Journal of religious culture = Journal für Religionskultur
Refine
Year of publication
Document Type
- Part of Periodical (184)
Language
- German (184) (remove)
Has Fulltext
- yes (184)
Is part of the Bibliography
- no (184) (remove)
Keywords
- Islam (2)
- Aristoteles (1)
- Armut (1)
- Canaris Widerstand (1)
- Dietrich Boenhoeffer (1)
- Einheit des Widerspruchs (1)
- Fatwa (1)
- Franz von Assisi (1)
- Frau (1)
- G.W.F. Hegel (1)
Institute
250
Um dem neuen Forschungsstand zu Luthers geistlichem Mentor im Augustinerorden endlich zum Durchbruch zu verhelfen, edieren Dohna und Wetzel u. a. Akten aus dem Häresie-Verfahren des Erzbischofs von Salzburg gegen den Augustiner Agricola. Staupitz, der ein Gutachten lieferte, hat sich keineswegs von der lutherischen Bewegung distanziert. Er blieb seiner frühreformatorischen Theologie treu und vermied eine Verurteilung. Agricola musste keineswegs fliehen, er wurde freigelassen. Während andernorts schon Scheiterhaufen brannten, hatten Reformkatholiken hier noch Platz in der abendländischen Kirche.
242
Vernunft und des Verstandes (aql) in der islamischen Lehre bei Muhammed al-Ghazali (gest.1111)
(2019)
240
The thesis John Calvin has been the religious initiator of modern capitalist mentality is not in accordance with his doctrine, just the opposite is true. Calvin had a very traditional will say non- or even ant-capitalist in view of economic behaviour.
239
Martin Luthers theologische Idee der Unterscheidung von Gnade/Evangelium und Gesetz/Vernunft, Glauben/Unglauben und Werk, schränkte die Zweiwertigkeitslogik des Aristoteles auf die Gestaltung der Existenz ein und erwies ihre Ungültigkeit für die Erfassung des Grundes der Existenz. Während Luther die dialektische Struktur der Beziehung von Gestaltung und Grund der Existenz in der Form der o.g. Vorstellung zum Ausdruck brachte, hat G.W.F. Hegel sie auf den Begriff gebracht und damit Luthers Theologie in die Philosophie transformiert.
236
Dieser Artikel ist eine Einführung in die islamische Religionspädagogik im osmanischen Reiches von der Vormoderne bis zur Gründung der türkischen Republik. Der Frage nach dem Beginn einer islamischen Erziehung wird vor allem anhand primärer Quellen nachgegangen. Die Wissensvermittlung von einzelnen und bestimmten Wissenschaften geschieht hauptsächlich mit Hilfe arabischer Handbücher, die auf die Zeit der Vormoderne zurückgehen und sich mit islamischer Pädagogik befassen. Zudem werden anhand von konkreten Einzelfällen kulturelle Einflüsse beleuchtet und die Veränderungen eines erziehungsliterarischen Themas chronologisch und tabellarisch aufgezeigt. In diesem Artikel finden jeweils drei weitere Aspekte punktuell Berücksichtigung: Der Austausch von Erziehung, Religion und Sprache. Das Osmanische Reich hat, um die Bevölkerung nach seinen eigenen ideologischen Vorstellungen zu erziehen, dafür wie alle anderen Staaten Bildungseinrichtungen geschaffen. In der osmanischen Zeit lag der Schwerpunkt dieser Institutionen hauptsächlich auf Religionslehre. Bis zum 17. Jahrhundert wurden Religions- und Naturwissenschaften in derselben Institution gelehrt. Von der Gründung des Reiches bis zu seinem Niedergang blieben diese Bildungseinrichtungen bestehen; wurden aber mit der Zeit inhaltlich reformiert. Man kann diese Einrichtungen, welche vom Staat und von verschiedenen Stiftungen gegründet und weiterentwickelt wurden, in zwei Hauptgruppen unterteilen: in formale Bildungsinstitute und verbreitete Bildungsinstitute.
230
ʿAzīmabādīs Erläuterung des Taǧdīd-Hadithes als Beispiel eines religiösen Autorisierungsdiskurses
(2017)
223
Xenia von Sankt-Petersburg (Ksenija Peterburgskaja) ist eine der bedeutendsten weiblichen Heiligen in der gesamten Orthodoxie. Ihr ungewöhnliches Leben entfaltete sich im 18. Jh. in der damaligen russischen Hauptstadt Sankt-Petersburg, zu deren heiligen Patronin sie später erwählt wurde. Doch erst in den vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Zeugnisse über ihren Lebensweg und ihr religiöses Wirken schriftlich festgehalten. Um das Jahr 1912 entstand schliesslich eine Heiligenvita Xenias; sie wurde auf Grundlage bestehender Textfragmente und dem überlieferter Erzählungen aufgezeichnet. Im Jahr 1978 wurde Xenia zunächst von der Russisch-Orthodoxen Kirche im Ausland und dann im Jahr 1988 von dem Heiligen Synod (pomestnyj sobor) der Russisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats offiziell heilig gesprochen.
Die Kanonisierung bestätigte aber nur eine seit fast zweihundert Jahren bestehende Volksverehrung. Ihrem hagiographischen Typus nach wurde Xenia als jurodivaja kategorisiert. Dieses russische Wort bedeutet in etwa eine Selige, ein Tolle, eine Wahnsinnige; sinngemäss eine heilige Närrin, die um Christi Willen vor der Augen der Öffentlichkeit einen Irrgang vorspielt, bewusst ein provokatives als deviant geltendes Verhalten an den Tag legt und sich dadurch den geltenden gesellschaftlichen Konventionen radikal verweigert.
219
Die Erforschung der Biographie des Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945) ist recht weit gediehen. Doch ein Aspekt seines Lebens und Wirkens ist bislang nicht genügend erforscht und gewürdigt worden.
Von 1939/40 an war er Mitarbeiter im Amt 'Ausland/Abwehr' im Oberkommando der Wehrmacht. Diese zu wenig beachtete Tätigkeit wird in diesem Beitrag genauer beschrieben. Der Entschluss des Theologen, in der militärischen Abwehr Dienst zu tun, wurde lange als familiär initiiert angesehen oder als Versuch, sich dem Kriegsdienst zu entziehen. Es wird aber gezeigt, daß sich Bonhoeffer sehr bewusst zur geheimdienstlichen Mitarbeit im militärischen Apparat "Abwehr" entschieden hatte, um auf diese Weise wirksam das Nazi-Regime Adolf Hitlers zu bekämpfen. Er war sich dabei der persönlichen Gefahren dieses konspirativen Engagements wohl bewußt. Bonhoeffer, so wird hier gezeigt, war demnach nicht nur Widerstandstheologe, sondern ein politischer Aktivist, der von Theologie und Kirche erwartete, dass sie entschieden situativ auf die Politik und das Weltgeschehen reagiere.
Since his death, Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945) has grown to be one of the most fascinating, complex figures of the 20th century. But some decisions of his life stay in the dark. Why did he join the Military Secret Service in Germany and what lead him to the judgement, that the Regime of the Nazis could only be ended with the power of military force? The author shows Bonhoeffer as a situatively influenced personality and the measure of his ethics as situativ as well.
218
Die Scharia umfasst nach muslimischer Auffassung alle Fragen des Lebens und gibt Anweisungen für das Verhalten in Familie, Gesellschaft sowie gegenüber Gott. Insbesondere seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und zwar infolge der Anwerbung sogenannter ,Gastarbeiter‘ und der Aufnahme von Flüchtlingen aus mehrheitlich islamischen Ländern hat sich das Thema Scharia in Deutschland, wie in vielen anderen nicht-islamisch geprägten Gesellschaften, zu einem ausgesprochen heiklen Streitgegenstand entwickelt. Ein nicht unbedeutender Teil der im Westen lebenden Muslime will sein Leben nach den Schariavorschriften ausrichten. Diese Vorschriften stehen jedoch nicht immer in Einklang mit dem Ordnungssystem oder den Werten der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft. Muslimische Gelehrte entwickelten im Zuge dessen ein spezielles Konzept des so genannten Fiqh al-aqallīyāt („Minderheitenrecht“), welches Fragen der Minderheiten im schariarechtlichen Rahmen entsprechend ihrer Lebensumstände behandeln soll. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Frage, wie der Umgang der Muslime mit Nichtmuslimen im Allgemeinen und mit deren religiösen sowie gesellschaftlichen Feierlichkeiten im Besonderen schariarechtlich bewertet wird. Diese Fragestellung wird anhand von drei Rechtsgutachten (fatwa Pl. fatāwā) Yūsuf al-Qaraḍāwīs, eines der wohl populärsten und anerkanntesten Gelehrten der Gegenwart im sunnitischen Islam, beantwortet.
217
Seit der Antike wird über das Thema der Ästhetik, über das Schöne, diskutiert. Diese Diskussion, die mit der Frage „Was ist schön?“ anfängt und was „schön“ als Wert ausdrückt, was die Quelle des Schönheitsgefühls bei dem Menschen ist, und auch die Frage nach dem Prozess der Entstehung eines ästhetischen Urteils, wird bis zur heutigen Zeit geführt. Heutzutage ist das ästhetische Verständnis des Propheten Muhammed nicht nur Untersuchungsthema, die Muslime haben im 21. Jahrhundert die von ihm erhaltenen ästhetischen Werte durch direkte Übertragung in ihr Leben und in ihre Lebensweise integriert. Die Koranforschung hat ergeben, dass der Sinn für Schönheit eine Fähigkeit bezeichnet, die dem im Koran erwähnten Menschen mit der Geburt gegeben worden ist. Im Propheten Muhammed hat das in ihm vorhandene Potenzial in der vorislamischen Zeit durch Aufrechterhaltung und durch göttliche Erziehung, die ihm nach dem Erhalt der prophetische Mission zuteil wurde, den Höhepunkt erreicht. In diesem Sinne ist sein Auftreten schön und die Schönheit beim letzten Propheten kein Zufall. Die Schönheit, die dem Koran folgend mit dem ersten Menschen, Adam, begann, fand ihre Vollendung im Propheten Muhammed Denn für den Propheten Muhammed war die Schönheit nicht lediglich ein philosophischer Wert, sondern im Gegenteil eine Lebensweise. Zu Beginn der Behandlung des ästhetischen Themas Am Anfang der Beschäftigung des Korans mit der Frage der Ästhetik liegt vor allem in den Worten der glaubenden Menschen, in ihrem Verhalten, den Zielen, die sie erreichen wollen, und in ihrem Glauben und ihren Gottesdiensten. Nach dem Koran ist es Allah, der die Geschöpfe verschönert, diese Schönheit wurde den Geschöpfen während ihrer Erschaffung gegeben. Mit anderen Worten hat Allah die Geschöpfe schön erschaffen. In der islamischen Welt gibt es Philosophen und Islamwissenschaftler, die über die Vorstellung der Schönheit Überlegungen anstellen...
214
212
Franz von Assisi is seen as a champion of charity in favour of the poor ones. However that is not true. Poverty has not to be eliminated but praised as the most essential quality of human existence.
197
Paul Tillich wurde 1929 nach Frankfurt/M., wo es damals noch keine Theologische Fakultät gab, auf den Lehrstuhl für Philosophie mit der Verpflichtung berufen, „Philosophie und die Soziologie einschließlich Sozialpädagogik“ zu vertreten. Der ordinierte Pfarrer verstand die Konzentration auf die Philosophie gerade nicht als Absage an die Theologie; er sah sich immer als ein Grenzgänger, ohne Überläufer zu werden. Was seine Verbindung zur „Frankfurter Schule“ anbelangt, so wurde der Jude Theodor Wiesengrund Adorno von Tillich habilitiert; mit Max Horkheimer veranstaltete er Seminare. Während seiner Frankfurter Zeit hat sich Tillich z. B. dem Verhältnis von Protestantismus und Profanität zugewandt: „Das Heilige liegt nicht außerhalb des Profanen, sondern in seiner Tiefe. Es ist der schöpferische Grund des Profanen“; Kultur ist ihrer Substanz nach Religion. 1929 schloß sich Tillich der SPD an, aus der er 1933 austrat. Dennoch mußte er am 10.5.1933 mit ansehen, wie auf dem Frankfurter Römer auch ein Exemplar seines Buches „Die sozialistische Entscheidung“ verbrannt wurde. Zusammen mit Max Horkheimer wurde Tillich am 13.4.1933 „beurlaubt“ und am 20.12.1933 aus dem Staatsdienst entlassen. Er emigrierte in die USA, wo er 1965 starb.
Auch den großen katholischen Theologen Karl Rahner SJ, der sich 1937 in Innsbruck für katholische Dogmatik habilitierte, zeichnet eine ähnliche Breite des Wissens und Denkens aus. 1964 erhielt er den „Prestigelehrstuhl“ Romano Guardinis (Lehrstuhl für christliche Weltanschauung) in München. Seine akademische Lehrtätigkeit und sein Wirken als Konzilstheologe machten ihn schon in jungen Jahren weit über Deutschland und Europa hinaus bekannt.
196
Ich beginne mit einer etwas vereinfachten Darstellung der sogenannten 'Letzten Dinge' (Eschata) in der traditionellen (neu)scholastischen Theologie (Vgl. Siegfried Meier, Sterben, Tod und Auferstehung, in: Schulinformationen, Paderborn, 30. Jg., Nr. 2, 2000, S. 61ff.). Diese geht davon aus, daß sich im Tod die unsterbliche Seele vom sterblichen Leib trennt. Der Leichnam verfällt, die Seele hingegen kommt ganz allein vor das Gericht Gottes. Daher nennt man dieses Gericht auch das besondere Gericht (iudicium particulare). Derjenige, der im Zustand der Heiligkeit verstorben ist und alle zeitlichen Sündenstrafen schon in diesem Leben abgebüßt hat, dessen Seele kommt sofort in den Himmel. Stirbt hingegen ein Mensch im Zustand der Todsünde, beginnt durch den Richterspruch Gottes die sofortige Verdammnis in der Hölle. Der mittelmäßige Mensch, der weder als Heiliger noch als Todsünder gestorben ist, muß eine Zeit der Läuterungsqualen im Fegefeuer erleiden. Schwere und Menge der noch nicht abgebüßten Sündenstrafen bestimmen die Dauer und Intensität des dortigen Aufenthaltes. Erst danach kann die Seele in den Himmel gelangen. Am letzten Tag der Weltgeschichte, dem sogenannten 'Jüngsten Tag', kommt es zur Auferstehung der Toten. Das bedeutet, daß die Seelen mit dem toten Körper wieder zu lebendigen Menschen vereinigt werden. Dann wird Gericht gehalten über den ganzen Menschen. Dieses Gericht wird daher als das allgemeine Gericht (iudicium universale) bezeichnet. Nach diesem Gericht gibt es nur noch Himmel und Hölle.
Was das Fegefeuer und den damit verbundenen Ablaß anbelangt, so haben sich die Reformatoren mit diesem Bild von Tod und Auferstehung kritisch auseinandergesetzt, was aber Gemeinsamkeiten, die auch im Blick auf gemeinsames Erbe antiker Philosophie begründet sind, nicht ausschließt...
194
Jubiläen haben es in sich! In diesem Jahr werden wir vor allem an den großen Philosophen Immanuel Kant erinnert, der am 12.2.1804 in Königsberg in Preußen gestorben ist. Sein Denkmal am Königsberger Dom hat den Krieg und auch die Russen überstanden. Am populärsten ist bis heute Kants Erläuterung von „Aufklärung“: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung!“1 Nicht nur, daß die 1784 niedergeschriebene Abhandlung Kants nicht am Anfang der deutschen Aufklärung steht, sondern eher ihr Schwanengesang ist: In der Regel wird auch verschwiegen, daß der Autor selbst die prinzipielle Gültigkeit dieser Sätze entscheidend einschränkte, wenn er am Schluß seiner Abhandlung alle radikalen Konsequenzen ausdrücklich verwarf und das Grundgesetz des friderizianischen Preußen pries: „Räsonniert, soviel als ihr wollt, und worüber ihr wollt, nur gehorcht!“ Kant hat den Angriff Napoleons auf Europa, den Zusammenbruch Preußens und Österreichs nicht mehr erlebt. So ist ihm die bittere Erfahrung erspart geblieben, daß von den Idealen einer Revolution meistens nur verwirklicht wird, was machtpolitisch brauchbar ist...
193
Anonyme Protestanten?
(2014)
Selbst bei theologisch so verschiedenen Charakteren wie Dorothee Sölle und Paul Tillich wurden religionskulturelle Unterschiede zwischen Personen durch den Verweis auf Gemeinsamkeiten in ihrem Leben und Handeln als „anonyme Christen“ zumindest relativiert, wenn nicht gar durch diese umfassende Kategorie ganz eingezogen. Differenzen zwischen Selbsteinschätzung und Fremdwahrnehmung der betreffenden Personen spielen dann kaum noch eine wesentliche Rolle.
Im Rückblick auf zwei Jubiläen soll im Folgenden die Brauchbarkeit der Kategorie „Anonyme Christen“ am Sonderfall „Anonyme Protestanten“ überprüft werden.
192
Der Titel bedarf einer besonderen Begründung! 800 Jahre Elisabeth von Thüringen: Katholische und Evangelische Kirche begehen z. B. in Hessen mit einer Fülle von Veranstaltungen 2007 das „Elisabethjahr“. Die Ev. Kirche in Kurhessen-Waldeck und die Ev. Kirche in Hessen und Nassau haben unter dem Titel „Krone, Brot und Rosen. 800 Jahre Elisabeth von Thüringen“ einen umfangreichen Veranstaltungskalender vorgelegt. Bereits an ihrem 775. Todestag lassen die hessischen Landeskirchen und Bistümer in ökumenischer Eintracht, aber mit unterschiedlicher Akzentuierung das Elisabethjahr beginnen. „In einem war man sich schnell einig: Elisabeth kann sicher nicht als moderne Sozialapostolin gedeutet werden, die auf die reine Mitmenschlichkeit setzte; dafür waren ihre Christusfrömmigkeit und ihre Christusnachfolge zu stark ausgeprägt; sie verband praktizierte Caritas mit tiefer Gottesbeziehung. Es gab aber ein hartes Ringen um ein gemeinsames Erscheinungsbild des Gedenkens. Das Attribut ‚heilig‘ war für die evangelische Seite nicht akzeptabel. Für Protestanten ist die fürstliche Wohltäterin nur Elisabeth von Thüringen, und so steht es auch auf dem Logo für evangelische Gedenkveranstaltungen. Auf dem Logo für ökumenisch verantwortete Veranstaltungen wird kompromißhaft zusammengefügt: ‚Heilige Elisabeth. Elisabeth von Thüringen‘ “ (Gernot Facius). Wenn ich im Folgenden weiter von der „Hl. Elisabeth“ rede, soll dieser Hintergrund nicht vergessen werden.
Spuren der Elisabeth-Verehrung finden sich aber nicht nur in Deutschland und in Ungarn. Auch in Italien, Portugal, Tschechien, ja sogar in Skandinavien und den baltischen Ländern erinnert man sich an die deutsche Nationalheilige des Mittelalters...
191
"Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist" (Exodus 20,4): Dieses Gebot aus dem Dekalog hat die Religions- und Kulturgeschichte immer wieder berührt. Vor allem der reformierte Protestantismus rühmt sich seiner 'Bilderlosigkeit'. Was sind aber 'Bilder'? ...
190
185
In der Hindu Tradition zeigen sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Strömungen. Einmal gibt es die Richtungen, die sich die Befreiung vom Joch des durch das eigene Werk, Karma, bestimmten Rads der Wiedergeburten, Samsara, aufs Panier geschrieben haben. Zum anderen gibt es die karmistische Religion, die genau das eigene Werk zum entscheidenden, wenn nicht gar alleinigen Kriterium menschlicher Existenz erhebt. Diese karmistische Religion bildete und bildet den geistigen Hintergrund der indo-asiatischen Kultur so sehr, daß sich ihre Gegner immer noch vor ihr rechtfertigen müssen. Während die karmistische Existenzdeutung besonders unter den Buddhisten und Jainas in voller Blüte steht, haben die großen Religionen der Shaivas, Vaishnavas und Shaktas schon früh in ihren zahllosen Bewegungen massiv gegen den Karmismus Front gemacht. Dennoch gilt die Karma-Samsara-Lehre als Beschreibung des Normalfalls der Existenzgestaltung. Die ist die stets vorausgesetzte Mechanik des Existenzprozesses. Aber als ein unaufhebbares Schicksal wird sie nicht mehr so ohne Weiters im Hindutum anerkannt. Die o.g. Bewegungen sind denn auch religiöse Revolten, die auf höchst unterschiedliche Weise gegen die absolute und allgemeine Geltung der Karma-Samsara-Lehre durchaus erfolgreich Widerstand leisten. Wie in den anderen Kulturen auch ist der Kampf zwischen beiden Religionen im Hindutum das zentrale Thema der geistigen Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz. Diese so konträre Sichtsweisen der Existenz im Hindutum, d.h. die karmistische und antikarmistische Religion, sollen im Folgenden an je einem Fallbeispiel aus noch immer gültigen heiligen Schriften vorgestellt werden.
175
Der "tolle Mensch" und der "alte Gott" : ein Essay über Nietzsches Apokalypse der modernen Existenz
(2013)
"Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getödtet, - ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder!" Diese berühmten Sätze des 'tollen Menschen' aus Friedrich Nietzsches Werk 'Die Fröhliche Wissenschaft' sind keineswegs an bekennende Fromme gerichtet, um sie von ihrem Gottesglauben abzubringen und vom Atheismus zu überzeugen. Sein entsetzter Ausruf richtet sich vielmehr an die Atheisten oder sonstige Ungläubige. Aber diesen Ausruf tat er auch nicht, um sie in ihrem wissenschaftlichen oder unwissenschaftlichen Unglauben zu bestärken. Nein! Er ruft ihnen diese schier unglaubliche Wahrheit zu, um sie mit der Frage zu konfrontieren, ob sie, die Gott getötet haben, überhaupt wissen, was sie angerichtet haben, ob sie sich der Konsequenz ihrer ungeheuerlichen Tat bewußt sind.Der 'tolle Mensch' distanziert sich dabei keineswegs von seinen gottlosen Zuhörern; im Gegenteil: ausdrücklich rechnet er sich ihnen zu. Aber im Gegensatz zu den angeredeten Gottesmördern hat er begriffen, was für eine furchtbare Existenzkatastrophe sie gemeinsam heraufbeschworen haben.
Wer ist aber dieser Gott, den Nietzsche den 'alten Gott' nennt, und den er, der 'tolle Mensch' und seine Zuhörer auf dem Marktplatz der Moderne getötet haben?