellen Prozessen in unseren Gehirnen beruhen." Glaube, Wille, Vorstellung, alles ehemals Innere des Ich, ist auf das Gesamtorgan des Gehirns verteilt.
Lassen sich Gedanken sagen? : Mimesis der inneren Rede in Arthurs Schnitzlers "Lieutenant Gustl"
(2009)
Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts entsteht ein Text, der die Frage nach der Sag- und Vernehmbarkeit von Gedanken scheinbar mühelos überspringt. Der Selbstbeobachter Arthur Schnitzler präsentiert uns die lückenlose, nur durch Schlaf unterbrochene Gedankenrede eines jungen Militärs zwischen Abend und Morgen. Damit befindet sich „Lieutenant Gustl“, erschienen am Weihnachtstag 1900 in der Wiener „Neuen Freien Presse“, im Fadenkreuz der Studier- und Konstruierbarkeit von ‚innerer Rede’. Im beinahe zeitungssprengenden Umfang von 24 halbseitigen Spalten auf 8 Seiten inszeniert Schnitzler das paradoxe Planspiel, wie es wäre, die Gedanken eines anderen unmittelbar und in situ vernehmen zu können. Es ist, dafür ist der Text in die Literaturgeschichte eingegangen, der erste konsequent durchgehaltene Innere Monolog in der deutschsprachigen Erzählliteratur.
When at the end of Hans Sachs' tragedy of Tristrant, dated February 7th, 1553, the herold takes the floor, he calls to the audience to recognize that this is a tragedy, Auß der wird offentlich erkendt, Wie solche unorndliche lieb Hat so ein starck mechtigen trieb, Wo sie einnimbt ein junges hertz Mit bitter angst, senenden schmertz, Darinn sie also heftig wüt, Verkert hertz, sin, vernunft und gmüt, Wird leichtfertig, verwegen gantz, Schlecht seel, lieb, ehr, gut in die schantz, Acht fürbas weder sitten noch tugent, (184,32-185,3) (1) ....
Dass dem abschließenden Lessing-Triptychon in Heiner Müllers "Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei" eine eminent biographische bzw. autobiographische Dimension eigen ist, wurde von Müller betont. Die Forschung hat das gerne wiederholt. Wesentlich für diese Deutung sind die biographischen Parallelen zwischen Lessing und Müller.
Die Formel vom chinesischen 21. Jahrhundert scheint ihre betörende Wirkung zunehmend auch in der Sphäre der Literatur zu entfalten. Indem deutschsprachige Schriftsteller vermehrt China als literarisches Thema entdecken, bahnt sich nach der wirtschaftlichen nun auch eine kulturelle Globalisierung an.
Die Vergangenheit ist der Stoff, aus dem moderne Staaten ihr Selbstverständnis modellieren. Dies gilt in besonderem Maße für Deutschland und Österreich, an deren Umgang mit der nationalsozialistischen Geschichte sich immer auch gesellschaftliche Tendenzen und politische Interessen der jeweiligen Gegenwart ablesen lassen. Doch Erinnerungen benötigen, wenn sie der Flüchtigkeit entgehen sollen, ein Speichermedium, und es war gerade die Literatur, die das kulturelle Gedächtnis an die Zeit des Nationalsozialismus von Anfang an entscheidend geprägt hat. Literarische Vergangenheitserzählungen erinnern und reflektieren, vor allem wenn sie um das Thema der Familie und um die Probleme zwischen verschiedenen Generationen kreisen, stets mit Bezug zur Gegenwart.
Die vorliegende Ergänzung für den Berichtszeitraum 1980-1997 bezieht sich auf die Bibliographie zu Wernher der Gartenaere. Berlin: Erich Schmidt Verlag 1981 (= Bibliographien zur deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Ulrich Pretzel und Wolfgang Bachofer. Heft 8), die noch lieferbar ist (ISBN 3-503-01658-9). Korrekturen und Ergänzungen (z.B. Neuauflagen) zu den Titelaufnahmen der Publikation von 1981 sind mit der dort vergebenen laufenden Nummer der Bibliographie (Nr. 1-450) ausgewiesen. Für die Nachträge (auch für neugefundene Titel aus der Zeit vor 1981) wurde die Bezifferung mit der Nummer 1001 neu begonnen.
Im elften Buch seines Adelsspiegels (1591) kommt Cyriacus Spangenberg der Wigalois des Wirnt von Grafenberg in den Sinn, weil darin etlicher Ritter von der Tafelrunde gedacht werde, insbesondere des Herren Gwy von Galois, "sonst Ritter Wiglois vom Rade genandt", und eines "Grauen Hoiers von Manßfeldt des roten". Das alte Buch, das einst Herzog Albrecht von Braunschweig in Auftrag gegeben hatte, habe er von einer adeligen Witwe erhalten, später aber an die Grafen von Mansfeld weitergegeben, die sich sehr für die Rolle ihres Vorfahren in diesem Roman interessiert gezeigt hätten.