830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Martin Luther : 1483-1546
(1996)
450 years ago, in the early hours of February 18, the charismatic reformer and fearless combatant who had changed the face of Europe and of Christianity died in his home town of Eisleben while on a peace mission. The feuding Counts of Mansfeldt had asked him to mediate. Accompanied by his three sons, Luther, old at 62 and ailing, made the trip in mid-winter against the advice of friends and family. His body was returned to Wittenberg and buried there on February 22. It is impossible to overestimate his impact. The common priesthood of man, "everybody his own priest", this truly revolutionary notion at the core of his teaching, was immediately recognized for its (unintended) political, democratic implications. To him, all the faithful were one community, there was no room for separate casts. His zeal as a preacher of the "true faith", and his denunciation of those who would not accept it, earned him the reputation of intolerance, even anti-Semitism. The latter would surprise him, for he considered himself a prophet, though anointed against his will, like those of the Old Testament who also admonished, cajoled and condemned the "wayward children of Israel"'
The house of Tantalus
(2010)
The tentative title of my presentation is GENDER AMBIVALENCE (AMBIGUITY?) and deals with Renaissance iconography in Thomas Mann's Death in Venice. It will show that homosexual attraction, although obvious in the story (and Mann's life) is a secondary issue and that the main concern lies with the problem provided by an aesthetic principle. (Parallel narratives, the plot is not the real/only story).
Faust the colonizer
(1995)
"Musst du nicht längst kolonisieren?" ("Hasn't colonizing been your business?") is Mephisto's loaded comment on Faust's dilemma, namely his inability to persuade Philemon and Baucis to vacate their little estate voluntarily in exchange for pleasant retirement quarters in his newly gained territory, wrested from the sea (Faust, Part II, V, line 11274). Baucis in particular sees no reason why they should be displaced and resents Faust's expansiveness. "Wie er sich als Nachbar brüstet, soll man untertänig sein" ("He struts into the neighborhood expecting us to act like serfs," lines 11133/4). "Kolonisieren" as Mephisto uses the word clearly favors strong-arm tactics over restraint. Faust finally gives the go-ahead: "So geht und schafft sie mir zur Seite" ("Go and get them out of there," line 11275) for an attempt at forced resettlement that leaves three more corpses on his path to salvation and is followed by a seamless flow of events culminating in his own death.
Goethe: Helena
(2010)
Although we are concentrating on the Third Act, Faust's appreciation of legend's most beautiful woman begins much earlier, perhaps as early as the Hexenkueche scene where he is thoroughly enraptured by a woman's image in a magical mirror. It drives him crazy, he says (2456), particularly since he has to stay at a certain distance to keep it in proper focus (2434); can you see Mephisto's mischievous smile at this bit of enforced "disinterested contemplation"? Woman is God's final art work, the true Crown of Creation, we learn from Schiller's Princess Eboli; Mephisto seems to say as much, and Faust like most men needs no convincing. We can't be sure that this is indeed Helen, we (and Faust) have yet to meet her. She remains nameless but, by any name, would be as sweet.
Gretchen's infanticide
(2010)
In the scene At The Well, Gretchen herself describes the sequence of events best and in all their fateful simplicity. It is the progress from "sin" to "shame", that is to public disgrace as soon as her private transgression becomes "visible" as pregnancy. Already here the painful confusion over her private perception ("good, dear love", lines 3585/6) and public judgment ("slut", line 3753) which will eventually drive her mad is obvious. In her derangement and despair she will destroy the evidence against her, that is, drown her child.
Goethe - Egmont
(2010)
Goethe : Novelle
(2010)
Eckermann reports a conversation with Goethe on January 29, 1827: Es kam sodann zur Sprache, welchen Titel man der Novelle geben sollte; wir taten manche Vorschlaege, einige waren gut fuer den Anfang, andere gut fuer das Ende, doch fand sich keiner, der fuer das Ganze passend und also der rechte gewesen waere. "Wissen Sie was", sagte Goethe, "wir wollen es die Novelle nennen; denn was ist eine Novelle anders als eine sich ereignete unerhoerte Begebenheit. Dies ist der eigentliche Begriff, und so vieles, was in Deutschland unter dem Titel Novelle geht, ist gar keine Novelle, sondern bloss Erzaehlung oder was Sie sonst wollen. In jenem urspruenglichen Sinne einer unerhoerten Begebenheit kommt auch die Novelle in den Wahlverwandtschaften vor." This is the epilogue, as it were, to a lengthy conversation on January 15, 1827, in which Goethe interprets his own Novelle. Here an excerpt, a highly condensed analysis: Zu zeigen, wie das Unbaendige, Unueberwindliche oft besser durch Liebe und Froemmigkeit als durch Gewalt bezwungen werde, war die Aufgabe dieser Novelle, und dieses schoene Ziel, welches sich im Kinde und Loewen darstellt, reizte mich zur Ausfuehrung. Dies ist das Ideelle, dies die Blume. Und das gruene Blaetterwerk der durchaus realen Exposition ist nur dieserwegen da und nur dieserwegen etwas wert.
Brecht - Galileo
(2010)
This is the age of doubt, says Brecht's Galileo, the 17th century scientist. "It ain't necessarily so," says Gershwin's Sportin' Life of the 1930ies. "De t'ings dat yo li'ble / to read in de Bible / it ain't necessarily so. / Now I takes dat gospel / whenever it's pos'ble / but wid a grain of salt."
Welche Verstehensschwierigkeiten der Text "Nach den Prozessen" bereitet, läßt sich nach dessen erster Lektüre bereits ansatzweise, nach weiteren Leseprozessen noch genauer beschreiben. Das Gedicht „Nach den Prozessen” ist voller Lesewiderstände, schon allein aufgrund der ineinander verschlungenen Metaphernkomplexe und metaphorischen Vieldeutigkeiten. Daher ist ein Gespräch über das Verstehen des Gedichts stets auch ein Gespräch über die Konstituiertheit von Texten und über die Prämissen eigenen Verstehens, also auch über die Bedingungen und die Grenzen der eigenen Bereitschaft, sich auf jene Arendtsche „Geschichtsschreibung” einzulassen, die selbst nicht voraussetzungslos ist, sondern der Ästhetik der Moderne und ihrem emphatischen Anspruch auf poetisch verbürgte ‘Wahrheit’ folgt. Als Alternative zur Geschlossenheit einer Gesamtinterpretation könnten in verstärktem Maße auch offene, durchaus miteinander konkurrierende Zugänge zu Autor und Werkerprobt werden.
Der Titel dieser kleinen Betrachtung zu Franz Fühmanns Geschichte "Drei nackte Männer" ist sicherlich in Bezugnahme auf Norman Mailers gleichnamigen Roman von 1948 irreführend, da die literarischen Kosmen der beiden Autoren stark den jeweiligen Lebenswelten (USA und DDR) verpflichtet sind. Die Nacktheit ist bei Fühmann durch die Wahl des Schauplatzes, einer Sauna, bedingt und wird so in einen kulturellen Rahmen eingefügt und durch Momente der Hygiene domestiziert. Die Aufschlüsselung des Ortes liegt nahe und ist schon anderenorts geleistet worden: Die Nacktheit der Sauna signalisiert ein egalitäres Moment, da dort jeder Saunagänger seiner sozialen Indikatoren wie Kleidung beraubt ist. Jedes rahmende Beiwerk bleibt gewöhnlich in der Garderobe. Nicht so bei der Figur des Wolligen, dem das Hauptaugenmerk des Erzählers gilt, dessen Insignien der Macht aus zwei ihn begleitenden Männern bestehen – dem Kürzeren und dem Längeren. Neudeutsch würde man von Bodyguards oder Gorillas sprechen, im Sprachgebrauch der DDR war dies der PS – Persönlicher Schutz. Durch die Rechnung zwei PS plus ein zu Schützender kommt man leicht zu dem Ergebnis, dass letzterer ein hohes Tier sein muss. Diese bereits etwas ins Negative abweichende Umdeutung des Schauplatzes wird im Verlauf der Erzählung noch vertieft, indem der Erzähler daraufhin weist, dass hier zwar alle gleich, viel eher aber noch vereinzelt sind. Die Sauna ist der Ort der gnadenlosen Sonderung, im Gegensatz zum Dampfbad, das als Ort bezeichnet wird, „wo alles Volk war“. Durch die gnadenlose Luft, Hitze, Trockenheit der Sauna kann kein verbindendes Lachen zwischen dem Wolligen, als dieser einen Witz erzählt, und den anderen Saunabesuchern entstehen – „ein gnadenlos vertaner Moment“. Warum solch ein gnadenloses Urteil über eine alltägliche Peinlichkeit? Wie verläuft der Weg dorthin?
Der Artikel untersucht die Verwebungen verschiedener Diskurse mit dem Genre Kriminalroman in Franz Doblers Tollwut (1991). Dobler wird oft in einem Atemzug mit dem Begriff Popliteratur genannt, allerdings heben sich seine popkulturellen Koordinaten mit einer Ausrichtung auf alternative Country Musik deutlich von denen seiner Kollegen ab. Während der Poproman das Spiel der Oberflächen in Szene setzt, arbeiten die Erzählungen der Country Musik mit mythisch aufgeladenen Elementen, die vielfältige Berührungspunkte zum Kriminalroman zulassen. Im Zentrum des Romans stehen der Häusler Sohn Mathias - eine klassische Outlawfigur - und das Zeichen für sein Rebellentum - das Gewehr, das die Kriminalhandlung erst ins Rollen bringt. Durch die monomane Fixierung auf die Waffe, die deutlich phallische Züge trägt, wird deutlich, dass die Kriminalhandlung eine Ermittlung der Schattenseiten der patriachalichen Ordnung ermöglicht. Dieser Diskurs rekonstruiert nicht nur die private Familiengeschichte von Mathias, sondern fungiert auch als Schnittpunkt für eine historische (KZ in Dachau) und gegenwartsbezogene (kapitalismuskritische) Linie. Den Doblerschen Text prägt in diesem Zusammenhang eine starke Ambivalenz, die nicht in einem einfachen Ende aufgelöst wird. Der Cowboy reitet nicht in den Sonnenuntergang der bürgerlichen Gesellschaft.
Indem das Mäusefest in die historische Wirklichkeit eingebettet wird, verweist es über die begrenzte Begebenheit hinaus ins allgemein Politische. Im Unscheinbaren und Abseitigen wird die Wahrnehmung für die verschüttete Vergangenheit wachgerufen, so daß Moral, Schuld und Trauer das Idyllische für immer zerstören. Die Erzählung „Mäusefest“ ist ein besonders eindringliches Beispiel für Bobrowskis Verständnis einer moralischen und sozialen Verpflichtung von Literatur. Sein besonderes Anliegen gilt der deutschen Kriegsschuld den östlichen Ländern gegenüber. „Mäusefest“ gehört zu Bobrowskis Erzählungen vom Krieg, die auf eigene Erfahrungen gründen. Den biographischen Hintergrund bildet hierbei die Anwesenheit Bobrowskis beim deutschen Überfall auf Polen als Soldat der Wehrmacht. Bobrowski legte stets großen Wert auf die persönliche Erfahrung und damit auch auf die persönliche Schuld, die die Basis seiner Literatur bilden.
George ist nicht klug. Er ist ein Fanatiker. Sein Fanatismus lässt sich in vier Wörtern zusammenfassen: Ich bin ein Dichter. Dieses Ich Georges – den Nachgeborenen erscheint es wie eine Maske, in die sich notfalls jedermann zwängen könnte. Die Not – eine Spielart jenes ominösen ›Bewusstseins von Nöten‹, das Theodor W. Adorno zufolge die moderne Kunst begleitet – scheint groß gewesen zu sein. Wer sich einliest, beginnt bald zu begreifen, dass Georges Gedichte von kaum etwas anderem sprechen. Seine Poesie ist Zwang. Nicht passiv notierter, sondern gelebter Zwang, geübt und erfahren. Das hat den Verfasser dieser Verse als einen verdächtig gemacht, der sich gewaltsam dort Zutritt verschafft, wo, der Übereinkunft nach, alle Gewalt endet: in der Dichtung. Der Verdacht ist die Kehrseite der Faszination, die von der Gestalt ausgeht. Er schimmert durch; er grundiert sie. Verständlich also, dass der Mann die Phantasie stärker beschäftigt als das ›Werk‹, auf das er vergeblich alle Blicke hinlenkt, in dem er aufzugehen gedachte wie sein Gesicht in der Totenmaske, dem bekanntesten Zeugnis, das von ihm existiert.
Ein Gotteskrieger – whatever the case may be – in ›einem der ärmsten Länder der Erde‹ fordert die ›einzige verbliebene Weltmacht‹ heraus. Selbstverständlich wird er in dem mutwillig angezettelten Duell unterliegen. Aber alle kennen auch die Stimme aus dem Inneren, die unaufhörlich sagt, dass Hochmut vor dem Fall kommt, dass Weltreiche periklitieren und es sehr wohl möglich sei, dass hier und heute – hier hält sie inne, die Stimme aus dem Inneren, ein wenig erschrocken, denn sie weiß sehr wohl, dass alles, was sie zu sagen wüsste, im Aussprechen schal werden müsste: einerseits dem Gelächter preisgegeben aufgrund der allzu großen Disproportion zu dem, was wir ›Wirklichkeit‹ nennen, andererseits kaum mehr wert als ein Achselzucken, weil es den Grund der Welt berührt, der, wie man weiß, in allen Dingen derselbe ist und deshalb keine präzise Auskunft über das, was nächstens geschieht, ermöglicht.
Die Zähmung des Zeichens
(2008)
Das Gedächtnis des Lesers, sonst eher regelscheu, besitzt eine Vorliebe für bestimmte Erzähldetails: in ihnen kondensiert sich die Kraft der Vergegenwärtigung, ohne die eine gehabte Lektüre nichts weiter meint als eine verflossene. In Raabes Odfeld ist es der zeichenhafte Naturlaut: jenes erste, »rauh, heiser und klagend« vorgetragene »Krah!«, mit dem sich der schwarze Invalide der Rabenschlacht in der Studierstube seines Retters bemerkbar macht. Ein erstes, wohlgemerkt, dem ein zweites, drittes und viertes auf dem Fuß folgt – jedesmal dann, wenn in dieser unruhigen Nacht vom vierten auf den fünften November 1761 ein Rat oder Unterschlupf Suchender die Zelle des »letzte[n] wirkliche[n] Kollaborator[s] der wirklichen Großen Schule von Amelungsborn«, des emeritierten Magisters Noah Buchius, betritt.