Journal of religious culture = Journal für Religionskultur
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15 a
Die Vaishnavas [1] zählen zu den indischen Dvaitas oder Theisten. Sie verehren Vishnu bzw. Krishna als einzigen, allumfassenden und personalen Gott. Dieser Gott kommt, wenn die Weltordnung, der Dharma, in Gefahr oder gestört ist, als heilbringender Avatar in die Welt. Und Buddha war ein solcher Avatar, d.h. eine helfende Inkarnation Vishnus. Ganz in dieser Tradition stehend hat der weltbekannte Gaudiya-Vaishnava Leh-rer und Gründer-Acharya der Iskcon, Swami Bhaktivedanta [1896-1977] [2] in seiner Theologie Buddha als Mensch gewordenen Gott, als Inkarnation Krish-nas, beschrieben. Zwar ist Buddha Krishna selbst, aber dieser erledigte [und er-ledigt bis heute?] in dieser Gestalt eine eng umgrenzte Aufgabe. Swami Bhakti-vedanta zitiert diesbezüglich ein Vaishnava Gedicht, in welchem diese Aufgabe sehr schön besungen wird: "O Lord Krishna, You have assumed the form of Lord Buddha, taking compassion on the poor animals."[3] Gott kam also als Buddha in diese Welt, um als Herr und Beschützer der Tiere Ahimsa, das Nicht-verletzen von lebenden Wesen zu predigen und zu verbreiten. In seinem Kommentar zum Shrimad Bhagavatam, einer der Heiligen Schriften der Vaishnavas, entwickelt Swami Bhaktivedanta seine eigene Buddha- Theologie. ...
19
Der Dalai Lama, seit 1959 in indischem Exil, in einem mehrheitlich hinduistischen Lande, hat sich vielfach zum interreligiösen Dialog und den interreligiösen Beziehungen geäußert und keinen Zweifel daran gelassen, daß für die Menschheit der Buddhismus nur eine von vielen religiösen Möglichkeiten darstellt. Das Verhältnis zum Hindutum hat er aber stets als besondere Beziehung interpretiert und als religiöse Verwandtschaft erlebt. Beide Religionswelten ge-hören zum Bharatiya, d.h. indogenen Dharma. Die konkrete Gestaltung dieser Beziehung beschränkt der Dalai Lama keineswegs auf akademische Äußerungen, sondern sie zeichnet sich durch religiöse Teilnahme und oft genug durch politisch hochbrisantes Engagement aus. So nahm der Dalai Lama bereits 1979 an dem von Vishva Hindu Parishad organisierten Zweiten Welt Hindu Kongreß in Prayag-Allahabad führend teil. In dem Text zu seiner Begrüßung heißt es programmatisch, daß vor 2500 Jahren die Kashi (d.h. Varanasi) Pandits dem Buddha den Zutritt zum Vishvanath-Tempel verweigert hätten, und daß - obwohl Shakya Muni (von den Hindus) später als Avatar verehrt wurde - der Streit zwischen Sanatanis (Hindus) und Buddhisten Jahrhunderte lang zu keinem Ende gekommen sei. Indem aber jetzt die Kashi Pandits den hoch angesehenen buddhistischen Religionsführer begrüßten, sei dies "a positiv step towards reconciliation"[1]. Der Dalai Lama machte also die erstaunliche Erfahrung, daß die geistlichen Führer der Mehrheitsreligion, die ja keineswegs auf die Unterstützung eines Asylanten angewiesen waren oder sind, ihm nicht nur versicherten, daß die Hindus seit alters her Buddha höchste göttliche Verehrung zollten, sondern daß sie die Mitwirkung des machtlosen und exilierten Buddhistenführers als einen Beitrag zur Versöhnung der beiden Religionswelten verstanden. Der Dalai Lama mußte erleben, daß die Mächtigen der Hindus im Gegensatz zu den kommunistischen Machthabern Chinas, seine Schwäche nicht ausnutzten, sondern im Gegenteil, die bisherige schwierige Beziehungsgeschichte von Hindus und Buddhisten selbstkritisch bedauerten. Die Kashi Pandits widersprachen ihren eigenen Vorgängern, indem sie den Dalai Lama ausdrücklich als buddhistischen Religionslehrer wilkommen hießen. ...
42
Die grundlegende Neuklärung der Beziehungen zwischen den beiden großen in Indien entstande-nen Religionskulturen Hinduismus und Buddhismus wird im neuen Jahrhundert zu einem der vordringlichsten interreligiösen Projekte werden. Das Anwachsen der weltpolitischen Bedeutung Asiens im allgemeinen und die sich intensivierenden Kontakte der buddhistisch-hinduistisch geprägten Länder untereinander schließen den überkommenen religiösen Isolationismus künftig aus - es sei denn der Bürgerkrieg in Sri Lanka soll Schule machen. Schon aus Gründen einer friedlichen Gestaltung der Beziehungen der Staaten indoasiatischer Kultur sollte die Frage nach den Gemeinsamkeiten von Hinduismus und Buddhismus stärker in den Vordergrund religionswissenschaftlicher Studien gerückt werden. Die Klärung der hinduistisch-buddhistischen Beziehungen ist so alt wie der Buddhismus selbst. Die Formen der Klärung waren und sind vielschichtig. Das Spektrum der Klärungsversuche und Klärungen reicht u.a. von kontroversen wissenschaftlichen Theorien, integrativen und abgren-zenden religiösen Dogmatiken und Ideologien, über fromme und oft unorthodoxe Massenbewegungen, kalkulierende und konfessorische Machtpolitik bis hin zu sakralen Institutionalisierungen. Um auf diese Komplexität einzugehen, wird das Thema an ganz unterschiedlichen Materien abgehandelt. Doch wird die Untersuchung insoweit vorstrukturiert, als sie unter die theoretische Leitfrage nach Nichtdifferenz und Differenz als Grundzug der Beziehungen von Buddhismus und Hinduismus gestellt wird. ...
48
Im Rigveda, der altindischen Sammlung von Gesängen des Heiligen, heißt es über Vishnu: "Mögen die Götter uns vor dem Ort, von dem aus Vishnu über die sieben Bereiche der Erde schritt, bewahren. Vishnu schritt über (das Universum); dreimal setzte er seinen Fuß auf; die Welt war in seinem Staub eingehüllt; Vishnu, der unbesiegbare Bewahrer, den niemand täuscht, tat drei Schritte; von da an setzte er seine hohen Gesetze in Kraft." Vishnu durchmaß die Welt mit drei Schritten und richtete seine Ordnung, seinen Dharma, auf. Welches aber war der Sinn des Dreischritts? Von Vishnu heißt es dazu im Rigveda: "Welcher (sc. Vishnu) wahrhaftig allein die Dreiheit Erde, Himmel und Lebewesen trägt."Und das, was er bewahrt, ist ein Dreifaches: Erde, Himmel und die lebenden Wesen. Aber der entscheidende Grund für Lobwürdigkeit Vishnus besteht denn auch darin, daß er nicht nur seine Werke bewahrt, sondern durch seinen Dreischritt überhaupt erst Lebensräume für alle Wesen geschaffen hat. Daß Lebensraumbeschaffung der Sinn der drei Schritte war, wird an anderer Stelle nochmals betont: "Über diese Erde schrittt mit mächtigem Tritt Vishnu, bereit sie als Heim dem Menschen zu geben. / Seinem Schutz vertraut das einfache Volk sich an, er, der Edelgeborene, hat ihnen weiträumige Wohnstatt bereitet." Von diesen drei Lebensräumen weiß der rigvedische Sänger sogar zu berichten, daß in ihnen Milch und Honig fließt. Lob sei daher Vishnu "dessen drei Weltenräume voll von Süße sind." Vishnu hat die irdische Welt den Menschen als Paradies erworben, denn süß ist sie, nicht ein Tal der Tränen, des Elends und der Bitterkeit. Süße verweist auf einen Zustand der Zufriedenheit und Erfülltheit. Vishnu erwirbt sich das Vertrauen des einfachen Volks, weil er ihm durch seinen Dreischritt eine erfüllte und gesicherte Existenz verschafft hat.6 In den wenigen rigvedischen Manifestationen Vishnus leuchtet bereits ein grundlegender Wesenszug Vishnus auf: Er liebt und umsorgt die irdische Welt. ...
29
Vielen Religionen ist es selbstverständlich, daß Gottheiten und heilige Wesen Mensch werden und eine Kindheit haben. Den christlichen Religionen orthodoxen Zuschnitts ist die Inkarnation Gottes sogar das Herzstück von Lehre, Ritual und Frömmigkeit. Die Gründe für die Menschwerdung Gottes sind dabei vielfältig: Gott wurde Fleisch, um die Menschheit aus der Gefangenschaft der Sünde loszukaufen oder aber um die Freuden der irdischen Armut zu genießen. Dabei wurde und wird stets davon ausgegangen, daß Gott als Kind geboren wurde, von einer irdischen Mutter, wenn auch nicht von einem irdischen Vater gezeugt. Es wird vorausgesetzt, daß Jesus als Sohn Gottes auf Erden eine Kindheit verlebte.
22
Die von Martin Luther ausgelöste und profilierte Geistesrevolution des 16. Jahrhunderts hat der Theologie einen neuen Gegenstand und eine neue Aufgabe erschlossen, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren haben. Danach ist nicht Gott Gegenstand dieser Theologie, sondern Gesetz und Evangelium; und ihre Aufgabe besteht nicht im Entwurf von Gottesbildern, sondern im discrimen inter legem et evangelium, in der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium. - In dieser theologischen Selbstbestimmung, die wegen ihrer einzigartigen Aufgabe dia-kritische, d.h. unterscheidende Theologie genannt werden soll, wird die geistige Erfahrung der abendländisch-christlichen Idee von Jesus Christus oder vom Filius Dei im Horizont neu aufkommenden Bewußtseins auf den protestantischen Begriff gebracht. - Martin Luther hat mit der ihm eigenen Radikalität und Klarheit seine religiöse Erfahrung, die ihn zum diakritischen Theologen werden ließ, prägnant und programmatisch formuliert: "Zuuor mangelt mir nichts, denn das ich kein discrimen inter legem et euangelium machet, hielt es alles vor eines et dicebam Christum a Mose non differre nisi tempore et perfectione. Aber do ich das discri-men fande, quod aliud esset lex, aliud euangelium, da riß ich her durch."[1] Das Gewaltige dieses Herdurchrisses liegt in der Erkenntnis, daß Gesetz und Evangelium sich radikal von einander unterscheiden: "Ein jglicher Gottseliger und der ein rechter Christ sein will, soll wol lernen, daß das Gesetz und Euangelium zwei ganz widerwärtige Ding sind, die sich mit oder neben einander nicht leiden noch vertragen können."[2] Daß die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium die der Theologie eigentümliche Kunst ist, die sie überhaupt erst zu einer solchen werden läßt, daran läßt Martin Luther ebenfalls keinen Zweifel: "Darum sage ich, daß man das Gesetz und Euangelium lerne recht und eigentlich unterscheiden; denn wer das kann, der danke unserem Herrn Gott, und mag für ein Theologen wol bestehen."[3] ...
18
Die indischen Neo-Buddhisten, die auch Ambedkariten genannt werden, haben seit den 50er Jahren eine Bewegung entfacht, die den Buddhismus ihrer Deutung und Praxis als Höchstform der indogenen Kultur, des Dharma, versteht. Wegen der Aktualität der Dalitfrage [1] spielen diese Neo-Buddhisten in der gegenwär-tigen Politik Indiens eine gewichtige Rolle; und für den indischen Buddhismus haben sie nicht nur wegen ihrer politischen Aktivitäten an Bedeutung gewonnen, sondern einfach auch deshalb, weil sie, überwiegend der Mahar-Jati [2] zugehö-rig, inzwischen die Mehrheit der indischen Buddhisten bilden. Die Neo-Buddhisten gehen auf den sog. 'Vater der Indischen Verfassung' Dr. Bhimrao Ramji Sakpal, gen. Ambedkar (1891-1956) [3] zurück. Dieser indische Politiker entstammte der Mahar Jati [4] Maharashtras, die zu den höherrangigen Kasten der Unberührbaren zählt. Im Gegensatz zur Masse seiner Jati-Genossen war es Sakpal mit Hilfe seines brahmanischen Schullehrers Ambedkar, der ihm auch seinen Namen lieh, gelungen, eine akademische Karriere zu beginnen. Auf Grund eines Stipendiums des Maharajas von Baroda konnte er 1912 in Bombay den Grad eines Bachelor of Arts erlangen. Ein Staatsstipendium des Fürstentums Baroda ermöglichte ihm ein Studium an der Columbia Universität in New York, wo er 1915 den Grad eines Masters of Arts erwarb. In London erlaubte ihm ein Stipendium des Maharajas von Kolhapur Jura zu studieren und als Barrister-at-Law abschließen. Außerdem erwarb er noch den Doktorgrad in Ökonomie. Am-bedkar hatte damit auf Grund brahmanischer und fürstlicher Protektion eine bei-spiellose Karriere begonnen, die ihn befähigte, sofern moralisch gefestigt, die Lage der Dalits zum öffentlichen Thema in Indien zu machen.
40
Noch vor einem Jahrzehnt war es nicht selbstverständlich, sich ernsthaft mit den Ideen des einstigen Marburger Theologen und Religionswissenschaftlers Rudolf Otto (1869-1937) auseinanderzusetzen. Bis in die achtziger Jahre waren sie mehr eine Angelegenheit religionshistorischer Forschung oder Marburger Fakultätsgeschichte. Dies hat sich geändert; nunmehr wird Rudolf Ottos Religionstheorie wieder diskutiert, wenn auch durchaus kontrovers. Diese neuerliche Entdeckung Rudolf Ottos, die nicht nur in Deutschland, sondern auch auf internationaler Ebene stattfindet und im Internet sogar umfassend und systematisch vorangetrieben wird, ist kein Zufall. Sie reflektiert das unerwartete Auferstehen der von funktionalistischen Ideologien als pathogene Illusion denunzierten, vom säkularistischen Kulturmanagement als Motivation zum 'rechten' Handeln mißbrauchten und von atheistischen Gewaltherrschaften und Massenbewegungen des vergangenen Jahrhunderts planmäßig und brutal unterdrückten Religion. ...
3
Prolegomena Protestantische Theologie in der Nachfolge Martin Luthers hat allein Gesetz und Evangelium zum Gegenstand. Ihre Aufgabe besteht allein in der Unterscheidung der beiden verba Dei. Als ars practica hat sie für jede Epoche existenzrelevant herauszufinden, was hier und jetzt heißt: 1. Erlösungswille Gottes, d.h. was Christum treibet und im Unterschied dazu 2. Erhaltungswille Gottes, d.h. was das Gesetz treibet. Das Evangelium ist allein Sache des geistlichen Regiments. Das Gesetz ist allein Sache des weltlichen Regiments.
5 a
Moderne Hindus verwenden die Bezeichnung Hinduismus in einem positiven Sinn. Sie gilt nicht mehr als lästige Fremd-, sondern als identitätsstiftende Selbstbezeichnung. Der historisch wirksamste Ideologe dieser neuen, man muß fast sagen genuinen Hinduismusbewegung, ist der in Kalkutta gebürtige Narendra Nath Datta (1863-1902). Dieser hochbegabte Sohn einer angesehenen Juristenfamilie wurde Schüler von Ramakrishna, dem glühenden Verehrer und Priester der Göttin Kali. Als Sannyasi erhielt er den Namen Swami Vivekananda und gründete den hochberühmten Ramakrishna-Orden. ...
290a [korrigiert]
Im 1. Teil werden zunächst religionsphilosophische, theologische und kulturtheoretische Voraussetzungen der Christian Songs behandelt.
Dazu werden die Begriffe Religion, Religionskultur, Kultur, Mythologie und Glaubensbilder geklärt. Im nächsten Schritt wird die protestantische Existenzper-spektive Martin Luthers ausführlicher dargestellt. Die Ausführlichkeit ergibt sich daraus, daß Martin Luthers Religionslehre das theologische Fundament der Chris-tians Songs ausmacht, sie aber zumeist in der vom Zeitgeist bestimmten Öffent-lichkeit nicht sonderlich bekannt ist oder neuerdings verzerrt dargestellt wird.
Abschließend wird, um den weltweiten Erfolg der Sangesbewegung zu verstehen, kurz deren Performance angesprochen.
Im 2. Teil werden ausgewählte Christian Songs insbesondere daraufhin unter-sucht und kommentiert, inwieweit sie das protestantische Existenzverständnis im Sinne Martin Luthers, insbesondere die theologischen Grundsätze sola gratia - allein aus Gnaden und sola fide – allein aus Glauben widerspiegeln.
27-03
Die Heinrich-Böll-Stiftung möchte mit dieser Veranstaltung eine Brücke schlagen zwischen dem Feminismus und dem Buddhismus, zwischen Frauen aus dem Westen und ihrem Anliegen auf Emanzipation und Befreiung, auf ihren Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben und den Frauen, die als Buddhistinnen, als Nonnen und Lainnen ihren Beitrag leisten, das Unglück auf der Erde zu vermindern und Glück zu erreichen. Eine Voraussetzung um ins Gespräch zu kommen ist, daß man die Positionen der Anderen, ihre Grundgedanken kennenlernt. Bevor wir uns nun am Sonntag mit dem Thema Feminismus und Buddhismus befassen werden und mit dem feministischen Blick auf die buddhistische Lehre, mit der Frage was denn für westliche Frauen und Feministinnen so anziehend am Buddhismus ist und über ihre Erfahrungen mit der buddhistischen Praxis sprechen, wollen wir uns morgen der Tradition und den Worten Buddhas nähern, um uns in unseren Gedanken und in unseren Positionen kennenzulernen. Ich möchte nun einige Gedanken zum Thema Frauen und Religion vortragen. In der Heinrich-Böll-Stiftung, beschäftigen wir uns seit ungefähr drei, vier Jahren mit dem Thema 'Frauen in den Religionen'. Ausgangspunkt dafür war der Beginn eines Projektes, daß die Stiftung in Pakistan unterstützt, das Projekt 'Women living under Muslim Law', 'Frauenleben unter islamischen Recht', bei dem es um Rechte der Frauen, auch um Rechtsberatung für Frauen besonders in schwieriger Lage geht. Zur Begleitung dieses Projektes existiert nicht nur in Lahore in Pakistan ein kontinuierlicher Gesprächskreis 'Frauen und Religion', sondern es wurde auch hier in Deutschland ein Arbeitskreis zum selben Thema gegründet, mit dem Ziel der deutschen Öffentlichkeit eine differenzierte Sichtweise über das Frauenbild in islamischen Kulturen zu vermitteln. Es stellte sich aber heraus, daß dies nur möglich ist, wenn wir uns unseres eigenen religiösen Hintergrundes gegenwärtig werden und wenn wir auch über Gründe für die Abwehr von Religionen reflektieren, was sehr viele Frauen, insbesondere die Feministinnen, getan haben. ...
242
Vernunft und des Verstandes (aql) in der islamischen Lehre bei Muhammed al-Ghazali (gest.1111)
(2019)
219
Die Erforschung der Biographie des Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945) ist recht weit gediehen. Doch ein Aspekt seines Lebens und Wirkens ist bislang nicht genügend erforscht und gewürdigt worden.
Von 1939/40 an war er Mitarbeiter im Amt 'Ausland/Abwehr' im Oberkommando der Wehrmacht. Diese zu wenig beachtete Tätigkeit wird in diesem Beitrag genauer beschrieben. Der Entschluss des Theologen, in der militärischen Abwehr Dienst zu tun, wurde lange als familiär initiiert angesehen oder als Versuch, sich dem Kriegsdienst zu entziehen. Es wird aber gezeigt, daß sich Bonhoeffer sehr bewusst zur geheimdienstlichen Mitarbeit im militärischen Apparat "Abwehr" entschieden hatte, um auf diese Weise wirksam das Nazi-Regime Adolf Hitlers zu bekämpfen. Er war sich dabei der persönlichen Gefahren dieses konspirativen Engagements wohl bewußt. Bonhoeffer, so wird hier gezeigt, war demnach nicht nur Widerstandstheologe, sondern ein politischer Aktivist, der von Theologie und Kirche erwartete, dass sie entschieden situativ auf die Politik und das Weltgeschehen reagiere.
Since his death, Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945) has grown to be one of the most fascinating, complex figures of the 20th century. But some decisions of his life stay in the dark. Why did he join the Military Secret Service in Germany and what lead him to the judgement, that the Regime of the Nazis could only be ended with the power of military force? The author shows Bonhoeffer as a situatively influenced personality and the measure of his ethics as situativ as well.
24 a
Die Bewertung des Kastenwesens bei Mahatma Gandhi als Element des nationalen Unabhängigkeitskampfes
(1998)
Da die Kasten die gesellschaftliche Realität Indiens in vielen Bereichen noch immer bestimmen und sie aufgrund der Demokratisierung Indiens nach der Unabhängigkeit als einheitliche Wählergruppe auch verstärkt politischen Einfluß ausüben, hält die Diskussion über dieses gesellschaftliche Phänomen unvermin-dert an. Die dabei zu Tage tretenden Kontroversen betreffen nicht nur die wis-senschaftliche Theoriebildung bezüglich der Entstehung, Entwicklung und Funktionsweise des Kastenwesens, sondern prägen auch die Diskussion über zukunftsorientierte Gesellschaftsentwürfe. Solche Entwürfe haben entweder die völlige Zerschlagung aller Kastenstrukturen zum Ziel oder fordern zumindest deren umfassende Reform. So macht vor allem die Dalit-Bewegung das Kas-tenwesen für die eigene Unterdrückung und Diskriminierung in der Gesellschaft verantwortlich und zielt auf die Herauslösung der Dalits aus der bestehenden Gesellschaft ab, ohne jedoch explizit einen alternativen Gesellschaftsentwurf zu entwickeln.[1] Die Hindutva-Bewegung dagegen hat den Blick auf einen mo-dernen (Hindu-) Nationalstaat gerichtet, in dem ein die Gesellschaft zergliedern-des Kastenwesen ebenfalls keinen Platz hat, auch wenn dieser Bewegung von ihren Gegnern regelmäßig das Gegenteil unterstellt wird.[2] Swami Vivekanan-da sah den Weg zu einer Überwindung des Kastenwesens in der Brahmanisie-rung der gesamten Gesellschaft, die er religiös begründete, indem er das Ende des Kali-Yuga verkündete.[3] Die Hare-Krishna-Bewegung fordert eine Abwen-dung von einem erblich determinierten Kastenwesen hin zu einem System, in dem die Einordnung gemäß den Fähigkeiten und Leistungen des Individuums erfolgt. Ein solches System soll sich an vedischen Traditionen orientieren und an das viergliedrige Ständewesens des im Rigveda beschriebenen ‘Varnashrama’ angelehnt sein.[4] Der Gesellschaftsentwurf Mahatma Gandhis und vor allem die darin vertretene Sichtweise des Kastenwesens werden in der gegenwärtigen Diskussion ebenfalls immer wieder aufgegriffen, wobei je nach eigener ideologischer Ausrichtung sehr unterschiedliche Interpretationen gegeben werden. So wird Gandhi gelegentlich unterstellt, das Kastenwesen bedingungslos verteidigt zu haben, wäh-rend er anderen als scharfer Kritiker des Systems gilt. Dieses breite Spektrum an Einschätzungen erstaunt jedoch keineswegs, da Gandhis Aussagen zum Kas-tenwesen von großer Zurückhaltung geprägt sind und damit nur durch die ver-gleichende Analyse verschiedener Aussagen verständlich werden. Diese Analyse soll hier geleistet werden, wobei auch der historische Kontext miteinbezogen werden muß, durch den Gandhis Gedankengang erst seine Plausibilität gewinnt. ...
31
Das Christentum in Kerala
(2000)
Nach der letzten indischen Volkszählung aus dem Jahre 1991 bekannten sich in Indien knapp 20 Mio. Menschen zum christlichen Glauben, was einem Bevölkerungsanteil von 2,34% entsprach. [1] Unter der Annahme, dass sich der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung nicht signifikant verändert hat, liegt unter Berücksichtigung des allgemeinen Bevölkerungswachstums die Zahl der indischen Christen gegenwärtig bei etwa 23 Mio. Hinsichtlich der Verteilung der Christen gibt es erhebliche regionale Unterschiede. Über die Hälfte leben in den vier südlichen Unionsstaaten Kerala, Tamil Nadu, Karnataka und Andhra Pradesh, eine weitere Konzentration liegt im Nordosten Indiens (Assam, Nagaland, Meghalaya, Mizoram und Manipur) vor, wo noch einmal gut 20% der Christen leben. In den anderen Landesteilen sind sie dagegen sehr viel weniger zahlreich vertreten. ...