830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Hofmannsthal war ein Meister darin, seine engsten Freunde seiner Zuneigung zu versichern. Immer von neuem drängte es ihn, ihre Einzigartigkeit, ihre Unersetzbarkeit, die Bedeutung ihrer Existenz für sein eigenes Leben zu beschwören. Eine besondere Stellung kam in dieser Hinsicht Carl J. Burckhardt zu. Der Briefwechsel zwischen den beiden wird von Hofmannsthals nie versiegendem Wunsch rhythmisiert, der Freundschaft eine schicksalhafte Dimension und Perspektive zu geben.
Burckhardts Wesen lässt sich für Hofmannsthal durchschreiten wie ein menschenleeres, lichtes Gebäude mit großer Vergangenheit, das den Wandelnden hegend umgibt, ohne ihn zu beengen, das ihm Ausblicke bietet, aber auch den Schutz starker, unverrückbarer Mauern, so dass er sich angstfrei und ganz nach seinem eigenen Belieben entfalten kann. Ein solcher Raum, ein solcher Mensch, der Zeit und Sorge in stillvergnügte Gegenwart zu überführen vermag, befreit von der Last des Alltags und stiftet gelassene Zufriedenheit.
Damit ist ziemlich genau die Erwartung umrissen, die Hofmannsthal an Burckhardt knüpfte. Eine freundliche, geschützte Umgebung sollte er ihm bieten durch die Stärke und Eigenart seiner Persönlichkeit, aber auch durch taktvolles Arrangement im Hintergrund.
"Ich bin Hofmannsthal das erstemal Anfang 1902 begegnet. In seinem Rodauner Haus, wohin mich Hermann von Keyserling brachte. Jahre also, nachdem ich schon der Bezauberung durch seine Gedichte und einige Aufsätze unterlegen war. Ich sage Gedichte, denn auch seine kleinen Dramen nahm ich für solche. Seinen Aufsätzen hatte ich unter anderem den ersten Hinweis auf englische Dichter wie A. C. Swinburne und den Ästheten und Essayisten Walter Pater verdankt, auch auf andere, von denen später mein erstes Buch gehandelt hat, das im übrigen auch die Brücke war, die mich, da mir jede andere Verbindung mit ihm gefehlt hat, zu Hofmannsthal hinüberführen sollte."
Mit diesen Worten gedenkt Kassner nach mehr als einem Menschenalter, im Jahre 1946, der Anfänge dieser Freundschaft und der Rolle, die sein Erstlingswerk dabei gespielt hat. In der Tat beruft er sich in dem zu Beginn des neuen Jahrhunderts erschienen Band "Die Mystik, die Künstler und das Leben", für jeden Kundigen deutlich, in der allgemeinen geistigen Haltung vielfach auf Hofmannsthal und zitiert, offen oder verdeckt, an mehreren Stellen dessen Werk.