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Die kumulative Dissertation beschäftigt sich mit der atmosphärischen Konzentration von Eiskeimen, einer Unterklasse des atmosphärischen Aerosols, die bei der Eisbildung in Wolken eine zentrale Bedeutung besitzt. Messungen der Eiskeimkonzentration am Taunusobservatorium (Kleiner Feldberg) (nahe Frankfurt am Main) wurden mit dem Verfahren einer Vakuum-Diffusionskammer durchgeführt. Die Arbeit umfasst die Darstellung des angewandten Messverfahrens und die Analyse und Bewertung der Messergebnisse für den Raum Zentraleuropa, anhand von u.a. Rückwärtstrajektorien und Korrelationen zu aerosolphysikalischen Parametern. Ein signifikanter Einfluss von Mineralstaub-Ferntransport aus Wüstengebieten auf die Eiskeimkonzentration in Zentral-Europa wurde ermittelt.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der geochemischen und isotopischen Analyse detritischer Zirkonminerale aus rezenten Sedimenten des weit verzweigten Orange- und Vaal River Flusssystems in Südafrika. Zirkone kristallisieren überwiegend aus krustalen Schmelzen und sind äußerst resistent gegenüber jeglicher Zerstörung und damit ein idealer Kandidat zur Rekonstruktion früherer Krustenbildungsprozesse der geologischen Erdgeschichte. Der kombinierte Ansatz der U-Pb Altersdatierung, der Hf Isotopie und der Spurenelementgeochemie mittels Laserablation und des Einsatzes induktiv-gekoppelter Sektorfeld- und Multikollektormassenspektrometer ermöglicht es die krustale Wachstums- und Entwicklungsgeschichte des südafrikanischen Kratons zu erfassen. Die mehr als 1200 U-Pb Analysen der Zirkone weisen 4 tektonische Hauptphasen des südafrikanischen Kontinents nach: 1. die Panafrikanische Orogenese (0.5-0.7 Ga), 2. das Namaqua-Natal Faltengürtelorogen (1.0-1.3 Ga), 3. die Kheis Orogenese (1.8-2.0 Ga) und 4. die westliche Kaapvaal-Kratonisierung (2.9-3.2 Ga). Allerdings zeigt sich, dass die 13 Probenlokationen überwiegend lokale bzw. regionale U-Pb Altersdaten ihrer umgebenden Herkunftsgebiete liefern. Die Hf Isotopie der Zirkone der verschiedenen tektonischen Hauptphasen Südafrikas stellen ihre differenzierte Akkretions- und Aufschmelzungsgeschichte dar. Die panafrikanischen Zirkone zeigen eine ausgeprägte Durchmischung von juvenilem und recyceltem Material. Die mesoproterozoischen (Namaquan) Zirkone entstanden aus juvenilem Magma während eines Inselbogen-Kontinent-Kollisionsereignisses. Die paläoproterozoischen und archaischen Zirkone sind Produkte von aufgeschmolzener prä-existierender kontinentaler Kruste oder vom Mantel abstammende Schmelzen, die durch kontinentale Kruste kontaminiert wurden. Die berechneten Hf Modellalter, so genannte „Mantelextraktionsalter" ergeben zwei Maxima, die zwei Stadien juvenilem Krustenwachstums einschließen, einmal vor 1.4 und 3.2 Ga. Dieses krustale Wachstum zeigt eine Übereinstimmung mit den progressiv episodischen Modellen von Nagler & Kramers (1998) sowie Condie (2000) mit Höhepunkten zwischen 3.0 und 2.0 Ga sowie den Studien von Wang et al. (2008) mit krustalen Wachstumsperioden von 1.6 bis 2.2 und 2.9 bis 3.4 Ga auf dem Nordamerikanischen Kontinent und auf dem Gondwana-Kontinent (Australien) von Hawkesworth & Kemp 2006) und implizieren wohl ein globales kontinentales Krustenwachstum. Die Abgrenzung und Wiedererkennung der Zirkone anhand der chemischen Zusammensetzung zu möglichen Muttergesteinen zeigen noch keine viel versprechenden Ergebnisse. Generell weisen die Zirkone eine magmatische granitoide Zusammensetzung kontinentalen Ursprungs auf. Eine Auffälligkeit stellen die erhöhten Spuren- und leichten Seltenenerdelemente in Zirkonen jeglicher Altersklassen dar. Nachfolgende Arbeiten müssen zeigen, wie und ob diese Anreicherungen Einfluss auf die chemische Zusammensetzung, die U-Pb Datierung und vor allem die Hf-Isotopie der Zirkone haben.
Östlich des Rwenzori Gebirges im Westen Ugandas wurden magnetotellurische Messungen durchgeführt. An 23 Stationen wurden Übertragungsfunktionen und Phasen Tensor Elemente zwischen den gemessenen magnetischen- und tellurischen Feldern im Periodenbereich von 10s bis 10000s geschätzt. Die Übertragungsfunktionen deuten eine komplexe drei dimensionale Leitfähigkeitsstruktur innerhalb der Kruste an, insbesondere in der Verbindungszone zwischen dem Rwenzori Gebirge und der östlichen Riftschulter. In dieser Arbeit wird eine alternative Darstellung der Phasen Tensor Ellipsen als Balken eingeführt. Für Perioden größer 100s zeigen die maximalen Phasen der Phasen Tensor Balken aller Stationen einheitlich in SSW-NNE und die Phasen Tensor Invarianten f min und f max weisen eine Differenz von mindestens 20° auf. Dieses auffällige Verhalten und die kleinen vertikalen magnetischen Feldr im gleich Periodenbereich kann mit einer anisotropen Leitfähigkeit in einer Tiefenbereich zwischen 30-50km mit der gut leitenden Richtung senkrecht zur Riftachse erklärt werden. Die Anisotropie könnte ihren Ursprung in orientierten Olivien Kristallen im oberen Mantel haben, wobei die Orientierungsrichtung mit der Delamination der Unterkruste unter den Rwenzoris zusammen hängen kann. Eine gut leitende Zone süd-östlich der Rwenzoris wurde in 15km Tiefe gefunden, die mit einer seismischen low velocity zone übereinstimmt und partielle Schmelzen innerhalb der Kruste andeutet. An allen Stationen steigt die minimale Phase bei der Periode 200s über 45° und zeigt einen Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit unterhalb der Lithosphäre an.
Die Seismizität des nördlichen Oberrheingrabens (ORG) ist aufgrund seines Potentials für die geothermische Nutzung und der damit möglicherweise verbundenen seismischen Risiken von allgemeinem Interesse. Detaillierte Kenntnisse der natürlichen Seismizität erlauben Rückschlüsse auf aktive Störungszonen und Spannungsverhältnisse im Untergrund. Sie liefert außerdem wichtige Hintergrundinformationen für die Abschätzung einer möglichen induzierten Seismizität. Untersuchungen zur Charakterisierung der natürlichen Seismizität, des Spannungsfeldes und der seismischen Gefährdung des nördlichen ORG sind Hauptbestandteil dieser Arbeit, die innerhalb des BMU/BMWi-Projektes SiMoN (Seismisches Monitoring im Zusammenhang mit der geothermischen Nutzung des Nördlichen Oberrheingrabens) entstanden ist. Aufzeichnungen eines Netzwerkes aus 13 seismischen Stationen dienen als Datengrundlage zur Charakterisierung der Seismizität innerhalb eines etwa 50 x 60 km2 großen Areals im dichtbesiedelten Rhein-Main Gebiet. Untersuchungen der Rauschbedingungen zur Bewertung der Eignung der Stationsorte für das Aufzeichnen der natürlichen Seismizität lieferten bei den Stationen auf felsigem Untergrund sehr gute spektrale Eigenschaften, während alle Stationen im Sediment des ORG deutlich höhere Rauschanteile aufzeigten. Anhand systematischer Messungen in flachen Bohrlöchern konnten laterale und vertikale Variationen des seismischen Rauschens beschrieben werden und dadurch eine Verbesserung der Detektionsschwelle beobachtet werden.
Es werden die Ergebnisse des seismischen Monitorings für den Zeitraum November 2010 bis Dezember 2014 dargestellt. Die Detektionsschwelle für das Netzwerk liegt bei einer Lokalmagnitude von etwa 0,5, die Vollständigkeitsmagnitude beträgt Mc = 1,2. Seit Beginn der Datenaufzeichnung konnten 243 Erdbeben im unmittelbaren Bereich des Stations-netzwerkes mit Magnituden im Bereich zwischen ML = -0,5 und ML = 4,2 lokalisiert werden. Die Epizentren liegen hauptsächlich entlang der östlichen Grabenschulter und im Graben; entlang der westlichen Grabenschulter ist die seismische Aktivität deutlich geringer. Eine weitere aktive Region konnte entlang der südlichen Ausläufer des Taunus im Nordwesten des Untersuchungsgebietes identifiziert werden. Die Seismizität erstreckt sich bis in eine Tiefe von 24 km mit einem Maximum der hypozentralen Tiefenverteilung im Bereich von 12-18 km. Im Graben ist die Seismizität dabei auf die tiefere Kruste im Bereich von 9-24 km beschränkt. Das Fehlen von seismischer Aktivität in der oberen Kruste bis ca. 9 km Tiefe im Graben könnte auf eine aseismische Deformation in diesem Tiefenbereich hindeuten. Seit Mai 2014 konnte südöstlich von Darmstadt bei der Ortschaft Ober-Ramstadt zum ersten Mal seit fast 150 Jahren eine Schwarmbebenaktivität im Bereich des nördlichen ORG registriert werden. Die Hypozentren sind in zwei Cluster unterteilt, die räumlich voneinander getrennt sind und unterschiedliche Aktivitätsraten aufweisen. Die Herdtiefen liegen im Bereich von 1-8 km.
Zusätzlich zu den Daten des SiMoN Netzwerkes wurden Aufzeichnungen der regionalen Erdbebendienste in Herdflächenanalysen für insgesamt 58 Erdbeben einbezogen. Die Herdflächenlösungen weisen überwiegend Blattverschiebungen (Strike-slip-Mechanismen) auf. Auf- und Abschiebungen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die berechneten Herdmechanismen bestätigen, dass sich das Spannungsfeld des nördlichen ORG transtensional verhält, im Vergleich zu früheren Studien konnte jedoch eine deutlich ausgeprägte Blattverschiebungskomponente identifiziert werden. Zur Bestimmung der Hauptspannungsachsen wurde eine Inversion der Herdflächenlösungen durchgeführt und die Richtung der maximalen horizontalen Spannung, welche hauptsächlich in N135°E orientiert ist, bestimmt.
Aufbauend auf den neu gewonnen Erkenntnissen zur natürlichen Seismizität und zum Spannungsfeld des nördlichen ORG wurde eine probabilistische seismische Gefährdungsanalyse durchgeführt. Um Unsicherheiten in den seismischen Quellregion-modellen zu berücksichtigen, wurden sechs unterschiedliche Modelle entwickelt. Für jede Quellregion wurden spezifische Parameter bestimmt. Ihre Unsicherheiten werden in einem logischen Baum behandelt. Auf der Grundlage eines neu zusammengestellten Momentmagnituden-basierten Erdbebenkatalogs wurden die Magnitudenhäufigkeits-parameter bestimmt. Unter Berücksichtigung des tektonischen Regimes in jeder Quelle wurden unterschiedliche Dämpfungsrelationen der Bodenbeschleunigung verwendet. Zur Quantifizierung der maximal zu erwartenden Magnitude in jeder Quelle wurden Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen berechnet. Die Resultate der Gefährdungsanalyse werden in Form von Karten der Spektralbodenbeschleunigungen und Spitzenboden-beschleunigungen für Wiederkehrperioden von 475 und 2475 Jahren und Antwortbeschleunigungsspektren dargestellt. Im Vergleich zu früheren Studien konnte eine erhöhte seismische Gefährdung für den nördlichen ORG festgestellt werden.
Kontinuierlich hohe Stickstofffrachten der Elbe und weiterer Nordseezuflüsse haben die Internationale Nordseeschutzkonferenz (INK) Ende der 80er Jahre dazu veranlasst, eine 50%ige Reduzierung der N-Einträge in die Nordsee innerhalb von 10 Jahren zu beschließen. Diese Reduzierung wurde in diesem Zeitraum nicht erreicht. Für Oberflächengewässer wurde im Jahr 2001 zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Bundesdeutsches Recht von der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt (UBA 2001d) eine Güteklassifikation für Nährstoffe erstellt, die einen Wert von 3 mg/l N für Oberflächengewässer festgelegt. Am Beispiel der mittleren Mulde, die kontinuierlich hohe Stickstoffkonzentrationen von durchschnittlich 6 mg N /l aufweist, wird deutlich, dass eine Reduzierung der N-Einträge zur Erzielung der geforderten Gewässergüte unabdingbar ist. Sowohl für die Meere als auch für die Oberflächengewässer ist eine Halbierung der N-Einträge eine umweltpolitische Notwendigkeit. Im Rahmen des Projektes „Gebietswasserhaushalt und Stoffhaushalt in der Lößregion des Elbegebietes als Grundlage für die Durchsetzung einer nachhaltigen Landnutzung“ wurden deshalb die Wasser- und Stickstoffflüsse im Einzugsgebiet der mittleren Mulde (2700 km²) flächendifferenziert erfasst, um die N-Eintragpfade zu quantifizieren und Maßnahmen zur Minderung der N-Frachten abzuleiten. ...
Die drei Atolle Glovers Reef, Lighthouse Reef und Turneffe Islands vor der belizischen Küste im Karibischen Meer unterscheiden sich in Geomorphologie, Lagunentiefe, Sedimentbeschaffenheit, Mangroven- und Seegrasbewuchs, Wellen- und Strömungseinfluss sowie in ihren Sedimentationsraten und ihrem Entstehungsalter. Um herauszufinden, ob die Bivalven-Vergesellschaftungen verschiedener Lagunenzonen diese Unterschiede widerspiegeln, wurden 32 bis 44 rezente Sedimentproben auf jedem Atoll entnommen (Gesamtprobenzahl: 111). Deren Datensatz von insgesamt 32 122 Bivalvenschalen wurde anschließend Q-Mode-Cluster-Analysen unterzogen. Neben der Verteilung charakteristischer Arten wurde auch die Verteilung von Bivalven unterschiedlicher Lebens- und Ernährungsweise untersucht. Chione cancellata, ein flach grabender Suspensionsfresser, besiedelt bevorzugt (1) flache, wellen- und strömungsbeeinflusste Lagunenzonen. Die Sedimente (2) sehr hoch energetischer Flachwasserbereiche enthalten zudem hohe Anteile tiefer grabender Suspensionsfresser der Gattung Ervilia. Im (3) Rückriffbereich und am Atollrand sind tief grabende, Detritus fressende Telliniden häufig. Gouldia cerina, wie Chione ein flach grabender Suspensionsfresser, ist typisch für (4) geschlossene Flachwasserbereiche, während die Chemosymbionten-tragende, ebenfalls flach grabende Parvilucina sp. A. vorwiegend in (5) geschlossenen, tiefen Lagunenzonen vorkommt. Charakteristisch für (6) Mangrovengebiete ist Crassinella lunulata, ein sehr flach grabender Suspensionsfresser. Die Anteile taphonomischer Signaturen auf den Schalen, wie Bohrspuren, Inkrustationen, Fragmentierung und Abrasion sowie Diversität, Evenness und Richness sind auf Glovers Reef am höchsten und nehmen über Lighthouse Reef nach Turneffe Islands ab. Da in die gleiche Richtung zunehmende Sedimentationsraten auf den drei Atollen zu verzeichnen sind (GISCHLER 2003), ist vermutlich der abnehmende Effekt des Time-averaging für diesen Trend verantwortlich. Neben der rezenten Fauna wurden auch die Bivalven aus Vibrationsbohrkernen (ein Kern von jedem Atoll) untersucht. Die fossilen Bivalven-Vergesellschaftungen der inneren Lagunen von Glovers Reef, Lighthouse Reef und Turneffe Islands zeigen seit deren Entstehung eine für das jeweilige Atoll typische Fauna, die sich seit ~7000 YBP weiter entwickelte. Sie reflektieren damit die bereits im Anfangsstadium charakteristischen Unterschiede der drei Atolle.
In dieser Arbeit wurden zwei Idealkristallsysteme und drei Systeme, die im weitesten Sinne als Domänenkristalle zu bezeichnen sind, mit quantenmechanischen Methoden untersucht, die auf Dichte-Funktional-Theorie basieren. Dabei wurden je nach System unterschiedliche Eigenschaften der jeweiligen Kristalle betrachtet. Zusätzlich wurden die berechneten Domänenkristalle jeweils mit entsprechenden Idealkristallen bezüglich ihrer Stabilität verglichen. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sich die hier verwendeten Rechenmethoden sehr gut zur Untersuchung von Grundzuständen und Strukturen unter hydrostatischem Druck sowie von Bindungseigenschaften eignen. Desweiteren lieferten die Ergebnisse starke Hinweise darauf, dass Kristalle mit Strukturgradienten nur dann existieren können, wenn sie sich vom Idealkristall um sehr geringe Energien unterscheiden, die unter der Fehlergrenze der hier angewendeten Methode (2-3 kJ/Mol) liegen.
In der Stratosphäre finden eine Reihe von dynamischen und chemischen Prozessen statt, die u.a. den Abbau von Ozon beeinflussen. Um die langfristigen Veränderungen in der Stratosphäre untersuchen zu können müssen die Abhängigkeit dieser Prozesse von Raum und Zeit bekannt sein. In dieser Arbeit wird eine Untersuchung zur Variabilität der Stratosphäre auf der Grundlage der Varianz von Tracern, die in Form der „Equivalent Displacement Height“, kurz: EDH, dargestellt wird, vorgestellt. Die EDH ist tue mit Hilfe des lokalen vertikalen Gradienten normierte lokale Standardabweichung des Mischungsverhältnisses eines Tracers und besitzt die Dimension einer Länge. Durch die Normierung kann die Varianz verschiedener Tracer miteinander verglichen werden. Mit dem Konzept ist allerdings nur die Diagnose der Variabilität möglich und keine Quantifizierung der dafür verantwortlichen Prozesse. Für die Fragestellung werden drei Datensätze ausgewertet. Ein Datensatz ist mit Hilfe eines kryogenen Luftprobensammlers entstanden. Die Berechnungen iii dieser Arbeit zeigen, dass die zeitliche und räumliche Abdeckung dieses Datensatzes zu niedrig ist, um mit ihm eine repräsentative Aussage über die Varianz von Spurengasen in der Stratosphäre treffen zu können. Eine bessere zeitliche und räumliche Abdeckung besitzt der Datensatz des Satellitenexperimentes HA-LOE. Dieser wird dazu verwendet die monatlichen Verteilungen der mittleren EDH von CH4 und O3 in einem Höhenbereich zwischen 19 und 50 km für einen Zeitraum von 1993 bis 2000 zu berechnen. Die mittlere EDH von OH4 besitzt über den Hemisphären jeweils einen unterschiedlichen Jahresgang. Die Diskussion zeigt, dass dieser hemisphärische Unterschied auf die verschiedenen dynamischen Bedingung in der Stratosphäre über den Hemisphären zurückgeführt werden kann, vor allem auf die Existenz eines stabileren und langlebigeren Polarwirbels in der Südhemisphäre. Im Gegensatz dazu zeigt die mittlere EDH von O3 über beiden Hemisphären einen vergleichbaren Jahresgang, mit minimalen Werten der Varianz während der Sommermonate, wenn die Ausbreitung planetarer Wellen in die Stratosphäre durch die vorherrschende Ostwindzirkulation behindert wird. Dieser Jahresgang steht in Verbindung mit den chemischen und dynamischen Prozessen bzw. der Kombination, welche die Verteilung und Varianz von O3 in der Stratosphäre kontrollieren. Eine eindeutige Trennung der einzelnen Effekte ist dabei allerdings nicht möglich. Der Datensatz des Simulationsmodell KASIMA enthält die Verteilung von CH4 und O3 mit der höchsten zeitlichen und räumliche Abdeckung aller drei Datensätze. Ein Vergleich zwischen den daraus berechneten Verteilungen der mittleren EDH beider Spurengase mit den HALOE-Daten soll helfen, die Varianz welche durch das Modell simuliert wird, mit der gemessenen zu vergleichen. Für das O3 wird eine gute Übereinstimmung zwischen der modellierten und gemessenen Varianz gefunden. Diese guten Übereinstimmungen ergeben sich für CH4 nicht. Aufgrund der unterschiedlichen chemischen Eigenschaften der beiden Tracer wird aus den Ergebnissen geschlossen, dass das Modell die chemischen Prozesse besser simuliert als den atmosphärischen Transport. Mit Hilfe von drei Fallstudien werden weitere Möglichkeiten aufgezeigt. die mit dem Konzept und den Datensätze von HALOE und KASIMA noch bestehen. In der ersten Fallstudie werden anhand der Verteilungen der EDH von CH4 aus dem März 1996 und 1997 die Auswirkungen vorm zwei unterschiedlichen meteorologischen Situation diskutiert, wobei ein eindeutiger Zusammenhang festgestellt wird. In einer zweiten Fallstudie wird der Frage nachgegangen, ob die Normierung auf den vertikalen Gradienten bei der Berechnung der EDH sinnvoll ist, da horizontale Transportprozesse in der Stratosphäre dominieren. Es wird daher zum Vergleich die „Equivalent Displacement Length (EDL)“ von CH4 berechnet, bei der eine Normierung der Varianz auf den horizontalen Gradienten erfolgt. In der dritten Fallstudie wird die Verteilung der mittleren EDH von N20, welche ebenfalls mit dem Datensatz von KASIMA berechnet worden ist, mit der von CH4 verglichen.
Basierend auf der Feststellung, daß selbst die aufwendigsten zur Zeit verfügbaren Klimamodelle (das sind gekoppelte atmosphärisch-ozeanische Zirkulationsmodelle, AOGCM) nicht in der Lage sind, alle bekannten externen Antriebe und internen Wechselwirkungen des Klimas simultan zu erfassen, werden zunächst die Stärken und Schwächen von rein statistischen Ansätzen zur Analyse von Zusammenhängen zwischen beobachteten Zeitreihen diskutiert. Speziell geht es dabei um die Frage, welche natürlichen und anthropogenen Antriebe in welchem Ausmaß zu den beobachteten Variationen der globalen Mitteltemperatur beigetragen haben (Signaltrennung). Es wird gezeigt, daß ein einfacher physikalisch motivierter Ansatz, der einige Schwächen der rein statistischen Ansätze vermeidet, nicht zum Ziel der Signaltrennung führt. Damit ergibt sich die Notwendigkeit, sich eingehender mit den Eigenschaften des globalen Klimasystems zu beschäftigen. So stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen das Klima überhaupt vorhersagbar ist. Aufgrund dieser Überlegungen erscheint es möglich, das globale Klima, repräsentiert durch die globale Mitteltemperatur, mit Hilfe von Energie-Bilanz-Modellen (EBM) zu beschreiben. Es folgt, daß ein 3-Boxen-EBM (Atmosphäre, ozeanische Mischungsschicht und tieferer Ozean) ausreicht, um den Verlauf der globalen bodennahen Mitteltemperatur zu untersuchen. Um das Problem einer Überanpassung zu vermeiden, wird das Modell am hemisphärisch gemittelten Jahresgang von Temperatur und Ausstrahlung, am Verlauf der bodennahen Mitteltemperatur eines Zirkulationsmodells im Einschaltexperiment, sowie im Vergleich zu paläoklimatologischen Daten kalibriert. Es wird eine Lösung dieses Modells abgeleitet, die als rekursiver Filter zur Zeitreihenanalyse verwendet werden kann. Um auch den hemisphärischen Temperaturverlauf untersuchen zu können, wird das 3-Boxen-Modell auf fünf Boxen erweitert (hemisphärische Atmosphären- und ozeanische Mischungsschicht-Boxen sowie ein globaler tieferer Ozean). Auch dieses Modell wird im wesentlichen an den Jahresgängen der Temperatur kalibriert und eine Lösung in Form eines rekursiven Filters abgeleitet. Von besonderer Bedeutung ist dabei, daß die so abgeleiteten Filter weder in ihrer Struktur, noch in ihren Parameterwerten aus einer Anpassung an die zu untersuchenden Zeitreihen stammen. Bevor die beobachteten Temperaturzeitreihen für den Zeitraum von 1866 bis 1994 mit den zwei Modellversionen rekonstruiert werden können, müssen die berücksichtigten externen Antriebe in Form von Heizratenanomalien vorliegen. Es werden zwei natürliche (solare Schwankungen und explosive Vulkanaktivität) und zwei anthropogene externe Antriebe (Treibhausgas- und Schwefeldioxidemissionen, die zur Bildung von anthropogenem troposphärischen Sulfat führen) untersucht. Die Heizratenanomalien der solaren Schwankungen folgen aus Satellitenmessungen und einer Extrapolation mit Hilfe von Sonnenflecken-Relativzahlen. Für den Einfluß des Vulkanismus wurde eine Parametrisierung erstellt, die sowohl die Ausbreitung von stratosphärischem Vulkanaerosol als auch dessen Einfluß auf den Strahlungshaushalt berücksichtigt. Zur Beschreibung des anthropogenen Zusatztreibhauseffekts wurde auf Ergebnisse von Strahlungs-Konvektions-Modellen (RCM) zurückgegriffen. Der Einfluß des anthropogenen troposphärischen Sulfats wurde entsprechend dem ungenauen Kenntnisstand nur grob parametrisiert. Mit den Modellen lassen sich zu jedem Antrieb Zeitreihen der globalen und hemisphärischen Temperaturanomalien berechnen. Die beobachteten ENSO-korrigierten Temperaturanomalien lassen sich (außer im Fall der Nordhemisphäre) sehr gut als Summe dieser Antriebe und Zufallsrauschen ausdrücken. Dabei hat das Zufallsrauschen mit dem Modell verträgliche Eigenschaften und kann somit als internes Klimarauschen interpretiert werden. Es ist demnach möglich, zusätzlich zur Signaltrennung zu testen, ob sich die Temperaturzeitreihen ohne die anthropogenen Antriebe signifikant anders verhalten hätten. Der Unterschied ist auf der Südhemisphäre und global mit 99 % signifikant, auf der Nordhemisphäre mit 95 %. Das bedeutet, daß der Mensch das Klima mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflußt. Auf der Basis von Szenarien wird außerdem der anthropogene Einfluß auf das Klima der nächsten Dekaden prognostiziert. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie groß die Zeitverzögerung zwischen anthropogenen Antrieben und deren Wirkung auf das Klima ist. Auch dieser Frage wird nachgegangen und es ergibt sich, daß diese Verzögerung zur Zeit bei etwa zehn Jahren liegt. Da die Verzögerungszeit aber keine Eigenschaft des Klimasystems ist (wie etwa eine Trägheitsoder Mischungszeit), sondern von der zeitlichen Struktur des Antriebs abhängt, ist sie keine Konstante und kann somit nur eingeschränkt für Prognosen verwendet werden. Andererseits erlaubt die Kenntnis der Verzögerungszeit eine statistische Verifikation mit Hilfe eines multiplen Regressionsmodells. Diese unterstützt die Prognosen des EBM.
Eintrag organischer Umweltchemikalien aus der Oder in den anaeroben Grundwasserleiter des Oderbruchs
(2002)
In der vorliegenden Arbeit wurde im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogrammes 546 ,,Geochemische Prozesse mit Langzeitfolgen im anthropogen beeinflussten Sickerwasser und Grundwasser" der Eintrag organischer Umweltchemikalien aus der Oder in den anaeroben Grundwasserleiter des Oderbruchs untersucht. Ausgewählt wurden verschiedene Vertreter der Stoffklassen Antioxidantien und Phosphorsäureester sowie die beiden Xenoöstrogene Bisphenol A und 4-Nonylphenol, denen eine endokrine (hormonähnliche) Wirkung auf Organismen zugeschrieben wird. Solche Umweltchemikalien werden seit ca. 40 Jahren in großen Mengen für verschiedene Zwecke in Industrie und Privathaushalten eingesetzt oder sie entstehen durch photochemischen oder mikrobiologischen Abbau unter Umweltbedingungen. Die Chemikalien gelangen durch Produktion und Verwendung in die Abwässer und werden durch Direkteinleitungen geklärter Abwässer in die Oberflächengewässer eingetragen. Durch den Prozess der Uferfiltration werden im Oderbruch organische Verbindungen von der Oder ins Grundwasser des angrenzenden Aquifers transportiert. Viele Umweltkontaminanten sind unter aeroben Bedingungen gut biologisch abbaubar. Wie sie sich aber in einer sauerstofffreien Umgebung verhalten, ist bis heute relativ unerforscht. Es ist notwendig, die Prozesse bei der Uferfiltration zu kennen, da heute zunehmend mehr Trinkwasser aus Uferfiltrat gewonnen wird und Umweltchemikalien somit eine potentielle Gefahr für die Trinkwasserversorgung darstellen. Eine zweite Eintragsquelle stellen die Niederschläge dar. Viele organische Verbindungen besitzen die Fähigkeit, aufgrund ihrer physikalischen Paramter von freien Wasser- und Bodenoberflächen oder aus den Produkten, in denen sie enthalten sind, in die Atmosphäre zu verdampfen. Über den Regen gelangen sie schließlich zurück auf die Erde und können so mit dem Sickerwasser bis in tiefere Zonen des Aquifers transportiert werden. Für Vergleichszwecke wurden auch andere Fließgewässer in Deutschland bezüglich der Belastung durch die ausgewählten Umweltchemikalien untersucht. In Ergänzung und Fortsetzung bisheriger Publikationen wurde mit der vorliegenden Arbeit die Konzentrationsentwicklung dieser Stoffe in den Flüssen Rhein, Main, Elbe, Nidda und Schwarzbach dokumentiert. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit lag darin, die Frage nach dem Eintrag dieser Umweltchemikalien in die Flüsse zu beantworten. Dazu wurde Abwasser und Regenwasser auf die Anwesenheit der entsprechenden Verbindungen untersucht. Das Hauptuntersuchungsgebiet stellte die Oder im Grenzbereich Deutschland-Polen sowie der anaerobe Grundwasserleiter des Oderbruchs dar. Dieses Gebiet westlich der Oder im Bundesland Brandenburg wurde ausgewählt, da hier die besondere hydrologische Situation gegeben ist, dass das Flusswasser der Oder mit Geschwindigkeiten von 0,2-5 m/d in den angrenzenden Aquifer infiltriert. Da im Aquifer des Oderbruchs durchweg reduzierende Verhältnisse herrschen, eignet sich dieser in besonderer Weise, das Verhalten organischer Substanzen unter anaeroben Bedingungen zu untersuchen. Hydrogeologisch betrachtet sind im quartären Untergrund des Oderbruchs zwei Hauptgrundwasserleiter ausgebildet. Beide Horizonte werden durch eine undurchlässige Schicht aus Geschiebemergel voneinander getrennt. Gegenstand der vorliegenden Untersuchungen war ausschließlich der obere Hauptgrundwasserleiter, in dem durchweg anaerobe Bedingungen herrschen. Bei einer durchschnittlichen Mächtigkeit von 20-30 m wird der Aquifer im wesentlichen aus holozänen und pleistozänen Sanden und Kiesen aufgebaut. Charakteristisch für das Oderbruch ist der sogenannte ,,Auelehm". Es handelt sich hierbei um flächenhaft verbreitete bindige Deckschichten mit unterschiedlichen Mächtigkeiten. In einigen Bereichen des Oderbruchs fehlen diese undurchlässigen Deckschichten völlig, weshalb das Niederschlagswasser ungehindert in den Aquifer eindringen kann. In anderen Bereichen variiert die Mächtigkeit des Auelehms lokal. Mit zunehmender Entfernung von der Oder nimmt sie stark ab. In Bereichen ab ca. 3000 m Entfernung vom Fluss sind die Auelehmdeckschichten nicht mehr vorhanden, weshalb hier der Eintrag organischer Stoffe mit den Niederschlägen in einen Aquifer begünstigt wird. Im Vorfeld dieser Arbeit hat die Auswertung der zur Schadstoffbelastung der Oder vorliegenden Literatur gezeigt, dass sich die wenigen Untersuchungen vor allem mit dem Auftreten sogenannter persistenter organischer Schadstoffe wie polychlorierte Biphenyle (PCB), Dioxine, Furane und Chlorpestizide beschäftigten. Umweltchemikalien wie Antioxidantien, Phosphorsäureester und Xenoöstrogene, die unter aeroben Bedingungen gut biologisch abgebaut werden, treten oft in den Hintergrund der Betrachtung, da von einer vollständigen Eliminierung dieser Substanzen ausgegangen wird. Diese Industriechemikalien, die Gegenstand dieser Arbeit sind, werden in so hohen Mengen produziert und eingesetzt, dass die Abbaukapazität in Böden und Gewässern häufig überschritten wird. In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst eine empfindliche Messmethode zur Bestimmung von mittelpolaren organischen Umweltkontaminanten aus matrixreichen Wasser- und Abwasserproben im unteren Nanogramm/Liter-Bereich entwickelt. Die Analysenmethode basierte auf der Extraktion der Wasserproben mittels Festphasenextraktion (SPE) sowie dem hochempfindlichen Nachweis der Analyten mittels Kapillargaschromatographie/ Massenspektrometrie (GC/MS). Damit konnten zahlreiche Verbindungen mit einem relativ geringen Arbeitsaufwand im Routinebetrieb mit Wiederfindungsraten von 68 bis 95 % in den Wasserproben identifiziert und quantifiziert werden. Die Bestimmungsgrenzen für die einzelnen Verbindungen lagen zwischen 3-53 ng/l. Insgesamt sind in diesem Projekt von März 1999 bis Juli 2001 sechs Beprobungskampagnen im halbjährlichen Rhythmus durchgeführt worden. Zur Beprobung standen die im Rahmen dieses Schwerpunktprogrammes von Mitarbeitern der FU Berlin sowie des ZALF in Müncheberg im Oderbruch installierten Grundwassermessstellen der Transsekten Bahnbrücke und Nieschen zu Verfügung. Im Bereich der Transsekte Bahnbrücke ist der ,,Auelehm" weit verbreitet, allerdings mit lokal variierenden Mächtigkeiten. Mit zunehmender Entfernung von der Oder nimmt die Mächtigkeit dieser Deckschicht ab, bis sie in einer Entfernung von ca. 5000 m überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Vereinzelt sind den überwiegend sandig bis kiesigen Sedimentfolgen, die den Aquifer im Bereich der Transsekte Bahnbrücke überwiegend aufbauen, in unmittelbarer Nähe der Oder geringmächtige Tonlagen zwischengeschaltet. Dadurch wird der Aquifer in flussnähe in zwei Teilbereiche gegliedert. Der untere Teilbereich steht im direkten hydraulischen Kontakt zur Oder und wird so maßgeblich durch das Uferfiltrat beeinflusst. Im Hangenden dieses grundwasserleitenden Horizontes folgt ein zweiter Teilbereich, der durch eine stauende Tonschicht an der Basis hydraulisch von der Oder getrennt ist und so überwiegend von infiltrierendem Niederschlagswasser sowie vom Oderwasser bei Überschwemmungen geprägt wird. Im Bereich der Transsekte Nieschen besteht der Grundwasserleiter ausschließlich aus sandig-kiesigen Sedimentfolgen. Außerdem fehlt hier der Auelehm und damit eine den Aquifer schützende Deckschicht. Daher ist im Bereich der Transsekte Nieschen der Einfluss von infiltrierendem Niederschlagswasser auf den Grundwasserchemismus besonders stark ausgeprägt, da dieses ungehindert in den Aquifer eindringen kann. Parallel zu jeder Grundwasserprobennahme wurde an ausgewählten Standorten in Deutschland eine Beprobung verschiedener Oberflächengewässer durchgeführt sowie Dachablaufproben gesammelt. Bei der letzten Beprobungskampagne wurden im Oderbruch eine Niederschlagsprobe sowie zwei Dachablaufproben genommen. Zum gleichen Zeitpunkt wurden Zu- und Abläufe der Kläranlage einer Stahlverarbeitungsfirma sowie dreier kommunaler Kläranlagen in der Umgebung des Oderbruchs beprobt. Sämtliche beprobten Kläranlagen leiten ihre geklärten Abwässer in die Oder. Folgende organische Verbindungen wurden in den Proben identifiziert und in drei Gruppen eingeteilt: Die Gruppe der Antioxidantien mit den Vertretern 3,5-Di-tert.-butyl-4-hydroxytoluol (BHT), 3,5-Di-tert.-butyl-4-hydroxybenzaldehyd (BHT-CHO) und 1,2-Bis(3,5-di-tert.- butyl-4-hydroxy-phenyl)ethan (2-BHT), die Gruppe der Phosphorsäureester mit den Vertretern Tributylphosphat (TBP), Tris(2-chloroethyl)phosphat (TCEP) und Tris(2- butoxyethyl)phosphat (TBEP) sowie die Gruppe der Xenoöstrogene mit den Vertretern 2,2- Bis-(4-hydroxyphenyl)propan (BPA) und 4-Nonylphenol (4-NP). Die organischen Verbindungen BHT, TBP, TCEP, TBEP und BPA sind weltweit eingesetzte, industriell hergestellte Chemikalien. 4-NP ist ein Abbauprodukt nichtionischer Tenside (Nonylphenolpolyethoxylate = NPnEO), die als Detergentien in Waschmitteln eingesetzt werden. Bei der Verbindung BHT-CHO handelt es sich um ein Abbauprodukt des Antioxidationsmittels BHT und bei 2-BHT um ein Dimeres von BHT. Sämtliche organische Umweltchemikalien und Metabolite konnten in kommunalen und industriellen geklärten und ungeklärten Abwässern, im Niederschlag und im Dachablauf, in Oberflächengewässern sowie im Grundwasser nachgewiesen werden. Abwasser: In den kommunalen Zuläufen betrug die mittlere BHT-Konzentration 392 ng/l und in den Abläufen 132 ng/l. Für BHT-CHO lag die mittlere Konzentration in den kommunalen Zuläufen bei 113 ng/l und in den Abläufen bei 70 ng/l. Auch die drei Phosphorsäureester wurden in allen untersuchten kommunalen Zuläufen mit mittleren Konzentrationen von 15404 ng/l für TBP, 986 ng/l für TCEP und 12835 ng/l für TBEP nachgewiesen. Die Durchschnittskonzentration in den Abläufen der drei kommunalen Kläranlagen lag bei 622 ng/l für TBP, 352 ng/l für TCEP und 2955 ng/l für TBEP. Das Xenoöstrogen BPA wurde in den Zuläufen mit durchschnittlich 6579 ng/l und in den Abläufen mit 1656 ng/l bestimmt. Die Verbindung 4-NP trat hingegen nur in den Abläufen der kommunalen Kläranlagen mit durchschnittlich 385 ng/l auf. Die Konzentrationen von BHT, TBP, TCEP und TBEP im Zulauf der betriebseigenen Kläranlage einer Stahlverarbeitungsfirma bei Eisenhüttenstadt waren durchweg geringer als die mittleren Konzentrationen dieser Stoffe in den Zulaufproben der kommunalen Kläranlagen. Diese Industriechemikalien finden vor allem in Haushaltsprodukten Verwendung und werden so hauptsächlich durch die Abwassereinleitungen kommunaler Kläranlagen in die Oberflächengewässer eingetragen. Im Gegensatz dazu wurden im Abwasser der industriellen Kläranlage die höchsten Konzentrationen für die beiden Xenoöstrogene BPA und 4-NP festgestellt, da diese Stoffe bei der Metallverarbeitung als Zusatzstoff bzw. als Reinigungsmittel eingesetzt werden. Sämtliche hier zur Diskussion stehenden Verbindungen, mit Ausnahme von 4-NP, wurden durch den Klärprozess mit Raten von 29,1-96,0 % eliminiert. Die Substanzen TBP und TBEP, die in höheren Konzentrationen von mehreren Mikrogramm/l im ungeklärten Abwasser enthalten waren, wurden effektiver durch den Klärprozess eliminiert, als dies bei Substanzen mit geringeren Konzentrationen wie BHT und TCEP der Fall war. Eine besondere Stellung im Eliminierungsprozess in den Kläranlagen nimmt 4-NP ein. Diese endokrin wirksame Substanz konnte ausschließlich in den Ablaufproben der kommunalen Kläranlagen nachgewiesen werden, was darauf hindeutet, dass sie erst während des Klärprozesses durch biologischen Abbau von NPnEO gebildet wird. Da allerdings kommunale Kläranlagen neben Abwasser auch einen großen Anteil an Oberflächenabfluss und damit Niederschlagswasser aufnehmen, stellt sich an dieser Stelle die Frage, warum 4-NP in den Zulaufproben nicht oberhalb der Nachweisgrenze nachgewiesen werden konnte. Niederschlag- und Dachablauf enthielten immerhin durchschnittlich 942 ng/l 4-NP. Hier besteht weiterhin Klärungsbedarf. Das Auftreten aller Substanzen in sämtlichen Ablaufproben zeigt, dass die Direkteinleitungen geklärter Abwässer in die Flüsse eindeutig eine Eintragsquelle für das gesamte untersuchte Stoffspektrum in die aquatische Umwelt darstellen. Ein weiterer Schadstoffeintrag ist durch die Aufbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Nutzflächen gegeben. Aufgrund der hohen Werte der Octanol/Wasserverteilungskoeffizienten (logPOW) der hier untersuchten Verbindungen muss eine Adsorption der Substanzen an Klärschlamm und ein damit verbundener Eintrag ins Grundwasser durch Remobilisierungserscheinungen ebenfalls als Eintragsquelle in Betracht gezogen werden. Generell gingen in den letzten Jahren die Mengen an BHT, die über die Einleitungen geklärter Abwässer in die Oberflächengewässer gelangen, zurück. Vor fast 30 Jahren gelangte in den USA vereinzelt noch ungefähr die 100fache Menge der Substanz über Abwassereinleitungen in die Vorfluter. Für TBP, TCEP und TBEP war im geklärten Abwasser deutscher Kläranlagen in den letzten 20 Jahren ebenfalls eine Konzentrationsabnahme zu beobachten. Der Grund hierfür liegt in der Ausweitung des Kläranlagennetzes sowie in der Verbesserung vorhandener Abwasserreinigungsanlagen (vor allem in den neuen Bundesländern). Dagegen ist die BPA-Konzentration im geklärten Abwasser in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten drei Jahren geringfügig gestiegen, was auf die steigenden Produktionszahlen dieser Massenchemikalie zurückgeführt werden kann. Für 4-NP wurde in der BRD in den letzten fünf Jahren ein leichter Konzentrationsrückgang im geklärten Abwasser beobachtet. Dies kann damit in Zusammenhang gebracht werden, dass die deutsche Wasch- und Reinigungsmittelindustrie im Jahr 1986 eine freiwillige Verzichterklärung bezüglich des Einsatzes von NPnEO abgegeben hat. Durch den geringeren Einsatz dieser nichtionischen Tenside in den Produkten gelangen weniger NPnEO mit dem Abwasser in die Kläranlagen. Folglich wird im Verlauf der Abwasserbehandlung auch weniger 4-NP durch biologischen Abbau gebildet. Trotz dieser Verzichterklärung kann 4-NP dennoch bis heute in deutschen Kläranlagenabläufen nachgewiesen werden. Im internationalen Vergleich mit Österreich, Italien, England, Schottland, Schweiz, Kanada und den USA sind die 4-NP-Konzentrationen im geklärten Abwasser in Deutschland allerdings relativ gering. Niederschlag und Dachablauf Alle ausgewählten Verbindungen konnten sowohl in der Niederschlagsprobe aus dem Oderbruch als auch in den Dachablaufproben nachgewiesen werden. Aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften wie Dampfdruck und Henry-Konstante ist die Voraussetzung für einen Eintrag in die Atmosphäre für alle im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Substanzen generell gegeben. BHT und BHT-CHO konnten mit durchschnittlich 510 ng/l bzw. 171 ng/l in Niederschlag- und Dachablauf nachgewiesen werden (n=5). Der Maximalwert für BHT lag dabei bei 1797 ng/l in einer Dachablaufprobe und für BHT-CHO bei 474 ng/l in der Niederschlagsprobe. Die mittlere Konzentration der Phosphorsäureester in den untersuchten Niederschlags- und Dachablaufproben lag bei 951 ng/l für TBP, bei 151 ng/l für TCEP und bei 338 ng/l für TBEP. Dabei erreichte TBP ein Maximum von 1344 ng/l, TCEP von 327 ng/l und TBEP von 448 ng/l (die Maximalwerte der Phosphorsäureester wurden jeweils in einer Dachablaufprobe bestimmt). 4-NP wurde mit einer mittleren Konzentration von 942 ng/l im Niederschlag- und Dachablauf gemessen. Das 4-NP- Maximum lag bei 1231 ng/l (Dachablauf). BPA konnte mit durchschnittlich 1251 ng/l in Niederschlag- und Dachablauf nachgewiesen werden. Die maximale BPA-Konzentration lag dabei bei 4085 ng/l in der Niederschlagsprobe aus dem Oderbruch. Die hohen Konzentrationen von BPA im Regen konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht erklärt werden. Die Verbindung besitzt einen sehr niedrigen Dampfdruck (0,000005 Pa bei 25°C), der nicht ausreicht, um solch hohe Konzentrationen in der Atmosphäre hervorzurufen. Eine Verunreinigung der Regenwasserproben bei der Probennahme ist hier als Grund für die hohen BPA-Konzentrationen in Betracht zu ziehen und durch die Analyse weiterer Niederschlags- und Dachablaufproben zu überprüfen. Die Substanzen BHT, BHT-CHO, TBP und 4-NP waren im Vergleich zum geklärten Abwasser in höheren Konzentrationen in Niederschlag und Dachablauf enthalten. Diese Stoffe werden somit verstärkt über die Atmosphäre mit den Niederschlägen in die Umwelt eingetragen. Hier besteht Klärungsbedarf bezüglich dessen, dass 4-NP zwar im Regenwasser nicht aber in den Zuläufen der kommunalen Kläranlagen nachgewiesen werden konnte. Die mittleren Regenwasserkonzentrationen von BHT, BHT-CHO, TBP und 4-NP lagen ebenfalls über den mittleren Konzentrationen in Oberflächen- und Grundwasser. Zwei der Dachablaufproben stammten aus dem Rhein-Main Gebiet. In solchen Ballungszentren sind häufig höhere Gehalte an organischen Umweltchemikalien im Regenwasser enthalten als in ländlichen Gebieten, was einen Anstieg der Durchschnittskonzentration in sämtlichen Regenwasserproben zur Folge hat. Hinzu kommt, dass sich Verbindungen wie 4-NP, die einen hohen Dampfdruck aufweisen, relativ gleichmäßig in der Atmosphäre verteilen und so auch in Gebiete gelangen, die nicht durch hohe Schadstoffemissionen gekennzeichnet sind. Dies hat ebenfalls relativ hohe Konzentrationen im Regenwasser zur Folge. Ein dritter Grund für die höheren Konzentrationen im Regenwasser im Vergleich zum Oberflächen- und Grundwasser könnte die Adsorption organischer Umweltchemikalien mit hohen Octanol/ Wasserverteilungskoeffizienten an Sedimentpartikel, Schwebstoffe und/oder organische Substanz in Fluss und Aquifer sein. Die mittleren Konzentrationen der beiden Phosphorsäureester TCEP, TBEP und BPA waren im Vergleich zum geklärten Abwasser der kommunalen Kläranlagen im Regenwasser deutlich niedriger. Der Eintrag über die Atmosphäre ist folglich für diese Verbindungen von geringerer Bedeutung. Am Beispiel des Phosphorsäureester TBEP konnte dennoch demonstriert werden, dass der atmosphärische Eintrag organischer Verbindungen mit relativ geringen Dampfdrücken nicht zu vernachlässigen ist, da solche Substanzen die Tendenz zeigen, an Aerosolpartikel zu adsorbieren und mit dem Aerosol transportiert zu werden. Oberflächenwasser Die untersuchten Umweltchemikalien konnten in fast allen Wasserproben aus den untersuchten Oberflächengewässern mit zum Teil erheblichen Konzentrationsschwankungen nachgewiesen werden. Für BHT lagen die Konzentrationen in den Oberflächengewässern zwischen Werten unterhalb der Nachweisgrenze (<1 ng/l) und 1594 ng/l. Der Metabolit BHT- CHO wies dagegen mit einem Konzentrationsbereich von Werten unterhalb der Nachweisgrenze (<5 ng/l) bis 236 ng/l durchweg geringere Konzentrationen in den Oberflächenwasserproben auf. Der Mittelwert lag für BHT bei 233 ng/l und für BHT-CHO bei 89 ng/l (n = 47). Die Konzentrationen der Phosphorsäureester TBP, TCEP und TBEP in den untersuchten Oberflächenwasserproben schwankten zwischen Gehalten unterhalb der Nachweisgrenzen (<7 ng/l für TBP, <5 ng/l für TCEP und <6 ng/l für TBEP) und 1510 ng/l für TBP. Dabei wiesen TBP und TBEP mit Mittelwerten von 481 bzw. 465 ng/l die höchsten Konzentrationen in den untersuchten Oberflächengewässern auf. Der Mittelwert der Substanz TCEP in allen untersuchten Oberflächenwasserproben lag dagegen nur bei 165 ng/l. Die Konzentrationen der Xenoöstrogene BPA und 4-NP reichten bis maximal 1672 bzw. 1220 ng/l. Die Nachweisgrenze für BPA lag bei 10 ng/l und für 4-NP bei 6 ng/l. 4-NP trug mit einem Mittelwert von 464 ng/l am meisten von allen untersuchten Verbindungen zur Gewässerverunreinigung bei. Der Mittelwert für BPA in den Oberflächengewässern lag bei 351 ng/l. In den hier untersuchten Flüssen in der BRD war die maximale BHT-Konzentration (1594 ng/l) um das 10fache geringer als die maximale BHT-Konzentration, die noch vor 30 Jahren in deutschen Oberflächengewässern gemessen wurde (14000 ng/l). Im Vergleich zu BHT- Gehalten in japanischen (1980) und amerikanischen (1975) Oberflächengewässern lagen die aktuellen BHT-Gehalte in deutschen Flüssen deutlich darunter. Die Konzentrationen für TBP und TCEP in deutschen Oberflächengewässern sind in der Vergangenheit ebenfalls deutlich zurückgegangen. Im internationalen Vergleich liegt die BRD in Bezug auf TBP-Gehalte in Oberflächengewässern mit an der Spitze. In der Elbe konnte für die Substanz TBEP in den letzten 15 Jahren ein leichter Konzentrationsanstieg beobachtet werden. Die TBEP- Konzentration in deutschen Oberflächengewässern ist im Vergleich zu Gehalten in japanischen und amerikanischen Flüssen sowie im Trinkwasser aus Kanada gering. Der BPA- Gehalt im Rhein ist in den letzten 10 Jahren geringfügig angestiegen. Im Vergleich mit Japan und Tschechien liegen die BPA-Konzentrationen in deutschen Flüssen innerhalb von Ballungsgebieten auf einem ähnlich hohen Niveau. Die Konzentrationsentwicklung des Xenoöstrogens 4-NP war seit 1986 in deutschen Oberflächengewässern stark rückläufig, was mit der freiwilligen Verzichterklärung in diesem Jahr zusammenhängt. Trotzdem tritt 4-NP auch heute noch in Konzentrationen im Nanogramm/Liter-Bereich in deutschen Flüssen auf. Die deutschen Werte lagen allerdings deutlich unterhalb der 4-NP-Konzentrationen in Oberflächengewässern der Schweiz, England, den USA und Taiwan.. Grundwasser Das Antioxidans BHT sowie sein Abbauprodukt BHT-CHO konnten in den meisten Grundwasserproben aus dem Oderbruch mit Gehalten bis zu 2156 bzw. 541 ng/l nachge- wiesen werden. Der Mittelwert für BHT im Grundwasser lag bei 353 ng/l und für BHT-CHO bei 105 ng/l (n=76). Die Verbindung 2-BHT wurde ausschließlich im Grundwasser nachgewiesen. Dies zeigt, dass die anaeroben Bedingungen im Aquifer des Oderbruchs zur Bildung des Dimeren von BHT geführt haben. Ob diese Vermutung stimmt, dass 2-BHT tatsächlich aus dem Antioxidans BHT gebildet wird, soll in naher Zukunft anhand mikrobiologischer Abbauversuche von BHT unter anaeroben Bedingungen geklärt werden. Die Gehalte der Phosphorsäureester im Grundwasser bewegten sich in Konzentrationsbereichen bis zu 1605 ng/l (TBP), bis zu 754 ng/l (TCEP) und bis zu 2010 ng/l (TBEP) mit einem Mittelwert für TBP von 276 ng/l, für TCEP von nur 80 ng/l und für TBEP von 289 ng/l. Der Maximalwert für BPA in den Grundwasserproben betrug 4557 ng/l. Der Mittelwert für diese Verbindung im Grundwasser lag bei 630 ng/l. Betrachtet man die BPA- Konzentration in den Grundwasserproben, fällt auf, dass diese sehr starken Schwankung unterliegt, die an dieser Stelle nicht erklärt werden können. Es besteht der Verdacht einer BPA-Kontamination der Grundwasserproben bei der Probennahme, da die beprobten Messstellen im Oderbruch zur Förderung des Grundwassers mit Kunststofflinern ausgestattet wurden, die eventuell BPA als Antioxidans enthalten. In Zukunft sind daher weitere Grundwasseranalysen mit einer verbesserten Probennahmetechnik notwendig, um eine Kontamination mit BPA auszuschließen. In den Grundwasserproben war das Isomerengemisch 4-NP, ebenso wie in den Oberflächenwasserproben, im Mittel mit der höchsten Konzentration vertreten (724 ng/l). Das 4-NP-Maximum lag dabei bei 2542 ng/l. Alle ausgewählten organischen Industriechemikalien konnten in den odernahen Bereichen innerhalb der Transsekte Bahnbrücke sowohl im Grundwasser aus dem Teilbereich des Aquifers, der nur durch infiltrierendes Oderwasser gespeist wird, als auch im Grundwasser aus dem Teilbereich des Aquifers, der überwiegend von infiltrierendem Niederschlagswasser beeinflusst wird, nachgewiesen werden. Die anthropogenen Stoffe gelangen also im Bereich der Transsekte Bahnbrücke sowohl über das Uferfiltrat als auch durch Niederschlagsinfiltration ins Grundwasser. Durch die Uferfiltration spiegelten sich die Konzentrationen der vor wenigen Tagen infiltrierten organischen Verbindungen aus dem Oderwasser direkt im Grundwasser aus odernahen Bereichen wieder. Auch weiter vom Fluss entfernt liegende Aquiferbereiche innerhalb der Transsekte Bahnbrücke wurden noch von infiltriertem Oderwasser beeinflusst. Die jahreszeitlichen Konzentrationsschwankungen demonstrieren hier jedoch die Flusskonzentrationen vor einigen Jahren, da das Oderwasser mehrere Jahre braucht, um in diese Bereiche zu gelangen. Weiterhin ist auch ein Stoffeintrag ins Grundwasser mit dem Oderwasser bei Hochwasserereignissen zu berücksichtigen. Generell nahmen die Konzentrationen der organischen Umweltchemikalien mit zunehmender Entfernung von der Oder ab, was den fehlenden Niederschlagseinfluss im Aquiferbereich der Transsekte Bahnbrücke bedingt durch die schützenden undurchlässigen Deckschichten demonstriert. Im Grundwasser, das aus dem Aquiferbereich in unmittelbarer Nähe der Entwässerungsgräben stammte, war häufig eine Konzentrationsabnahme der organischen Umweltchemikalien zu beobachten. Dies beweist den hydraulischen Zusammenhang zwischen Fluss und Entwässerungsgräben. Das infiltrierte Flusswasser steigt nach der Aquiferpassage in Grabennähe auf, was zu Verdünnungseffekten im Grundwasser verbunden mit einer Konzentrationsabnahme führt. Weiterhin wurden die ausgewählten Stoffe auch in den Grundwasserproben aus dem Aquiferbereich der Transsekte Nieschen nachgewiesen, der durch das Fehlen undurchlässiger Deckschichten gekennzeichnet ist. Da hier aufgrund der Entfernung dieser Transsekte von der Oder der hydraulische Kontakt zum Fluss stark eingeschränkt ist, sind die im Grundwasser auftretenden organischen Umweltchemikalien auf einen Eintrag mit dem infiltrierenden Niederschlagswasser zurückzuführen. Für einen Eintrag der Substanzen mit dem Niederschlagswasser spricht auch die Tatsache, dass die mittleren Konzentrationen der organischen Verbindungen in den Grundwasserproben aus der Transsekte Nieschen im Gegensatz zu denen aus der Transsekte Bahnbrücke trotz eines fehlenden hydraulischen Kontakts zur Oder erhöht waren. Die starken Konzentrationsschwankungen der organischen Umweltchemikalien im Aquiferbereich der Transsekte Nieschen können zum einen auf einen Eintrag dieser Substanzen mit dem Niederschlag zurückgeführt werden. Der Aquifer im Oderbruch ist heterogen ausgebildet, was den Eintrag organischer Stoffe mit den Niederschlägen ins Grundwasser lokal fördert oder hemmt und es dadurch zu unterschiedlichen Konzentrationen kommt. Zum anderen kann angenommen werden, dass die Konzentrationsschwankungen in diesem Aquiferbereich Folge einer Aufkonzentrierung der gelösten organischen Stoffe durch Verdunstung des oberflächennahen Grundwassers waren. Diese Annahme bestätigen die erhöhten Konzentrationen der Stoffe im Grundwasser im November 2000 und im März 2001 im Vergleich zum März 2000. Zu beiden Zeitpunkten waren die Niederschläge gering, was sich im Niedrigwasserstand der Oder wiederspiegelte. Vor allem in niederschlagsarmen Gebieten wie das Oderbruch, kann dieser Prozess der Aufkonzentrierung organischer Stoffe im Grundwasser durch Evaporation von Bedeutung sein. Die Frage, ob letztendlich der Niederschlagseintrag oder der umgekehrte Prozess, die Evaporation des Grundwassers, zu den starken Konzentrationsschwankungen der organischen Umweltchemikalien im Aquiferbereich der Transsekte Nieschen geführt hat, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Sicher ist, dass bei fehlenden undurchlässigen Deckschichten ein atmosphärische Eintrag organischer Umweltchemikalien in den Aquifer stattfindet. Auch in den Messstellen, die außerhalb der beiden Transsekten Nieschen und Bahnbrücke ca. 3000 bzw. 5000 m entfernt von der Oder liegen, konnten die organischen Verbindungen zum Teil in erheblichen Konzentrationen nachgewiesen werden. Dies ist zum einen wiederum mit einem Eintrag durch Niederschlagswasser und dem Transport der organischen Umweltchemikalien in größere Tiefen des Aquifers mit dem Sickerwasser zu erklären. Die undurchlässige Auelehmschicht ist in diesem Bereich nicht mehr vorhanden, so dass das Niederschlagswasser ungehindert in den Aquifer infiltrieren kann. Ein Einfluss des Oderfiltrats in dieser Entfernung vom Fluss kann ausgeschlossen werden, da in den mittleren Bereichen des Oderbruchs 50-100 Jahre für einen vollständigen Grundwasseraustausch realistisch sind und die Produktion sämtlicher Industriechemikalien, die Gegenstand dieser Arbeit sind, zu diesen Zeiten ohne Bedeutung war. Eine Remobilisierung der organischen Umweltchemikalien aus Klärschlamm, der im Land Brandenburg noch häufig auf Agrarflächen aufgebracht wird, muss als Eintragsquelle hier ebenfalls in Betracht gezogen werden, da Stoffe mit einem hohen Octanol/ Wasserverteilungskoeffizienten häufig die Tendenz zeigen, an Klärschlamm zu akkumulieren. Der photochemische Abbau des Antioxidationsmittels BHT zu seinem Metabolit BHT-CHO in der Atmosphäre war im Sommer höher als im Herbst und im Frühjahr, wobei der Metabolit selbst ebenfalls Abbauprozessen unterlag. Im Gegensatz dazu spielte der photochemische Abbau von TBP, TCEP, TBEP und 4-NP zu keinen Zeitpunkt eine große Rolle. Solange keine nennenswerten Direkteinleitungen in die Oder zu verzeichnen waren, konnte flussabwärts eine Konzentrationsabnahme für alle organischen Verbindungen festgestellt werden, welche auf aeroben Abbau der Substanzen zurückgeführt werden kann. Im Frühjahr war der Sauerstoffgehalt im Fluss mit 12,05 mg/l aufgrund der geringen Wassertemperatur (6,9 °C) und des Hochwasserereignisses am höchsten. Dies hatte höhere aerobe Abbauraten von BHT zu BHT-CHO zu diesem Zeitpunkt zur Folge. Ob es sich tatsächlich um einen biologischen Abbau der organischen Substanzen handelt oder ob Adsorptionseffekte an Schwebstoffe und Sedimente bei der Eliminierung dieser Stoffe ebenfalls eine Rolle spielen, muss anhand zukünftiger Analysen von Odersedimenten- und Schwebstoffen auf solche Substanzen geklärt werden. Der Abbau unter anaeroben Bedingungen, wie sie im Grundwasserleiter des Oderbruchs durchweg herrschen, spielte dagegen im Bezug auf alle untersuchten Verbindungen keine große Rolle, da diese in allen Tiefen des Aquifers (bis 21 m) noch nachgewiesen werden konnten. Sind sie einmal in das Grundwasser gelangt, werden sie aufgrund ihrer relativ guten Wasserlöslichkeit also leicht mit diesem in tiefere Bereiche transportiert. Sie sind damit relativ mobil. Die organischen Umweltchemikalien werden auch nicht wesentlich durch Adsorption an Sediment und/oder organischer Substanz zurückgehalten und dadurch aus dem Grundwasser eliminiert. Solche Faktoren wie ein schlechter anaerober Abbau, eine gute Wasserlöslichkeit und eine geringe Adsorption an Boden und Sediment einiger Schadstoffe müssen bei der Trinkwasserförderung aus tieferen Aquiferbereichen berücksichtigt werden. Chemikalien mit guten Wasserlöslichkeiten, wie beispielsweise die beiden Phosphorsäureester TCEP und TBEP, zeigten sogar die Tendenz sich besonders in den tieferen Aquiferbereichen anzureichern. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen auch, dass es selbst in Gebieten wie dem Oderbruch, in denen die Grundwasserneubildung durch Niederschlag eine eher geringe Rolle spielt, durchaus zu einen nicht zu vernachlässigenden Eintrag von Stoffen durch Niederschlagswasser kommt und eine hohe Verdunstungsrate zu einer Aufkonzentrierung führt. Dies bedeutet, dass bei einer Betrachtung von hydrochemischen Prozessen in einem Grundwasserleiter, der hauptsächlich durch Uferfiltrat gespeist wird, keine einfache räumliche Struktur zugrunde gelegt werden kann. Zum lateralem Zustrom des infiltrierenden Flusswassers kommt der vertikale Einfluss des Sickerwassers. Dies muss neben Faktoren wie anaerober Abbau, Adsorption und Verdünnungseffekte bei der Interpretation des Schadstoffeintrags- und Transports im Grundwasser berücksichtigt werden.