943 Geschichte Mitteleuropas; Deutschlands
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Die Zigarettenalben entwickelten sich in den 1930er Jahren zu einem vitalen Instrument der Wirtschafts- und Gesellschaftskommunikation. Da sowohl die Zigarettenindustrie als auch das NS-Regime manipulativ auf soziale Gruppen einwirken wollten, war es folgerichtig, dass Wirtschaft und Politik das beliebte Massenmedium als Kommunikationsinstrument einsetzten, um von dem propagandistischen Synergieeffekt zu profitieren. In den Zigarettenbildern mit NS-Inhalten manifestiert sich die Assimilation ökonomischer und propagandistischer Interessen, die seit Beginn der Professionalisierung von Werbung und Propaganda eingesetzt hatte. Die NS-Propaganda knüpfte bei der strategischen und operativen Planung an die Forschung der Weimarer Zeit an, die sich mit den sozialpsychologischen Grundlagen der Propaganda, Massenkommunikation und Werbewirkung sowie der Propaganda der Entente während des Ersten Weltkrieges auseinandergesetzt hatte.
Die kommunikationspolitische Allianz zwischen Politik und Wirtschaft beruhte nicht auf gesellschaftspolitischer Konformität, sondern auf einem vielschichtigen, beidseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Die Beteiligung der Zigarettenindustrie an der NS-Propaganda war bis auf wenige Ausnahmen kein Ausdruck einer politischen Gesinnung, sondern rein monetären Motiven geschuldet oder wie bei Reemtsma auch unternehmenspolitische Strategie. Letztendlich profitierten die Zigarettenfabrikanten wirtschaftlich, denn sie konnten an dem gesellschaftpolitischen Interesse der Bevölkerung in Bezug auf NS-Themen im Rahmen der Sammelwerke partizipieren. Aber auch das NS-Regime profitierte wirtschaftlich. Neben den finanziellen Vorteilteilnahmen und der Multiplikation der NS-Ideologie profitierte das NS-Regime von den Zigarettenbildern auch als psychologisches Instrument der Truppenbetreuung, denn das Oberkommando der Wehrmacht erachtete die Zigarettenbilder für die Betreuung der Soldaten als unerlässlich.
Mit der Nutzung der Zigarettenalben begab sich aber auch das NS-Regime in Abhängigkeit zur Zigarettenindustrie, denn Populärkultur erfordert effektive Produktionsmittel und Distributionskanäle, die die Multiplikation der Medien gewährleisten sowie ambitionierte Unternehmer, die eine Gewinnmaximierung verfolgen. Das RMVP musste der Wirtschaft daher einen gewissen Freiraum bei der Themenwahl belassen, damit das Medium insgesamt nicht an Akzeptanz bei der Bevölkerung verlor. Angesichts der Tatsache, dass die so genannte Bekenntnisliteratur bei der Bevölkerung nie auf große Resonanz gestoßen und ab 1934 kaum noch nachgefragt war, bildeten die Zigarettenalben eine der wenigen Plattformen, auf der das NS-Regime über soziale Schichten hinweg Bevölkerung erreichen konnte. Die Einflussnahme des NS-Regimes war damit ebenso begrenzt, wie die der Unternehmen, denn beide mussten den sozialpsychologischen Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung tragen. Sowohl Wirtschaft als auch Politik mussten, um Akzeptanz zu finden, die Themen bedienen, die vom Rezipienten nachgefragt wurden.
Die Untersuchungen belegen, dass die Zigarettenalben, die in den 1930er Jahren publiziert wurden, nicht ausschließlich zur Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda verwendet wurden, sondern auch von Gemeinschaften genutzt wurden, die ihre spezifischen politischen und ideologischen Interessen vertreten wollten. Neben den Vertretern des sozialistischen Lagers war es die SA, die die Zigarettenalben als Sprachrohr für ihre eigenen Interessen in Anspruch nahm. Bei der Parteiarmee war es insbesondere der sozialistisch geprägte Flügel um Ernst Röhm, der mit den Alben der sympathisierenden Firma Sturm seine Interessen vertrat, die primär darin bestanden, eine Partizipation an der Macht zu legitimieren und einzufordern. Darüber hinaus boten die Zigarettenalben der Parteiarmee die Möglichkeit, die eigene Historie in der deutschen Geschichte zu verorten und eine Traditionslinie bis zu den Freiheitskriegen zu ziehen. Damit konnte die SA mit den Sturm-Alben sowohl eine faschistische Bewegungskultur etablieren, als auch eine eigene Historie installieren. Die SA und ihre Mitglieder erhielten so einen Identifikationsraum, der ihnen die Möglichkeit bot, sich als selbstbewusste und eigenständige Organisation zu definieren.
Die Lenkungshoheit über die Medien und die nationalen Symbole erlaubte es dem NS-Regime, die kommunikationspolitischen Maßnahmen stringent nach den eigenen politischen Zielen auszurichten. Da die Autonomie des Öffentlichkeitssystems völlig aufgehoben und alle Publikationen der staatlichen Kontrolle unterlagen, mussten auch die Zigarettenfabrikanten die Inhalte der Sammelalben regimekonform ausrichten. Den-noch konnten weder Politik noch Industrie bei der Kommunikationspolitik völlig autark agieren, denn aufgrund der Wechselbeziehung zwischen Kommunikator und Rezipient waren beide Parteien gezwungen, die Bedürfnisse der Bevölkerung und ihre sozialpsychologischen Identifikationsräume zu berücksichtigen. Die Propaganda des Nationalsozialismus war daher, wie in den Kommunikationswissenschaften vielfach dargestellt, kein dispositionales Konzept, bei dem das Individuum einem Reiz-Reaktions-Schema folgt.
Die Berücksichtigung der sozialpsychologischen Bedürfnisse der Rezipienten wurde insbesondere bei der Integrationspropanda verfolgt.
Die Arbeit gibt einen Einblick in die Rolle, die Wochenschau und Wahlwerbung während der 1920er Jahre im Zuge der politischen Propagandaarbeit in der ersten deutschen Demokratie einnahmen. Zu diesem Zweck werden nicht nur politische Filme analysiert, sondern es wird auch ein Blick auf die Verbindungen der Weimarer Politik in die Filmbranche und die vorherrschende Zensurpraxis geworfen.
Dieser Beitrag betrachtet die Verwendung von Fotografien des Brandenburger Tors in Schulbüchern für die gymnasiale Oberstufe in Hessen. US-Präsident Ronald Reagan machte mit seiner Rede 1987 das Tor zum Symbol der deutschen Teilung:
"Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall!"
Untersucht wird die Frage: Werden Fotografien des Brandenburger Tors vornehmlich im Kontext der deutschen Teilung verwendet?
Im Blickpunkt der Arbeit steht die Historiografie der Unternehmungen Friedrich I. Barbarossas 1154-1158 in der Lombardei. Während der hochgebildete Bischof Otto von Freising ein reges Forschungsinteresse darstellt, sind seine beiden Zeitgenossen, die eigenständige Berichte über die Ereignisse verfassten, in der Forschung weitestgehend unberücksichtigt geblieben. Durch einen Vergleich der 'Gesta' Bischofs Otto von Freising, des 'Libellus' des Lodesen Otto Morena und der 'Narratio' eines anonymen Schreibers aus Mailand zeigt diese Arbeit die Absichten der Autoren auf und fragt, inwieweit die sich widersprechenden Schilderungen als "alternativen Fakten" aufgefasst werden können.
Nach einem Abriss über den Begriff der "alternativen Fakten", dem im Zuge der Präsidentschaft von Donald Trump Aufmerksamkeit zuteilwurde und der hier als unbewusst oder bewusst erfolgte Verformung verstanden wird, der neuzeitlichen Rezeption Barbarossas sowie einer zeitlichen und räumlichen Einordnung werden die "Ausgangslagen" der Autoren betrachtet. Die Entstehung der 'Gesta' und ihr Verhältnis zu Ottos erstem Werk sind umstritten. Es zeigt sich, dass die Positionen Ottos von Freising und Otto Morenas kaiserfreundliche, diejenige des Mailänders Autors eine kaiserfeindliche Absicht erwarten lassen.
Eine kleinteilige Betrachtung der Vorworte/Prologe der Werke offenbart die selbst geäußerten Absichten. Die Anlehnung der 'Gesta' Ottos von Freising an einen durch oder im Auftrag Barbarossas verfassten Tatenbericht sowie seine Lobpreisungen des Kaisers stellen eine Färbung der Darstellung in Aussicht. Auch bei Otto Morena zeigt sich eine starke Verbundenheit zum Kaiser, die Zweifel an der Neutralität seines Werkes aufkommen lassen muss. Der anonyme Autor aus Mailand bekennt ausdrücklich, zum Nutzen der Nachwelt zu schreiben und reiht die Zerstörung Mailands 1162 als Endpunkt einer weitzurückreichenden Opfernarrative ein. Auch wenn ausdrückliche Ausfälle gegen den Kaiser unterbleiben, sind starke Zweifel an einer neutralen Darstellung angezeigt.
Die Beschäftigung mit den Ereignissen des Jahres 1154 zeigt "alternative" Darstellungen: Die Darstellung Ottos von Freising hält sich an die kaiserliche Vorlage und ist im Sinne des Kaisers gehalten, was sich auch bei Otto Morena zeigt, der darüber hinaus die Rolle Lodis betont. Die Mailänder "Gegendarstellung" hingegen lastet negative Ereignisse ausschließlich Barbarossa an.
Otto von Freising betont die lange geplante Kaiserkrönung in Rom und den Feldzug gegen die Normannen als Ausgangspunkt des ersten Italienzuges. Otto Morena legt den Beginn des Disputs zwischen Barbarossa und den Mailändern auf die Versammlung des Hofes in Konstanz, wo Klagen zweier Lodesen Anlass zu Friedrichs erstem Italienzug gegeben hätten. Der Anonymus aus Mailand wirft Barbarossa vor, mit dem Ziel der militärischen Unterwerfung aufgebrochen zu sein.
Otto von Freising übernahm die Darstellung Barbarossas von einem Bestechungsversuch der Mailänder, deren Konsuln anschließend seinen Zug durch verödete Landschaften geführt hätten, was auch Otto Morena zu berichten weiß. Der Mailänder Schreiber verschweigt dies und erzählt stattdessen von Misshandlungen der Mailänder durch das königliche Gefolge. Die Erstürmung der Burg Rosate stilisiert er als unbegründeten Gewaltakt, während die Schreiber aus Lodi und Freising rechtfertigend argumentieren.
Die unabhängig überlieferte 'Conventio', die 1158 nach der Belagerung Mailands zwischen der Stadt und dem Kaiser geschlossen wurde, beinhaltete neben Strafbestimmungen die Anerkennung der Hoheit des Kaisers unter Wahrung der kommunalen Herrschaftsform. Während Otto Morena ihre Bestimmungen nur höchst unvollständig wiedergab, sodass der Schluss naheliegt, dass er sie nicht kannte, lieferte der Mailänder Anonymus durch gezielte Auslassungen und Verfälschung ihrer Bestimmungen erneut "alternative Fakten" und erweckte den Anschein einer Rückkehr zu den "kaiserfernen" Jahren vor Barbarossa.
Bei genauer Betrachtung der auf dem Hoftag von Roncaglia 1158 festgestellten 'lex omnis iurisdictio' wird deutlich, dass diese entgegen der bisherigen Forschungsmeinung keinen Bruch der 'Conventio' darstellte. Eine Konfrontation der Darstellungen der Ereignisse im Januar 1159 in Mailand mit dem Augenzeugenberichts Vinzenz' von Prag zeigt, dass Otto Morena erneut nur knapp berichtet. Der Anonymus hingegen liefert eine "alternative" Darstellung, nach der die Gesandten des Kaisers gekommen waren, um das Recht zu brechen. Diese Tendenziösität wird auch bei der Einnahme der Burg Trezzo deutlich, über die ein Bericht von Ottos einstigem Kaplan Rahewin vorliegt.
Die Darstellungen offenbaren, dass ihre Autoren ihre Texte gezielt einzusetzen gedachten und so zu Produzenten "alternativen Fakten" wurden. Für den Historiker zeigt sich einmal mehr die Wichtigkeit einer quellenkritischen Arbeitsweise, wie sie Johannes Fried in seiner "Memorik" eindrucksvoll vertrat.
Muhr veröffentlichte 1813 seine Schrift "Jerubaal" als Antwort auf David Friedländers "Ein Wort zu seiner Zeit" (Über die, durch die neue Organisation der Judenschaften in den preußischen Staaten notwendig gewordene, Umbildung). Friedländer hatte zu weitreichenden Reformen in Liturgie und Erziehung aufgerufen als Reaktion auf das Preussische Emanzipationsedikt von 1812. Obwohl Muhr dessen Abkehr von der Tradition ablehnte, schlug er dennoch selber vor, auf manches Althergebrachte zu verzichten und beispielsweise Predigten in deutscher Sprache und Chorgesang im Gottesdienst zu erlauben.
Muhr veröffentlichte 1813 seine Schrift "Jerubaal" als Antwort auf David Friedländers "Ein Wort zu seiner Zeit" (Über die, durch die neue Organisation der Judenschaften in den preußischen Staaten notwendig gewordene, Umbildung). Friedländer hatte zu weitreichenden Reformen in Liturgie und Erziehung aufgerufen als Reaktion auf das Preussische Emanzipationsedikt von 1812. Obwohl Muhr dessen Abkehr von der Tradition ablehnte, schlug er dennoch selber vor, auf manches Althergebrachte zu verzichten und beispielsweise Predigten in deutscher Sprache und Chorgesang im Gottesdienst zu erlauben.