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Einleitung: Sport und Bewegung sind ein wesentlicher Bestandteil der Adipositastherapie von Heranwachsenden. Die Auswahl therapeutischer Bewegungsangebote und die Belastungsteuerung erfolgen jedoch bislang nicht evidenzbasiert. Zur Einschätzung der individuellen Beanspruchung, Sicherung der Prozessqualität und Identifikation günstiger Bewegungsangebote in der juvenilen Adipositastherapie ist eine objektive Erfassung von Kenngrößen der kardiovaskulären Beanspruchung erforderlich. Methode: In einem Eingangstest wurde bei 20 adipösen Heranwachsenden ohne Komorbidität (12,9±1,8 Jahre, BMI 30,6±3,9 kg/m2, VO2max 29,8±4,5 ml/(kg*min)) der individuelle Zusammenhang zwischen Herzfrequenz (HF) und Sauerstoffaufnahme (VO2) unter standardisierten Ruhe- und Belastungsbedingungen ermittelt. Im Anschluss wurde der HF-Verlauf bei 7 verschiedenen bewegungstherapeutischen Angeboten der 4wöchigen Komplextherapie erfasst. Energieumsatz (EE), Beanspruchung (Irel) sowie der Zeitanteil moderater und intensiver Belastung (MVPA) wurden auf Basis der individuellen HF-VO2 Regression berechnet. Ergebnisse: 7,5 Stunden Bewegungstherapie pro Woche induzierten einen Energiemehrum-satz von 1.871±533 Kcal pro Woche und resultierten in 3,5±1,1h MVPA. EE [KJ/kg/h] und Irel [%VO2R] beim Walking (14,0±2,9; 29±8; Median ± Mediandeviation) unterschieden sich signifikant von Wasserspielen (18,0±4,4; 42±14), Bahnenschwimmen (19,9±5,9; 47±17), 65-85W Fahrradergometrie (19,6±3,7; 46±8), Kräftigungszirkel (18,9±3,7; 44±9), kleinen Spielen (19,0±5,4; 45±16) und großen Spielen (20,6±7,0; 48±19) (p<0.05). Diskussion: Das Resultat zeigt, dass 75% der Kinder und Jugendlichen mit ihrer Teilnahme an der stationären Komplextherapie konservative Empfehlungen zum kontinuierlichen oder kumulierten Umfang moderater bis intensiver körperlicher Aktivität (150 min wöchentlich; Williams et al. 2002) erreichen oder übertreffen. Das untersuchte Programm kann somit für einen Großteil der Patienten als angemessen und richtungsweisend eingeschätzt werden. Allerdings sind nicht alle Teilnehmer mit ausreichender Intensität körperlich aktiv sind, was Forderungen nach bestmöglicher Motivierung aller Teilnehmer und individueller Belastungssteuerung unterstreicht. Mit Ausnahme von Walking ließen sich im Hinblick auf kardiorespiratorische Belastungscharakteristika keine signifikanten Unterschiede zwischen den untersuchten Bewegungsangeboten ermitteln. Im Sinne einer nachhaltigen Veränderung des Bewegungsverhaltens können vor diesem Hintergrund bei der Wahl geeigneter Therapieformen zukünftig die individuellen Neigungen Heranwachsender noch stärker Beachtung finden. Die Ergebnisse unterstreichen damit die hohe praktische Relevanz derartiger Untersuchungen für die zukünftige Gestaltung ambulanter und stationärer Therapieprogramme. Weitere Studien sind nötig, um die Reproduzierbarkeit und Übertragbarkeit der vorliegenden Ergebnisse zu überprüfen und Dosis-Wirkungs-Beziehungen von Bewegung zielgruppenspezifisch zu ermitteln.
Die folgende Arbeit ist eine von drei Dissertationen des interdisziplinären Forschungsvorhabens „Landschaftsarchäologie im Hessischen Ried“, das im Rahmen des Frankfurter Graduiertenkollegs „Archäologische Analytik“ stattfand. Das Projekt bestand aus einer archäologisch-historischen (MAURER 2003), einer bodenkundlichen (KANNENGIEßER Diss. in Arbeit) sowie dieser palynologischen Dissertation. Gemeinsam beschäftigen sich diese Arbeiten mit der Landschaftsrekonstruktion des nördlichen Hessischen Rieds. Die palynologischen Untersuchungen hatten das Ziel, die bisher weitgehend unbekannte ‚jüngere’ Vegetationsgeschichte von der vorrömischen Eisenzeit bis etwa zum 5. Jh. n. Chr. zu rekonstruieren. Zwischen der Eisenzeit und dem Frühmittelalter gab es im Hessischen Ried mehrere kulturelle Umbrüche. In der Spätlatènezeit siedelte eine keltische Bevölkerungsgruppe im nördlichen Hessischen Ried. Deren Spur verliert sich aber im 1. Jh. v. Chr. Erst nach einer ‚Fundlücke’ von etwa 50 Jahren findet man schließlich Überreste eine elbgermanische Population (LENZ-BERNHARD & BERNHARD 1991). Über Lebensweise und Anzahl dieser germanischen Bevölkerung wissen wir fast nichts. Zumindest ein Teil von ihnen aber diente im römischen Heer. Etwa ab dem Jahr 13/12 v. Chr. in augusteischer Zeit stand das Ried unter dem Einfluss des seitdem am Rhein stationierten römischen Militärs (MAURER 2003). Im Zuge der Okkupation kamen römische Soldaten mitsamt ihrem Tross von Angehörigen und Marketendern an den Rhein. Da sehr wenig über die zuvor ansässige Bevölkerung bekannt ist, ist es unklar, wie sich die Bevölkerungsstärke und damit der Bedarf an landwirtschaftlicher Nutzfläche während dieser Zeit veränderte. In der mittleren Kaiserzeit (ca. 70–260 n. Chr.) bildete das Hessische Ried das südöstliche Vorfeld der Provinzhauptstadt Mogontiacum (Mainz) bzw. das Umland des Auxiliarkastells/Zivilvicus Groß-Gerau-„Auf Esch“. In die sog. „agri decumates“ rechts des Rheins (Tacitus, GERMANIA 29, 3) gesellten sich nach und nach noch gallische Siedler zur römischen Bevölkerung. Es ist zu erwarten, dass sich die kulturellen Umbrüche dieser Zeit auch im Landschaftsbild widerspiegelten. Beispielsweise werden vielerorts den Römern die ersten großflächigen Waldrodungen und Raubbau an der Landschaft zugeschrieben (BEHRE 1988, CÜPPERS 1990, DUMAYNE 1993). In den letzten Jahren mehren sich allerdings die Indizien dafür, dass zumindest in einigen Gebieten einschneidende Landschaftseingriffe bereits in der Eisenzeit stattgefunden haben und die Landschaft bei Ankunft der Römer schon weitgehend entwaldet und anthropogen geprägt war (BUNNIK et al. 1995, STOBBE 1996, 2000, STOBBE & KALIS 2001, 2002, DÖRFLER et al. 2000, KOOISTRA 1996, DUMAYNE 1993, DUMAYNE-PEATY 1998). Auch für das nördliche Hessische Ried bestätigt die vorliegende Arbeit dieses Bild. Schon in der Eisenzeit entstand im Hessischen Ried eine weitgehend geöffnete Landschaft mit Grünlandflächen und Äckern. Die Vegetationsveränderungen beim Übergang von der Bronzezeit zur Eisenzeit (um 800 BC) sind dabei weit deutlicher als beim Übergang von der Eisenzeit zur Römischen Kaiserzeit. In der Römerzeit wurde zwar der Ackerbau intensiviert und einige typische Kulturpflanzen wurden eingeführt, doch das restliche Pollenspektrum verändert sich kaum. Beim Rückzug der römischen Armee vom Odenwaldlimes kam es zu einer leichten Regeneration der Buche im Umland. Während der Völkerwanderungszeit sieht man in den Profilen keine deutliche Waldregeneration, sondern nur einen leichten Rückgang der Bewirtschaftung.
Boswellia serrata gum resin extracts (frankincense) have been used for centuries in folk medicine in Asia and Africa. They have shown beneficial therapeutic effects, particularly in the treatment of chronic inflammatory diseases. Clinical studies on humans confirmed an anti-inflammatory and anti-cancer potential of Frankincense preparations. Boswellic acids (BAs) are the major ingredients, responsible for the pharmacological action of the extracts. Molecular and cellular studies with BAs revealed a number of targets including 5-lipoxygenase (LO), topoisomerases and the NF-κB pathway. Since there is little information on the modulation of cellular physiology by BAs, this work was designed to provide a detailed investigation of the cellular and molecular effects of BAs in several cell types related to inflammation. We report that 11-keto-BAs are potent activators of functional responses in human neutrophils, a type of leukocytes mediating acute inflammatory processes. Neutrophil activation by 11-keto-BAs is reflected by enhanced generation of oxygen radicals, release of arachidonic acid (AA) and the subsequent transformation of AA to pro-inflammatory eicosanoids. Investigation of the participating signalling pathways identified Ca2+, phosphoinositide-3 kinase, and members of the MAP kinase family (ERKs) as mediators. Second, we present a detailed study of the modulation of human platelet physiology and intracellular signalling events by BAs. Intriguingly, we discovered an inverse structure-activity relationship of BAs regarding platelet activation, with 11-methylene-BAs being superior over 11-keto-BAs. Thus, 11-methylene-BAs stimulated platelet Ca2+ mobilisation, MAP kinase and Akt activation, AA release, 12-LO and cyclooxygenase product formation, and thrombin generation. Novel Ca2+-independent activation pathways of platelet lipid metabolism were discovered. In contrast, 11-keto-BAs were inactive but found to inhibit platelet (p)12-LO directly. Interaction with p12-LO was confirmed in a pulldown assay using immobilised BAs as bait. Finally, BAs were shown to attenuate the activation of monocytes, a cell type responsible for the maintenance of chronic inflammatory states. Impairment of Ca2+ homeostasis is likely conferred by inhibition of Ca2+ influx channels. Taken together, our results shed light on the modulation of intracellular physiology of inflammatory cells by BAs, contributing to a better understanding of the anti-inflammatory effects exerted by frankincense preparations.
In der hier vorliegenden Arbeit wurden Fragen der atomaren Korrelation sowie Verschränkung untersucht und ein Beobachtungsfenster geöffnet, durch welches es möglich ist, Einblick in die Grundzustandswellenfunktion von Helium zu erhalten. Der Elektronentransfer (Pq++He->P(q-1)++He+) in schnellen Ion-Atom-Stößen findet im Bereich des Überlapps der Wellenfunktionen des gebundenen Anfangs- und Endzustandes statt [JOpp28a, MMcD70]. Daher kann diese Reaktion besonders selektiv an der Grundzustandswellenfunktion angreifen. Die bei der Transferionisation (Pq++He->P(q-1)++He2++e-) zusätzlich stattfindende Ionisation involviert auch das zweite Elektron. Dadurch ist es möglich die komplexe Vielteilchendynamik zu untersuchen und wie später in dieser Arbeit gezeigt wird, unter bestimmten Bedingungen auch sensitiv auf die Anfangszustandskorrelation zu sein! Die Messungen wurden mit H+-, He+- und He2+-Projektilen bei Einschussenergien von 40 - 630 keV/u (1,25 < vP < 5,02 a. u.) durchgeführt. Durch den Elektronentransferprozess wird auch die Vermessung des Endzustandes, den Impulsen, aller drei Teilchen (Projektil, Elektron und He2+-Rückstoßion) erleichtert. Durch das umgeladene, dann neutrale, Projektil werden zusätzlich die Post-Collision-Effekte minimiert. Zur experimentellen Untersuchung kommt die seit Jahren etablierte Technologie des Reaktionsmikroskops (COLTRIMS, COLd Target Recoil Ion Momentum Spectroscopy) zum Einsatz [HSch89, RDoe00a, JUll03], die sich durch eine 4¼-Impulsakzeptanz für alle emittierten Teilchen auszeichnet. Nach Kreuzung der Projektilionen mit einem kalten und wohl lokalisierten Gasstrahl werden die umgeladenen Projektile detektiert. Die im Überlappbereich entstehenden Elektronen und Ionen werden mittels elektrischer und magnetischer Felder ebenfalls auf orts- und zeitauflösenden Detektoren projiziert. Anhand des Auftreffortes und der Flugzeit können die dreidimensionalen Impulsvektoren eindeutig rekonstruiert werden. Je nach Energie Projektile dominieren unterschiedliche atomare Reaktionsmechanismen. Entsprechend sind es zwei Fragenkomplexe, denen sich diese Arbeit hauptsächlich widmet: - Was ist die Reaktionsdynamik? Welche Mechanismen tragen zur Reaktion bei und wie hängen diese von Projektilladung und -energie ab? - Lässt sich die Grundzustandswellenfkt. mit dieser Technik abbilden? Die erzielten Ergebnisse sehen wie folgt aus: - Im Bereich langsamer Stöße (vP <= vB;e) wird der Stoßprozess in einem quasimolekularen Bild beschrieben (Sattelpunktionisation). Hier konnten im Wesentlichen die experimentellen Ergebnisse von Schmidt zum symmetrischen Stoßsystems He2+/He [LSch00] bestätigt und zu höheren Projektilgeschwindigkeiten fortgeschrieben werden (60 keV/u). Für die Stoßsysteme He+/He und H+/He wurden sehr ähnliche Emissionsstrukturen im Impulsraum gefunden. - Bei allen untersuchten Projektilenergien und Stoßsystemen wurde eine vom Elektroneneinfang unabhängige Stoßionisation durch Wechselwirkung mit dem Projektil (Binary Encounter, BE) gefunden. Die Erwartung, dass der Targetkern nur Beobachter der Ionisation ist, wurden eindeutig widerlegt und die Abweichungen als Folge von Korrelationseffekten gedeutet. - Speziell für das Stoßsystem He+/He bei 60 keV/u wurden sehr viele im Geschwindigkeitsraum um vP verteilte Elektronen beobachtet und einem Dreistufenprozess zugeschrieben: Zuerst erfolgt die Ionisation des Projektils und anschließend ein resonanter Zweielektroneneinfang. - Wird ein Elektron sehr schnell entfernt, wie durch den Elektroneneinfang bei hohen Projektilgeschwindigkeiten (vP ¸ 3 a. u.) findet die Ionisation sehr häufig durch Shake-off [TAbe67] statt. Die Elektronen wurden entgegen der Strahlrichtung emittiert, zu negativen Longitudinalimpulsen. Darüberhinaus wurde kein Unterschied zwischen den verschiedenen Projektilen beobachtet. Da für den Shake-off-Prozess unter den hier realisierten Bedingungen das Projektil nicht mit dem emittierten Elektron wechselwirkte, spiegelt die Elektronenimpulsverteilung direkt den, durch den Elektroneneinfang präparierten Anteil, der Grundzustandswellenfunktion wider [AGod04, MSch05]. Theoretische Rechnungen bestätigen, dass die rückwärtige Elektronenemission nur durch die stark korrelierten nicht-s2-Anteile im Heliumgrundzustand zu erklären ist. Diese Beimischungen höherer Drehimpulse von weniger als 2 % konnten entgegen der verbreiteten Lehrmeinung zum ersten Mal experimentell nachgewiesen und vermessen werden.
Die Na,K-Pumpe ist ein integrales Membranenzym und gehört zur Gattung der P-Typ-ATPasen. Das Enzym setzt bei der Hydrolyse von ATP die resultierende freie Energie in aktiven Transport zur Errichtung eines Na+/K+-Konzentrationsgradienten über der jeweiligen Plasmamembran um. Diese Funktion wird mit einer strukturellen Alternierung zwischen zwei Hauptkonformationen E1 und E2 des Enzyms in Verbindung gebracht. In der vorliegenden Arbeit erfolgte eine Charakterisierung von Sekundärstruktur- und Proteinmikroumgebungsänderungen bei Teilreaktionen der Na,K-ATPase mittels reaktionsinduzierter und zeitaufgelöster FTIR-Differenzspektroskopie. Die hier verwendete IR-Durchlichttechnik setzt voraus, daß das zu untersuchende Enzym in hochreiner, hochkonzentrierter (1 mM) und aktiver Form in einen Proteinfilm in Gegenwart eines geschützten, photolytisch spaltbaren ATP-Derivats (caged ATP) überführt werden kann. In dieser Arbeit wurde zum ersten Mal eine umfassende IR-spektroskopische Beschreibung von einzelnen Teilreaktionen innerhalb des E1/E2-Reaktionsmodells der Na,K-ATPase durchgeführt. Die Untersuchung des Enzyms in Form eines Proteinfilms mit einer Schichtdicke von etwa 5 µm ist aufgrund der hohen Hintergrundabsorption des Wassers und der geringen Extinktionskoeffizienten der Proteinschwingungsmoden erforderlich. Der überwiegende Teil der Messungen wurde mit (1-(2-nitrophenyl)ethyl)-caged ATP und Schweinenierenenzym bei 5° und 15°C durchgeführt. Nach Abspaltung der Schutzgruppe mittels eines UV-Blitzes und somit der Freisetzung von ATP wurden zeitabhängig (Millisekunden bis Sekunden) die Differenzspektren verschiedener Teilreaktionen im Bereich von 2000 bis 950 cm-1 ermittelt. Der große Vorteil dieser Technik besteht in der Möglichkeit der Registrierung von Zustandsänderungen einzelner Aminosäuren des Proteins, in Bezug auf die Sekundärstruktur, Phosphorylierung, Protonierung und Kationenkoordination. Besonders gut können Änderungen an den Seitenketten der Aminosäuren Aspartat und Glutamat detektiert werden. Die enzymatische ATP-Hydrolyseaktivität der Na,K-ATPase wurde in den Proteinfilmen IR-spektroskopisch anhand der V as (PO2-) bei 1246 cm-1 bestimmt. Die Messungen der spezifischen Aktivität von Schweinenierenenzym ergab bei 15°C einen Wert von 34 nmol Pi mg-1 min-1. Vergleichsmessungen, die mit einem Standardaktivitätstest in Annäherung an die Protein-filmbedingungen durchgeführt wurden, ergaben Ergebnisse von der gleichen Größenordnung. In Abhängigkeit von der Zusammensetzung des kationischen Mediums konnten nach der photochemischen Freisetzung von ATP IR-Differenzspektren von drei verschiedenen Teilreaktionen untersucht werden: (1) ATP-Bindung, (2) Bildung des Phosphoenzyms E1P, (3) Bildung des Phosphoenzyms E2P. Des weiteren wurden Differenzspektren der AMPPNP-Bindung, der ADP-Bindung und der Ammoniumbindung, die mit der K+-Bindung vergleichbar ist, ermittelt. Alle Teilreaktionen führten zu unterschiedlichen Differenzspektren, die charakteristisch für die jeweiligen Zustandsänderungen sind. Durch geeignete Differenzbildung konnten ebenfalls die Differenzspektren der Phosphorylierung (EATP -> E1P) und der Phosphoenzym-Konversion (E1P -> E2P) berechnet werden. Sekundärstrukturänderungen können bei der IR-Spektroskopie innerhalb des Amid I-Bereichs zwischen 1700 und 1610 cm-1 detektiert werden. Die Ergebnisse der IR-Differenzspektroskopie zeigen, daß die Sekundärstruktur der Na,K-ATPase bei allen untersuchten Teilreak-tionen weitgehend konserviert bleibt. Unter den ermittelten Differenzspektren der Teilreaktionen resultiert die größte Netto-Sekundärstrukturänderung in einer Größenordnung von etwa 0,2 % (~3 Aminosäuren/Protomer) bei der E2P-Bildung. Als Folge der Bindung von ATP und ADP an das Enzym gibt es Evidenzen für die Beteiligung von Arginin. Die Bindung von AMPPNP an die Na,K-ATPase hingegen zeichnet sich klar durch andere molekulare Wechselwirkungen unter Beteiligung von Asp und/oder Glu aus. Die Phosphorylierung der Na,K-ATPase in Gegenwart von 1,2 M Na+ (E1P-Bildung) kann anhand von zwei Signalen der V (C=O) bei 1739 und 1709 cm-1, wobei eines der phosphorylierten Seitenkette Asp 369 zugeordnet wird, detektiert werden. Das zweite Signal wird der Protonierung eines Seitenkettenrestes Asp oder Glu zugerechnet, welches in Verbindung mit der Na+-Okklusion bei der E1P-Bildung stehen dürfte. Weitere Signale, die in Zusammenhang mit den molekularen Vorgängen bei der Phosphorylierung und Na+-Koordination stehen, können in der spektralen Region um 1550 cm-1 (V as(COO-)) und 1400 cm-1 (V s(COO-)) detektiert werden. Das Differenzspektrum der Phosphorylierung der Na,K-ATPase in Gegenwart von 130 mM Na+ (E2P-Bildung) enthält keine Beiträge der Kationenokklusion oder -deokklusion. Dennoch enthält das Differenzspektrum der E2P-Bildung die Information über die Transformation der Kationenbindungsstellen von E1 -> E2. Während E1 den Na+-affinen Zustand darstellt, repräsentiert E2 den K+-affinen Zustand der Na,K-ATPase. Das Signalprofil der Differenzspektren der E2P-Bildung unterscheidet sich stark von dem der E1P-Bildung. Neben der Phosphorylierung an Asp 369, die auch hier oberhalb von 1700 cm-1 anhand eines V (C=O)-Signals detektiert wird, können weitere positive und negative Signale sowohl oberhalb von 1700 cm-1 als auch im Bereich um 1550 cm-1 (V as(COO-)) und 1400 cm-1 (V s(COO-)) nachgewiesen werden. Bei der Transformation der Kationenbindungsstellen von E1 -> E2 können somit starke Änderungen an den Seitenketten von Asp und/oder Glu detektiert werden, die auf eine Neuorganisation der Kationenbindungsstellen der Na,K-ATPase schließen lassen. An dieser Neuorganisation sind sowohl Ände-rungen des Protonierungszustandes als auch Änderungen in der Koordinationssphäre der kationenkoordinierenden Gruppen Asp und/oder Glu beteiligt. Da von der Na,K-ATPase keine hochauflösenden Kristallstrukturen existieren, wurden die Kristallstrukturen der Ca-ATPase des sarkoplasmatischen Retikulums, ebenfalls eine P-Typ-ATPase, zur Erläuterung des Mechanismus der Kationenbindung herangezogen (Toyoshima et al., 2004b). Zur Ca-ATPase existieren bereits analoge IR-Differenzuntersuchungen. Dies bot die Möglich-keit des direkten Vergleichs gleicher Teilreaktionen innerhalb des gemeinsamen E1/E2-Reaktionsmodells. Dieser Vergleich zeigt, daß die Sekundärstrukturen beider Enzyme bei den jeweiligen Teilreaktionen weitgehend konserviert bleiben. Bei der Ca-ATPase können die größten Netto-Sekundärstrukturänderungen von etwa 0,3 % des Enzyms (~3 Aminosäuren/Enzym) als Folge der ATP-Bindung beobachtet werden (Barth et al., 1996). Bei dieser Teilreaktion werden bei der Na,K-ATPase die kleinsten Sekundärstrukturänderungen detektiert. Beim Vergleich der Signalprofile beider Enzyme weist der sekundärstrukturrelevante Amid I-Bereich bei der Phosphoenzym-Konversion auf konträre Strukturrelaxationen hin. Die Differenzspektren der Ca-ATPase im Vergleich zur Na,K-ATPase deuten auf eine sich unterscheidende Kationenkoordination hin. Durch eine Kombination der Resultate von IR-Differenz- und Fluoreszenzspektroskopie der FITC-Na,K-ATPase zur Charakterisierung von Enzymzuständen, konnte ein Modell zum Mechanismus der Inhibierung der Na,K-ATPase durch das Herzglucosid Ouabain postuliert werden. Durch Fluoreszenzmessungen an der FITC-Na,K-ATPase konnte gezeigt werden, daß Ouabain in Gegenwart von 20 mM Na+ an das Enzym bindet, was bei 130 mM Na+ nicht mehr der Fall ist. Aufgrund von IR-Differenzsignalen der E2P-Bildung, aufgenommen bei 20 mM Na+, ist es möglich, oberhalb von 1700 cm-1 (ν(C=O)), bei 1554 cm-1 (V as(COO-)) und bei 1408 cm-1 (V s(COO-)) zwischen der an Asp 369 phosphorylierten und unphosphorylierten Na,K-ATPase zu unterscheiden. Nach Ouabain-Zugabe hingegen konnten diese Signale nicht mehr detektiert werden. Bezüglich der Inaktivierung des Enzyms im Standardaktivitätstest, für dessen Ablauf Na+-Konzentrationen von um die 130 mM eingesetzt werden, kann gefolgert werden, daß Ouabain nicht an das freie, sondern an das phosphorylierte Enzym bindet und somit die Inaktivierung der Na,K-ATPase nach sich zieht.
1. Die einzelnen Schritte der instrumentellen Zahnextraktion in der Antike sind dem heutigen Vorgehen im Prinzip sehr ähnlich: das Ablösen des supraalveolären Faserapparates, die Luxation und das Herausziehen des gelockerten Zahnes aus der Alveole längs der Zahnachse. 2. Wurzelreste sollten – folgen wir der antiken Literatur – durch eine spezielle Wurzelfaßzange, der „rizagra“, entfernt werden. Die antiken Texte erwähnen nicht die operative Entfernung von Wurzelresten durch Osteotomie. Der Hebel zur Zahnentfernung war den Römern höchstwahrscheinlich unbekannt. 3. Aufgrund der unkalkulierbaren Risiken bildeten sich in der Antike immer wiederkehrende Therapieschritte heraus, die für die Behandlung eines schmerzhaften Zahnes von sämtlichen Autoren medizinischer Abhandlungen empfohlen wurden: - medikamentöse Schmerzausschaltung - medikamentöse Lockerung der Zähne durch Gifte und starke Ätzmittel - Ziehen des gelockerten oder des bereits durch pathologische Prozesse beweglichen Zahnes mit den Fingern - Extraktion des Zahnes mittels einer Zange 4. Die instrumentelle Entfernung des Zahnes wurde nur im äußersten Notfall vorgenommen und wurde in erster Linie von Allgemeinärzten durchgeführt. Ärzte, die auf Zahnbehandlungen spezialisiert waren, werden zwar erwähnt („medicus dentalis“), kommen aber hauptsächlich in den Großstädten (Rom, Alexandria) vor und bilden dadurch die Ausnahme. Von einer „Zahnärzteschaft“ in der Antike kann daher keine Rede sein; wir müssen eher von einem „Außenseiterstatus“ dieses Berufsstandes ausgehen. 5. Die Zahnzange („odontagra“, „forceps“, „dentiducum“) bestand in der Antike aus Eisen. 6. Griff- und Faßteil aller Zangen bilden eine Gerade und entsprechen nach moderner Klassifizierung von Zahnzangen dem Typus der Oberkieferzahnzange. Demnach handelt es sich bei den römischen Zangen um ein Instrument, das die Unterscheidung in Unter- und Oberkiefer nicht kannte. Die einzelne Zange wurde sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer sowie auf der linken als auch auf der rechten Kieferseite eingesetzt. Daher könnte man von einer Universalzange sprechen, allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung: Die Römer unterschieden den Einsatz von Zangen für den Front- und Seitenzahnbereich. Die Faßenden oder Branchen lassen sich in unterschiedlichen Größen nachweisen, die ähnliche Abmessungen haben wie heutige Zahnzangen. Möglich ist auch, daß es sich bei den „kleineren“ Exemplaren um die in der antiken Literatur beschriebene Wurzelfaßzange, die „rizagra“, handelt. Im Gegensatz hierzu kommen die medizinischen Zangen aus Bronze als Zahnzangen nicht in Betracht, da ihre größere Branchenbreite eine optimale Zahnextraktion nicht erlaubt. Sie fallen zu groß aus und würden bei Luxationsbewegungen wie auch beim Greifen die Nachbarzähne unweigerlich beschädigen. 7. Die bis heute aufgefundenen Zangen decken einen Zeitraum ab, der von der Zeitenwende bis in die Spätantike des 4. nachchristlichen Jahrhunderts reicht. Die ältesten Fundstücke aus datierbaren Fundkomplexen sind die Zangen aus dem Bereich des augusteischen Fundplatzes von Augsburg-Oberhausen (früheste Zangentypen) bis hin zu dem Grabfund von Gadara (Jordanien) aus der Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. Innerhalb dieser Zeitspanne bleiben die wesentlichsten Konstruktionsmerkmale der Zangen – bis auf die Gestaltung der Enden der Branchen – konstant, eine Erscheinung, die uns auch von der übrigen materiellen Sachkultur der Römer bekannt ist. Bewährte Werkzeuge, Instrumente oder Waffen werden über Jahrhunderte kaum verändert. 8. Zu den wesentlichen Konstruktionsmerkmalen zählen: - die bajonettförmige Gestaltung der Faßenden / Aufbiegung der Branchen - Die Hebelverhältnisse zwischen Griff und Zangenbranchen, die sich zwischen 1:1,7 und 1:2,5 bewegten und damit deutlich unter den Werten heutiger Zahnzangen mit 1:5 liegen, erlaubten demnach nur eine verminderte Kraftwirkung bei der Extraktion. - Das mit einem Schmiermittel beschichtete Zangenschloß setzte sich wahrscheinlich immer aus einem Eisenstift zusammen, der durch zwei angenietete, weichere Buntmetallscheiben fixiert wurde. Die Scheiben setzten die Reibung herab und gaben gleichzeitig den beiden eisernen Schenkeln der Zange eine entsprechende Führung bei Zangenöffnung und Zangenschluß. - Die relativ dünn ausgebildeten, runden oder kantigen Griffe wurden wohl mit einer Griffumwicklung (Textil, Leder) versehen, wodurch ein ergonomisches Zufassen erlaubt und ein Abrutschen der Hand bei Luxations- und Zugbewegungen verhindert wurde. - Ein Abgleiten der organischen Griffumwicklung vom Metall wurde durch die auffälligen und unterschiedlich ausgeführten Verdickungen am Griffende unterbunden. - Durchgängig läßt sich bei der Ausbildung der Branchen eine Veränderung hin zu einer Zahnzange erkennen, die den Zahn mögichst vollständig umfaßt. Im Verlauf von drei Jahrhunderten wurde eine technische Verbesserung vorgenommen: Die anfängliche kneifzangenartige Gestaltung der Branchen wurde zugunsten einer vertieften und hohlkehlartig ausgeformten Gestaltung der Faßenden aufgegeben, aus der sich schließlich die jüngsten Fundstücke mit dornenartigen Branchen entwickelten. Damit wurde der Halt der Zange am Zahn deutlich verbessert und die Gefahr einer Kronenfraktur herabgesetzt. 9. Trotz der beschriebenen Veränderungen der Zahnzangen blieben diese Instrumente von Anfang an multifunktional einsetzbar, da sie nicht nur zum Zahnziehen, sondern auch zum Entfernen von Splittern, Geschossen und Pfeilspitzen verwendet wurden. Daraus resultiert, daß sich keine ausgeprägte Typenvielfalt entwickelte, ein Phänomen, das wir auch von anderen medizinischen Gerätschaften aus der Römerzeit kennen. Bewährte Instrumente wurden über Jahrhunderte eingesetzt, ohne wesentliche Veränderungen zu erfahren. 10. Offenbar verläuft die Entwicklung der Zahnzange parallel zur Herausbildung einer medizinischen Betreuung innerhalb der römischen Armee. Beginnend in der Regierungszeit des Augustus hält diese Entwicklung bis in die Spätantike an. Ein gewisser Einfluß aus Griechenland ist wahrscheinlich, eine Weiterentwicklung durch die Römer gesichert. Möglich ist aber auch, daß die Zahnzange in der vorliegenden Form eine römische Erfindung ist. 11. Der Typus der römischen Zahnzange war dem Mittelalter nach heutigem Stand der Forschung unbekannt. Das europäische Mittelalter nahm Neuerungen aus der Welt der Araber auf (z.B. den Hebel) und entwickelte eigene Instrumente (z.B. den Pelikan). Bis in die Neuzeit (der Zeit des Barock und des Absolutismus) hinein war die Zahnheilkunde weitgehend in den Händen von Handwerkern (Barbiere, Zahnbrecher, niedere Wundärzte). Ob die Kenntnis der römischen Zahnzangen an dieser Entwicklung etwas geändert hätte, ist unwahrscheinlich. Erst durch den technischen Fortschritt des 19. und 20. Jahrhunderts kann die Zahnextraktion sicher und vorhersehbar durchgeführt werden (anatomische Zahnzange, Lokalanästhesie, Röntgenstrahlen, elektrische Lichtquellen und Motoren, kompressorbetriebene Absauganlagen).
In der heutigen Zeit sieht sich das kulturelle Erbe der Völkergemeinschaft der Gefahr ausgesetzt, von der rasanten Entwicklung der Medientechnologien in den Hintergrund gedrängt und zerstört zu werden. Die Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft führt auch zu einer kulturellen Globalisierung und damit zur Dominanz des von der westlichen Welt gelebten Kulturimperialismus. Einzelne Kulturformen verlieren ihren Platz in der Kulturweltgemeinschaft und wichtige Kulturgüter wie Literatur, Sprache, Mythen, Darstellungen oder Riten werden nach und nach verdrängt. Aus diesen Gründen ist es notwendig, dass sich die Theater- und Medienwissenschaftler mit diesen Kulturformen auseinandersetzen, sie erforschen und im Bewusstsein der Menschen erhalten. Diese Arbeit stellt eine unabhängige Untersuchung dar, die in dieser Form innerhalb eines geschlossenen gesellschaftlichen Systems nicht möglich gewesen wäre. Die letzte deutschsprachige Dissertation über den Stand der For-schung zu diesem Thema wurde vor knapp vierzig Jahren verfasst. Seitdem ist auch keine Untersuchung der Rezeption dieser Kunstform in Theater, Film und Medien in Europa erfolgt. Meiner Kenntnis nach existiert auch im Iran keine ver-gleichbare wissenschaftliche Arbeit, die sich mit dem untersuchten Themengebiet beschäftigt. Die Ta¬ziyeh ist eine sakrale Theaterform aus dem Iran, die sich über lange Zeit großer Beliebtheit in der eigenen Bevölkerung und Anerkennung durch westliche Reisende erfreute. Obwohl der Vormarsch der Medientechnologien, insbesondere die Verbreitung des Fernsehens und des Kinos im letzten Jahrhun-dert auch dazu geführt hat, dass das Ta¬ziyehritual zurückgedrängt wurde, ist es bemerkenswert, dass modernes Theater, Film und Fernsehen im Iran ihrerseits durch die Ta¬ziyehkultur und –praxis bis heute beeinflusst werden. Ich untersuche in meiner Promotionsarbeit die Geschichte und Auffüh-rung der Ta¬ziyeh, sowie ihre Rezeption im Theater, Film und Fernsehen im Iran. Die Ta¬ziyeh ist ein auf religiösen Riten beruhendes Passionsspiel, welches durch die Ideale und den Glauben der Schiiten begründet wurde und seinen Ursprung im Mythos des  hat. Für das Verständnis der Ta¬ziyeh ist über die Begriffsklärung hinaus sowohl ein grundlegender Überblick über die schiitische Glaubensrichtung, als auch ein Abriss der altiranischen Geschichte und Kultur im ersten Teil dieser Ar-beit unerlässlich. Außerdem werde ich auf die konkrete Ausgestaltung des schiiti-schen Passionsspiels eingehen. Besonders wichtig erscheinen mir hierbei der Ort der Aufführung des Schauspiels, die Dekoration und Requisiten, sowie die Art der Aufführung, zu der eine genaue Beschreibung der Schauspieler, ihrer Rollen, ihrer Kostüme, der begleitenden Musik und der für die Vorstellung benötigten Tiere gehört. Im weiteren Verlauf der Arbeit soll dann detailliert auf die theatralische Entwicklung der Ta¬ziyeh in der Zeit des 15.– 20. Jahrhunderts anhand von Be-richten berühmter Iranreisender eingegangen und eine Rezeption des letzten Jahr-hunderts im Hinblick auf die Ta¬ziyeh besprochen werden. Im dritten Teil der Arbeit analysiere ich nach der Klärung der Ta¬ziyehhistorie und -ästhetik in den ersten beiden Teilen schließlich ausführlich die Rezeption und Praxis der Ta¬ziyeh im modernen Theater, Film und anderen Medien im Iran. Diese Untersuchung bildet aus Sicht der Theater- und Medien-wissenschaften den wesentlichen Kern der Arbeit, in dem die im Untersuchungs-gegenstand beschriebene Synthese herausgearbeitet wird. Dafür werden exempla-risch zwanzig Werke bedeutender Künstler des Irans herangezogen, die den Ein-fluss des sakralen Rituals in einem säkularen Medium eindeutig aufzeigen. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Synopsis der Untersuchungen, so-wie ein Ausblick auf die gegenwärtige Entwicklung der Ta¬ziyeh.
Gegenstand der vorliegenden Arbeit war es die Hypothese, dass die chronische Rhinosinusitis auf eine immunologische Reaktion auf eingeatmete Pilzelemente zurückgehe, zu prüfen. An der Untersuchung nahmen 26 Patienten (medianes Alter: 47,1) und 6 Kontrollprobanden ohne nasale Entzündung (medianes Alter: 25) teil. Durch serologische Untersuchungen haben wir die CRS-Patienten in 35% Allergiker ohne und 19% mit Eosinophilie sowie 19% nicht-Allergiker ohne und 27% mit Eosinophilie mit eingeteilt. Mit einer verfeinerten Technik gelang es uns Pilze in nur 12% bei CRS-Patienten und in 17% bei der Kontrollgruppe mikrobiologisch nachzuweisen. Des Weiteren haben wir Pilzfragmente in 35% bei CRS-Patienten im Nasen-sekretausstrich gefunden, hingegen in keinem Fall in der Kontrollgruppe. Verteilt auf die CRS-Gruppen ergab sich folgendes Bild, wobei Kulturen und Ausstriche zusammen gezählt wurden: Bei 20% der Allergiker mit und bei 44% ohne Eosinophilie wurden Pilze im Nasenschleim nachgewiesen. In der Gruppe der nicht-Allergiker mit Eosinophilie konnten in 29% der Fälle Pilze gefunden werden. Bei 14% der Fälle wurden Pilze mit Allergic Mucin im Nasenschleim identifiziert. Nicht-Allergiker ohne Eosinophile wiesen in 20% der Fälle Pilze im Nasensekret auf. Folglich konnten wir nicht feststellen, dass bei nahezu jeder Untersuchungsperson Pilze im Nasenschleim sich nachweisen ließen. Bei den CRS-Patienten hatten 4% die Kriterien des EFRS-Krankheitsbildes erfüllt. Betrachtet man die Gruppe der nicht-Allergiker isoliert, so waren es dann 14%. Durch immunologische Serumuntersuchungen konnte ein signifikanter Unterschied (p  0,01) bezüglich der Gesamt-IgE-Werte zwischen der Kontroll- und der CRS-Patientengruppe festgestellt werden, allerdings ohne die übrigen zytologischen und histologischen Kriterien der AFS zu erfüllen. Der Gesamt-IgE-Wert bzw. Gesamt-IgE-Titer war ein hilfreicher Parameter zur Abgrenzung einer allergischen Komponente bei bestehender chronischer Rhinosinusitis, besaß aber keine Aussagfähigkeit über vorliegen einer AFS. Zudem wurde auch der pilzspezifische-IgE-Spiegel gemessen. Insgesamt resultierte bei 12% der CRS-Patienten ein positiver Nachweis von zirkulierenden pilzspezifischen IgEs im Serum. Ein Zusammenhang zwischen pilzspezifischen IgE und Eosinophilie mit Clusterbildung und Pilznachweis konnte in keinem Fall beobachtet werden. Mit Hilfe des biochemischen Entzündungsmarker ECP bestimmten wir die eosinophile Entzündungsaktivität im Nasensekret und im Serum. Die ECP-Konzentration im Nasensekret zeigte einen signifikanten Unterschied (p = 0,02) zwischen CRS- und der Kontrollgruppe auf, hingegen im Serum war der Unterschied geringfügig (p = 0,11). Für das Monitoring von Entzündungs-geschehen im Nasenschleim sind Analysen des Nasensekrets daher gegenüber Blutanalysen zu bevorzugen. Die ECP-Nasensekretwerte der CRS-Patienten ohne Nachweis von Pilzelementen im Ausstrich waren insgesamt ähnlich hoch verteilt wie die der mit Nachweis von Pilzelementen im Ausstrich. Somit bestand kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den ECP-Werten mit und ohne Pilznachweis im Nasensekret-ausstrich (p = 0,87). Das ECP im Nasensekret erscheint zum Screening der pilzassoziierten chronischen Rhinosinusitis ungeeignet. Die These, dass Pilze das ätiologische Agens der Polyposis nasi et sinuum oder gar der chronischen Sinusitis allgemein sind, ist weiterhin sehr kritisch zu werten. Da Pilze über potente Antigene verfügen, kann eine Verstärkung eines bereits bestehenden Entzündungsreizes nicht sicher ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit weisen darauf hin, dass es möglich ist durch einfache pathomorphologische Verfahren eindeutige Informationen zum Vorkommen von Pilzen und eosinophile Zellen bereits im Ausstrich-Präparat zu erhalten. Bei Problemfällen kann der Hinweis auf ein positiven Pilzbefund in der Histologie wertvoll sein, da differentialdiagnostisch ein zusätzlicher potenzierender Entzündungsfaktor zu berücksichtigen ist. Es liegt dann an der Erfahrung des HNO-Arztes und dem klinischen Verlauf welche therapeutischen Optionen dann nützlich sind. Unklar bleibt weiterhin bis dato was das erste Signal bei der eosinophilen Entzündungsreaktion darstellt. Nach unseren Untersuchungen scheinen Pilze nicht primär in Frage zu kommen.