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Mit dem Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ hat das ZDF eine neue Diskussion über das Verhalten und die Verantwortung der Deutschen während des Zweiten Weltkrieges ausgelöst. Doch die Hoffnung auf eine Differenzierung der öffentlichen Diskussion wurde in den Talkshows des Senders rasch enttäuscht.
In ihrer Dissertation geht Kathrin Schrader der Frage nach, welche Selbsttechnologien Frauen entwickeln, deren Lebensrealitäten von der Verschränkung von Drogenkonsum und Sexarbeit geprägt sind. Auf der Basis von acht Interviews mit drogengebrauchenden Sexarbeiterinnen analysiert sie mittels einer gouvernementalitätstheoretischen Perspektive und der Intersektionalen Mehrebenenanalyse die Handlungsfähigkeiten im Kontext massiver gesellschaftlicher Diskriminierungen in den Subjektkonstruktionen der interviewten Frauen. Auf diese Weise kann sie sehr überzeugend die Wechselwirkungen von gesellschaftlichen Strukturen, Stereotypen und Diskursen sowie Identitätskonstruktionen herausarbeiten und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Dekonstruktion des gesellschaftlichen Umgangs mit dieser Gruppe.
Sechs Lektionen in europäischer Rechtsgeschichte hat van Caenegem locker aneinander gereiht. Eine jede Lektion dürfte mindestens eine Doppelstunde beansprucht haben im »Magister Iuris Communis Programme« der Universität Maastricht. Glücklich, wer dabei gewesen. Denn nicht die gewohnte, doch im Unterricht keineswegs bewährte Gliederung nach Epochen, Chronologie oder Regionen bestimmt das Konzept. Vielmehr hat jede Lektion, in Buchform nun jedes Kapitel, ein Thema, ein Problem, einen Fokus. ...
Es lag, jedenfalls seit dem 43. Historikertag im Jahr 2000, in der Luft: Geschichte hat etwas mit Gehirn zu tun. Für das Gehirn zuständig ist Wolf Singer, für die Geschichte Johannes Fried. Das Rendezvous der beiden Wissenschaften und Wissenschaftler hat für beträchtlichen Wirbel in der Tages- und Fachpresse gesorgt, hat in der Historikerzunft Beckmesser ebenso auf den Plan gerufen wie Trittbrettfahrer und Beifallklatscher. Im Jahr 2002 haben Singer und Fried – sorgsam getrennt – die Quintessenz ihrer Erkenntnisse publiziert. Der von beiden konsentierte Befund ist so schlicht wie richtig: Alle Wahrnehmung beruht auf hochselektiven neuronalen Schaltungen im Gehirn; alles Erinnern ist das ebenfalls hochselektive Ergebnis von Vergessen. Das gilt für historische Akteure ebenso wie für spätere und gegenwärtige Beobachter, so dass "es keine sinnvolle Trennung zwischen Akteuren und Beobachtern gibt, weil die Beobachtung den Prozess beeinflusst, selbst Teil des Prozesses wird". Eine infinite, hin und wieder durch willkürliche Zeitsetzung scheinbar unterbrochene Kette von Beobachtungen und Beobachtungen von Beobachtungen – das nennt man "Geschichte". ...
Rezension zu: Dagmar Stutzinger : Griechen, Etrusker und Römer. Eine Kulturgeschichte der antiken Welt im Spiegel der Sammlungen des Archäologischen Museums Frankfurt Regensburg 2012, Schnell & Steiner, ISBN 978-3-7954-2510-4, 528 Seiten mit 220 Farbabbildungen und 345 Schwarz-Weiß-Abbildungen, 49,95 Euro.
Rezension zu: Michael Stolleis: Brotlose Kunst. Vier Studien zu Johann Peter Hebel (Sitzungsberichte der wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Bd. XLIV, Nr. 2), Stuttgart 2006, ISBN 13: 978-3-515-08916-6, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2006, 19 Euro.
Es ist nicht zu übersehen, dass spätestens seit der Jahrtausendwende in den Geisteswissenschaften ein gesteigertes Bedürfnis nach einer Historisierung der eigenen Zunft existiert, bei der es nicht um die eher pflichtschuldige Übung eines einleitenden Forschungsstandes geht, von dem aus die eigene Arbeit vorangetrieben wird, sondern die die Wissensbestände des Fachs selbst zum Thema hat. Auch die Rechtsgeschichte reiht sich hier ein in einen allgemeinen Trend zu (geisteswissenschaftlicher) Wissenschaftsgeschichte und vielleicht ist es nicht verfehlt, mit Ernst-Wolfgang Böckenförde und seiner 1961 erschienenen (philosophischen) Dissertation einen gleichermaßen frühen wie wirkmächtigen rechtsgeschichtlichen Innovator zu identifizieren. ...
Rezension zu: Sarah Kember: Cyberfeminism and Artificial Life. London/New York: Routledge 2003. 257 Seiten, ISBN 0–415–24026–3 (Hardcover) / 0–415–24027–1 (Paperback), € 71,82 (Hardcover) / € 21,98 (Paperback)
"Künstliches Leben" zu schaffen, galt über Jahrhunderte hinweg als Phantasma, dem man vor allem mit den Mitteln der Literatur und der Kunst nachjagte. Ein Topos, der Kultur als Kontrolle, Beherrschung und Verbesserung der Natur definiert – und in dem sich menschliche Machtphantasien und misogyne Obsessionen auf markante Weise mischen: Wo die biologischen Funktionen von "sex" eigentlich überflüssig werden sollten, treten Geschlechterdichotomien und -hierarchien als Konstruktionen um so deutlicher hervor. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Allerdings haben mit den aktuellen Entwicklungen in den Bio- und Informationstechnologien die Phantasmen zunehmend an Realität gewonnen. Ob nun in den Computerlaboren der Unterhaltungsindustrie oder in denen der Genomforschung: Allenthalben scheint es um die Formel des Lebens zu gehen. Aber was bedeutet das eigentlich? Welche Rolle wird "Künstliches Leben" in unserem künftigen Leben spielen? Und welche Rolle spielen dabei die Phantasmen, die dieser Topos transportiert? Wie greifen diese "virtuellen Realitäten" in unsere Körper- und Identitätskonzepte, unsere Subjekt- und Geschlechtervorstellungen ein? Sarah Kembers Buch verspricht, erhellende Schneisen durch das Dickicht der definitionsmächtigen Diskurse, Konzepte und Konstruktionen zu schlagen und neue Wege für feministische Interventionen in die Auseinandersetzungen um "Artificial Life" aufzuzeigen.
Rezensionen zu: Christoph Herrmann und Christian Fiebach : Gehirn & Sprache ; Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt, 2004 ; ISBN 3-596-15566-5, 128 Seiten, 8,90 Euro. Gerald Kuba und Stefan Götz : Zahlen ; Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt, 2004, ISBN 3-596-15559-2, 128 Seiten, 8,90 Euro. Diether Döring : Sozialstaat ; Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt, 2004, ISBN 3-596-15567-3, 128 Seiten, 8,90 Euro.
Der Maulwurf (Talpa europaea) gehört zu unseren häufigen heimischen Säugetieren. obwohl er nicht nur den Gartenbesitzern durch seine charakteristischen Erdhügel auffällt, bleibt er dank seiner unterirdischen Lebensweise meist im Verborgenen. Umso erfreulicher ist es, dass nun mit dem Band 637 der Neuen Brehm-Bücherei eine ausführliche Monographie über diese Tierart vorliegt. Der Autor, Prof. Witte, beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit dem Maulwurf und kann dadurch viele eigene Untersuchungen in den Text einfließen lassen.
Das Buch über die Siedlungsvegetation in Mitteleuropa erschien in der neuen Reihe des Ulmer Verlages „Ökosysteme Mitteleuropas aus geobotanischer Sicht“. Die Grundidee dieser Reihe ist es, einerseits sowohl natürliche und naturnahe Ökosysteme als auch andererseits sekundäre Ökosysteme (Kulturlandschaften) vorzustellen. Nach den Veröffentlichungen über Moore und über Fließgewässer des Binnenlandes folgt nun mit dem Werk über die Siedlungsvegetation die Beschreibung eines sekundären Ökosystems.
Hans-Georg Soldat rezensiert den 2001 bei Volk & Welt erschienen Roman "Kain und Abel in Afrika" von Hans Christoph Buch. Gespenstisch - wie sich das Ackervolk der Hutu gegen die Tutsi, die aristokratischen Hirten, erhob. Hans Christoph Buch hat die Völkermorde in Ruanda und Burundi, jedenfalls den zweiten Teil: die Rache der Tutsi an den Hutus miterlebt. Seine Schilderungen gehören mit zum Eindringlichsten, aber auch Bedrückensten, was darüber veröffentlicht wurde. In einem zweiten Erzählfaden schildert er die Entdeckungsreise des deutschen Arztes Richard Kandt, der sich 1898 aufmachte, die Quelle des Nils zu suchen. Ohne den Zeigefinger zu erheben, kann Buch so Entwicklungslinien aufdecken, Entsprechungen zwischen der feudalen Kultur der Einheimischen in Ruanda und der späteren deutschen Kolonialherrschaft aufzeigen, als deren Repräsentant Richard Kandt auftrat - aber auch die Brüche, die das fragile Gleichgewicht zwischen Tutsi und Hutu zerstörten.
Rezensionen zu: Thomas Junker : Die Evolution des Menschen. Verlag C. H. Beck, München 2006 ISBN 978-3-406-53609-0, 127 Seiten, 7,90 Euro. Guillaume Lecointre, Hervé Le Guyader : Biosystematik. Verlag Springer, Heidelberg 2006. ISBN 978-3-540-24037-2. 696 Seiten, 39,95 Euro. Ulrich Kutschera : Evolutionsbiologie. 2. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2006. ISBN 978-3-8252-8318-6 303 Seiten, 39,90 Euro. Volker Knoop, Kai Müller : Gene und Stammbäume. Verlag Elsevier/Spektrum, München 2006 ISBN 978-3-8274-1642-1. 310 Seiten, 29,50 Euro.
Rechtswörterbücher beschränken sich für gewöhnlich auf die Erläuterung einer Vielzahl von Begriffen und Instituten des geltenden Rechts. Das gilt jedenfalls für die in Deutschland gängigen Werke. Sie reihen die Erklärung einzelner Rechtsbegriffe nach den herkömmlichen Definitionen aneinander, ohne die Grundlagen unseres Rechtsdenkens zutage treten zu lassen. Nicht so verfährt das hier anzuzeigende, von Denis Alland und Stéphane Rials herausgegebene und im Jahre 2003 in Paris erschienene Dictionnaire de la culture juridique. Es tritt mit dem Anspruch an, das Recht nicht nur als große Ansammlung von rechtsdogmatischen Begriffen zu präsentieren, sondern seine geschichtlichen und vor allem philosophischen Bezüge zu verdeutlichen. Damit sollen Zusammenhänge wiederhergestellt werden, die durch die Reduktion der Jurisprudenz auf eine reine Technik in den letzten Jahren zunehmend verloren gegangen sind. Die innerhalb des Dictionnaire zusammengetragene Stofffülle ist äußerst beeindruckend: Auf mehr als 1600 Seiten vereinigt das Werk insgesamt 409 Artikel aus der Feder von nicht weniger als 213 durchweg angesehenen juristischen Autoren, die ganz überwiegend aus Frankreich stammen. ...
"… non do una traduzione" (Dieter Nörr). Das ist gut so. Denn das unverständliche punische Geplapper des Hanno: "ythemanethihychirsaelychotsithinaso" im "Poenulus" des Komödiendichters Plautus ist Teil der Komödie. Das zweite Buchstabenungetüm "uocationitantestaminigitur" können Kenner (so auch Gianfranco Lotito) hingegen schnell sezieren und ergänzen: (si in ius) vocat, ito. ni it, antestamino. igitur (em capito): "Wenn er vor Gericht lädt, soll er gehen.Wenn er nicht geht: vorher Zeugen rufen. Sodann ergreifen" – oder so ähnlich. Jedenfalls Tafel I 1 des Zwölftafelgesetzes aus dem 5. Jh. v. Chr., restituiert aus Porphyrios (3. Jh. n.Chr.). ...
Der Bericht ist ein Ergebnis des vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) an den Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) 1991 vergebenen, von den Ländern Brandenburg und NordrheinWestfalen außerdem geförderten und von der Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie, jetzt Bundesamt für Naturschutz, betreuten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens "Feuchtgebietsschutz in der Bundesrepublik Deutschland durch Monitoring der Wasservogelarten sowie durch Gebietsmonitoring, speziell der Feuchtgebiete internationaler Bedeutung gemäß Ramsar-Konvention."
Neuere Geschichten des Völkerrechts zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Recht und dessen Wirksamkeit nicht losgelöst von sozialen und historischen Kontexten betrachten. In seinem beeindruckenden Buch "Frieden durch Recht?" über den Friedensschluss nach dem ersten Weltkrieg zeigt Marcus M. Payk (vgl. die Rezension in diesem Band), dass das Recht zwar über eine eigene Form und Logik verfügt, dessen Bindungswirkung aber nicht ohne dessen Kontexte verstanden werden kann. ...
Die Erinnerung ist eine seltsame Macht und bildet den Menschen um, schreibt Erich Kästner. Wie sich Menschen und insbesondere der sogenannte "gemeine Mann" in der Vergangenheit an die Vergangenheit erinnerten und wie sie soziale Wirklichkeit und deren Veränderung wahrnahmen, ist Thema eines Sammelbandes von – meist jüngeren – Historikern. Als Dokumente der Wahrnehmungen des "einfachen Mannes" werten sie Zeugenverhörprotokolle aus. Derartige Protokolle liegen für den Bereich nördlich der Alpen erst seit der Frühen Neuzeit in großer Zahl und Ausführlichkeit vor, weswegen alle Beiträge zum deutschen Raum sich diesen Untersuchungszeitraum gewählt haben. Allerdings vernachlässigen die meisten Einzelbeiträge eine konsequente Analyse ihrer Quellenbeispiele anhand rechtshistorischer Kategorien. Anscheinend erinnern sich heutige Historiker nicht daran, wie starke juristische Wurzeln gerade die frühe Geschichtswissenschaft hatte. Nur so lässt sich erklären, warum in vielen Beiträgen staunend empirische Befunde aus Zeugenverhörprotokollen mit teilweise erheblichem, sozialwissenschaftlichem Theorieaufwand "erklärt" werden, statt sie zunächst konsequent an den zeitgenössischen normativen Vorstellungen zu messen. Diese waren von Juristen seit Jahrhunderten in der Doktrin des gelehrten Prozessrechts bis hin zu einfachen Praktikerleitfäden präzisiert worden. Im Untersuchungszeitraum wurden sie zunehmend auch in den verschiedenen Prozessordnungen mit der Sanktion des Gesetzgebers versehen. ...
Rezension zu: Claudia Bruns: Politik des Eros. Der Männerbund in Wissenschaft, Politik und Jugendkultur (1880–1934). Köln u.a.: Böhlau Verlag 2008. 546 Seiten, ISBN 978-3-412-14806-5, € 44,90
Abstract: Quer zur Standardrezeption analysiert Claudia Bruns in ihrer Dissertation Blühers Konzeption von Mann, Männlichkeit und mann-männlicher Beziehung unter besonderer Berücksichtigung damit einhergehender Ausschlüsse. Zentral legt sie das Konzept des Männerbundes zugrunde, das den Dreh- und Angelpunkt der vorliegenden Untersuchung bildet, und zieht die Theorien Blühers als paradigmatisches Beispiel dafür heran. Dieses Vorgehen ist aus verschiedenen Gründen klug gewählt und vorteilhaft. Bislang ist kaum der ideologisch vielschichtige Gehalt von Diskussionen, wie sie Blüher führte und führen konnte, in die Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften eingegangen. Zudem gab es bislang kein Gesamtverzeichnis der Schriften Blühers, wodurch die Rezeption erschwert wurde, und das sich nun im Anhang der Arbeit dankenswerterweise findet.
"Es soll ein Lexikon sein und nur ein Lexikon." Als Wolfgang Schadewaldt 1946 diese Maxime für das Goethe-Wörterbuch ausgab, galt ideologische Abstinenz als Gebot der sogenannten Stunde Null. Man wollte nicht durch ein Exempel deuterischer Freiheit zur Wiederholung des Klassikermißbrauchs ermutigen. So wurde ein homöopathisches Mittel gegen weltanschauliche Virulenz wiederentdeckt: die "Interpretation Goethes aus Goethe". ...
The book Dante und das Gedächtnis [Dante and Memory], published in 2021 by Schwabe Verlag Basel, is a complex interdisciplinary study addressing the issue of memory in the works of the medieval Italian writer and philosopher Dante Alighieri. The study is focused on a “historical approach”, but the investigation of the Commedia and Vita Nova makes use of narratological concepts as well. Monaco sets out to identify and interpret the reflections on memory present in Dante’s work.
The well-documented and systematized study comprises a lot of new information about the poet, politician, and exile Dante Alighieri
Von einem darwinschen Standpunkt aus kritisiere ich, dass zwar viele Bausteine geliefert werden, es jedoch an einem Fundament fehlt, auf welchem mit diesen Steinen zu bauen sei. Die Begriffe „Recht“ und „Verhalten“ seien durchgängig unbefriedigend, wenn überhaupt, defi-niert. Unrecht und Normbruch würden nicht hinlänglich unterschieden. Das Verhältnis von Sein und Sollen bleibe unklar. Schließlich seien durchgängig Ausbeutung, Unterdrückung und Manipulation von Präferenzen kein Thema. Die psychoanalytische Perspektive der „gesellschaftlichen Produktion von Unbewusstheit“ (Erdheim) fehle gänzlich.
Die Synopse, die die im März 1992 gültigen Naturschutzbestimmungen des Bundes und der westlichen Bundesländer (ohne Stadtstaaten) nach 50 verschiedenen Sachgebieten aufgeschlüsselt darstellt, soll unter anderem die neuen Bundesländer bei der Erarbeitung ihrer Naturschutzgesetzgebung unterstützen. Hier sind die oft recht verschiedenen Formulierungen der einzelnen Landesgesetze zusammengefasst.
Die Welt im Sandkorn zu entdecken gehört seit jeher zu den Sehnsüchten der Historiker. Mit Blick auf das Ganze, das Allgemeine, wird oft das Typische, das Exemplarische bemüht, das man in Einzel- oder Fallstudien einzufangen glaubt. Hinge die Relevanz lokaler Studien von der Prämisse ab, die große Welt im Kleinen finden zu müssen, hätten sie schlechterdings keinerlei Relevanz. So zumindest urteilt Clifford Geertz über entsprechende Studien in der Ethnologie nach dem Modell "Jonesville-ist-die-USA". Der Versuchung eines solchen Modells ist Francisca Loetz in ihrer Heidelberger Habilitationsschrift über frühneuzeitliche Blasphemie am Beispiel Zürcher Gotteslästerer erlegen. In einer Langzeitstudie vom späten 15. bis zum frühen 18. Jahrhundert untersucht Loetz rund 900 dokumentierte Fälle der Wortsünde des Fluchens, Schwörens und Schmähens bei "Gotz schedel", "Gotz bart" oder "Gotz nasa". Delikte, bezüglich derer man im 16. Jahrhundert empfahl, den Angeklagten ein Schloss für ihre Zungen zu schlagen. Die Ergebnisse dieser Studie erfüllen jedoch nicht den erhobenen Anspruch der Repräsentativität für das Westeuropa der frühen Neuzeit. Und sie müssen es auch nicht, denn die Arbeit hat auch ohne diesen Anspruch genug zu bieten. ...
Das vorliegende Buch fasst Erforschtes, Entdecktes und Erlebtes von Uwe Zuppke aus einer über 50-jahrigen Beobachtungszeit in der Aue im Raum Lutherstadt Wittenberg zusammen. Als interessierter Jugendlicher, vielseitig tätiger Wissenschaftler und Landschaftsplaner und engagierter Naturschützer kennt er wohl wie kaum ein Anderer die Vielfalt der Lebenswelten und Lebensformen dieser Aue. Mit zahlreichen eigenen Beitragen zur Wirbeltierkunde besticht seine Wissensbreite, aber auch hinsichtlich der Wirbellosen sowie der Pflanzenwelt verschafft ihm seine Übersichtskenntnis gute Voraussetzungen für die Autorenschaft des vorliegenden Buches. Iris Elz, Tochter des Autors, trägt mit zahlreichen Fotos zur reichen Bildausstattung des Buches bei und zeichnet verantwortlich für Redaktion und Organisation.
Zwei glücklich zusammenwirkende Merkmale verleihen dem Buch Jan Rolins ein klares Profil. Einerseits beruht seine Rekonstruktion auf einer breiten Basis von Quellen und bietet eine Fülle von Einzelheiten; andererseits werden die Materien, die fast alle Hauptströmungen und Vertreter der deutschen gelehrten Diskussion im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert umfassen, immer durch klare und distinktive Thesen geordnet, so dass das Buch eine deutliche und erkennbare Kontur erhält. Die Absicht des Autors ist nämlich, die politischen Theorien des 18. und 19. Jahrhunderts auf wenige und klar umrissene Argumentationsmuster zurückzuführen, die dann an zwei Maßstäben gemessen und beurteilt werden: einerseits nach ihrer Leistung für die Legitimation der politischen Gewalt, andererseits, und im entgegengesetzten Sinn, nach ihrem Beitrag zur Gestaltung des modernen Rechtsstaats, denn die politischen Lehren haben die moderne Staatlichkeit zugleich theoretisch begründet und praktisch beschränkt. Aus dem Zusammenwirken von Stabilisierung der politischen Herrschaft und deren Begrenzung (auch) durch die gelehrte Diskussion ist der moderne Rechtsstaat entstanden. ...
Der Sammelband von Claudia Garnier und Christine Vogel widmet sich vormoderner interkultureller Ritualpraxis. Dafür haben die beiden Historikerinnen ein einigermaßen abgegrenztes Feld gewählt, nämlich die im Untertitel genannte "diplomatische Interaktion an den östlichen Grenzen der Fürstengesellschaft", was vor allem das Großfürstentum bzw. Zarenreich Moskau sowie das Osmanische Reich umfasst. Garniers und Vogels Einführung (7–17) umreißt knapp und lesbar die Forschungsfragen des Bandes, der aus einer 2012 an der Universität Vechta abgehaltenen Tagung hervorgegangen ist. Dass der kompakte Band zwei Schwächen aufweist, ist Ergebnis der kongruenten Perspektiven seiner Beiträge, die zugleich seine Qualität begründen. ...
Rezension zu: Werner Meißner: Goethe zieht um – Wie die Goethe-Universität ins Westend kam. Frankfurt a. M., 2014, Weissbooks, 94 Seiten, ISBN 978-3-86337-076-3, 14 Euro.
Rezension zu: Rudolf Steinberg (Hrsg.): Die neue Universität Frankfurt am Main. Frankfurt a. M., Societäts-Verlag, 2013, 199 Seiten, ISBN 978-3-942921-53-4, 29,80 Euro.
In den 100 Jahren ihres Bestehens hat nur einer der Rektoren der Universität Frankfurt eine Rückschau auf einen Teil seiner Amtsführung gegeben: Richard Wachsmuth, der Gründungsrektor. Von den späteren Rektoren und Präsidenten hat das bislang keiner getan. Nunmehr haben sich aber gleich zwei Präsidenten – sie folgten aufeinander – dazu entschieden, über Phasen ihrer Tätigkeiten zu berichten. Das möchte überraschen, muss aber nicht. Denn die Universität hat in den letzten circa 20 Jahren einen Anlauf genommen, sich zu erneuern und in die Spitzenklasse der Universitäten aufzuschließen.
Ein großes Werk wird vollendet und steht sofort unter dem Verdacht, ein "Klassiker" zu werden. Aber das Werk ist sehr groß, erfordert Monate, wenn nicht Jahre an Lesezeit und ist außerdem nicht einfach zu verstehen. Und so erscheinen handliche Kochbücher, die verraten, welche Ingredienzen man benötigt, wie man sie mischt und verrührt, damit daraus eine schmackhafte Suppe wird. ...
Rezensionen zu: Richard Heinze, Virgils Epische Technik. Leipzig, B. G. Teubner 1903. VIII, 488 S. P. Vergilius Mare Aeneis Buch VI. Erläuterrt von Eduard Norden. [Sammlung wissenschaftlicher Kommentare zu griech. und röm. Schriftstellern.] Leipzig, B. G. Teubner 1903. XI, 484 S. Es sind zwei mustergültige und hervorragencle, dazu einander trefflich ergänzende Beiträge zur Virgilforschung, die uns das verflossene Jahr als ein annus Heinzio-Nordenianus dieses Gebietes der klassischen Philologie, wenn ich im Stile der fleißigen Bipontiner Notitia Litteraria reden darf, in den beiden vorliegenden Büchern gebracht hat: auf der einen Seite die zusamrnenfassende Behaindlung des Gesamtepos, die das unsichere Werturteil durch den methodisch gewonnenen klaren Einblick in die Arbeitsweise und die Ziele des Dichters ersetzt, und daneben der mit höchstem Scharfsinn eindringende, von reichster Gelehrsamkeit getragene Kommentar zu demjenigen Einzelbuch der Äneis, das poetisch zwar als Ganzes wohl nicht das bedeutendste, doch für die Auffassung des Stoffes der Dichtung, wie ihn Virgil seiner Zeit darbieten wollte, gewiß das wichtigste ist! ...