830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Es besteht ein weitgehender Konsens darüber, dass die Literatur an der Herausbildung des kulturellen Gedächtnisses entscheidend mitwirkt. Dies gilt nicht nur in archaischen Zeiten, in denen die 'res gestae' dem Gedächtnis künftiger Generationen anvertraut werden, sondern es gilt auch für die Moderne, in der literarische Texte Teil eines Traditionszusammenhangs sind, mittels dessen eine Gesellschaft sich selbst eine kulturelle Identität zuschreibt. Insbesondere jene Elemente gesellschaftlicher Interaktion, die normativen Erwartungen ausgesetzt sind [...], werden Gegenstand bewahrenswerter Kommunikation und können dadurch als aktualisierbarer Sinn (bzw. Semantik im Luhmann'schen Verständnis) jederzeit verwendet werden. Eine so verstandene Konzeption des kulturellen Gedächtnisses beruht auf dem Gedanken der Kontinuität. Im Extremfall wird solche Kontinuität durch Rituale oder durch die Religion über Jahrhunderte hinweg aufrechterhalten bzw. es wird suggeriert, dass es eine solche Kontinuität gebe. Diese Kontinuität überschreitet auch den Tod des Einzelnen.
Was aber geschieht, wenn aufgrund einer Katastrophe eine ganze Gesellschaft vernichtet wird?
Die Möglichkeit Katastrophen politisch einzusetzen hängt unmittelbar mit der medialen Darstellung und der grundsätzlichen Frage nach ihrer Darstellbarkeit zusammen. Kai Fischer untersucht in seinem Beitrag 'Tschernobyl und die Katastrophe nach der Katastrophe' die Probleme fiktionaler und historiographischer Darstellung von Katastrophen in Alexander Kluges literarischen Bearbeitungen des Reaktorunglücks in Tschernobyl. Die Form der offenen Montage erlaubt es Kluge, die sich zum Teil widersprechenden Perspektiven unmittelbarer Erfahrung und ›objektiver Wissensanteile‹ in der 'Dokumentation' zu konfrontieren und damit die 'Unverhältnismäßigkeit der Dimensionen' anschaulich zu machen. Der sich so offenbarende Konflikt zwischen 'Realität' und Darstellung erweist sich als konstitutiv für das Verständnis von Katastrophen als Teil moderner Welterfahrung.
Despite the everyday presence of disasters in the media and a growing number of disaster movies made in Germany, there is only a small amount of disaster literature in contemporary German writing. This article aims to explore, how disasters are enacted in different ways in contemporary novels, film and media in German language by comparing Frank Schätzing’s beststeller “Der Schwarm”, Tomas Glavinic’s “Die Arbeit der Nacht” and the movie “Die Sturmflut.”