Journal of religious culture = Journal für Religionskultur
Refine
Year of publication
- 1998 (14) (remove)
Document Type
- Part of Periodical (14)
Has Fulltext
- yes (14) (remove)
Is part of the Bibliography
- no (14)
Institute
- Institut für Wissenschaftliche Irenik (14) (remove)
22
Die von Martin Luther ausgelöste und profilierte Geistesrevolution des 16. Jahrhunderts hat der Theologie einen neuen Gegenstand und eine neue Aufgabe erschlossen, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren haben. Danach ist nicht Gott Gegenstand dieser Theologie, sondern Gesetz und Evangelium; und ihre Aufgabe besteht nicht im Entwurf von Gottesbildern, sondern im discrimen inter legem et evangelium, in der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium. - In dieser theologischen Selbstbestimmung, die wegen ihrer einzigartigen Aufgabe dia-kritische, d.h. unterscheidende Theologie genannt werden soll, wird die geistige Erfahrung der abendländisch-christlichen Idee von Jesus Christus oder vom Filius Dei im Horizont neu aufkommenden Bewußtseins auf den protestantischen Begriff gebracht. - Martin Luther hat mit der ihm eigenen Radikalität und Klarheit seine religiöse Erfahrung, die ihn zum diakritischen Theologen werden ließ, prägnant und programmatisch formuliert: "Zuuor mangelt mir nichts, denn das ich kein discrimen inter legem et euangelium machet, hielt es alles vor eines et dicebam Christum a Mose non differre nisi tempore et perfectione. Aber do ich das discri-men fande, quod aliud esset lex, aliud euangelium, da riß ich her durch."[1] Das Gewaltige dieses Herdurchrisses liegt in der Erkenntnis, daß Gesetz und Evangelium sich radikal von einander unterscheiden: "Ein jglicher Gottseliger und der ein rechter Christ sein will, soll wol lernen, daß das Gesetz und Euangelium zwei ganz widerwärtige Ding sind, die sich mit oder neben einander nicht leiden noch vertragen können."[2] Daß die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium die der Theologie eigentümliche Kunst ist, die sie überhaupt erst zu einer solchen werden läßt, daran läßt Martin Luther ebenfalls keinen Zweifel: "Darum sage ich, daß man das Gesetz und Euangelium lerne recht und eigentlich unterscheiden; denn wer das kann, der danke unserem Herrn Gott, und mag für ein Theologen wol bestehen."[3] ...
14
This study is obliged to the "Marburg School of the Science of Religions" (R. Otto, H. Frick, K. Goldammer, E. Benz). The methodological concept follows the comparison of religions, as it is classically demonstrated by R. Otto in his work about "West-östliche Mystik"[1] concern-ing the contrasting of Shankara and Meister Eckhart. That the comparison of the figures of the masters which is practised in this school may yield good results is also proved by G. Mensching, Otto's disciple in Bonn, in his book on "Buddha und Christus - ein Vergleich"[2] and H. Frick, Otto's successor on the Marburg chair in Systematic Theology, in his early trea-tise upon "Ghazalis Selbstbiographie. Ein Vergleich mit Augustins Konfessionen"[3][4]. Spe-cial emphasis should be given to the attempt of F. Heiler who as early as in 1918 contrasts Buddha as a "master of contemplation" to Jesus as a "master of prayer" in his work "Die bud-dhistische Versenkung"[5]. All the mentioned attempts are based on the eminent enquiries in the field of the common history of religions and the psychology of religion as R. Otto's "Das Heilige" [6] and F. Heiler's "Das Gebet"[7]. Worth mentioning is also the comprehensive study of the Marburg church historian and distinguished authority of the Asian religious world, E. Benz, about "Die Vision"[8]. Benz, also a disciple of R. Otto, was a famous re-searcher of mysticism and spiritualism as well (Joachim of Floris, J. Böhme, E. Swedenborg). ...
17
Beten und Verstehen : eine religionswissenschaftliche Annäherung an Friedrich Heiler (1892 -1967)
(1998)
'Friedrich Heiler als Religionswissenschaftler' - so lautete die ursprünglich vorgesehene Formulierung des Themas. Im Prozeß des Nachdenkens gab es gute Gründe für eine Modifikation. Zunächst ist die begriffliche Näherbestimmung von 'Religionswissenschaft' weithin zu einem positionellen Unternehmen geworden. Der Bogen spannt sich von einem aufklärerisch-religionskritischen Impetus bis hin zu einer theologischen Indienstnahme der Religionswissenschaft. Welcher Position ist Heiler hier zuzuordnen? Die Frage, welches Verständnis von Religionswissenschaft bei Friedrich Heiler anzutreffen ist, hängt offenbar auch von persönlichen Einschätzungen seines Gesamtwerkes und seiner Biographie ab. Während Studenten in Marburg nach Selbstzeugnissen "Heiler nur als Religionswissenschaftler, nicht als Kirchenmann" kannten, konnte Wolfgang Philipp 1967 in einem "ökumenischen Portraits"[1] Heilers gerade das Gottesdienstlich-Liturgische in den Mittelpunkt stellen. Beide Aspekte haben ihren Anhalt auch an Heilers Biographie: 1929 wurde er Vorsitzender der Hochkirchlichen Bewegung; in dem 1948 gegründeten 'Bund für Freies Christentum' war er Vorstandsmitglied. In seinem Büchlein Schläft ein Lied in allen Dingen schreibt Rudolf Irmler: "Heilers Ziel war die Erneuerung des Gottesdienstes unter Wort und Sakrament"[2]. Udo Tworuschka, positionell eher dem 'Freien Christentum' verpflichtet, sieht in Heiler "in erster Linie den Theologen"; aber er ist für ihn "ein Theologe ganz besonderen Zuschnitts": "ein Grenzgänger zwischen Wissenschaften, Konfessionen, ja Religionen. Man kann den Religionswissenschaftler nicht ohne den Theologen, Liturgen, Musiker, Menschen- und Tierfreund verstehen. ...
18
Die indischen Neo-Buddhisten, die auch Ambedkariten genannt werden, haben seit den 50er Jahren eine Bewegung entfacht, die den Buddhismus ihrer Deutung und Praxis als Höchstform der indogenen Kultur, des Dharma, versteht. Wegen der Aktualität der Dalitfrage [1] spielen diese Neo-Buddhisten in der gegenwär-tigen Politik Indiens eine gewichtige Rolle; und für den indischen Buddhismus haben sie nicht nur wegen ihrer politischen Aktivitäten an Bedeutung gewonnen, sondern einfach auch deshalb, weil sie, überwiegend der Mahar-Jati [2] zugehö-rig, inzwischen die Mehrheit der indischen Buddhisten bilden. Die Neo-Buddhisten gehen auf den sog. 'Vater der Indischen Verfassung' Dr. Bhimrao Ramji Sakpal, gen. Ambedkar (1891-1956) [3] zurück. Dieser indische Politiker entstammte der Mahar Jati [4] Maharashtras, die zu den höherrangigen Kasten der Unberührbaren zählt. Im Gegensatz zur Masse seiner Jati-Genossen war es Sakpal mit Hilfe seines brahmanischen Schullehrers Ambedkar, der ihm auch seinen Namen lieh, gelungen, eine akademische Karriere zu beginnen. Auf Grund eines Stipendiums des Maharajas von Baroda konnte er 1912 in Bombay den Grad eines Bachelor of Arts erlangen. Ein Staatsstipendium des Fürstentums Baroda ermöglichte ihm ein Studium an der Columbia Universität in New York, wo er 1915 den Grad eines Masters of Arts erwarb. In London erlaubte ihm ein Stipendium des Maharajas von Kolhapur Jura zu studieren und als Barrister-at-Law abschließen. Außerdem erwarb er noch den Doktorgrad in Ökonomie. Am-bedkar hatte damit auf Grund brahmanischer und fürstlicher Protektion eine bei-spiellose Karriere begonnen, die ihn befähigte, sofern moralisch gefestigt, die Lage der Dalits zum öffentlichen Thema in Indien zu machen.