Journal of religious culture = Journal für Religionskultur
Refine
Year of publication
Document Type
- Part of Periodical (184)
Language
- German (184) (remove)
Has Fulltext
- yes (184)
Is part of the Bibliography
- no (184)
Keywords
- Islam (2)
- Aristoteles (1)
- Armut (1)
- Canaris Widerstand (1)
- Dietrich Boenhoeffer (1)
- Einheit des Widerspruchs (1)
- Fatwa (1)
- Franz von Assisi (1)
- Frau (1)
- G.W.F. Hegel (1)
Institute
194
Jubiläen haben es in sich! In diesem Jahr werden wir vor allem an den großen Philosophen Immanuel Kant erinnert, der am 12.2.1804 in Königsberg in Preußen gestorben ist. Sein Denkmal am Königsberger Dom hat den Krieg und auch die Russen überstanden. Am populärsten ist bis heute Kants Erläuterung von „Aufklärung“: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung!“1 Nicht nur, daß die 1784 niedergeschriebene Abhandlung Kants nicht am Anfang der deutschen Aufklärung steht, sondern eher ihr Schwanengesang ist: In der Regel wird auch verschwiegen, daß der Autor selbst die prinzipielle Gültigkeit dieser Sätze entscheidend einschränkte, wenn er am Schluß seiner Abhandlung alle radikalen Konsequenzen ausdrücklich verwarf und das Grundgesetz des friderizianischen Preußen pries: „Räsonniert, soviel als ihr wollt, und worüber ihr wollt, nur gehorcht!“ Kant hat den Angriff Napoleons auf Europa, den Zusammenbruch Preußens und Österreichs nicht mehr erlebt. So ist ihm die bittere Erfahrung erspart geblieben, daß von den Idealen einer Revolution meistens nur verwirklicht wird, was machtpolitisch brauchbar ist...
196
Ich beginne mit einer etwas vereinfachten Darstellung der sogenannten 'Letzten Dinge' (Eschata) in der traditionellen (neu)scholastischen Theologie (Vgl. Siegfried Meier, Sterben, Tod und Auferstehung, in: Schulinformationen, Paderborn, 30. Jg., Nr. 2, 2000, S. 61ff.). Diese geht davon aus, daß sich im Tod die unsterbliche Seele vom sterblichen Leib trennt. Der Leichnam verfällt, die Seele hingegen kommt ganz allein vor das Gericht Gottes. Daher nennt man dieses Gericht auch das besondere Gericht (iudicium particulare). Derjenige, der im Zustand der Heiligkeit verstorben ist und alle zeitlichen Sündenstrafen schon in diesem Leben abgebüßt hat, dessen Seele kommt sofort in den Himmel. Stirbt hingegen ein Mensch im Zustand der Todsünde, beginnt durch den Richterspruch Gottes die sofortige Verdammnis in der Hölle. Der mittelmäßige Mensch, der weder als Heiliger noch als Todsünder gestorben ist, muß eine Zeit der Läuterungsqualen im Fegefeuer erleiden. Schwere und Menge der noch nicht abgebüßten Sündenstrafen bestimmen die Dauer und Intensität des dortigen Aufenthaltes. Erst danach kann die Seele in den Himmel gelangen. Am letzten Tag der Weltgeschichte, dem sogenannten 'Jüngsten Tag', kommt es zur Auferstehung der Toten. Das bedeutet, daß die Seelen mit dem toten Körper wieder zu lebendigen Menschen vereinigt werden. Dann wird Gericht gehalten über den ganzen Menschen. Dieses Gericht wird daher als das allgemeine Gericht (iudicium universale) bezeichnet. Nach diesem Gericht gibt es nur noch Himmel und Hölle.
Was das Fegefeuer und den damit verbundenen Ablaß anbelangt, so haben sich die Reformatoren mit diesem Bild von Tod und Auferstehung kritisch auseinandergesetzt, was aber Gemeinsamkeiten, die auch im Blick auf gemeinsames Erbe antiker Philosophie begründet sind, nicht ausschließt...
190
191
"Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist" (Exodus 20,4): Dieses Gebot aus dem Dekalog hat die Religions- und Kulturgeschichte immer wieder berührt. Vor allem der reformierte Protestantismus rühmt sich seiner 'Bilderlosigkeit'. Was sind aber 'Bilder'? ...
173
Seit mehr als 14 Jahrhunderten glauben Muslime, Sunniten wie Schiiten, daran, dass der Prophet Muhammad (gest. 632) der letzte Prophet sei und nach ihm bis zum jüngsten Tag weder weitere Propheten noch Gesandte kommen werden. Im 19. Jahrhundert ist eine neue islamische Bewegung in Erscheinung getreten. Diese neue islamische Glaubensgemeinschaft der sogenannten "Ahmadiyya"1 wurde 1891 von Mirza Ghulam Ahmad im indischen Punjab ins Leben gerufen. Anfangs erhob er den Anspruch, ein Erneuerer (mugaddid) des Islam zu sein. Einige Jahre später ging er, über seinen Aufruf zur Erneuerung hinausgehend, dazu über zu erklären, er sei der verheißene Messias und Mahdi2 des Islam. Schließlich verkündete er, göttliche Offenbarungen erhalten zu haben und ein Prophet Gottes zu sein. Diese Verkündigungen widersprechen, theologisch gesehen, eindeutig den Glaubenslehren der orthodoxen Muslime und riefen folglich ihren Zorn hervor. Trotzdem wurde die Ahmadiyya als eine unabhängige islamische Gemeinde im Jahre 1901 in Qadian registriert. ...
168
175
Der "tolle Mensch" und der "alte Gott" : ein Essay über Nietzsches Apokalypse der modernen Existenz
(2013)
"Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getödtet, - ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder!" Diese berühmten Sätze des 'tollen Menschen' aus Friedrich Nietzsches Werk 'Die Fröhliche Wissenschaft' sind keineswegs an bekennende Fromme gerichtet, um sie von ihrem Gottesglauben abzubringen und vom Atheismus zu überzeugen. Sein entsetzter Ausruf richtet sich vielmehr an die Atheisten oder sonstige Ungläubige. Aber diesen Ausruf tat er auch nicht, um sie in ihrem wissenschaftlichen oder unwissenschaftlichen Unglauben zu bestärken. Nein! Er ruft ihnen diese schier unglaubliche Wahrheit zu, um sie mit der Frage zu konfrontieren, ob sie, die Gott getötet haben, überhaupt wissen, was sie angerichtet haben, ob sie sich der Konsequenz ihrer ungeheuerlichen Tat bewußt sind.Der 'tolle Mensch' distanziert sich dabei keineswegs von seinen gottlosen Zuhörern; im Gegenteil: ausdrücklich rechnet er sich ihnen zu. Aber im Gegensatz zu den angeredeten Gottesmördern hat er begriffen, was für eine furchtbare Existenzkatastrophe sie gemeinsam heraufbeschworen haben.
Wer ist aber dieser Gott, den Nietzsche den 'alten Gott' nennt, und den er, der 'tolle Mensch' und seine Zuhörer auf dem Marktplatz der Moderne getötet haben?
163
Bollywood ist ein Massenphänomen. Schätzungsweise 12 bis 14 Millionen Menschen drängen sich täglich in indische Kinos, um ihre Stars auf der Leinwand zu bewundern. In den riesigen Sälen herrscht große Empathie zwischen den Zuschauern und ihren Filmidolen. Helden werden bejubelt und beklatscht, Bösewichte lauthals ausgebuht und mit Pfiffen geschmäht. Selbst kleine Opfergaben in Form von Früchten oder Münzen werden den Schauspielern dargeboten. Auch außerhalb des Kinos inspiriert Bollywood die indische Bevölkerung: in ihrer Art zu reden, ihrer Kleidung, ihrem Musikgeschmack aber auch ihrer politischen Gesinnung. Doch ist die Meinungsmacht der indischen Traumfabrik nur auf den Subkontinent beschränkt?
Mithilfe einer qualitativen Studie geht die vorliegende Arbeit dieser Frage nach und zeigt auf, welche Relevanz Bollywood bei der Identitätsbildung der 2. Generation der indischen Migranten in Deutschland besitzt. Anhand der Aussagen von 13 Probanden indischer Abstammung im Alter von 15 bis 38 Jahren wurde dabei eine Typologie verschiedener Identitätstypen entwickelt, die sich in unterschiedlichem Masse durch Bollywood beeinflussen lassen. So dient der Hindifilm Menschen, die in ihrem Selbstbild stark zu Indien tendieren, als Ressource um kulturelles Wissen über Indien zu sammeln, als Brücke in eine oft entfremdete Heimat sowie als Substitut für eine fehlende Sozia-lisation in Indien. Vertreter einer hybriden Identität, die sich zu gleichen Teilen als Inder und Deutsche verstehen, freuen sich über das wachsende Interesse der deutschen Mehrheitsbevölkerung an der indischen Kultur, was maßgeblich durch den Bollywoodhype Mitte der 2000er Jahre initiiert wurde. Das steigende Verständnis für indische Werte, aber auch die Adaption der indischen Kultur durch die Mehrheitsgesellschaft erleichtert es den ethnischen Hybriden für ihre Multikulturelle Identität akzeptiert zu werden. Dieselbe Entwicklung ist für Personen indischer Herkunft, die eine deutsche Identität etablieren wollen, oftmals ein zweifelhafter Segen. So werden sie von ihren Freunden und Bekannten mit Fragen zu oder auch Kritiken an Bollywood konfrontiert, was zu Ge-fühlen der Entfremdung bei den Befragten führen kann, zeigt es doch, dass ihr Gegenüber sie nicht als vollkommen deutsch wahrnimmt. Bollywood scheint also auch im 6759 Kilometer entfernten Deutschland noch eine gewisse Wirkung zu entfalten, ob diese von den Menschen gewollt ist oder nicht.