943 Geschichte Mitteleuropas; Deutschlands
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Zu der grössern Zahl interessanter Urkunden, deren erste Kenntniss man dem Sammlerfleisse des Nikolaus Kindlinger verdankt, gehören einige, die das Bischofs- und Dienstmannenrecht von Köln im 12. und 13. Jahrhundert zum Gegenstand haben und dem Herausgeber bei seiner Bearbeitung des kurkölnischen Archivs bekannt geworden waren. An einem wenig zugängIichen Platze untergebracht, als urkundliche Beigabe zu einer Untersuchung, mit der sie nur lose zusammenhängen, haben sie längst verdient, der Forschung näher und bequemer gerückt zu werden. Ist dieser Vortheil nun auch schon den Hauptstücken zu Theil geworden, so hat es doch bis jetzt an einer kritischen Revision der Texte, an einer Vereinigung der Urkunden an einer Stelle und an einer zusammenhiingenden sachlichen Erläuterung derselben gefehlt. Diese Aufgaben zu lösen ist der nachstehende Aufsatz bestimmt, der in drei Abtheilungen: I. das lateinische Dienstrecht von Köln (Jura ministerialium beati Petri); II. das deutsche Dienstrecht von Köln; III. den Aufsatz : de servitio cotidiano Coloniensis archiepiscopi behandeln will.
Wie nur wenige Personen der mittelalterlichen Geschichte ist Hildegard von Bingen noch heute gegenwärtig. Versuchte man zu ihrem 800. Todestag im Jahr 1979 noch, sie mit einer Festschrift dem Vergessen zu entreißen, ist das Interesse der Wissenschaft – nicht nur der Historiographie – mittlerweile enorm gestiegen. Auch außerhalb von Forschung und Lehre befassen sich viele Menschen mit der prominentesten Nonne des 12. Jahrhunderts. Die Aufmerksamkeit, welche man der Klosterfrau entgegenbringt, ist dabei oft anderer Art als eine solche, mit der man zum Beispiel historische Romane aus der Zeit des „romantischen“ oder „finsteren Mittelalter“ liest. Augenscheinlich gibt es viele Menschen, die sich von einer Auseinandersetzung mit Hildegard von Bingen und ihrem Werk persönlich etwas versprechen. Die Mannigfaltigkeit des oevres, das nach Peter Dronke für die Zeit des Mittelalters nur mit der des Avicenna vergleichbar ist, scheint auf eine ebenso große Vielfalt an Interessen und Bedürfnissen der Gegenwart zu treffen. Hildegard steht im Mittelpunkt als Prophetin und Politikerin, Heilkundige und Naturforscherin, Musikerin und Dichterin, Esoterikerin und manches andere mehr. Der Blick zurück führt dabei gelegentlich zu einer sehr selektiven Rezeption. Die so genannte „Hildegard-Medizin“, die mit mittelalterlichen Rezepten „vorbeugen und heilen“ will, und Hildegard-Kochbücher, nach denen man „gesund und schmackhaft kochen“ kann, seien hier als Beispiele genannt. Es soll nun in dieser Arbeit nicht darum gehen, diese Rezeptionen als falsch oder richtig zu beurteilen. Denn gerade sie haben dazu geführt, dass die Ordensschwester heute nicht nur das Objekt kleiner Gelehrtenzirkel ist. Eine bedeutende Rolle in der Forschung spielt die Rekonstruktion ihrer Anthropologie, ihrer Ansichten von geschlechtsspezifischer Differenzierung und insbesondere von der Stellung der Frau. Das Interesse an diesen Komplexen gründet sich dabei oftmals auch auf die Hoffnung, hier einen Teil einer „kontinuierlichen, aber weitgehend verdeckten Frauentradition freizulegen“. Zudem scheint ihre aktive Teilnahme am öffentlichen, politischen und kirchlichen Leben beispielhaft für die Emanzipation von Frauen zu sein. Hildegard von Bingen kann nach diesem Verständnis mit ihrem Leben und Werk den Anschluss an eine kirchliche Tradition ermöglichen, die Frauen nicht abwertete. Zudem kann sie innerhalb der katholischen Kirche Modell für ein neues Rollenverständnis sein.
Passionsspiel und geistliche Malerei als Instrumente der Judenhetze in Frankfurt am Main um 1500
(1984)
Das vorliegende Dissertationsthema ist aus einem ehemaligen Hauptreferat über das deutsche Städtewesen im Investiturstreit hervorgegangen, das ich 1961/62 bei Prof. W. Lammers in Hamburg anfertigte und das ich bei ihm in Frankfurt a. M. ab 1965 als Dissertationsthema für Worms bearbeitete, nun mit Berücksichtigung des Münz-, Handels- und Verkehrswesens sowie des Judentums, dann 1971 fertigstellte und abgab, sowie 1972 die zugehörige Prüfung bestand.
Die vorgeschriebene Drucklegung verzögerte sich allerdings erheblich, da mir seit 1974 die dienstlichen Forschungsarbeiten an der Universität Kiel (SFB 17 A 7 und A 3) keine Zeit ließen für die nötige Umarbeitung meines Themas, die ich erst nach dem Ende des SFB (1983/85) erhielt. Demgemäß arbeitete ich seitdem auf Gutachterwunsch an einer stark gekürzten Neufassung meines Wormser Themas und an einer erweiterten Neufassung für die Städte Worms, Mainz, Speyer und Köln unter Einbeziehung der Siegel- und Münzkunde sowie der Archäologie. Dadurch wurde aber der Arbeits- und Zeitaufwand ganz beträchtlich vergrößert und die Fertigstellung verzögert, zumal archäologisch-historische Auftragsarbeiten (zuletzt für das Archäologische Landesamt Schleswig 1997–2002) sie mehrfach länger unterbrachen, so daß ich beide erst nach dem Eintritt in den Ruhestand (Frühjahr 2003) vollenden konnte. Beide Textfassungen sind also vom Sommer 2003 bis zum Sommer 2005 aufgrund der genannten Vorarbeiten hergestellt worden. ...
Die vorliegende Arbeit konnte nur einen ersten Überblick und keine erschöpfenden Antworten zum Thema Stadtsanierung in Frankfurt 1933 - 1945 geben. Aufgrund fehlender Forschungsarbeiten mußte der Abschnitt bis 1933 eine eigene Studie in der Studie werden, um die Kontinuitäten und Brüche in der Sanierungsarbeit der Stadtverwaltung aufzuzeigen. Eine Kontinuität bilden Maßnahmen im Rahmen der Denkmalpflege, die unabhängig von anderen Planungen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts durchgeführt wurden. Die Instandhaltung und Restaurierung wertvoller historischer Bausubstanz verlief immer in einer gewissen Parallelität zu anderen Sanierungsvorhaben. Manchmal war sie Teil oder Streitpunkt dieser Vorhaben, ihre grundsätzliche Berechtigung wurde aber nie in Frage gestellt, auch wenn ihr Stellenwert unterschiedlich beurteilt wurde. Im Wilhelminischen Frankfurt wurde sie unabhängig von anderen Sanierungsmaßnahmen auf klassische Kulturdenkmäler wie Kirchen u.ä. angewandt und erst nach und nach entwickelte sich auch das Bewußtsein in der Altstadt ein schützenswertes Bauensemble zu sehen. Daneben wurden unter primär verkehrsbedingten Gesichtspunkten die Straßendurchbrüche geschlagen. Wohnungsreformerische Schritte blieben vornehmlich der privaten Initiative überlassen und berührten die Altstadt nicht entscheidend. In der Weimarer Republik wurden unter der Federfuhrung Ernst Mays die Zielsetzungen verschoben. Sein Sanierungsprogramm war „eines der ersten Beispiele utilitaristischer Denkmalpflege- und Erhaltungspolitik im Zusammenhang mit Stadterneuerung". Nach und nach sollten die alten Häuser abgerissen und nur kunsthistorisch wertvolle Bausubstanz erhalten werden. Die Bewohner der Altstadt sollten in die neuen Stadtrandsiedlungen ziehen und damit zu einer Dezentralisation und Auflockerung der Innenstadt beitragen. Sachzwänge und politische Widerstände ließen das ambitionierte Projekt zum Großteil unausgeführt. Die Notwendigkeit schneller Erfolge ließ die kommunalpolitisch eher schlecht vorbereiteten Nationalsozialisten auf die Altstadtsanierungspläne zurückgreifen. Der schleppende Verlauf der Finanzieningsbewilligung und des Planungsverfahrens machten die Ziele Arbeitsbeschaffung und Ankurbelung der Wirtschaft obsolet. In Anknüpfung an die Ideen der Jahrhundertwende begannen bald verkehrspolitische Überlegungen, die Planungen zu durchdringen und entscheidend zu prägen. Eine gute Verkehrsinfrastruktur sollte, zusammen mit einer Umsiedelung eines Teils der Bewohner, die wirtschaftliche Kraft und Bedeutung der Altstadt anheben. Wirtschaftsfragen spielten auch insofern eine Rolle, als die Altstadt, einem Freilichtmuseum gleich, zur Fremdenverkehrswerbung benutzt werden sollte. Auch immer wiederkehrend war das Motiv der Beseitigung vermeintlicher Widerstandsnester durch Sanierungen, denn angeblich wohnten dort ja, wie es in den Akten hieß, die „Sendlinge Moskaus". In der Tat konnten die linken Parteien dort einige Wahlerfolge verbuchen, wie in anderen Stadtvierteln aber auch, genauso wie später die NSDAP. Aber zusammen mit reißerischen Zeitungsberichten über Kriminalität und Verelendung, ließen sich über die Altstadt sehr wohl kleinbürgerliche Bedrohungsvorstellungen und Feindbilder mobilisieren. Trotzdem, und trotz der Interpretation, daß dann mit Hilfe der Sanierung die Nationalsozialisten ihre Tatkraft unter Beweis stellen wollten, indem sie symbolträchtig aus "Schmutz und Verfall' eine "Handwerkeridylle" schaffen wollten, ist anzunehmen, daß dieser Punkt auch nebensächlich war und reinen Hilfsargumentcharakter hatte - jedenfalls spiegelt es sich so in den Akten über interne Besprechungen und Planungen wieder. Ähnlich verhält es sich mit der Verbesserung der Wohnsituation. Es wurden in der Altstadt mehr Wohnungen abgerissen als Ersatzwohnraum geschaffen, und die Zahl der eigentlichen Wohnraumsanierungen war verschwindend gering. Dies spiegelte sich auch in einer Denkschrift des Bauamtsleiters wieder, der eine Wohnraumknappheit oder gar -not in Frankfurt völlig bestritt. Schlechte Wohnverhältnisse wurden beliebig als Argumentationshilfe herbeizitiert, ohne ein echtes Anliegen zu verkörpern. Der Kriegsausbruch und die Zerstörung der Altstadt beendeten all diese Pläne abrupt. Besonders schmerzhaft vermißt man allerdings eine gründliche Auswertung der Bestände im Bundesarchiv zu diesem Thema, schließlich wäre es mehr als interessant Genaueres über die Motivationen der Reichsregierung für das zwar nicht sehr kostenintensive, aber doch quantitativ eher umfangreiche Programm zu erfahren. Die bisherigen bruchstückhaften Veröffentlichungen deuten jedenfalls auch auf eine sehr kontroverse Sichtweise der Beteiligten bezüglich der Zielsetzungen der Altstadtsanierungen hin. Ebenso fehlt für einen repräsentativen Vergleich mit anderen zeitgenössischen Sanierungsvorhaben eine ausreichende Anzahl von Fallstudien. Von 80 Städten die Gelder beantragten und rund 60, denen diese auch bewilligt wurden oder die auf eigene Kosten sanierten, sind nicht einmal zehn erforscht. In einer weiterführenden Untersuchung könnte es sich auch als nützlich erweisen, die Ergebnisse in den Rahmen der Debatte zum Thema "Nationalsozialismus und Modernisierung" zu stellen - denn spiegelt sich hier nicht sehr sinnfällig das wider, was der Historiker Jeffrey Herf als „reactionary modernisrm" bezeichnete: Ein fortschrittsorientiertes Verkehrskonzept, das seine bauliche Ausgestaltung in einer romantisierend-altertümelnden Form erfuhr.