Journal of religious culture = Journal für Religionskultur
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Der Dalai Lama, seit 1959 in indischem Exil, in einem mehrheitlich hinduistischen Lande, hat sich vielfach zum interreligiösen Dialog und den interreligiösen Beziehungen geäußert und keinen Zweifel daran gelassen, daß für die Menschheit der Buddhismus nur eine von vielen religiösen Möglichkeiten darstellt. Das Verhältnis zum Hindutum hat er aber stets als besondere Beziehung interpretiert und als religiöse Verwandtschaft erlebt. Beide Religionswelten ge-hören zum Bharatiya, d.h. indogenen Dharma. Die konkrete Gestaltung dieser Beziehung beschränkt der Dalai Lama keineswegs auf akademische Äußerungen, sondern sie zeichnet sich durch religiöse Teilnahme und oft genug durch politisch hochbrisantes Engagement aus. So nahm der Dalai Lama bereits 1979 an dem von Vishva Hindu Parishad organisierten Zweiten Welt Hindu Kongreß in Prayag-Allahabad führend teil. In dem Text zu seiner Begrüßung heißt es programmatisch, daß vor 2500 Jahren die Kashi (d.h. Varanasi) Pandits dem Buddha den Zutritt zum Vishvanath-Tempel verweigert hätten, und daß - obwohl Shakya Muni (von den Hindus) später als Avatar verehrt wurde - der Streit zwischen Sanatanis (Hindus) und Buddhisten Jahrhunderte lang zu keinem Ende gekommen sei. Indem aber jetzt die Kashi Pandits den hoch angesehenen buddhistischen Religionsführer begrüßten, sei dies "a positiv step towards reconciliation"[1]. Der Dalai Lama machte also die erstaunliche Erfahrung, daß die geistlichen Führer der Mehrheitsreligion, die ja keineswegs auf die Unterstützung eines Asylanten angewiesen waren oder sind, ihm nicht nur versicherten, daß die Hindus seit alters her Buddha höchste göttliche Verehrung zollten, sondern daß sie die Mitwirkung des machtlosen und exilierten Buddhistenführers als einen Beitrag zur Versöhnung der beiden Religionswelten verstanden. Der Dalai Lama mußte erleben, daß die Mächtigen der Hindus im Gegensatz zu den kommunistischen Machthabern Chinas, seine Schwäche nicht ausnutzten, sondern im Gegenteil, die bisherige schwierige Beziehungsgeschichte von Hindus und Buddhisten selbstkritisch bedauerten. Die Kashi Pandits widersprachen ihren eigenen Vorgängern, indem sie den Dalai Lama ausdrücklich als buddhistischen Religionslehrer wilkommen hießen. ...
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Die von Martin Luther ausgelöste und profilierte Geistesrevolution des 16. Jahrhunderts hat der Theologie einen neuen Gegenstand und eine neue Aufgabe erschlossen, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren haben. Danach ist nicht Gott Gegenstand dieser Theologie, sondern Gesetz und Evangelium; und ihre Aufgabe besteht nicht im Entwurf von Gottesbildern, sondern im discrimen inter legem et evangelium, in der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium. - In dieser theologischen Selbstbestimmung, die wegen ihrer einzigartigen Aufgabe dia-kritische, d.h. unterscheidende Theologie genannt werden soll, wird die geistige Erfahrung der abendländisch-christlichen Idee von Jesus Christus oder vom Filius Dei im Horizont neu aufkommenden Bewußtseins auf den protestantischen Begriff gebracht. - Martin Luther hat mit der ihm eigenen Radikalität und Klarheit seine religiöse Erfahrung, die ihn zum diakritischen Theologen werden ließ, prägnant und programmatisch formuliert: "Zuuor mangelt mir nichts, denn das ich kein discrimen inter legem et euangelium machet, hielt es alles vor eines et dicebam Christum a Mose non differre nisi tempore et perfectione. Aber do ich das discri-men fande, quod aliud esset lex, aliud euangelium, da riß ich her durch."[1] Das Gewaltige dieses Herdurchrisses liegt in der Erkenntnis, daß Gesetz und Evangelium sich radikal von einander unterscheiden: "Ein jglicher Gottseliger und der ein rechter Christ sein will, soll wol lernen, daß das Gesetz und Euangelium zwei ganz widerwärtige Ding sind, die sich mit oder neben einander nicht leiden noch vertragen können."[2] Daß die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium die der Theologie eigentümliche Kunst ist, die sie überhaupt erst zu einer solchen werden läßt, daran läßt Martin Luther ebenfalls keinen Zweifel: "Darum sage ich, daß man das Gesetz und Euangelium lerne recht und eigentlich unterscheiden; denn wer das kann, der danke unserem Herrn Gott, und mag für ein Theologen wol bestehen."[3] ...
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Die Bewertung des Kastenwesens bei Mahatma Gandhi als Element des nationalen Unabhängigkeitskampfes
(1998)
Da die Kasten die gesellschaftliche Realität Indiens in vielen Bereichen noch immer bestimmen und sie aufgrund der Demokratisierung Indiens nach der Unabhängigkeit als einheitliche Wählergruppe auch verstärkt politischen Einfluß ausüben, hält die Diskussion über dieses gesellschaftliche Phänomen unvermin-dert an. Die dabei zu Tage tretenden Kontroversen betreffen nicht nur die wis-senschaftliche Theoriebildung bezüglich der Entstehung, Entwicklung und Funktionsweise des Kastenwesens, sondern prägen auch die Diskussion über zukunftsorientierte Gesellschaftsentwürfe. Solche Entwürfe haben entweder die völlige Zerschlagung aller Kastenstrukturen zum Ziel oder fordern zumindest deren umfassende Reform. So macht vor allem die Dalit-Bewegung das Kas-tenwesen für die eigene Unterdrückung und Diskriminierung in der Gesellschaft verantwortlich und zielt auf die Herauslösung der Dalits aus der bestehenden Gesellschaft ab, ohne jedoch explizit einen alternativen Gesellschaftsentwurf zu entwickeln.[1] Die Hindutva-Bewegung dagegen hat den Blick auf einen mo-dernen (Hindu-) Nationalstaat gerichtet, in dem ein die Gesellschaft zergliedern-des Kastenwesen ebenfalls keinen Platz hat, auch wenn dieser Bewegung von ihren Gegnern regelmäßig das Gegenteil unterstellt wird.[2] Swami Vivekanan-da sah den Weg zu einer Überwindung des Kastenwesens in der Brahmanisie-rung der gesamten Gesellschaft, die er religiös begründete, indem er das Ende des Kali-Yuga verkündete.[3] Die Hare-Krishna-Bewegung fordert eine Abwen-dung von einem erblich determinierten Kastenwesen hin zu einem System, in dem die Einordnung gemäß den Fähigkeiten und Leistungen des Individuums erfolgt. Ein solches System soll sich an vedischen Traditionen orientieren und an das viergliedrige Ständewesens des im Rigveda beschriebenen ‘Varnashrama’ angelehnt sein.[4] Der Gesellschaftsentwurf Mahatma Gandhis und vor allem die darin vertretene Sichtweise des Kastenwesens werden in der gegenwärtigen Diskussion ebenfalls immer wieder aufgegriffen, wobei je nach eigener ideologischer Ausrichtung sehr unterschiedliche Interpretationen gegeben werden. So wird Gandhi gelegentlich unterstellt, das Kastenwesen bedingungslos verteidigt zu haben, wäh-rend er anderen als scharfer Kritiker des Systems gilt. Dieses breite Spektrum an Einschätzungen erstaunt jedoch keineswegs, da Gandhis Aussagen zum Kas-tenwesen von großer Zurückhaltung geprägt sind und damit nur durch die ver-gleichende Analyse verschiedener Aussagen verständlich werden. Diese Analyse soll hier geleistet werden, wobei auch der historische Kontext miteinbezogen werden muß, durch den Gandhis Gedankengang erst seine Plausibilität gewinnt. ...
27-02
Die Wissenschaftliche Irenik hat im klaren Gegensatz dazu eine ganz andere Aufgabe. Die Bezeichnung Irenik leitet sich von dem griechischen Wort "Eirene" her, das wir normalerweise mit Frieden übersetzen . Das ist in unserem Zusammenhang hier, jedoch im Zusammenhang der Wissenschaftlichen Irenik, als Übersetzung des hebräischen Wortes Shalom zu verstehen , meint also den positiven Zustand des Heils. Die Aufgabe der Irenik besteht also darin, das Heilsame der Religionen zu bewahren. Das heißt im Rahmen wissenschaftlicher Religionskritik, die für die Menschen notwendige aber relative Bedeutung der verschiedenen einzelnen Religionen heraus zuarbeiten .
27-01
Das wissenschaftliche Gespräch unter Weltreligionen hat in Frankfurt Tradition. Schon in den zwanziger Jahren versuchten sich jüdische und christliche Denker im Dialog, diskutierten, stritten freundschaftlich und hartnäckig, lernten einander kennen und schätzen. Für die Stadt Frankfurt und die Universität waren diese guten Beziehungen ein Gewinn. Anderswo galten sie eher als befremdlich, wenn nicht gar anstößig. Eigenartig war nur eines: diese zukunftsweisende Religionswissenschaft war unter dem Dach der Philosophie angesiedelt, nicht an der theologischen Fakultät. Denn die gab es nicht an der Frankfurter Universität, noch nicht. Die bürgerlichen Stifter hielten diese nicht für notwendig, ja sie glaubten Theologie sei einer modernen Wissenschaftspflege abträglich. Erkenntnis, nicht Bekenntnis sollte in Fankfurt gelehrt und gelernt werden. Diese Überlegung war verständlich in einer Zeit, da die Berufung von Wissenschaftlern auch von ihre Konfession bestimmt wurde.
27-09
Auf was ich in diesem Vortrag vor allem aufmerksam machen möchte, ist die Laienpraxis, deswegen auch im Titel "Lieschen". Unter Lieschen verstehe ich einfach eine ganz normale deutsche Frau, die ganz normal lebt, sei es, daß sie berufstätig ist, sei es, daß sie Kinder hat, wie auch immer, die jetzt Buddhismus praktizieren will und dabei damit rechnen muß, eine ganz unbeachtete Erscheinung zu sein und männliche Lehrer zu haben, denn in der tibetischen Tradition sind weibliche Lehrerinnen bisher eine sehr große Seltenheit. Sie werden es wohl auch für längere Zeit bleiben, weil wir an unsere Lehrer so hohe Anforderungen haben, daß man wohl damit rechnen muß, daß es Generationen dauern wird, bis wir wirklich so weit sind, daß wir Lehrerinnen produzieren können. ...
27-08
1. Die Lehre des Buddhismus ist die Lehre von Ursache und Wirkung. Buddha sagt:"Wer das bedingte Entstehen versteht, versteht Dharma, wer den Dharma versteht, versteht das bedingte Entstehen". Dharma ist die Lehre des Buddha. Dharma bedeutet "Wahrheit", "Gesetzmäßigkeit", "Naturgesetzt". Die gesamte Lehre von Buddha handelt von Menschen, von uns und von der Natur. Buddha hat ein andermal gesagt: "Die Lehre über das Entstehen in Abhängigkeit ist sehr tiefgründig und subtil". Nur mit dem Intellekt können wir es nicht "verstehen." Wörter sind leider nur ein lineares intellektuelles Mittel, was begrenzt ist....
27-12
1. Vorstellung von Sakyadhita International Sakyadhita International, das internationale Netzwerk buddhistischer Frauen, wurde auf Initiative von Ayya Khema, von Bhiksuni Karma Lekshe Tsomo, Dr. Chatsumarn Kabilsingh, und Carola Roloff bzw. Bhiksuni Jampa Tsedroen, auf der ersten Konferenz buddhistischer Nonnen 1987 in Bodhgaya, Indien, gegründet. Ayya Khema ist Nonne in der Theravada - Tradition und Leiterin des Buddha - Hauses im Allgäu. Die Amerikanerin Bhiksuni Karma Lekshe Tsomo ist Nonne in der tibetischen Tradition. Dr. Chatsumarn Kabilsingh ist Professorin an der Thammasat University in Bangkok, beteiligt am Netzwerk Engagierter Buddhisten und Repräsentantin von Sakyadhita Thailand. Carola Roloff ist Nonne in der tibetischen Gelugpa - Tradition und war bis 1995 Repräsentantin für Sakyadhita Deutschland. Unter Schirmherrschaft S. H. des Dalai Lama organisierten sie die erste "Conference on Buddhist Nuns". ...
27-10
Disziplin kann man nicht in äußeren Dingen finden, wie in der Erde, den Steinen oder Bergen, sondern nur im Inneren fühlender Wesen. Als gewöhnliche Menschen — Frauen wie Männer — sind wir uns darin gleich, Fehler und Qualitäten zu haben. Unter dem Einfluß von Leidenschaften — sogenannten klesas (nyon mongs) — wie Begierde, Wut oder Zorn, Stolz und Neid schaden wir anderen durch die zehn unheilsamen Handlungen von Körper, Sprache und Geist: Töten, Stehlen, Sexuelles Fehlverhalten, Lügen, Verleumden, grobe Rede, unsinniges Geschwätz, Habgier, Übelwollen und verkehrte Ansichten. Ab und zu entwickeln wir Vertrauen, liebevolle Zuneigung oder Mitgefühl und führen, davon motiviert, einige heilsame Handlungen durch, stehen anderen hilfreich zur Seite und nützen sogar der Gesellschaft.
27-03
Die Heinrich-Böll-Stiftung möchte mit dieser Veranstaltung eine Brücke schlagen zwischen dem Feminismus und dem Buddhismus, zwischen Frauen aus dem Westen und ihrem Anliegen auf Emanzipation und Befreiung, auf ihren Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben und den Frauen, die als Buddhistinnen, als Nonnen und Lainnen ihren Beitrag leisten, das Unglück auf der Erde zu vermindern und Glück zu erreichen. Eine Voraussetzung um ins Gespräch zu kommen ist, daß man die Positionen der Anderen, ihre Grundgedanken kennenlernt. Bevor wir uns nun am Sonntag mit dem Thema Feminismus und Buddhismus befassen werden und mit dem feministischen Blick auf die buddhistische Lehre, mit der Frage was denn für westliche Frauen und Feministinnen so anziehend am Buddhismus ist und über ihre Erfahrungen mit der buddhistischen Praxis sprechen, wollen wir uns morgen der Tradition und den Worten Buddhas nähern, um uns in unseren Gedanken und in unseren Positionen kennenzulernen. Ich möchte nun einige Gedanken zum Thema Frauen und Religion vortragen. In der Heinrich-Böll-Stiftung, beschäftigen wir uns seit ungefähr drei, vier Jahren mit dem Thema 'Frauen in den Religionen'. Ausgangspunkt dafür war der Beginn eines Projektes, daß die Stiftung in Pakistan unterstützt, das Projekt 'Women living under Muslim Law', 'Frauenleben unter islamischen Recht', bei dem es um Rechte der Frauen, auch um Rechtsberatung für Frauen besonders in schwieriger Lage geht. Zur Begleitung dieses Projektes existiert nicht nur in Lahore in Pakistan ein kontinuierlicher Gesprächskreis 'Frauen und Religion', sondern es wurde auch hier in Deutschland ein Arbeitskreis zum selben Thema gegründet, mit dem Ziel der deutschen Öffentlichkeit eine differenzierte Sichtweise über das Frauenbild in islamischen Kulturen zu vermitteln. Es stellte sich aber heraus, daß dies nur möglich ist, wenn wir uns unseres eigenen religiösen Hintergrundes gegenwärtig werden und wenn wir auch über Gründe für die Abwehr von Religionen reflektieren, was sehr viele Frauen, insbesondere die Feministinnen, getan haben. ...