830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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The article focuses on suffixoids based on titles of nobility and ecclesiastical titles. As an example, the study analyzes a total of 14 suffixoids with regard to the relation between the base word and the suffixoid. For this purpose, the author created a corpus of 200 tokens from online sources covering a 10-year period. The study presents suffixoids as active word-formation elements used as a result of linguistic expressivity and creativity. Moreover, it suggests an increasing tendency towards their use. This linguistic study can be seen as a new impetus to further investigations, especially in the field of translation studies – e.g. in the comparison of German and Czech with regard to this topic, which remains an uncharted field with no accurate studies yet available.
Hlučín (formerly Hultschin) is now part of the Czech Republic, though the influence of the German language can be observed in the region's folk culture. Important names include August Scholtis, born in Bolatice, as well as other figures such as Hermann Janosch, Alfons Hayduk, Karl-Ernst Schellhammer, Richard Kühnau, Georg Hyckel, Ferdinand Minsberg and Elfrieda Moser-Rath. The oral folk tradition in the region has mostly been passed down via folk songs, fairy-tales, legends and other narratives. These genres reflect various themes, related primarily to local personalities, castles and manor houses or events in specific villages.
The biography and cultural activities of Count Albert Josef Hodic has become a central theme of a whole series of publications on the history and cultural history, in which this nobleman is approached from the biographical as well as cultural and historical perspective. Although in the specialized literature Albert Joseph Hoditz is associated with the attributes oscillating between creativity, versatility, pacifist and cosmopolitan attitude, the pursuit of literary history to illuminate his numerous representations in European literature is rather marginal. The article aims to contribute to the approximation of the image of Count Hoditz in German literature.
Musik und Dichtung sind spätestens seit dem Hohelied Salomos und den bacchantischen Hymnen an Dionysos engstens verbunden. Der gregorianische Gesang des Mittelalters benutzte die lateinischen Texte der Liturgie, Liedkomponisten seit Schubert nehmen ihre Libretti von literarischen Texten her, und Debussys Prélude à l'après-midi d'un faune setzt eine Bekanntschaft mit Mallarmés Gedicht voraus. Die Form der Sonate unterliegt Thomas Manns 'Tonio Kröger' (1903) sowie auch Hermann Hesses 'Der Steppenwolf' (1927), und andere musikalische Formen werden häufig mit raffinierter Bewusstheit angewendet, wie etwa in Robert Pingets 'Passacaille' (1969), Herbert Rosendorfers 'Deutsche Suite' (1972) oder Anthony Burgess' 'Napoleon Symphony' (1974). Thomas Bernhard in 'Der Untergeher' (1983) sowie französische, englische, und amerikanische Schriftsteller derselben Jahre nahmen Bachs Goldberg Variationen als Grundlage für Thema und/oder Struktur ihrer Romane. Und mehrere Komponisten haben versucht, die Musikstücke, die in Thomas Manns 'Doktor Faustus' (1947) so ausführlich beschrieben werden, zu realisieren. So verwundert es kaum, wenn gewisse Motive, die mit der Musik eng verwoben sind auch in Dichtungen auftauchen.
Drei Wellen der Bach-Begeisterung lassen sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts deutlich unterscheiden. In der dritten Welle der Bachbegeisterung, erschienen im Jahr 2000 neben der maßgeblichen Biographie des Musikwissenschaftlers Christoph Wolff auch solche popularisierenden Lebensdarstellungen wie Malte Korffs 'Johann Sebastian Bach' in der Reihe DTVPortraits oder RuthAnn Ridleys Roman 'Bach's Passion' (1999), in der Bachs 'Leidenschaften' - vor allem sexuell und religiös - die Hauptrolle spielen. In 'Evening in the Palace of Reason' (2005) präsentiert James R. Gaines eine faszinierende und gut informierte Doppelbiographie von Bach und Friedrich II., die in der Begegnung der beiden Aufklärungs-Genies 1747 in Potsdam und der Komposition von Bachs Musikalischem Opfer kulminiert. (Bereits 2003 wurde im Schweizer Film 'Mein Name ist Bach' [Regie von Dominique de Rivaz] dieselbe Begegnung unter Betonung des sexuellen Lebens beider Männer dargestellt.) Der große Dirigent John Eliot Gardiner lokalisierte seinen Bach (2013) im Kontext der Familie Bach, seiner Altersgenossen Scarlatti und Händel, sowie der gesellschaftlichen und musikalischen Kultur des Jahrhunderts und diskutierte vor allem seine Vokalwerke mit einer Einsicht, die sich nur nach Jahren der persönlichen Praxis und Erfahrung ergibt.
Die literarischen Werke dieser dritten Welle, die nun genauer betrachtet werden sollen, lassen sich wiederum in drei Gruppen unterteilen, von denen die erste und dritte eine theologische Dimension aufweisen, die sich von der rein strukturellen Verwendung von Bachs Goldberg Variationen wie sie sich in der zweiten Welle finden ließ, differenziert.
Die Frage danach, wie ein Text konzipiert werden soll, um gut verständlich zu sein und um optimal verstanden zu werden, steht im Zentrum der Monografie von Eva Bajerová. Der intendierte Text ist in diesem Fall ein Fachtext aus dem Bereich der Biologie, und in dem an Faktoren und Aspekten außerordentlich reichen Verständlichkeitsgefüge richtet die Autorin ihr Hauptaugenmerk auf den Stellenwert und die Beschaffenheit der Textstruktur. Doch über diese Fokussierung hinaus bringt das Buch mehr: so zum Beispiel einen breiter und tiefer angelegten Einblick in die Geschichte und die Ergebnisse der neueren Textverständlichkeits-Forschung oder in die facettenreichen Spannungsbereiche der Fachsprachen und der Fachkommunikation.
Schmid versteht unter Fachliteratur – um die geht es, wie gesagt, zunächst – "eine beträchtliche Anzahl von profanen, nicht-fiktionalen Texten, die wissenschaftliche oder alltagspraktische Gegenstände behandeln". Allerdings notiert Schmid kurz darauf, dass mehrere Autoren anstelle von "'Fach- oder 'Fachsprache'", von "Fachliteratur" oder "Fachprosa" sprechen. Schmid betont dazu, dass es ihm eben weniger um literarische oder literaturhistorische Fragen geht, sondern vielmehr um fachsprachhistorische" Aspekte.
Monologic dialogues and dialogue structures in Wedekind's 'Frühlings Erwachen' A drama presents a plot which is constituted through dialogues between the characters. This article therefore attempts to explore several instances of dialogue from Wedekind's 'Frühlings Erwachen' by conversationalanalytical means; such an approach facilitates a clear description of the characters' failures in their interactions. This in turn reveals the specific features of literary dialogues from this period, which are constituted in writing and thus precisely planned; an author not only imitates acts and actors via a play's dialogues, but fundamentally creates and moulds the characters through dialogue.
The article is a scholary review of the Stefan Kühtz's handbook „Wissenschaftlich formulieren. Tipps und Textbausteine für Studium und Schule” (Scientific express. Tip and text block for studies and school). The book contains the information about, how to write a scientific paper and many of examples of right and wrong sentences. Such tips can be useful not only for students of German as a foreign language, but also for native speakers of german language.
Stefan George und Alfred Schuler begegnen der sog. Krise des Historismus, die den Glauben an die Einheit von geschichtlichem und kulturellem Fortschritt erschütterte, mit einer neuen Art des Historismus, die mit einer signifikanten Umcodierung der überlieferten Wissensbestände einhergeht. Vor dem Hintergrund der kulturpessimistischen Stimmungslage des Fin de Siècle knüpft die Idealisierung der Antike hier zwar an deren bildungsbürgerlich tradierte normative Setzung durch Johann Joachim Winkelmann an, das klassische Antikenverständnis wird jedoch einer zeitbedingten Transformation unterzogen und zum vitalistischen Gegenpol einer als dekadent verstandenen Gegenwart erklärt. Unter dem Einfluss von Friedrich Nietzsches "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" (1874) wird das Griechische bei George bzw. das Römische bei Schuler als 'verlebendigte Antike' zum gegenwärtigen, heilsgeschichtlich aufgeladenen Kulturfaktor erhoben, der als produktive Kraft in der deutschen Gegenwart wirken soll.
Sündenkleid und letztes Hemd
(2015)
Teufelsmaske, Nebelkappe, Narrenkleid, Panzer der Rebellion - die barocken Geistlichen und Dichter werden nicht müde, Synonyme für das zu finden, was der Gläubige auszuziehen hat, wie ja überhaupt Variation zu den Grundprinzipien barocker Dichtung gehört, welche die Sprache als 'Einkleidung' von Gedanken betrachtet und auf den Reichtum von Epitheta größten Wert legt - und in seinen Poetiken regelmäßig für 'Buße tun' auch die Umschreibung 'das Sündenkleid ablegen' vorführt.
Friede den Hütten! Krieg den Palästen!
Im Jahre 1834 siehet es aus, als würde die Bibel Lügen gestraft. Es sieht aus, als hätte Gott die Bauern und Handwerker am fünften Tage und die Fürsten und Vornehmen am sechsten gemacht, und als hätte der Herr zu diesen gesagt: 'Herrschet über alles Getier, das auf Erden kriecht', und hätte die Bauern und Bürger zumGewürm gezählt. Das Leben der Vornehmen ist ein langer Sonntag: sie wohnen inschönen Häusern, sie tragen zierliche Kleider, sie haben feiste Gesichter und redeneine eigne Sprache; das Volk aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker. DerBauer geht hinter dem Pflug, der Vornehme aber geht hinter ihm und dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und läßt ihm die Stoppeln. Das Leben des Bauern ist ein langer Werktag; Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele, sein Schweiß ist das Salz auf dem Tische des Vornehmen.
Mit dieser rhetorischen Fanfare beginnt der Hessische Landbote, jene politische Flugschrift, die Georg Büchner 1834, noch vor seinen eigentlich literarischen Werken, veröffentlichte. Es ist der Text in Büchners Werk, in dem die biblischen Bezüge am deutlichsten sind, wie in der zitierten Passage nicht nur die explizite Erwähnung der Bibel im ersten Satz und die deutliche Anspielung auf Jesaja 1.7 "Fremde verzehren eure Acker vor euren Augen" zeigt. Auch der gesamte Tonfall, jene Mischung von Vehemenz und Anschaulichkeit, die den Landboten insgesamt auszeichnet, ist biblisch geprägt. Allerdings wissen wir nicht einmal sicher, ob dieser zitierte Anfang von Büchner stammt, denn der Landbote hat zwei Autoren: Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig, der einen nicht überlieferten Entwurf von Büchner überarbeitet und ergänzt hat, so dass am Ende kaum zu sagen ist, wer hier was geschrieben hat.
"Jedes einzelne Bild nur ein Mosaikstück"? : zur Funktion des Erzählens in Eva Menasses Werken
(2015)
Eva Menasses erzählerisches Werk hat seit dem Erscheinen ihres ersten Romans Vienna (2005) sowohl bei Kritikern als auch beim lesenden Publikum einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen. In den vielen, überwiegend positiven Besprechungen ihrer Bücher werden immer wieder deren dichte Atmosphäre, die kunstvolle Komposition, vor allem aber der darin zu findende "scharfe Witz" hervorgehoben, und ihre literarische Qualität wird nur selten in Zweifel gezogen. Angesichts dessen ist es nur wenig verwunderlich, dass auch die Literaturwissenschaft sich bereits für ihre Werke zu interessieren begonnen hat, wenn auch vorwiegend für die spezifischen Identitätsprobleme, die Menasse in Vienna unter den Nachfahren der jüdischen Überlebenden des Holocaust ausmacht. An dieser Schwerpunktsetzung lässt sich insofern auch kaum etwas aussetzen, als Menasse selbst großen Wert auf diese Frage gelegt und nachdrücklich betont hat: "Das einzige für mich wirklich wichtige Thema [in Vienna] ist die Geschichte des 20. Jahrhunderts und die Frage der Identität. Das allein ist der Antrieb gewesen, diesen Roman zu schreiben." Dennoch ist durch die Konzentration auf diese Fragestellung die ästhetische Seite ihrer Bücher bislang weitgehend unbeleuchtet geblieben, obwohl sich dazu in den Texten mehr als genug Reflexionen finden, gerade was die Frage nach der möglichen Leistung, aber auch nach den Grenzen des Erzählens anbelangt. Dies ist umso bedauerlicher, als genau darin der Kern der bislang erschienen Werke zu bestehen scheint, insofern diese Reflexionen nicht nur das Thema der Identität entscheidend zu erhellen vermögen, sondern überhaupt erst sichtbar werden lassen, dass auch die Bücher nach Vienna, trotz ihrer sonst sehr unterschiedlichen Thematik und ästhetischen Anlage, allesamt auf die im ersten Buch bereits aufgeworfenen Probleme bezogen bleiben. Im Folgenden soll deshalb versucht werden, diese Probleme und die Verbindungen zwischen den einzelnen Werken klarer herauszuarbeiten, um so zu einer möglichst deutlichen Anschauung und einer ersten Einordnung von Menasses bisherigem Schaffen zu gelangen.
Der eingetopfte Held : kulturökologische Relektüre des Romans "Ein ungeratener Sohn" von Renate Rasp
(2015)
In dem heute fast vergessenen Roman von Renate Rasp, Ein ungeratener Sohn, wird in der Form einer bitterbösen Satire gezeigt, was Erziehung anrichten kann. Eine bürgerliche Kleinfamilie beschließt, dass aus dem Sohn Kuno ein Baum werden soll. Der Transformationsprozess zur vegetabilen Lebensform durchläuft verschiedene Stadien vom Abhacken der Hände und Verschließen der Sinne bis zum Eintopfen, muss jedoch am Ende scheitern. Die traditionelle Lesart dechiffriert den Text als radikale Kritik am Zusammenhang von Bildung, Erziehung und Herrschaft. Unter kulturökologischer Prämisse gelesen, tritt im Beitrag klar hervor, wie sich der Mensch-Natur-Herrschaftsdiskurs in diesem Roman entfaltet.
Der 'brave Soldat' Schwejk - antiheroischer Protagonist in Jaroslavs Hašeks berühmtem Roman - beobachtet auf dem Weg zur Front einen vorbeifahrenden Militärzug mit offenen Waggons: Ein Korporal der Deutschmeister 'mit herausfordernd aufgezwirbeltem Schnurrbart' stützt sich wie in einem 'lebendem Bild' quer auf seine sitzende Mannschaft, schmettert voller Inbrunst das Prinz-Eugen-Lied, lehnt sich übermütig hinaus - und fliegt aus der offenen Waggontür, wobei er 'mit aller Kraft im Flug mit dem Bauch auf den Weichenhebel [schlug], auf dem er aufgespießt hängenblieb'. 'Mit Kennermiene' betrachtet Schwejk neugierig den Leichnam: "Der hats schon hinter sich […] hat sich akkurat aufgespießt […], hat die Därme in den Hosen." Das groteske Ende des Offiziers der Deutschmeister, jenes Ritterordens aus dem 12. Jahrhundert, symbolisiert den Untergang des aristokratischen Kriegerstandes - des Inbegriffs menschlicher Souveränität, die in Gestalt verführerischer Husaren noch Romane und Operetten des 19. Jahrhunderts bevölkerte - in den Höllenfeuern des Maschinenkrieges, zu dem Schwejk und seine Kameraden gerade unterwegs sind. Auch sein geliebter Herr, Oberleutnant Lukasch, ein notorischer Verführer, repräsentiert noch jene aristokratische Souveränität, Glanzstück des feudalen Ständestaates: Hoch zu Roß reitet er nicht nur dem Feind entgegen, sondern zugleich seinem Untergang, der sich in den Materialschlachten des großindustriellen Krieges vollzieht.
Was Schwejk fasziniert beobachtet, ist das finale Stadium des Zusammenbruchs der ständischen Ordnung, der patriarchalischen Autorität, der feudalen Tugenden, der symbolischen Repräsentation, der Hierarchie der Gemeinschaften im Versachlichungs- und Entzauberungsprozess der Moderne. Dabei bewegte Literatur und Philosophie des 19. Jahrhunderts vor allem eine Frage: Was geschieht eigentlich, wenn 'der Knecht' (aus Hegels Phänomenologie des Geistes) - das "durch die Arbeit" erwirkte Selbstbewusstsein mit seinem Primat von Selbsterhaltung und instrumenteller Rationalität - zum Herrn wird, mit den souveränen Eigenschaften des untergegangenen Herrn?
Mit der Publikation 'Sasko-magdeburské právo na Slovensku. Krajinské právo v Žilinskej knihe' [Das sächsisch-magdeburgische Recht in der Slowakei. Landrecht im Silleiner Rechtsbuch] kommt M. Papsonová vor allem slowakischen Historikern, insbesondere Rechtshistorikern entgegen. Die Publikation stellt ihnen eine moderne slowakische Übersetzung der frühneuhochdeutschen, auf das Jahr 1378 datierten Rechtssammlung im 'Silleiner Stadtbuch' (1378-1524 bzw. 1526) als Grundlage für weitere rechtshistorische Forschung zur Verfügung.
Jeder, der sich mit alten deutschen Texten beschäftigt, kann bestätigen, dass deren Interpretation ohne Hilfe von historischen Wörterbüchern schwer vorzustellen ist. Dies ist einerseits dadurch bedingt, dass manche alten Wörter in der Gegenwartssprache nicht mehr verwendet werden, andererseits ist es dadurch verursacht, dass viele Wörter mit der Zeit einen Bedeutungswandel durchgemacht haben. Bei der Arbeit mit Quellen, die aus der Peripherie des deutschsprachigen Gebietes stammen, können darüber hinaus noch spezielle Ausdrücke oder spezifische Wortbedeutungen das Übersetzen erschweren. Zu solchen peripheren Gebieten gehörten auch Böhmen und Mähren: Infolge der jahrhundertelangen Koexistenz des Deutschen neben dem Tschechischen kann man in böhmischen und mährischen Archiven und Bibliotheken reichhaltige deutsche historische Quellen finden, die schon in der Vergangenheit Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen haben und die nach wie vor Aufmerksamkeit verdienen.
Der Sammelband vereint insgesamt neun englischsprachige Beiträge, die mit relevanten Fragestellungen und Erkenntnissen den Texten Zaimoglus einen Mehrwert verleihen. Diesen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen sind zwei wichtige Kapitel vorangestellt: zum einen das unveröffentlichte erste Kapitel des Romans Leyla mit englischer Übersetzung sowie einem Kommentar der Herausgeber und zum anderen Interviews, ebenfalls samt englischer Übersetzung von Tom Cheesman, welche die Herausgeber mit dem Schriftsteller geführt haben. Eingerahmt sind alle diese Beiträge des Bandes von einer Einleitung und einem Bericht von Günter Senkel, dem Freund des Schriftstellers sowie Co-Autor seiner Theatertexte, der über seine Recherchearbeiten mit Zaimoglu erzählt und dabei auch private Erfahrungen mitreflektiert.
This article focuses primarily on three areas: First the article deals with Alfred Döblin's concept of the novel and the function of the montage technique from his perspective. Secondly, the article draws attention to the fact that Alfred Döblin, a neurologist by profession, who later dedicated himself exclusively to his writing, used the montage technique intensively in his great city novel Berlin Alexanderplatz. The technique, which operates at different levels of language, narrative technique and plot, is demonstrated by selected examples from the novel. In each case the intention of the novelist is discussed. The article considers whether individual accumulating elements accord with the wholeness of the novel, and if so, how this interesting synthesis occurs. The final focus is on his efforts to use the montage technique to portray the big city. In the case of Berlin Alexanderplatz, this effort ultimately ends with a big city epic. In this study, we consider how Döblin used the montage technique in Berlin Alexanderplatz, which was central, and new for German literature at that time. Additionally, narrative styles and techniques as parables, paraboles, sound associations, word and rhyme repetition and relevant passages are supported by quotations from the novel.
This study attempts to determine what methodological approach is suitable for studying speeches about Germanness that were written in Germany in the 1980s. The corpus of the speeches was chosen to cover multiple areas and disciplines. It includes literary, political and historiographical speeches authored by G. Grass ('Geschenkte Freiheit'), M. Walser ('Über Deutschland reden'), R. von Weizsäcker ('Der 8. Mai 1945'), E. Nolte ('Vergangenheit, die nicht vergehen will') and H. Lübbe ('Der Nationalsozialismus im Bewußtsein der deutschen Gegenwart'). The study illustrates the limitations of the ideological and purely disciplinary methodological approach. Instead it seeks a starting point for an analysis which proceeds in an intertextual and interdisciplinary manner.
The tragedy 'König Ottokars Glück und Ende' by the Austrian poet Franz Grillparzer is often viewed as an exclusively male drama. Nevertheless, it does contain female characters, including the two wives of the Přemyslid King Otakar I – Margaret of Austria and Kunigunda of Galicia. The first of these in particular is a somewhat ambiguous character, whose interpretation raises a number of questions. The aim of this study is to outline the problems associated with interpreting the character of Margaret and to find a character in Czech historical literature who is similar to Grillparzer's Margaret.
In der Lenau-Forschung gibt es verschiedene Deutungsansätze des Epos "Die Albigenser". Dabei wurde die Rolle der einzelnen Figuren sowie deren Verhältnis zum epischen Erzähler insofern vernachlässigt, als man kein Versuch unternommen hat, diese in einer klassischen Figurenkonstellation verschiedenen, deutlich voneinander abgegrenzten religiös-weltanschaulichen und poetologischen Positionen zuzuordnen. Ausgehend von einer die bisher formulierten Ansätze modifizierenden Interpretation des epischen Erzählers und unter Rückgriff auf Konstellationen im "Faust "und im "Savonarola" soll in der Folge das äußerst heterogene Figurenarsenal der "Albigenser" in die Gesamtdeutung des Versepos mit einbezogen werden. Dabei stellt sich die Frage nach dem spezifischen Verhältnis der beiden Lager in Fragen der Religion, Moral und Kunst: Einer katholischen Position, die eine Religion der Liebe vertritt, die Menschen belehren und bekehren will und der Kunst dabei eine wichtige Rolle zuerkennt, steht - so die erste These der folgenden Untersuchung - eine Position der Ketzer gegenüber, die im Kampf gegen die etablierte Kirche aggressiv, intolerant und eher kunstfeindlich auftritt. In unbestimmtem Verhältnis zu diesen beiden Konfliktparteien stehen die Troubadours, die sich durch einen weitgehenden religiösen Indifferentismus, eine liberale Grundhaltung und ein Kunstverständnis auszeichnen, das jegliche Funktionalisierung zugunsten rein ästhetischer Positionen ablehnt. Jeder dieser drei Positionen - so die zweite These dieses Beitrags - werden im Rahmen der "Albigenser" Stärken und Schwächen zugesprochen, und auf Basis einer kalkulierten Vielstimmigkeit soll offen bleiben, welchem Konzept von Dichtung der Vorrang gebührt.
The article discusses recent history developments in Central and Eastern Europe more than a quarter century after the political change of 1989 on the development of programs at former traditional departments of German studies, the training of teachers for German as a foreign language and the growing importance of German for specific purposes.
The historical events during 1918, which marked the dissolution of the Habsburg Monarchy, along with the violent acts of World War II were for the majority of the “Austrian-Bukovina” Jews the catalyst leading to profound identity disruption and disorientation. The destruction of the old “foundation” and the loss of the existential centre of reference were perceived by a large number of Bukovina Jews as extremely painful. The most of them continued to cultivate the old “Austrian” values. The experience during the war and the Holocaust shattered the survivors in an irremediable way. In this paper, I rely deliberately on the short story „In fartogikn groy” written by the Yiddish writer Alexander Spiegelblatt in order to illustrate the traumatic transition from a multinational to a “national(-istic)” construction, marked by severe and irreconcilable conflict between “old” and “new” values.
This paper attempts to apply the concepts of proximity and distance to a literary text – Arthur Schnitzler's "Fräulein Else". The analysis builds on five different proximity-distance relations: spatial, temporal, social, emotional and cognitive. The purpose is to show how linguistic devices are used to describe individual relations and what roles these relations play in the given text.
Sowohl international als auch national ist erkennbar, dass Länder in Bereichen Wirtschaft, kommunikative und informative Technologien, Politik, Bildung und Gesellschaft in unterschiedlicher Art und Weise mit kulturellen bzw. interkulturellen Tendenzen konfrontiert sind. Diese Tatsachen reflektieren somit, dass Gesellschaften immer mehr mit interkulturellen Herausforderungen in Kontakt kommen. Interkulturelles Lernen, Interkulturalität und interkulturelle Kompetenz enthalten gleichfalls im gegenwärtigen und modernen Fremdsprachenunterricht eine bedeutende Rolle und ein wichtiges Aufgabenfeld.
Yrd. Doç. Dr. İclâl Cankorel'in çeviri faaliyetleri içinde Alman edebiyat tarihinin en önemli eseri olan Faust'un çevirisi dikkat çekmektedir. Dr. Cankorel, Faust'un her 2 bölümünü de Türkçeye çevirerek Alman edebiyatının bu en büyük eserinin ülkemizde daha fazla tanınmasına katkıda bulunmuştur. Bundan önce de çeşitli defalar dilimize çevrilen Faust'un bir Germanist tarafından tekrar tercüme edilmesi daha önceden kalan eksikliklerin tamamlanmasına da yol açacaktır. Son derece zor olan Faust'un dilinin Türkçeye aktarılması büyük bir birikimi ve beceriyi gerektirmektedir. Germanist olmayan birinin böyle bir işe kalkışması, haliyle büyük hataları da beraberinde getireceğinden, çevirinin Dr. Cankorel'e yaptırılması Doğu Batı Yayınevi'nin işe ne kadar ciddiyetle sarıldığının bir göstergesidir. Antik çağdan 18. yüzyıla kadarki Batı düşünce ve kültür tarihinin bir sentezini oluşturan Faust adlı dramanın çevirisi Batı'nın kavranması yolundaki çabaların önemli bir parçasını oluşturmaktadır.
Ausgehend vom Kreis um den seit 1827 in München lehrenden Joseph Görres und seinen Sohn Guido mobilisierten die etwa 60 Zweigvereine des "Vereins für konstitutionelle Monarchie und religiöse Freiheit" in der Endphase der Revolution - vor allem in den altbayerischen Regierungsbezirken - weite Teile der Bevölkerung für die gegenrevolutionäre Politik des Ministeriums von der Pfordten und trugen somit erheblich zum Scheitern der Reichsverfassungskampagne bei. Umso erstaunlicher ist es, dass weder die Revolutionsforschung noch die Katholizismusforschung den bayerischen Revolutionsgegnern bislang größere Aufmerksamkeit gewidmet haben. [...] Vor diesem Hintergrund zielt der Aufsatz zum einen darauf ab, einen Überblick über die Entwicklung der katholischen Vereine 1848/49 zu geben und ihre geographische und soziale Reichweite zu vermessen. Zum anderen rücken in einem zweiten Schritt die Selbstvergewisserungen, Mobilisierungsmechanismen und Praktiken in den Fokus, ohne die der Erfolg der katholischen Volksbewegung in Bayern nur unzureichend erklärt werden kann. Wenn der Ultramontanismus "Revolution und Freiheit fürchtete wie der Teufel das Weihwasser", wie rechtfertigten dann die führenden Kirchenmänner - sich selbst, aber auch ihren Anhängern gegenüber - die aktive Teilnahme an der Revolution? Somit geht es darum, einen konkreten Einblick in das Phänomen zu gewinnen, das Wilfried Loth treffend als eine "moderne Bewegung gegen die Moderne" charakterisiert hat. Darüber hinaus bleibt zu fragen, inwiefern der Katholizismus bereits im Vormärz auf 'moderne' Mittel gesetzt hatte oder ob diese Entwicklung erst im März 1848 begann.
Mit dem josefinischen Toleranzpatent von 1781 wurden "Akatholiken" im Habsburgerreich rechtsfähig. Unter dieser Bezeichnung wurden die Evangelischen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses (neben den mit Rom nicht unierten Griechen, also Griechisch-Orthodoxen) zusammengefasst, die auf der Grundlage einer schmalen Duldung und eingeschränkten individuellen Religionsfreiheit aus dem Untergrund ihres praktizierten Geheimprotestantismus hervortreten und im Wege des Dispens Bürger- , Meister- und akademische Rechte erwerben und unter limitierten Bedingungen eigene "Kultus"-Gemeinden bilden, d. h. Schulen, Bethäuser und Friedhöfe errichten sowie Pastoren und Lehrer berufen und einsetzen konnten. [...] Eine Sonderstellung beanspruchte schließlich die evangelische Gemeinde in Triest/Trieste/Trst, wo zeitgleich mit dem Toleranzpatent die öffentliche Religionsübung zugestanden wurde. Mit dieser Stadt, dem österreichischen Tor zur Adria, wird sich der folgende Beitrag eingehender befassen, denn von Triest aus wurden entscheidende Schritte im Emanzipationsprozess der Akatholiken getan - freilich auch nicht vor dem März 1848.
Das Konzept "Heimat" besitzt für die Identitätsstiftung eine große Bedeutung, in jüngerer Vergangenheit sogar in zunehmendem Maße. Dies wird durch den Rechtsextremismus aufgegriffen und für den Transport der eigenen xenophoben Ideologie genutzt. Dabei wird auch an die Ausdeutung des Themas im Nationalsozialismus angeknüpft. Heimat wird dabei zu einem bedrohten Wert erklärt, den es vor dem Fremden zu schützen gilt. Aus diesen Gründen spielen Heimatdiskurse schon seit langem eine wichtige Rolle im deutschen Rechtsextremismus. Wesentliche identitätsstiftende Momente von Heimat sind das Brauchtum und die Sprache, durch deren Besonderheiten Zugehörigkeit signalisiert und erkannt wird. Zugleich bieten diese Spezifika die Möglichkeit, sich von anderen abzugrenzen. Lässt man das Brauchtum im Hinblick auf die sprachwissenschaftliche Ausrichtung des Beitrages unberücksichtigt, so ist es die Sprache, genauer die Verwendung von Dialekt oder doch zumindest eines Regiolektes oder einer landschaftlichen Färbung, die landläufig ebenfalls als Marker für die regionale bzw. lokale Identität gilt [...]. Dementsprechend liegt die Frage nahe, ob dialektale bzw. regiolektale Elemente auch in rechtsextremer Kommunikation irgendeine Rolle bei der Konstituierung des Heimatbezuges spielen.
No século XIX, ocorre um significativo aumento nas viagens, especialmente devido à inovação na tecnologia dos meios de transporte. Esse desenvolvimento é acompanhado pela produção e pelo consumo de literatura relacionada ao tema. Igualmente na literatura contemporânea os relatos de viagens são recorrentes. O presente artigo tem como objetivo abordar as reportagens e os relatos que compõem "Der gelbe Bleistift" ("O lápis amarelo"), do autor suíço Christian Kracht, fazendo um contraponto com a literatura de viagem do século XIX. A literatura de viagem ao longo dos séculos não perdeu seu fascínio, contribuindo para ampliar os horizontes dos leitores, mas também para que eles questionem seus próprios valores sob a perspectiva de um olhar distanciado de sua realidade.
Ein Rückblick auf die literarischen Hinterlassenschaften von Alfred Andersch könnte helfen, das Politische der Literatur als das Andere der Politik zu begreifen. In unserer Zeit der vermischten Verhältnisse in Kultur, Wissenschaft und Politik haben adversative Konstruktionen wie die einer U- und E-Literatur, ebenso die deklamatorische Gegenüberstellung von autonomer und engagierter Literatur keine Orientierungskraft mehr. Mit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und erst recht nach der Wendezeit der neunziger Jahre beginnt eine Zeit der Revision und Reflexion der Institution Literatur. Zu beobachten ist eine Reorganisation der literarischen Tätigkeit im Wettbewerb um öffentliche Aufmerksamkeit, eine literarische Produktivität, die sich zu behaupten weiß: mit dem, was sie zu sagen hat, auch und gerade dann, wenn sie den Anspruch hat, politisch zu sprechen. Diese Revision in eigener Sache, findet sich in Anderschs Texten vorgezeichnet, persönlich und gesellschaftlich bedingt und eingeschränkt, aber doch vielsagend in dem bei diesem Autor stets aktuellen Bemühen eines "Umschreiben[s] (re-writing) der kleinen Kultur-Nachrichten" aus dem Unmaß an Informationen, punktuell und strukturell komponiert, "verwertet und verwortet" (Arno Schmidt). So könnte das Politische als ein mit der Literatur mögliches Denken und Schreiben erschlossen werden: öffentlich und gemeinschaftlich zu wirken und zugleich in eigener Sache.
The present review refers to the work of Silvia Zimmermann Das Königsbild im Werk Carmen Sylvas und in Fotografien des Fürstlich Wiedischen Archivs.[The Kingʼs Image in the Work of Carmen Sylva and on Princely Archive Photographs belonging to the Wied House] The year 2014 had a triple meaning for the first Romanian Royal House: 175 years since the birth of King Charles I (20 April 2014), 145 years since his wedding with princess Elisabeth of Wied (15 November 1869) and the death centenary of King Charles I (10 October 1914, at the Peleș Castle). Silvia Zimmermann selects and comments upon texts and images which depict the reign of Charles I over Romania, a very beneficial period for the development of the country
Seit 1894 hatte sich Hugo von Hofmannsthal mit dem "Alkestis"-Stoff befasst, hauptsächlich angeregt durch die 438 v. Chr. entstandene Tragödie des Euripides. Teile seiner Neubearbeitung erschienen im Frühjahr 1895 und im Dezember 1898, ehe er die vollendete Dichtung 1909 im "Hesperus" veröffentlichte. Zwischenzeitlich (Ende März 1907) hatte ihm Rainer Maria Rilke seine Anfang Februar 1907 entstandene "Alkestis"-Ballade zusammen mit der "Rosenschale" zur Veröffentlichung angeboten. Am 2. April 1907 antwortete Hofmannsthal: "'Alkestis' fand ich etwas schwächer als die früheren ähnlichen Sachen, vielleicht nur beim ersten Lesen. Ich bin mir noch nicht ganz klar, was der Stoff in Ihrem Sinne herzugeben schien wodurch er Sie lockte." Am 13. September 1907 erschienen dann beide Rilke-Gedichte im Lyrikteil des "Morgen". Selbstverständlich fand das "Alkestis"-Thema Hofmannsthals besonderes Interesse wegen seiner eigenen vorausliegenden Arbeiten an der Neufassung der Euripides-Tragödie, und es ist nicht auszuschließen, dass die Veröffentlichung seiner Dichtung im "Hesperus" zweieinhalb Jahre später durch Rilkes Einsendung der Ballade angeregt worden ist.
An einem Novemberabend des Jahres 1837 umstellten zwei Bataillone preußischer Infanterie das Palais des Erzbischofs von Köln, Clemens August Droste zu Vischering. Als der nicht auf die Aufforderung der preußischen Regierung einging, seine Diözese freiwillig zu verlassen, wurde er eine Stunde später in einer Kutsche nach Minden verfrachtet, wo er von da an unter Hausarrest stand. Die deutsche Presse- und Verlagslandschaft reagierte auf die skandalöse Verhaftung des Kölner Erzbischofs mit einer wahren Publikationslawine: Zahllose polemische Essays und Pamphlete widmeten sich dem 'Kölner Ereignis' und bezogen Stellung zu den beteiligten Parteien. Unter den Verfassern solcher Kommentare verdient Karl Gutzkow besondere Aufmerksamkeit, da er sich in so unterschiedlichen Formen mit dem Kölner Kirchenstreit befasst hat wie kaum ein anderer Zeitgenosse: Er verarbeitete das Geschehen nicht nur in einer eigenständig erschienenen Streitschrift und einer Reihe von Zeitschriftenartikeln, sondern griff es fast zwei Jahrzehnte später in einem ganz anderen literarischen Zusammenhang erneut auf: in seinem neunbändigen Roman "Der Zauberer von Rom" (1858-1861), den er in der zweiten Hälfte der 1850er Jahre zu Papier brachte. Ein Vergleich dieses Romans mit Gutzkows älteren Schriften zum Kirchenstreit verspricht deshalb Aufschluss darüber, wie einer der einflussreichsten zeitgenössischen Autoren je zehn Jahre vor und nach der Märzrevolution das Verhältnis von Religion, Kirche, Staat und Geschichte konzipiert. Dass Gutzkow bestimmte Sachverhalte im komplexen Gefüge des Erzähltextes anders darstellt als in den erheblich kürzeren Streitschriften, ist dabei nicht ausschließlich dem Wechsel in eine andere Gattung geschuldet, sondern lässt auch einen Wandel der Funktion religiöser Diskurse in seinem Werk erkennen.
The article analyses three texts which address the same subject (the definition of the word Wort) and aims to demonstrate that it is not only the topic that plays a crucial role in creating the macrostructure and microstructure of a text, but also the communicative situation. The article explores what differences there are in the selection of linguistic means when the same content is being expressed in texts intended for communication at various levels of specialization, and which communication strategies the authors of the texts choose in connection with the text's genre, their intentions and (above all) the communicative situation.
This paper tries to present Ernst Jüngerʼs perception of „the enemy“ in his first publication, the novellike, personal report on his experiences in WW I, „Storm of Steel“, published for the first time in 1920. Interestingly his characterization of the French, English, Scottish – and a squad of Indian – Soldiers varies in the different editions of this work, which suffered six to seven revisons (the last one for editing the opera omnia in 1978). While especially the 1924 edition had a nationalistic bias, as Jünger for example mocked on French civilization, such passages were eliminated during a revison in 1934. Generally, also in the earlier editions, Jüngerʼs approach towards describing the enemy is distinguished by high respect and an outmoded chevalersque ethos of a warrioar-caste, which was in WW I already part of the historical past. Only some traces of every-day racism, typical for the German imperial age, found its way also in the last editions: the description of colonial military forces (Moroccans, Indians).
Immigration, cultural identity, integration, tolerance and the ability to adapt to a new environment are issues that often come up in today’s global society. The paper focuses on the way in which cultural otherness is perceived by children and teenagers. The article is based on the analysis of Karin Gündisch’s novels. The awarded author from a migrant background offers an insight into the above mentioned problems. Gündisch’s characters are mostly East-Europeans or South-East-Europeans who try to make a living in developed countries of the Western World. The author portrays entire families, children, parents and grandparents. Thus we can discuss the different stages of integration and the different attitudes towards it. How does the comfort of “home” influence identity? How can you rediscover yourself abroad? Does cultural diversity increase prejudice? What does the idea of a “Paradise abroad” involve? These are some of the aspects, the article is trying to explore.
Das Forschungsinteresse an Ludwig Börne galt und gilt in erster Linie den Bereichen Politik, Kultur und im Besonderen der Thematik Judenemanzipation. Darauf wird noch zurückzukommen sein. Man sollte bei Börne vor allem kein System suchen. Weder Philosoph noch Theologe, stand für ihn die durchgängige Priorität der Politik einer kohärenten Behandlung religiöser Themen im Wege. Dass in allen seinen, auch den der Aktualität gewidmeten Texten eine dezidiert ethische Grundhaltung wahrnehmbar ist, wurde zwar in der Forschung selten geleugnet: Glaube und Menschenliebe, Toleranz und Wahrheitssuche prägen weitgehend Börnes Bild. Dennoch hält sich daneben das Klischee des exaltierten Jakobiners und naiven, kurzsichtigen Deisten, wie es seit Heine nahezu bis heute tradiert wird. Auch auf diesem Hintergrund wird man die im Folgenden skizzierten Stationen von Börnes religiöser Entwicklung reflektieren müssen.
Franz Fühmann gehört zu den profiliertesten deutschsprachigen Schriftstellern aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Rahmen seines Gesamtwerkes nimmt das Thema 'Griechenland' - namentlich die Zeit der Okkupation - einen beträchtlichen Raum ein; ja, Fühmann ist sogar derjenige DDR-Autor, der sich am intensivsten damit befasst hat.
Die Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg ist ein Thema, das gerade im Kontext der krisenhaften Erschütterungen in der Europäischen Union und der mannigfachen Spannungen innerhalb des deutsch-griechischen Verhältnisses im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts von erheblicher historisch-politischer Brisanz ist; ihre literarischen Gestaltungen sind wichtige Dokumente zeitgenössischer Reflexion und sollten Anregungen geben für das Problembewusstsein späterer Generationen. Zugleich aber sind diese Gestaltungen Teil eines schriftstellerischen Gesamtwerkes, und im Falle Franz Fühmanns ist insbesondere zu fragen, ob sich das Erlebnis Griechenlands – über seine Bedeutung für die Auseinandersetzung mit Krieg und Faschismus in den Erzählungen bis 1965 hinaus - auch im Schaffen der Folgezeit niedergeschlagen hat.
Franz Fühmann wurde am 15. Januar 1922 in Rochlitz an der Iser (Rokytnice nad Jizerou) im Riesengebirge geboren und starb am 8. Juli 1984 in Berlin. Anfang der fünfziger Jahre war er zunächst als Lyriker, ab 1955 auch als Erzähler bekannt geworden. Seit Mitte der sechziger Jahre wandte sich der Schriftsteller der antiken Mythologie zu (der Nacherzählung der Homerischen Epen unter dem Titel Das Hölzerne Pferd, dem 'mythologischen Roman' Prometheus sowie mehreren Erzählungen und dramatischen Texten) und schrieb eine Anzahl programmatischer Essays - darunter Das mythische Element in der Literatur (1974).
In der Oberzips sind [...] die durch das benachbarte Schlesien vermittelten Merkmale des Ostmitteldeutschen vorherrschend. Einen Sonderfall stellen das Kesmarker Stadtprotokoll aus den Jahren 1554-1614 sowie das zweitälteste Gerichtsbuch von Kesmark aus den Jahren 1607-1624 dar, in denen die ostmitteldeutschen Merkmale gänzlich fehlen. [...] Nach Piirainen könnte dies auf eine eigene Schreibtradition in der Kesmarker Stadtkanzlei hinweisen. Die Teilergebnisse der sprachlichen Analyse von Originalhandschriften der Zunftsatzungen aus den Jahren 1573-1636 deuten jedoch darauf hin, dass man den ostmitteldeutschen bzw. schlesischen Einfluss in der Kesmarker Kanzleisprache nicht ausschließen kann.
Friedrich Feuerbach (1806-1880), einer der Brüder des berühmten Philosophen Ludwig Feuerbach, aus dessen Schatten er zeitlebens nie treten konnte, verfasste zwischen 1843 und 1845 eine Schriftenreihe unter dem Titel "Die Religion der Zukunft", die in pädagogischer Absicht ein zentrales Argument Ludwig Feuerbachs wiederaufnimmt, dass die neue Philosophie des Menschen und für den Menschen zur Religion werden müsse. Nicht zufällig paraphrasiert Friedrich Feuerbach mit seiner dreibändigen Schriftenreihe, dessen erster Band im gleichen Jahr erschien wie Ludwig Feuerbachs "Grundsätze der Philosophie der Zukunft", deren Titel. Offensichtlich versteht er seinen Entwurf einer Religion der Zukunft als die konsequente und praktische Fortsetzung der in den "Grundsätzen" geleisteten theoretischen Auflösung der spekulativen Philosophie Hegels, die als "letzte rationelle Stütze der Theologie" galt. Jedenfalls schließt Friedrich Feuerbach sich der Forderung der Grundsätze an, dass die neue Philosophie nicht nur an die Stelle der alten Philosophie treten müsse, welche die ethischen Fragen der Theologie überlassen habe. Vielmehr müsse die neue Philosophie selbst zur Religion werden, also wie die Religion ein ethisches Gerüst stiften, nur eben in Form einer an der realen menschlichen Natur orientierten, säkularen Ethik.
Este trabalho se propõe a utilizar os princípios inerentes à Linguística de Corpus – listas de palavras, palavras-chave e linhas de concordância – com o intuito de fazer uma análise comparativa do texto Trauer und Melancholie, escrito por Freud em 1917, e suas cinco retraduções publicadas em português no Brasil. Devido à insatisfação em relação às traduções indiretas dos escritos freudianos, desde a década de 1990 têm surgido propostas de retraduções que visam recuperar nos textos em português a terminologia e o estilo que o pai da Psicanálise utilizou em alemão. A fim de verificar até que ponto as escolhas tradutórias estão diretamente ligadas ao texto-fonte, partimos de dados empíricos levantados por ferramentas computacionais. As análises quantitativas e qualitativas revelaram que as retraduções diretas foram influenciadas pelas anteriores – indiretas –, mostrando que outros fatores, além do texto de partida, afetam o texto traduzido, ainda que os tradutores não se deem conta disso.
O conceito de Witz, como aparece nos fragmentos de Friedrich Schlegel, publicados entre 1798 e 1800, está ligado ao entendimento estético e foi recuperado por Walter Benjamin em O conceito de crítica de arte no romantismo alemão. O Witz faz parte da "terminologia filosófica" romântica, é um instante na reflexão crítica sobre uma obra de arte onde se dá o conhecimento súbito. O Witz opera na obra uma iluminação de diferentes níveis: semanticamente, aparece na obra como as figuras de estilo da subitaneidade, ou como parabase, a ruptura que autoexplica a obra. Witz, etimologicamente, seria uma corruptela de wissen (saber), e representado pela metáfora da luz. O termo original Witz mantém uma relação sonora com Blitz (relâmpago), é o saber que emerge à consciência subitamente, como um relâmpago, uma iluminação súbita da cena. Witz/Bliz constituem-se em um par conceitual, ou seja, a sonoridade dos termos permite um permuta visual e fonética que vem ao encontro das possibilidades semânticas, compondo um par de opostos.
The present study intends to analyze the literary personality of the German-language writer and translator Alfred Margul-Sperber and his approach to Romanian folk poetry and Romanian folk ballads. Alfred Margul-Sperber is known as a classical German-language poet from Romania, as a discoverer and supporter of literary talent, but also as a brilliant translator. Impressions from his childhood and life experiences contributed to Alfred MargulSperber’s interest for Romanian poets and especially for Romanian folk poetry, which left its own mark on Sperber’s literary creation. The author was fascinated by its plurality of forms, its richness of rhymes, images and sounds. The masterpiece of Romanian folk poetry, “Mioriţa/The little Ewe”-ballad raised the interest of the multilingual translator who proved his outstanding talent by translating the original text into German as accurately as possible and remarkably close to the spirit of the Romanian folk poetry, thus popularizing it among the German readers at home and abroad.
This analysis of the literary comic 'der Spieler' seeks to identify similarities and differences between the text and its pre-text, exploring whether the comic manifests the intentions of Dostoyevsky's literary model 'The Gambler' and asking whether the stylistic tone of the novel is retained in the comic version. The analysis shows that the authors of the comic manage to retain both Dostoyevsky's intentions and his poetic/narrative techniques, while also creating their own verbal and graphic interpretations.
Der vorliegende Sammelband ist wichtigen Aspekten der sprachwissenschaftlichen Phraseologieforschung gewidmet; er enthält sowohl theoretische Ausführungen zu Struktur, Definition, Semantik, Pragmatik oder syntaktischer Verwendung von phraseologischen Strukturen als auch Beobachtungen zum alltäglichen Sprachgebrauch in konkreten Kommunikationssituationen. Der Band basiert auf der Tagung zum Thema 'Phrasenstrukturen und -interpretationen im Gebrauch', die vom 25. bis 27. September 2014 stattfand und die Tradition von germanistischen Konferenzen am Institut für Germanische Philologie der Universität Wrocław fortsetzte.
In his novel How the Soldier Repairs the Gramophone, the author Saša Stanišić shows the complex relationship of the narrator (Aleksandar) to his native Bosnia and Herzegovina on the one hand and Germany on the other hand, which becomes (because of the Civil War in Bosnia and Herzegovina) the new random home of Aleksandar’s family. The resulting problems such as loss of home, integration, construction and reconstruction of „auto-image“ and „hetero-image“ are treated from a unique perspective - of a growing child. In this work, using the example of the novel How the Soldier Repairs the Gramophone will be examine, what specific child perspective as a narrator in the construction of „auto-image“ and „hetero-image“ and what is a difference in a perspective between the child and the adult narrator.
Mörikes Aversion gegen alle Arten offizieller rhetorischer Fertigkeit, seine Abneigung gegen "Gefordertes, Bestelltes", sei es eine Predigt, eine literarische Rezension, eine Gratulation oder ein politisches Statement, ist bekannt. Die Distanz gegenüber allem Repräsentativen ist keine marginale Marotte Mörikes, sondern habitusprägend, seine Poetik und Kreativität bestimmend. Sie steht in einer literarischen [...] und außerliterarischen Tradition. Diese Bescheidenheit dürfte zum Teil auch eine Antwort auf die Frage des jungen Dichters Theodor Storm geben, warum ein derart bedeutender Dichter wie Mörike nur einem kleinen Kreis von Zeitgenossen bekannt geworden ist. Marktstrategisches Auftreten war nicht Mörikes Sache. Und dennoch sind nicht nur seine Werke, sondern auch seine kritischen Hinweise und Korrekturvorschläge von nachhaltiger produktiver Bedeutung für andere Künstler geworden. Wie das?
Schreibszenen des Billets
(2015)
Es ließe sich unschwer eine veritable Bibliothek aus Briefwechseln, Briefstellern, Briefforschung zusammenstellen. Zum Billet, "Briefgen", "Zedul" oder "Blättchen", also zur Vorgeschichte der SMS, könnte man gerade mal einen kleinen Schuber füllen. Diese Asymmetrie ist erklärungsbedürftig und im Blick auf ganz andere als in sogenannten "ordentlichen" Briefen praktizierte Schreibszenen auch aufschlussreich.
Sucht man in den als "Kompendium der romantischen Schule" apostrophierten 'Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst', die August Wilhelm Schlegel in Berlin 1801 gehalten hat, nach der Einschätzung und systematischen Einordnung der Tanzkunst in die Kunstlehre der Romantik, so findet man eine zwiespältige Konstellation vor. Auf der einen Seite gehört die Tanzkunst durch ihre exzeptionelle Verbindung von Wort, Ton und Gebärde zur "Ur-Kunst", ist also somit zugleich durch ihr Bündnis mit Poesie und Musik "der Kern der sämtlichen Künste"; auf der anderen Seite ist die Tanzkunst genau durch diesen "unheilbaren Akt" der "untrennbaren" Anbindung an Poesie und Musik zu der Rolle einer "untergeordneten Kunst" verdammt. Denn, so die Argumentation Schlegels, die Tanzkunst hat "die Wortsprache nötig", genauso wie sie "nie der Musik entraten kann". Kurz: aus der Sicht August Wilhelm Schlegels ist die Tanzkunst als Einzelkunst nicht autonomiefähig, sodass sie trotz ihrer Ursprungsaura nicht zu den höchstfavorisierten Künsten um 1800 zählt.
Jacob Grimm war als Mythenforscher ein Experte für die Entzifferung von Verhüllungen und Dissimulationen. [...] Die bedrängte heidnisch germanische Kultur entwickele verdeckende Darstellungsweisen. Die ersten Märchen der Brüder Grimm sind mitten in den Napoleonischen Kriegen aufgeschrieben. Die Schilderungen der Überlebenstaktiken der heidnischen Kultur im dominierenden Umfeld des triumphierenden Christentums erinnern an Partisanentaktiken der Befreiungskriege. [...] Es wird in den folgenden vier Abschnitten darum gehen die Skala der von den beiden Grimms angewandten thematologischen und methodischen Simulations- und Dissimulationstechniken zu benennen mit dem Ziel den Glücksfall einer wissenschaftlichen Fehldeutung für die Poesie zu extrapolieren.
In German, female and male first names are strictly segregated: there are two big inventories with the only purpose to separate women and men. Unisex names are extremely seldom. If they are chosen, they have to be followed by a sex-specific middle name (e.g. Kim Uwe, Kim Annette). If we look at the phonological components of first names, i.e. at their sounds, we can state that male and female names became more similar over the last decades. Whereas in the 1950's, typical first names such as Katharina and Rolf diverged considering their phonic inventory considerably, today, many girls are named Leah and Lara and many boys Noah and Luca. These names share nearly the same sounds, they consist of two syllables and are stressed on the first one. If we look behind the scenes, it becomes clear that the officially required onomastic separation of the two sexes is undermined. In this paper, I will present a socalled phonetic gender score for German first names for the first time (see also Schmidt-Jüngst in this volume). It allows for measuring a degree of femaleness and maleness of names. In a second step, it will be asked whether unofficial names such as pet names, which are not obliged to mark sex also tend to be gendered or if they disobey the gender barrier. It will be shown that the most intimate names are not interested in stressing the denoted person's sex. In contrast to first names, pet names tend to be maximally de-gendered.
In the novel "The Land of Green Plums" (1994) the author renders an apocalyptic image of Romania during the communist dictatorship, Timişoara representing the tragic background of the narrated events. From this perspective, language becomes for Herta Müller a way of distancing from the dictatorial system, the author managing to express, through specific processes of language, the circumstances hat generated those events. The aphorisms and the idioms used in the text express the wrong behavior and communication mechanisms of the protagonists, demonstrating the presence of the security forces and of the dictatorship. The author often appeals to repetitions to highlight the continuous threat and the repression force of the authorities. Thus, the language is for Herta Müller a form of resistance against the totalitarian regime and the only place of expressing freedom, even under the dictatorship.
Von häuslicher Gewalt in der deutschsprachigen Literatur zu sprechen, grenzt an sich an eine Übertreibung angesichts der wenigen Beispiele, die der Kanon enthält. Das gilt umso mehr, wenn man vor 1945 sucht, das heißt zu einer Zeit, in der sich jener Bruch mit dem Vaterland noch nicht vollzogen hatte, der auch literarische Brüche mit Vätern, Müttern und auch Kindern nach sich ziehen sollte (ich denke hier an Peter Weiss' 'Abschied von den Eltern' [1961], Ingeborg Bachmanns 'Malina' [1971] oder auch an Elfriede Jelineks 'Die Klavierspielerin' [1983]). Die längste Zeit wurden körperliche Auseinandersetzungen in der Familie nicht wirklich als Gewalt registriert. Wir müssen aber auf den Realismus warten, dass eine breitere literarische Strömung - und nicht nur vereinzelt ein Autor wie Kleist - die noch relativ neue Institution der Literatur für prosaische Alltagsgeschehnisse öffnet und sich damit auch dem Gemeinplatz der Familie kritisch und als ästhetische Herausforderung annähert. Fredric Jameson gab jüngst zu bedenken, dass erst dann ein neuer Zugang zum Realismus möglich sei, wenn man gleichzeitig die Genealogie des Erzählens und ihre drohende Auflösung in literarischen Repräsentationen von Affekten im Auge behalte. Und wirklich präsentieren realistische Texte ganze Archive, um die Komplexität und Rhetorizität von Affekten im Allgemeinen und von Aggressionen im Speziellen zu studieren. Ein bekannter Text des deutschsprachigen Realismus, der das Phänomen der häuslichen Gewalt in dieser Weise reflektiert, ist Adalbert Stifters Erzählung 'Granit' aus der Geschichtensammlung 'Bunte Steine' (1853); jenen, die an den Grenzen des Kanons lesen, wird Theodor Storms Novelle 'Ein Doppelgänger' (1887) in den Sinn kommen; wohl jeder denkt an Gerhart Hauptmanns naturalistische Studie 'Bahnwärter Thiel', die im darauffolgenden Jahr erschien. Und wenn wir noch Robert Walser als späten realistischen Autor ansehen, dann stellt 'Der Gehülfe' (1908) einen der denkwürdigsten Texte zum Thema häuslicher Gewalt dar.
Diese begrenzte, wenn auch in keiner Weise vollständige Beispielreihe zeigt, dass Gewalt in der Familie längste Zeit ein Un-Thema war - was natürlich nicht bedeutet, dass es sie nicht gab oder gibt. Vielmehr kann die Seltenheit ihres literarischen Vorkommens entweder als Zeichen dafür gedeutet werden, dass häusliche Gewalt ein so alltägliches Phänomen darstellte, dass es nicht weiter erwähnenswert war oder aber, dass häusliche Gewalt ein solches Tabu war, dass sie nicht thematisiert werden konnte.
Die Verbindungen Hugo von Hofmannsthals zu der Familie von Lieben sind schon dort wirksam, wo sie nur in der engen Verflechtung mit den Familien Auspitz, Gomperz und Wertheimstein und der Verzweigung im gesellschaftlichen Leben Wiens liegen: Josefine von Wertheimstein war eine Schwester Sophie Todescos, deren Tochter Anna 1871 Leopold Lieben heiratete. Der erfolgreiche Bankier und spätere Präsident der Wiener Börsenkammer gilt als gebildet und künstlerisch veranlagt. Neben eigenen Versuchen in der Malerei sammelt er Gemälde; das Palais der Familie wird über die Jahre ein "Sammelpunkt von Gelehrten und Künstlern". Seine Brüder Adolf und Richard Lieben machen sich in der Wissenschaft einen Namen, Schwester Helene heiratet Rudolf Auspitz, Ida, die jüngere, Franz Brentano.
Aus der Ehe Leopold Liebens mit Anna gehen fünf Kinder hervor: Ilse, Valerie, Ernst, Robert und Henriette. 1894 freundet sich der junge Hofmannsthal mit dem Erfinder Robert von Lieben an. Aus dem Briefwechsel der beiden weiß man, dass es auch eine Beziehung zur jüngsten Lieben-Tochter Henriette gab, doch deren nähere Umstände werden aus der Korrespondenz nicht ganz klar, nur dass zwischen der 14-jährigen Henriette und dem 22-jährigen Hofmannsthal wohl - für die Familie problematische - Briefe gewechselt wurden.
Propomos neste texto indicar que a presença da Primeira Guerra na poesia de Georg Trakl vincula-se de modo inextricável à sua concepção sombria do mundo, em que o homem surge como um ser incontornavelmente desgraçado. Se nessa poesia resiste um romântico desejo de pureza, beleza e bondade, tal aspiração é continuamente refutada por imagens ameaçadoras do mal inerente ao mundo, dentre as quais as da Guerra talvez se imponham como as mais aterradoras. A fim de evidenciar esse vínculo, buscaremos primeiramente explicitar a experiência de prevalecimento do mal no poema "De Profundis" (De Profundis), escrito antes da Guerra, para em seguida analisar essa experiência nos poemas "Grodek" (Grodek) e "Lamento" (Klage), em que está diretamente associada a ela.
Im Juni spricht der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer im Rahmen der Frankfurter Poetikvorlesungen über den „Untergang der Äkschn GmbH“. Meyers ungewöhnliche Biographie und seine Romane über Leipziger Jugendgangs, Prostituierte und Zuhälter versprechen interessante Vorträge. Wir haben ihm vorab einige Fragen gestellt – seine mitunter forschen Antworten deuten jedenfalls an, dass der Autor sein Publikum bestimmt nicht langweilen wird.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den religionskritischen Tendenzen im Werk Louise Astons. Ausgehend vom grundsätzlichen, in der Forschung bereits gut dokumentiertem, Befund des Zusammenschlusses von religiöser Opposition, Frauenemanzipation und demokratischer Bewegung in der Mitte des 19. Jahrhunderts soll ein Blick auf die spezifisch kirchenkritischen Einflüsse und Ausprägungen des Schreibens einer Autorin geworfen werden, die Renate Möhrmann als Kämpferin für die "Revisionierung der christlichen Krämerwelt" beschreibt. Dabei konzentriert sich die Betrachtung vor allem auf Louise Astons journalistisches und schriftstellerisches Engagement, weniger auf ihren Status als "enfant terrible des Feminismus" im 19. Jahrhundert. Diese Perspektive ermöglicht zum einen eine stärkere Kontextualisierung Louise Astons innerhalb religionskritischer und liberaldemokratischer Strömungen des Vormärz. So steht ihr Schreiben, wie zu zeigen sein wird, in Auseinandersetzung mit dem Saint-Simonismus, auf dessen Rezeption sie nicht explizit verweist, an dessen Gedanken zur Neubestimmung der Rolle der Frau sie jedoch offenkundig anknüpft. Zum anderen offenbart sie einen exemplarischen Blick auf die Beteiligung von Frauen am öffentlichen Diskurs jener Zeit und den Wandel von der beschriebenen zur schreibenden Frau.
Der Beitrag nimmt das komplizierte Verhältnis zwischen Geschichtsdarstellung, politischer Instrumentalisierung und dramatischer Gestaltung in den Blick. In exemplarischen Analysen ausgewählter Dramen von Ernst Toller, Emil Ludwig und Alfons Paquet wird deutlich, wie die Bühne nicht nur politisch aufklären, sondern darüber hinaus unmittelbar politisch wirken soll. Die jüngste Geschichte dient so als Material für (z. T. avantgardistische, z. T. ästhetisch konventionelle) dramatische Entwürfe, die den Zuschauer sowohl zur kritischen Reflexion als auch zu eigenem Handeln anregen sollen.
Este trabalho tem como objetivo analisar a construção das Stimmungen (atmosferas) na livre-adaptação do Fausto de Goethe realizada, em 2011, pelo diretor russo Aleksandr Sokurov. Dentro dessa perspectiva, buscaremos demonstrar, particularmente, como o diálogo entre Sokurov e Goethe não se dá somente no domínio do enredo, mas também no modo peculiar como ambos se utilizam da técnica como forma de modulação dos afetos dos espectadores.
Rezension zu Strob, Florian/Louth, Charlie (Hgg.) (2014): Nelly Sachs im Kontext: eine 'Schwester Kafkas'? Heidelberg: Winter, ISBN: 978-3-8253-6395-6, 255 S.
Im Jahre 2010 erschien im Verlag Suhrkamp eine kommentierte Werkausgabe in vier Bänden, die von Aris Fioretos vorbereitet wurde. Damit rückte Nelly Sachs, Nobelpreisträgerin von 1966, erneut ins Visier der Literaturwissenschaft. Es folgte eine Ausstellung von Aris Fioretos im Jüdischen Museum Berlin ('Flucht und Verwandlung'), es erschien ein Tagungsband mit drei Beiträgen zu Nelly Sachs ('Weibliche jüdische Stimmen deutscher Lyrik aus der Zeit von Verfolgung und Exil', 2012). Dessen Mitherausgeberin Chiara Conterno und die Celan- und Karl-Kraus-Spezialistin Irene Fantappiè sind auch in dem hier besprochenen Band vertreten. "Eine 'Schwester Kafkas'? Nelly Sachs im Kontext" hieß dann ein Kolloquium im September 2012 an der Queen's College in Oxford, aus dem der vorliegende Band hervorgegangen ist.
Jede wissenschaftliche Debatte im 19. Jahrhundert, unabhängig von der Disziplin, musste sich auf den Boden von Tatsachen, im zeitlichen Sprachgebrauch 'facta' oder 'data', stellen. Die Theologie bildete darin keine Ausnahme, besonders nicht auf den Gebieten der Dogmen- und Kirchengeschichte oder der Evangelien-Forschung. Um neue Fakten in die Diskurse einzubringen, mussten diese zunächst "im Feld" gewonnen, in Daten transformiert und als neues Wissen veröffentlicht werden. Genau dies war der Grund für Tischendorfs Orientreise gewesen. Nur so war eine auf Autopsie, Authentizität, Interdisziplinarität und Historizität basierende wissenschaftliche Forschungspraxis in der Theologie möglich. Diese These soll durch den Vergleich des Vorgehens zweier Forschungsreisender - der Gemeinsamkeiten und Unterschiede berücksichtig - belegt werden.
Thomas Manns Erzählung Der Erwählte steckt voller Bezüge zu anderen Texten. Spätestens an seinem Ende, noch nach dem "Valete", wird an dem, was in der Terminologie Genettes "Paratext" genannt wird, explizit ersichtlich, dass Der Erwählte eine Vorlage hat; dort steht: "Diese Erzählung gründet sich in den Hauptzügen auf das Versepos 'Gregorjus' des mittelhochdeutschen Dichters Hartmann von Aue, der seine 'Geschichte vom guten Sünder' aus dem Französischen ('Vie de Saint-Grégoire') übernahm.' Der Text ist die Übernahme einer Übernahme, bzw., wieder mit Genette, ein Hypertext auf einen Hypotext, der seinerseits ein Hypertext auf einen Hypotext ist usw., so dass man es hier an jeder Stelle mit Intertextualität zu tun hat. Dieser Tatbestand kann der gebildete Leser/die gebildete Leserin allerdings auch zuvor bemerken, wenn er/sie über Zitate, Plagiate und Anspielungen weiterer Texte stolpert. Das wurde natürlich längst auch schon bemerkt: Daraus besteht die Thomas-Mann-Quellenforschung. War aber beispielsweise Walter Berendsohn 1945 noch eher nett überrascht, bei einem Textvergleich zwischen Thomas Manns Tristan und Richard Wagners Tristan und Isolde zu dem Ergebnis zu kommen, "daß sich der Dichter einen recht ansehnlichen Teil seines Wortmaterials von dort geholt hat", sogar "ganze Sätze", so ist das zwanzig Jahre später im Thomas-Mann-Archiv etwas anders, wie Hans Wysling berichtet:
Als Thomas Manns Arbeitsweise bekannt wurde, war man zuerst ratlos. Es herrschte damals, um es drastisch zu sagen, eine dicke Luft im Archiv. [...] Waren Thomas Manns Werke denn alle ausgestopfte Vögel? War er ein 'arch-deceiver'? [...] Wir suchten nach einem angemessenen Montage-Begriff, wir suchten nach den verschiedenen Bedeutungen, die das Wort 'Quelle' für Thomas Mann hat
Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit dem im Westen noch weitgehend unbekannten Genre des chinesischen Kriminalromans "gongàn xiaoshuo", sowie dessen produktiver Rezeption durch den niederländischen Diplomaten und Schriftsteller Robert H. van Gulik (*09.08.1910, †24.09.1967). Als Verständnisgrundlage sollen dabei zunächst einige grundsätzliche Ausführungen und Erläuterungen zu besagtem Genre getätigt werden. Danach wird sich der Text van Guliks "Richter Di" zuwenden, jener Romanreihe, der der Sinologe seine bis heute anhaltende Bekanntheit, auch über wissenschaftliche Kreise hinaus, verdankt. Um den Rahmen dieser Aufsatzes nicht zu sprengen, soll sich jedoch vorwiegend auf die durch van Gulik angefertigte und veröffentlichte Übersetzung des ursprünglichen chinesischen Originals, 'Wǔ Zétian sì dà qí àn' ( 武則天四大奇案 , "Vier außerordentlich seltsame Fälle in der Regierungszeit der Kaiserin Wu") (auch: 'Dee Goong An' ( 狄公案, "Richter Dis Fälle")), sowie den dritten Roman der Reihe, 'Geisterspuk in Peng-lai', konzentriert werden, da in diesem der Beginn der Karriere Richter Dis beschrieben wird. Auf diese Weise kann sowohl die besondere Form des chinesischen Kriminalromans - die van Gulik in seinen übrigen "Richter Di"- Romanen übernimmt -, wie auch das tradierte China-Bild und die Anklänge konfuzianischer Philosophie in angemessenem Umfang bearbeitet werden. Die in den Romanen dargestellten Formen des Alltagslebens, die Regierungsstrukturen, die politischen Verschwörungen und die Angriffe von außen, sind historisch korrekt beschrieben und gewähren somit einen faszinierenden Einblick in die Welt des historischen Chinas.
Selbstverständlich wird für die Verwirklichung der posthumanen Welt vorausgesetzt, dass der humanistisch-anthropozentrische Menschenbegriff bzw. seine Geschichte zu einem Ende gelangt sind. Denn die Idee des Posthumanen beinhaltet im wörtlichen Sinne eine Vorstellung des Menschen, der nach dem humanistischen Menschen kommt. Daher muss der posthumane Diskurs nicht im Kontext der apokalyptischen Weltanschauung als das Verschwinden der Menschheit oder als eine 'Auslöschungsfantasie' betrachtet werden, sondern in der kommenden historischen Phase als ein neues Ethos, wodurch man den neuen Menschen definieren kann.
Diese Ansicht wird im dritten Roman von Christian Kracht, Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten (2008), verdeutlicht: Der Roman wurde seit seinem Erscheinen zwar hauptsächlich als ein dystopischer Roman, eine Geschichte von der Endzeit aller Zivilisation gelesen, kann aber ebenso dahingehend verstanden werden, dass das Verschwinden der humanistischen Welt, die in Europa entwickelt worden ist, die Voraussetzung für den Anbruch eines neuen Zeitalters bzw. Menschen bildet. Im Folgenden werde ich mich zuerst den neuen Menschenbildern, die mit der Technik verbessert und zusammengeschlossen werden, annähern und einen Überblick über verschiedene Ausprägungen des Posthumanismus geben.
Der Erwerb der interkulturellen Kompetenz kann entweder spontan oder in pädagogisch gesteuerten Lernsituationen erfolgen. Der Vorteil des institutionalisierten Unterrichts liegt im bewussten intendierten Lernen, wozu alle drei traditionellen Teilbereichen des FSU – Spracharbeit, Literatur und Landeskunde – Möglichkeiten bieten. [...] Die vorliegende Forschung beschreibt die Implementierung des interkulturellen Ansatzes (IKA) nach den Angaben von LehrerInnen. [...] Der wichtigste Schluss aus der Datenanalyse ist, dass der interkulturelle Ansatz im Deutschunterricht in der Slowakei nur im geringen Maße berücksichtigt wird.
Das Werk Rolf Dieter Brinkmanns ist stark geprägt von einer Abscheu gegenüber Zivilisation, was es nahe legt, ihn auch als einen Autor zu lesen, der sich gegen die Tradition anthropozentrischen Denkens wendet. Seine Radikalität erschöpft sich nicht darin, dass er den Menschen allein auf seine triebhaft-animalische Existenz reduziert, sondern drückt sich auch in experimentellen Schreibverfahren aus. In seinen Text-Bild-Collagen wie in seiner Lyrik hebt er durch eine stark visuell orientierte Wahrnehmung der Welt den materiellen Charakter von Sprache hervor. Mit seinem Wunsch nach Sprachlosigkeit entwirft Brinkmann eine "ökologische Ästhetik", die mit dem menschlichen Hegemonialanspruch bricht.
Unter der Leitung des Gothaer Medailleurs Christian Wermuth (1661-1739) wurden zugleich drei Medaillen geschaffen und zum freien Verkauf angeboten, die an die poetische Krönung von Sidonia Hedwig Zäunemann (1711-1740) erinnern. Von der als Universität der Aufklärung konzipierten Göttinger Universität literarisch ausgezeichnet, war die Erfurter Autorin die neunte von insgesamt 21 kaiserlich gekrönten Dichterinnen. Die treibenden Kräfte hinter dem Verleihungsakt standen unter dem Eindruck der durch die Universität Wittenberg vorgenommenen exzeptionellen Ehrung von Zäunemanns Vorgängerin Christiana Mariana von Ziegler (1695-1760). Den hohen Prestigewert der Göttinger Krönung belegen neben Lobgedichten und Berichten in Zeitungen und gelehrten Journalen auch die Krönungsmedaillen. Deren kulturpolitische Signalfunktion erschließt sich aus dem Sinn und Zweck, der den zwei Frauenkrönungen auf Seiten ihrer Initiatoren zugedacht war. Ein in Gotha entstandenes Werbeblatt zu den "curieuse[n] und wohl inventierte[n] Medaillen", datiert auf den 19. September 1738, gibt Aufschluss über die kreativen Köpfe, die als Nicht-Medailleure zum Gelingen dieses wohl auch unter kompetitiven Gesichtspunkten außergewöhnlichen künstlerischen Projektes unter Mitarbeit eines Medaillenverfertigers namens Grauel beitrugen. Eine aus den Quellen gearbeitete Zeittafel zum Krönungsjahr und die Mitteilung einer in der Wermuth-Forschung unbekannten Variante der kleinen Zäunemann-Medaille runden den literatur-, kunst- und kulturwissenschaftlich perspektivierten Beitrag ab.
Cada vez mais, o ensino baseado em textos ganha espaço nas salas de aula de línguas e nos livros didáticos. A teoria dos gêneros do discurso, advinda do Círculo de Bakhtin, tem fundamentado diversas análises e é o ponto de partida das teorias de gêneros discursivos e/ou textuais. Essa teoria é centrada no estudo das materialidades discursivas em seus aspectos sócio-históricos e ideológicos, considerando também as condições de produção e as situações de comunicação dos discursos. Diante de tais considerações, os objetivos deste trabalho são: verificar a concepção de gêneros em um livro didático de alemão como língua estrangeira para iniciantes Planet A1 e investigar o modo como as atividades com os gêneros são abordadas nesse material. A análise apresentada neste artigo é qualitativa e não há qualquer quantificação dos gêneros abordados no livro didático. Para tanto, foram escolhidas três propostas de atividades baseadas em três gêneros, entre os mais recorrentes do livro didático: uma conversa telefônica, e-mails e um gráfico. Os resultados das análises demonstram que o livro didático
The article deals with Thomas Mann' s attitude to Stefan George and his work. The first part reproduces and comments on Mann's statements about George. It transpires that Thomas Mann's attitude to George was highly contradictory. This fact is mainly due to the self-searching of the North German author against the background of historical events. The article also contains an analysis of two short stories by Thomas Mann ('At the Prophet's' and 'Death in Venice') that have some relation to George (or his disciples) and thus clarify the issues in question.
Im Zentrum der vorliegenden Studie steht Benjamins Konzeption der Politik der "Entstaltung". Dabei soll gezeigt werden, dass diese vor allem einer "Gesellschaft des Spektakels" Paroli bietet, in welcher alles, selbst die Politik sich als Zurschaustellung und Aufführung inszeniert. Die Politik der "Entstaltung" zielt hingegen darauf ab, mit der gesellschaftlichen Inszenierung und Repräsentierbarkeit radikal zu brechen und jenseits dieser eine Politik des Nicht-Repräsentierbaren als wirkliche Demokratie zu ermöglichen. Sie setzt dort an, wo eine konstitutive Lücke in der Gesellschaft sichtbar wird. Sie ist in erster Linie nichts anderes als die Sichtbarmachung und Zurschaustellung einer solchen konstitutiven Lücke in der gesellschaftlichen Ordnung. Die Lücke ist das Moment, in dem die gesellschaftliche Repräsentation und Darstellung, das heißt die Mimesis endet und die Performanz als das radikal Undarstellbare ansetzt. Diese Lücke heißt bei Benjamin im Anschluss an Brecht "Zustand". Die Politik der Entstaltung hält daher an "Zuständen" (GS II, 521) fest, die noch inhaltsleer sind und als Orte des Übergangs fungieren.
Die vorliegende Studie verortet den Begriff der Entstaltung im Kontext der Theorien der Gestalt bei Goethe, Mach, Ehrenfels und in der Gestaltpsychologie. Benjamins Begriff der Entstaltung ist demnach als ein antimetaphysisches Gegenkonzept zur Gestalt aufzufassen. Diese Studie führt den Gegensatz von Gestalt und Entstaltung auf die Divergenz zwischen Goethe und der Romantik zurück. Sie verfolgt die These, dass die Phantasie als "Entstaltung des Gestalteten" (GS VI, 114) in Benjamins Konzeption der Politik eine wesentliche Rolle spielt.
Interessiert man sich im Hinblick auf den Primitivismus für das Wechselverhältnis von Ethnologie, Kunstgeschichte und den Künsten, versprechen Carl Einsteins kunstwissenschaftliche Schrift 'Negerplastik' und sein kubistisch inspirierter Text 'Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders' aufschlussreich für eine Untersuchung zu sein. 'Negerplastik' erörtert kunstgeschichtliche Fragestellungen zur Raumdarstellung am Verhältnis von kubistischer und primitiver Kunst und diskutiert letztere unter einem mit der Ethnologie geteilten Interesse an Kult und Ritual. 'Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders' wiederum macht kubistische Formprinzipien und die zirzensischen Künste als Importe des Primitiven in die moderne europäische Großstadt lesbar und betreibt dadurch eine literarische Variante innerkultureller Ethnographie. Die Hypothese teilend, Intermedialität stelle für den modernen Primitivismus ein konstitutives Moment dar, möchte ich ein Medium des Primitivismus in den Fokus rücken, das kulturelle Transfers bei der Konzeptualisierung und Repräsentation des Primitiven besonders greifbar und transparent macht: die Puppe.
Am 26. Januar 1907 tritt Rudolf Kassner seine große Reise nach Nordafrika an. Ob er mit dem Schiff von Genua über Marseille oder gleich von Marseille übersetzt, wissen wir nicht. Jedenfalls trifft er kurz vor dem 1. Februar 1907 in Algier ein und steigt im "Hôtel de la Regence" an der Place de Gouvernement ab. Von dort hatte er Gerty von Hofmannsthal am 1. Februar berichtet: "Überfahrt schlecht, Wetter hier auch schlecht. So fängt es aber bei mir an, d.h. ich fange immer von Anfang an." Und ganz ähnlich hatte Lili Schalk unter demselben Datum lesen können: "Überfahrt mäßig, Schiff erbärmlich, Wetter häßlich. Bleibe einige Tage hier."
Den wissenschaftlichen Historismus seit Leopold von Ranke und den ästhetischen Historismus des klassischen historischen Romans seit Walter Scott, der bis heute etwa im Wenderoman von Uwe Tellkamp seine Fortsetzung findet, scheint eher ein Verwandtschafts- als ein Transformationsverhältnis zu verbinden. Etablierte sich der historische Roman gerade dadurch als Gattung, dass er an der Geschichtswissenschaft und ihrem Wahrheitskriterium Maß nehmend Ebenbürtigkeit reklamierte, relativiert die postmoderne Historiografieforschung umgekehrt den Gültigkeitsanspruch der wissenschaftlich ermittelten Sinnhaftigkeit der Geschichte als Produkt narrativer Verfahren ihrer Darstellung. Die Transformation der Geschichtswissenschaft in den historischen Roman, so die These dieses Aufsatzes, betrifft weniger die Erzählverfahren als vielmehr die Sinndeutung: Die abstrakten Sinnzusammenhänge, die die Wissenschaft konstruiert, übersetzt der Roman zurück in konkreten Sinn, der der Geschichte die Aura von Subjektgemäßheit und Zustimmungswürdigkeit verleiht.