830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Die 70er Jahre stellen einen Wendepunkt in der dramaturgischen Produktion Heiner Müllers dar. Die Produktion dieser Zeit kontrastiert effektiv mit den Stücken der Frühzeit, die, wie 'Der Lohndrücker' (1958), 'Die Korrektur' (1958), 'Die Umsiedlerin' (1961) und 'Der Bau' (1965), aufgrund von umfassenden künstlerischen Referenzen auf Brechts episches Theater üblicherweise im Kontext des Aufbaus des realen Sozialismus in der DDR situiert werden. Spätere Stücke wiederum, wie beispielsweise 'Hamletmaschine' (1977), 'Der Auftrag' (1979) und 'Quartett' (1980), sind innerhalb einer Orthodoxie des pädagogischen Theaters schwer zu verstehen. Sie sind gekennzeichnet durch die Montage von Texten verschiedenen Ursprungs, durch die Tendenz zu Chören und Monologen zum Nachteil des Dialogs und hauptsächlich durch die Zerstückelung der Fabel als Organisatorin der dramatischen Einheit des Textes. Es ist symptomatisch, dass dieses Transformationsmoment sich nach der Kritik an der Fabel richtet, denn gerade sie wurde von Brecht als das Herzstück des pädagogischen Theaters verteidigt, das heißt, als eine privilegierte Art, dem Publikum die Künstlichkeit der Situationen und die Art ihrer Darstellung bewusst zu machen. In seinen vielen Bezugnahmen auf Brecht hat Müller immer wieder hervorgehoben (und kritisiert), wie stark das epische Theater von der Fabel abhing: Das war es, was vielen Brecht'schen Texten den Charakter einer Parabel gab und sie der klassischen Wesensart versicherte.
Dieser Beitrag beabsichtigt zu zeigen, dass die Transformation von Müllers Theater in den 70er Jahren eng mit einer Abrechnung mit diesen Aspekten des Brecht'schen Theaters verbunden ist.
Jahr 2004 hat der katholische Theologie- und Politikwissenschaftler Hans Maier darauf hingewiesen, dass der Begriff des Märtyrers bemerkenswert "säkularisierungsresistent" sei. Nach Maier ist der Begriff des Märtyrers weiterhin religiösen Kontexten vorbehalten. Seine Meinung mag angesichts der Renaissance des Märtyrerbegriffs seit den Anschlägen vom 11. September 2001 vordergründig einleuchten. Im Folgenden soll dagegen gezeigt werden, warum Maiers These von der 'Säkularisierungsresistenz' des Märtyrers fragwürdig ist. Ich werde dabei weniger das an sich zu problematisierende Konzept der Säkularisierung diskutieren, sondern zu zeigen versuchen, dass Maiers These begriffsgeschichtlich ihre Tücken hat – zumindest wenn man bereit ist, zu akzeptieren, dass die Begriffsgeschichte von 'Märtyrer' nicht auf ihre antiken Ursprünge zu reduzieren ist. Vielleicht ließen sich Maiers Überlegungen zur 'Säkularisierungsresistenz' des Märtyrers im Hinblick auf die Ausdrucksseite des Begriffs bestätigen. Auch daran zweifle ich, kann und will dem hier aber nicht nachgehen. Stattdessen möchte ich exemplarisch zeigen, inwieweit Bertolt Brecht schon im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in seinem Lehrstück 'Die Maßnahme' die Märtyrerfiguration säkularisiert hat - eine Technik, die gleichzeitig Modi der Sakralisierung kennt, deswegen auch als Dialektik begriffen werden kann und in der deutschen Dramengeschichte ihrerseits nicht neu ist. Brechts Säkularisierung berührt allerdings ausschließlich die Inhaltsseite des Begriffs 'Märtyrer', den Ausdruck selbst verwendet er nicht. Maier hat außerdem eine deutliche Politisierung des Märtyrerbegriffs in den letzten Jahren diagnostiziert. Auch dem möchte ich widersprechen. Schon Brechts Drama steht entschieden im Zeichen der Politisierung des Märtyrers. Dass zudem auch die personalisierte Politisierung des Märtyrertums keine neue Idee ist, werde ich im zweiten Teil mittels einer Untersuchung von Heiner Müllers 'Mauser' und seiner Büchner-Preisrede darlegen. Müller hat das messianische Potential der 'Maßnahme' mit 'Mauser' einerseits kritisiert. Das hat bei ihm andererseits aber nicht zu einem völligen Verzicht auf Märtyrerfigurationen geführt. Mitte der 1970er Jahre hat er zu einer Rekontextualisierung der Märtyrerfiguration angesetzt, indem er sie – im Unterschied zu Brecht - personalisierte und dadurch eine Art revolutionäre Hagiographie etablierte. Auch die Politisierung geht dementsprechend nicht auf die selbsternannten islamistischen Märtyrer zurück, sondern ist eine ältere Idee. Wie alt sie ist, kann im Rahmen dieser Studie nicht erörtert werden. Wahrscheinlich existierte sie schon in der christlichen Antike.
O artigo aborda a peça "Descrição de imagem", de Heiner Müller, como um exemplo de sua dramaturgia tardia. Pela análise dos diversos movimentos do texto, busca-se entender a qualificação, dada pelo próprio Müller em sua autobiografia, da peça como um autodrama, termo que remeteria, segundo a hipótese do artigo, a um confronto com o gênero brechtiano da peça de aprendizagem (Lehrstück).