830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Groß ist die Spannweite der Interpretationen, die die ersten Verse von Hartmanns 'Iwein' erfahren haben. (…) Das reicht vom „Inbegriff der güete..., bei dem caritas, misericordia und summum bonum mitgedacht werden müssen“ (…) bis zum „recht verstandenen Rittertum“ (…), die als „leitstern“ (…) des Gedichts fungieren; kürzlich hat D.G. MOWATT den Prolog sogar ironisch verstehen wollen (…), wobei beweiskräftige sprachliche Signale für uneigentliches Sprechen jedoch kaum auffindbar sein dürften (…) und die Annahme einer nachträglichen Ironisierung des Beginns durch das (einseitig interpretierte) Ende des Roman nur aus der vergleichenden Lektüre des modernen Interpreten, nicht aber aus einer kontinuierlich-linearen zuhörenden Aufnahme durch Hartmanns Publikum abgeleitet werden kann.
Die Annahme, Fuß sei ein Minnesänger gewesen, beruht auf der Zuordnung zu drei Personen, die auf diesem Gebiet hervorgetreten sind, und auf der Interpretation der Bezeichnung ‚puler’. Trifft nun schon die Angabe „Minnesänger“ bei Wolfram nur für ein dem späten Mittelalter kaum mehr gegenwärtiges Nebengebiet seines dichterischen Schaffens zu, so bedeutet ‚puler’ in den (...) [Volker Mertens] bekannten Belegen soviel wie „Minner, Liebhaber“, in einem Fall auch „Sachverständiger in Liebesdingen“ (...), aber niemals „Minnesänger“.
Vergänglichkeitsmetapher oder Bild für den Aussatz – um diese Interpretationen der Stelle E 73 (bzw. B 143) "ze hewe wart sîn grüenez gras" im neuaufgefundenen Benediktbeurer Fragment des "Armen Heinrich" ist ein Streit zwischen L. Wolff und Gesa Bonath einerseits und H. Rosenfeld andererseits entbrannt (....). Die strittigen Verse im "Armen Heinrich" aber sind in ihrer, das "ûzen" (Vergehen der Schönheit) ebenso wie das innen (Krankheit als Prüfung) erfassen Mehrschichtigkeit doch eher das Werk eines theologische Anregungen verwertenden Dichter, und damit (...) [nimmt Volker Mertens an], Hartmann selbst.
In seinen Ausgaben der Altdeutschen Predigten (...) hatte A.E. Schönbach mehrmals (...) einen Untersuchungsband angekündigt; obwohl er bei Edition des 3. Bandes als für die vorliegenden Texte fertig bezeichnet wird, ist er nie erschienen.(...) Die folgenden Studien (...) wollen aus dem umfangreichen Programm Schönbachs (...) zur Hauptsache nur Fragen der Überlieferung behandeln und eine weitergehende Aufschlüsselung der Vorgeschichte der Leipziger Sammlung bieten, als sie A. Linsenmayer in seiner ‚Geschichte der Predigt in Deutschland’ (...) gegeben hat.
Wohl kaum eine andere Stelle in "Des Minnesangs Frühling" hat soviele Emendationen und Interpretationen provoziert, wie Zeile 5 und 6 der letzten Strophe des Kreuzlieds "Mîn herze und mîn lîp die wellent scheiden" von Friedrich von Hausen. (...) Der Kontext der Strophe soll zuerst dazu dienen, den möglichen Bedeutungskreis der dunklen Textstellen zu erhellen. Es geht um die Rechtfertigung des Sängers vor der Gesellschaft, weil er ein Minneverhältnis aufgekündigt hat.
The sermon is essentially a performance and oscillates between orality and scripturality. The preaching of Geiler of Kaysersberg was a famous event at its time and the article asks, what is transmitted of it by the manuscripts and printed books. The writing does not try to reproduce the event, resp. the performance, but represents different reflections of it, adapted to the intended usage of the manuscript or printed book. The article demonstrates this on several examples from the work of Geiler and pleads for a diplomatic rendering of the manuscripts with a commentary and a facsimile edition of the printed books respectively. The results could refer to other texts between orality and scripturality, too.
Im Jahre 1308 (...) entstand Hertig Fredrik, angeblich nach einer nicht überlieferten niederdeutschen Vorlage, schließlich „Flores och Blanzeflor“ von 1311/12 auf Grundlage der altnorwegischen Flores-Saga; inwieweit daneben eine der altfranzösischen (...) Fassungen benutzt wurde, ist nicht hinreichend geklärt. Ich werde mich auf die beiden ersten Texte beziehen und dabei folgende Fragen diskutieren:
Welches historisch-kulturelle Szenario ist für die Übertragungen zu rekonstruieren?
Wie sahen die Vorlagen für Hertig Fredrik und ihr Kontext aus?
Welche Erkenntnisse lassen sich für die Literaturszene und die Kulturkontakte gewinnen?
Ziel (...) [der] Überlegungen [Volker Mertens] ist eine Deutung von Wolframs Ehe-Tagelied „Der helden minne ir klage“ – (...) [Volker Mertens] will dieses Lied zu verstehen suchen im Zusammenhang mit Wolframs Lyrik: von Minnedienst und Tageliederotik. Die Lieder stehen im Kontext des hohen Minnesangs – deutliche Bezüge zu Liedern Walthers und Reinmars haben sich erschließen lassen, nicht umsonst erscheinen alle drei Sänger im Gedicht vom ‚Wartburgkrieg’, wenngleich es dort nicht um Liebe sondern um Fürstenpreis geht.
Johann Jakob Bodmer is regarded as the ‘father of Minnesang-research’. The article attempts a critical analysis of this claim. It traces the reception of the most important manuscript of Minnesang, the ‘Manesse’ manuscript (as Bodmer called it) since Melchior Goldast (1604) and its ‘discovery’ by Bodmer. He claims his position as the discoverer of Minnesang on three points: the patriotic, the poetic analogy and the ‘revelatory’. (...) [T]he ‘revelatory’ that Bodmer had rescued medieval literature from oblivion, had woken it up when it was sleeping like a marmot.
In seiner umfassenden Untersuchung zum deutschen geistlichen Lied im Mittelalter beschäftigt sich J. Janota (...) mit dem "Ruf" im Zusammenhang mit dem Credolied und dem Lied nach der Predigt. Er weist daß die "Nachrichten über mittelalterliche Predigtlieder jeweils nur eine Liedzeile" nennen. (...) [Volker Mertens scheint] das vorliegende Material noch nicht hinlänglich ausgebreitet und ausgewertet und einen Aussage, die über das faktische non liquet Janotas hinausgeht, möglich zu sein.
Rudolf von Fenis ist (...) ein Paradefall für das Problem, das man heute als ‚Kulturtransfer’ bezeichnen würde und das, vor allem für die höfische Epik, unter dem Stichwort der ‚adaption courtoise’ diskutiert worden ist: (...) Was ändern die deutschen Autoren bei ihrer Übernahme der romanischen Modelle, wie passen sie diese an die andere soziale, kulturelle und literarische Situation an?
„Ich bin der Welt noch den Tannhäuser schuldig“, bemerkte Richard Wagner gegen Ende seines Lebens. (...) [An keinem seiner früheren Werke] hat er soviel retuschiert und geändert (...) Es blieben Undeutlichkeiten, Unklarheiten, ja scheinbare Brüche. Sie betreffen v.a. Elisabeth und ihre Entwicklung, Tannhäusers Schuld und Buße sowie den Schluß mit ihrem und Tannhäusers Tod. (...) Aber nicht allein die Position Elisabeths (...) wurde mißverstanden, die Unklarheit ging vielmehr tiefer, betraf die Rolle der gesamten Wartburg-Gesellschaft wie die der Kunst und des Künstlers. (...) Es waren die MEISTERSINGER in ihrem ersten Entwurf, der also als Ergänzung und als Korrektur des TANNHÄUSERS zu lesen ist, was [Volker Mertens in diesem Aufsatz unternimmt].
Das "Fürstenlob" des "Wartburgkriegs" - Heinrich III. von Meißen und die "gemischte Medialität"
(1999)
Was wir vom WARTBURGKRIEG der Mitte des 13. Jahrhunderts fassen können, müssen wir aus der schriftlichen Überlieferung des 14. (und 15.) Jahrhunderts erschließen, aus dem „(subsidiär verschriftlichen) Inhalt eines Text- und Wissensspeicher“ (...), den zu aktualisieren nur teilweise gelingen kann. Die wichtigsten Handschriften sind die MANESSISCHE LIEDERHANDSCHRIFT C und die JENAER LIEDERHANDSCHRIFT J (...). Hier soll es zur Hauptsache um den eigentlichen „Wartburgkrieg“, nämlich das (...) „Fürstenlob“ gehen, daneben um das „Rätselspiel“. Ziel ist die sozial- und medientheoretische Verortung des „Fürstenlobs“, d.h. eine weitere argumentative Absicherung der These, es sei für Markgraf Heinrich III. von Meißen verfaßt (...).
Der Traum ist für [E.T.A.] Hoffman, neben der Musik, die Möglichkeit, mit dem „fernen, unbekannten Geisterreich“ in Kontakt zu treten, und was er über dieses sagt, trifft auch auf Undine , sowohl auf die Figur, wie auf das Werk zu: „Mag der Traum, den der, bald zum Grausen erregenden, bald zum freundlichen Boten an den irdischen Menschen erkoren (...)“ (Don Juan) (...) mit ‚Undine’ wird die Oper zum Traum, wie der Traum zur Oper.
Wagners „Ring“ teilt mit dem „Nibelungenlied“ anscheinend eine nahezu unendliche Interpretierbarkeit. Durch seine brüchige literarische Gestalt ist das „Nibelungenlied“ für immer neue aktualisierende Sinngebungen offen, wie sich in seiner Funktionalisierung in unterschiedlichsten Zusammenhängen der kulturellen und politischen Geschichte zeigt. Wagners „Ring“ hingegen erreicht diese Offenheit bewußt durch sein kalkulierte mythische Uneindeutigkeit. Bei aller Verwurzelung im ‚Mythos des 19. Jahrhunderts’ sind doch dessen Vorgaben absichtlich nicht so stringent umgesetzt, daß nicht andere, immer neue Auslegungen möglich wären.
Die mittelalterlichen Texte nicht als autonome Kunstwerke zu betrachten, sie nicht als situativen und zeitgebunden Verwendungszusammenhängen enthoben anzusehen, hat sich auch in der Germanistik seit einiger Zeit durchgesetzt. (...) Deutliches Indiz für dieses Verständnis des ‚Falkenlieds’ als Projektion eines feudalen Gesellschaftentwurfs ist die Falkenthematik selbst, die eines Allegorie für des Funktionieren von Herrschaft bereitstellt – wie es in ‚De arte venandi cum avibus’ Kaiser Friedrichs II. ausformuliert ist. Die Kunst mit Falken zu jagen, die Falken zur Jagd abzurichten, ist die Kunst des Herrschen in der richtigen Ausübung seiner Macht. Und genau darum geht es im ‚Falkenlied’.
Der Typus (...) [des] Liebesromans bildet das Gerüst von „Mai und Beaflor“, einem anonym überlieferten höfischen Roman des 13. Jahrhunderts, dessen genaue Datierung unsicher ist. (...) Die Vorlage ist unbekannt, sie dürfte französisch sein. (...) Eine Prosachronik als Quelle ist eher unwahrscheinlich und soll wohl die Authentizität der Geschehnisse verbürgen; Prosaromane vergleichbaren Inhalts sind nicht überliefert. Der Liebesroman erhebt – im Unterschied zum Artusroman – generell einen Faktizitätsanspruch: Flore und Blanscheflur sind in die Karls-Genealogie eingebunden, der „Partonopeus“ auf das Haus Blois bezogen, auch der „Willehalm von Orlens“ gibt sich als Historia.
Ein ‚intertristanisches’ Spiel, angedeutete Dialoge zwischen literarischen Figuren – solche Bezüge sind nicht erst in der jüngeren Literatur zu entdecken. Die Deutlichkeit der intertextuellen Markierungen kann zu allen Zeiten sehr unterschiedlich sein – in unserem Beispiel kann sie von der lediglich im Titel genannten Tristan-Figur, die im Bezug auf den Mythos schwebend bleibt, bei Platen, bis zur explikativen Benennung bei Thomas Mann (und zu in anderer Weise schwebenden Bezügen) gehen.
Die Wiederentdeckung in der Mitte des 18. Jahrhunderts und die zunächst höchst bescheidenen Wirkungsgeschichte vollziehen sich in einer europäisch bestimmten heldenepischen Arena, deren Koordinaten von Vergil und dann Homer einerseits und den nordischen Dichtern mit dem Paradigma Ossian andererseits gebildet werden.(...) [Volker Mertens bezieht sich] auf das 18. Jahrhundert. (...) [Er zeichnet] die Entwicklung des epischen Feldes in Bezug auf das ‚Nibelungenlied’ nach und entwickel[t] am Schluss Perspektiven auf den mittelhochdeutschen Text in der epischen Arena um 1200.
Schon Ingeborg Bachmanns eigene Konzeption rechtfertigt die Assoziationen mit Lulu nicht, viel weniger noch die literarische Entfaltung des Themas von der Meerfrau, der Mahrte, und ihrer Verbindung mit einem Sterblichen vom 12. bis zum 20. Jahrhundert. Nur die ‚Unkenntnis der Werke’ erlaubt beispielsweise die Projektion der Geschlechterproblematik unserer Zeit auf die Melusinen und Undinen, zu der wir so schnell bereit sind, weil ‚das Leuchten’ ihrer Namen und dazu verführt. (...) [Volker Mertens betrachtet] die Erzählungen von der Mahrtenehe strukturell als Thematisierung einer Differenz zweier Welten und als Integration- und Harmonisierungsversuch, der scheitern oder auch gelingen kann. Die beiden Welten sind durch komplementäre Defizite und Überschüsse gekennzeichnet, die einander kompensieren können.
Der Hörer erwartet vom Hörfunk ein gewisses Maß an Aktualität – im Fall des Mittelalters naturgemäß eine mittelbare. Die Wahl des Themas und des Titels soll den Reiz des Fremden mit dem Bedürfnis nach Vertrautem vereinen, der Hörer braucht einen wie immer gearteten Bezug auf die eigene Situation oder das eigene Wissen – sei es, daß man anknüpft an bekannte Namen (wie den genannten Neidharts) oder entsprechende Schlagwörter findet: Der Trobador der Jungfrau Maria – das ist Alfons der Weise, der Sammler der Cantigas di Santa Maria.
Drei Generationen von Plenarien lassen sich unterscheiden: Der ältere Typus enthält nur die Prikopen und die Glosse; er wird im Druck seit 1488 abgelöst durch einen Typ, der zusätzlich Introitus, Psalm und Collecta enthält, also auch die Gesänge und Gebete des ersten Teils der Messe. Das wird im Titel entsprechend angekündigt. (...) Mit seinen fünf Ausgaben zwischen 1514 und 1522 gehört Petris Plenar zu den verbreitetsten, vor allem aber enthält es, weit mehr als jede andere Sammlung, an die Glossen angeschlossene Exempla: mitsamyst einer vor nie bey vnß gehorter Gloß mit fruchtbaren schönen Exemplen beschlossen heißt es im Titel. Deshalb hat es [Volker Mertens] (...) für diese Studie als besonders geeignet ausgewählt.
Schon Ingeborg Bachmanns eigene Konzeption rechtfertigt die Assoziation Undines mit Lulu nicht – viel weniger noch die literarische Entfaltung des Themas von der Meerjungfrau, der Mahrte, und ihrer Verbindung mit einem Sterblichen (...). (...) [Volker Mertens betrachtet] die Erzählungen von der Mahrtenehe strukturell als Thematisierung einer Differenz zweier Welten und als Integrations- und Harmonisierungsversuch, der scheitert, oder – selten – auch gelingen kann. Die beiden Welten sind durch komplementäre Defizite und Überschüsse gekennzeichnet, die einander kompensieren können.
Stoffgeschichtliches Interesse war es, das Johannes Bolte veranlaßte, zwei Meisterlieder des Nürnberger Meistersängers Friedrich Beer aus dem Jahre 1588 zu veröffentlichen: sie haben zwei Abenteuer (...) aus dem Faustbuch von 1587 als Grundlage. (...) Sie sind (...) mehr als nur „ein neues Zeugnis für rasche Verbreitung“ (...) des Faustbuchs; Textwahl und Gestaltung sind vielmehr bestimmt vom Literaturbetrieb der Meistersänger und den Normen ihrer sozialen Gruppe.
Wolfram, Klopstock und Homer
(2009)
Jede Zeit führt ihren je eigenen Dialog mit dem Mittelalter; (...) je nach ihren Voraussetzungen und Bedingungen stellt sie ihre Fragen an die mittelalterlichen Relikte und findet eigene Antworten. Mein Beitrag geht der Frage nach, wie in der Mitte des 18. Jahrhunderts Wolframs „Parzival“ aufgenommen werden konnte und welche Dimensionen besonders faszinierten und irritierten. (...)
Die Rezeption der französischen Adelskultur endet mit dem 12. Jahrhundert, wobei doch eine spürbare Überlegenheit des Westens erhalten bleibt. Aber es hat sich ein Selbstbewusstsein entwickelt, das es erlaubt, bewußter eigene Wege zu gehen. (...) [Das zeigt Volker Mertens] exemplarisch bei Wolfram von Eschenbach (...).
In der Einleitung zu seiner Ausgabe der ‚Visio Sancti Pauli’ diskutiert F. Maurer (...) die Frage, ob das unter diesem Titel laufende Fragment, die Hs. ser. nova 338 Bl. der Österreichischen Nationalbibliothek, Teile von einem oder von zwei Gedichten überliefert. (...) Da (...) für die ‚Visio’ kein detaillierter Quellenvergleich vorliegt, will (...) [Volker Mertens] zunächst die Vorlagen für dieses Textstück zusammenstellen und anschließend das Problem der Quellen für die ‚Zukunft’ unter Beziehungnahme auf die bisher in diesem Zusammenhang so gut wie unbeachtete Tradition der ‚Lein-Seele-Legende’ einer Lösung näher führen.
Mit den (...) Überlegungen [versucht Volker Mertens] (...), Kategorien der Leserforschung, wie sie v.a. von Wolfgang Iser entwickelt wurden (Der implizite Leser. München 1972, und der Akt des Lesens. München 1976), auf die Eigenart der Predigtüberlieferung des Mittelalters, speziell zwei Sammlungen, die im 14. Jahrhundert überliefert sind, zu übertragen. Diese Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes bedingt nicht zuletzt den experimentellen Charakter dieser Skizze.
Die Grimms, Wagner und wir
(1988)
Wenn [Jacob] Grimm in seiner frühen Schrift „Über Mythos, Ethos und Geschichte“ das Verhältnis von Mythos zur Geschichte als das des Schicksals zur Freiheit deutet, so hat gerade in der „Deutschen Mythologie“ die Tür dafür geöffnet, umgekehrt den Mythos als Möglichkeit zur Freiheit zu verstehen, als Spiel und nicht als Terror (...). Jacob Grimm war, wenn nicht der Reflexion, so doch der Sache nach Prästrukturalist, und damit machte er die aktive Mythenkonzeption und -produktion für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts möglich und – vermittelt vor allem durch den Mythenbaumeister Wagner und die permanente Auseinandersetzung mit seinem Werk – auch für unsere Zeit.
Alte Themen, auch unter neuen Vorzeichen nachspielbar [Volker Mertens fragt] nach ihrer Realisierbarkeit im höfischen Tristanroman des späten 12. und frühen 13. Jahrhundert, wie er von den beiden unvollständigen Werken des Thomas von Britannien und Gottfrieds von Straßburg repräsentiert wird. (…) Drei Szenen (…) [greift er heraus]: Tristans Pygmalion-Situation im Bildersaal, die allegorische Liebesapotheose der Minnegrotte und den mythischen liebebegründenden Trank.