830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Niklas Luhmann hat die europäische Moderne als einen Ausdifferenzierungsprozess beschrieben, der am Ausgang des sogenannten Mittelalters begann und alle gesellschaftlichen Bereiche erfasste. Das betrifft auch und insbesondere 'die Technik'. Deren herausragende Vertreter sind die Ingenieure, die man als Gewinner des Modernisierungsprozesses bezeichnen kann, erlebte dieser Berufsstand doch vor allem seit der Aufklärung eine Erfolgsgeschichte, die nicht mehr nur die Erweiterung und Ausdifferenzierung des eigenen Berufsbilds umfasste, sondern auch in die Gesellschaft hineinwirkte und diese wesentlich veränderte. [...] Insbesondere die Sozial- sowie die Technikgeschichtsforschung haben jedoch herausarbeiten können, dass sich eine Kluft auftat zwischen der Selbstwahrnehmung 'der Ingenieure' als "Intellektuelle[] der Technik" und der aus ihrer Sicht noch immer nicht angemessenen Fremdwahrnehmung durch eine doch maßgeblich durch Technik bestimmte und von ihr profitierenden Gesellschaft. Dieser häufig beklagten Verteilungsungerechtigkeit symbolischen Kapitals in Form von Sozialprestige liegen allerdings realgesellschaftliche Defizite zugrunde, insbesondere die Unterrepräsentation in politischen Gremien oder, wie der Hochofentechniker Joseph Schlink schon 1879 aufzählte, in Sachen "Besitz, Macht und Einfluss, Mitgliedschaft von parlamentarischen, kommunalen und sonstigen Körperschaften, Titel und Orden, Hoffähigkeit und Adel u. dergl.". Auf beide Problembereiche reagierten 'die Ingenieure' mit diskursiven, pragmatischen und institutionsorientierten Strategien. Aus 'der Technik' als dem schlechthin Anderen der Kultur wurde eine technische Kultur als harmonische Verbindung, sie wurde also als Anpassung beider Sphären konzeptualisiert. Den Autobiographien deutscher Ingenieure kommt insofern eine herausragende Rolle in diesem Prozess zu, als sie die persönlichen Erfahrungen der Autoren mit einem gruppenbezogenen Anspruch an die Gesamtgesellschaft verknüpfen. In diesem Sinne nutzten die Ingenieure gezielt die nach Peter Sloterdijk zentrale Gattungsfunktion für ihre Zwecke: "Lebensgeschichtliches Erzählen ist eine Form sozialen Handelns - eine Praxis, in der individuelle Geschichten mit kollektiven Interessen, Werten, Phantasien und Leidenschaften zusammengewoben werden". Das Ziel dieses sozialen Handelns war die Sichtbarmachung, Anerkennung und Etablierung des auf technischem Gebiet genial-tatkräftigen Individuums, des 'großen Mannes'. So konnten 'die Ingenieure' ihren Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe erheben und sich selbst aus der als demütigend empfundenen Anonymität herausführen. Mittels ihrer oft mit Vorbild- und Appellfunktionen versehenen Autobiographien gelang es ihnen, aktiv eine neue, technische Kultur zu gestalten.
Vom 20. bis 21. Oktober 2021 veranstaltete das Institut für Germanistik an der Philosophischen Fakultät der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität (UJEP) in hybrider Form den internationalen Workshop "Europa und der Grenzdiskurs in der deutschsprachigen Literatur" in Ústí nad Labem. Der Workshop fand im Rahmen des Doktorandenprojekts U21–QGRANT OP VVV CZ.02.2.69/0.0/0.0/19_073/0016947 von Frau Annabelle Jänchen statt, das sich mit Grenzüberschreitungen als literarische Topoi und Motive beschäftigt.
In der letzten Juli-Woche fand in Palermo der coronabedingt um ein Jahr verschobene XIV. Kongress der IVG statt. [...] Insgesamt widmeten sich nicht weniger als 69 Sektionen "Wegen der Germanistik in transkulturellen Perspektiven" - so das diesjährige Rahmenthema. Von der von Peter Strohschneider in seinem Eröffnungsvortrag Über Wissenschaftsfreiheit beschriebenen "Zumutungshaftigkeit" der Wissenschaft ließen sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht abschrecken, sondern widmeten sich mit "Irritationsbereitschaft" und "Neugierde" literaturwissenschaftlichen und -geschichtlichen, linguistischen, kulturwissenschaftlichen sowie didaktischen Fragestellungen.
Im Rahmen des Projekts "Internationalisierung und Weiterentwicklung des Doktorandenstudiums ERASMUS+ 2018–1-SK01-KA203–046375" - Projektpartner Universität der Heiligen Kyrill und Method in Trnava (Slowakei), Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem (Tschechien) und Universität Wrocław (Polen) - fand vom 26.04. bis zum 30.04.2021 das dritte Internationale Doktorandenkolloquium statt. Die Organisation des Kolloquiums wurde diesmal von der Universität Wrocław in Polen übernommen.
Andenken
(2009)
Nicht jeder Innenraum ist ein Interieur. Das Interieur ist ein unter spezifischen historischen, gesellschaftlichen und kulturpoetischen Bedingungen entstandenes komplexes Gebilde. Es lässt sich durch die Bündelung von drei Aspekten rekonstruieren: 1. einer Kultur- und Komfortgeschichte de Wohnens; 2. einer Beschreibung des Widerspiels von Draußen und Drinnen und 3. der interieurspezifischen Bestimmung einer Raumästhetik, bestehend aus einer Poetik der Atmosphäre und der Dinge und konstituiert aus Erwartung, Erinnerung und Koketterie.