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Mit Blick auf die liberale Theorie der Internationalen Beziehungen wird die Bedeutung von Medieninformation für außenpolitische Präferenzbildungsprozesse beleuchtet. Am Beispiel der Golfkrise 1990 und des Golfkrieges 1991 zeigt sich, dass von einer "frei deliberierenden" demokratischen Öffentlichkeit in den USA nicht unbedingt die Rede sein kann. Vielmehr bediente sich die Exekutive einer ausgefeilten "Medien(kriegs)politik", um den medialen Diskurs zu dominieren und die Meinungsbildung zu steuern. Dieser Befund stellt eine Herausforderung für die liberale Theorie dar: Wenn eine demokratische Öffentlichkeit nicht über ausgewogene Informationen verfügt, kann mit Blick auf militärische Gewalteinsätze nur eingeschränkt von demokratischer Kontrolle gesprochen werden. Ein amerikanischer Präsident, der mit seiner Medienpolitik den öffentlichen Diskurs über den Einsatz militärischer Gewalt dominieren kann, verfügt offensichtlich über größere Handlungsspielräume nach innen und außen, als die liberale Theorie bisher angenommen hat.
Sozialräume der Global Financial Class : Untersuchungen in den Finanzzentren Frankfurt und Sydney
(2016)
Dieses Working Paper untersucht die Bedeutung von Global Cities für die Formierung einer globalen Finanzklasse anhand der Finanzzentren Frankfurt und Sydney. In einer vergleichenden Ethnographie dieser beiden Städte werden urbane Räume und soziale Kontexte erforscht, die durch die kulturellen Praktiken und stilistischen Gemeinsamkeiten der modernen Finanzklasse geprägt sind. Es werden dabei vier charakteristische kulturelle Muster identifiziert: Dies sind die Muster der Repräsentation, der Exklusivität, der Aspiration und der sozialen Durchlässigkeit.
Im Muster der Repräsentation verbindet sich das Finanzwesen auf eine symbolische Weise mit Politik und Gesellschaft, während im Muster der Exklusivität der Kern ökonomischer Praktiken dem Zugriff der Allgemeinheit entzogen wird. Das Muster der Aspiration ermöglicht Praktiken der Herstellung und des Austestens von Zugehörigkeit, während der Modus sozialer Durchlässigkeit eine Auseinandersetzung mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und die Aufnahme fremder kultureller Muster durch Praktiken der cultural omnivorousness ermöglicht.
Die Praktiken, die diese vier typischen Muster konstituieren, nehmen dabei jeweils lokale Eigenhei- ten auf, die in einen global verlaufenden Klassenbildungsprozess eingespeist werden und diese glo- bale Klasse in den Städten verankern.
Globale Finanzplätze im Vergleich : Frankfurt und Sydney zwischen Global City und lokaler Variation
(2015)
Frankfurt und Sydney sind international bedeutende Knotenpunkte des Global- Cities-Netzwerks. Als transnationale Finanzzentren erreichen sie im Global Financial Centres Index (GFCI) ähnliche Platzierungen. Populäre Rankings wie der GFCI entfalten ihre Wirkungsmacht in einem politischen Diskurs, der die Konkurrenz von Finanzzentren in einem hierarchischen Städtenetzwerk betont und so die Orientierung an den Champions der Finanzmetropolen forciert. Der hier vorgenommene kontrastive Vergleich Frankfurts und Sydneys zeigt hingegen, dass die stark von Globalisierungs- und Finanzialisierungstendenzen beeinflussten Städte sich nicht einfach einem Idealtypus von Global Cities angleichen. Vielmehr sorgt die Einbettung in unterschiedliche Entwicklungslinien – im Falle Frankfurts in die Tradition einer koordinierten Marktwirtschaft, im Falle Sydneys in die Tradition einer liberalen Marktwirtschaft – für die Ausbildung von Finanzsystemen mit unterschiedlichem Charakter und unterschiedlicher Reichweite. So weist der Finanzplatz Frankfurt im Vergleich mit Sydney eine starke globale Vernetzung auf, wenngleich die Merkmale der koordinierten Marktwirtschaft - geringere Börsenkapitalisierung der Unternehmen, einer primär kreditbasierten Unternehmensfinanzierung und geringere Finanzmarktorientierung der Bevölkerung nachwirken. Demgegenüber profitiert der Finanzstandort Sydney von einer durchwegs finanzialisierten Ökonomie, was sich in der Finanzmarktorientierung von Unternehmen und jener der allgemeinen Bevölkerung ausdrückt, weist aber eine stärkere Binnenorientierung, also die Fokussierung auf den nationalen Markt auf.
Humanitäre Interventionen sind seit den neunziger Jahren wiederkehrend im Fokus öffentlicher wie wissenschaftlicher Debatten. Erklärungen, warum sich Staaten entschließen, unabhängig von geopolitischen Interessen humanitäre Interventionen zu fordern oder sich an ihnen zu beteiligen, bleiben nach wie vor umstritten. Geteilte Moralvorstellungen und die Bereitstellung eines Handlungsrahmens für die Umsetzungspraxis sind zwei zentrale Analysedimensionen einer internationalen, humanitäre Interventionen befördernden Sicherheitskultur. Eine Normentwicklung kann in diesem Sinne nur in der Kombination mit tatsächlicher Akteurspraxis und medial-öffentlicher Aufmerksamkeit verstanden und beurteilt werden.
Auf der großen Konferenz der SGIR (Standing Group on International Relations) vom 9.-11. September 2010 in Stockholm, Schweden, organisierten wir eine eigene Sektion zum Thema Sicherheitskultur im Wandel. In sieben panels wurden viele Aspekte dieses Oberthemas diskutiert und erläutert, wie im ausführlichen Konferenzbericht nachzulesen ist
Seit dem Jahr 2005 ist der Schutz vor schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Völkermord durch die UN zum überwölbenden Ziel von staatlicher, regionaler und globaler Sicherheit erhoben. Diese Schutzverantwortung (Responsibility to Protect, R2P) illustriert somit die Abkehr von "alter" globaler Sicherheitskultur, die sich über Jahrzehnte auf die scheinbar unumstößlichen Eckpfeiler souveräner Gleichheit und strikter Nicht-Einmischung gestützt hatte. Nimmt diese globale Norm aber regionale Sicherheitskomplexe ausreichend in den Blick? In diesem Working Paper beleuchtet die Perzeption der Schutzverantwortung in den regionalen Organisationen Südostasiens und Afrikas durch die Linse ihrer Sicherheitskulturen. Anstatt die Schutzverantwortung bloß als normative Innovation zu erfassen, wird sie als Ausdruck "kulturellen Wandels" konzeptualisiert, um neben der "abstrakten Norm" auch die "konkrete Praxis" in die Betrachtung einfließen zu lassen.
Die folgenden Ausführungen thematisieren die Praxis von Zeitgenossen, sich in besonderer Weise mit ihren Mitmenschen auseinanderzusetzen - frei nach dem Motto: Zur Rache, Schätzchen!ii Wer der Ex-Freundin, dem Nachbarn oder dem Chef eins ‚auswischen‘ will, ist im Internet zweifellos richtig: Anonym Rache zu nehmen, hat im World Wide Web Tradition. Alles hat - wie so häufig - in den Vereinigten Staaten mit einem Projekt begonnen, dem Stinky Meat Project: Seit Monaten ärgerte sich ein amerikanischer Programmierer über einen schwierigen, pöbelnden Nachbarn. Eines Tages war das Maß voll: Der Programmierer beschloß, sich zu rächen. Er fuhr in den nächsten Supermarkt, kaufte dort ein Steak, drei billige Würste und Hackfleisch und legte das Fleisch zu hause auf einen Teller und schob diesen unter dem Zaun hindurch in den Garten des Nachbarn. Von nun an kehrte der Rächer täglich zum Tatort zurück, fotografierte den Teller – und veröffentlichte die Bilder im Internet. Das Stinky Meat Project war geboren. Sein offizielles Ziel war herauszufinden, wie lange ein Teller mit verfaultem Fleisch in Nachbars Garten liegen kann, ohne dass dieser es bemerken und die Polizei rufen würde – so der Initiator. Diskussionsbeitrag auf dem Mediensymposium Luzern 2000, Stand 2.2.2001, http://www.edupolis.de/konferenz2001/texte/forum4_neumann_braun2.pdf Dokument 1 ist die Volltextversion, Dokument 2 ist ein Scan des Printexemplars.
Der Beitrag bietet eine Einführung in das Thema „Vertrauen als Topos der Plattformregulierung“. Dazu wird in einem ersten Schritt das allgemeine Verhältnis zwischen dem sozialen Tatbestand „Vertrauen“ und dem Recht als das einer komplementären, wechselseitigen Wirkungsverstärkung beschrieben. Im Hinblick auf die vertrauensfördernde Rolle des Rechts wird in einem zweiten Schritt zwischen der Funktion des Vertrauens bzw. der Vertrauenswürdigkeit als Tatbestandselement einer Vorschrift und den hieran geknüpften Rechtsfolgen unterschieden. Auf der Basis dieser Grundlagen gibt der Aufsatz in einem dritten Schritt einen Überblick über Bezugnahmen auf „Vertrauen“ in der deutschen und europäischen Plattformregulierung seit 2015. Hierzu zählen sektorale Regelungen gegen Hasskriminalität und Desinformation sowie zum Schutz des Urheberrechts, die 2022 in den horizontal angelegten Digital Services Act mündeten, der ein insgesamt „vertrauenswürdiges Online-Umfeld“ gewährleisten soll. Viertens stellt der Beitrag ein abstrakt-analytisches Konzept des Vertrauens vor, das sich gut zur Analyse der aufgezählten Vertrauensbeziehungen und ihrer rechtlichen Regelungen eignet. Ein abschließender Ausblick deutet die Proliferation des Vertrauenstopos als Ausdruck einer Vertrauenskrise im digitalen Zeitalter. Die erstrebte Vertrauenswürdigkeit des Online-Umfelds bildet ein normatives Minimum, das über gesetzliche Verhaltenspflichten und Privilegien für vertrauenswürdige Akteure der Zivilgesellschaft erreicht werden soll. Ob dies gelingt und überhaupt wünschenswert ist, ist freilich offen. Die juristische Auseinandersetzung mit dem Topos des Vertrauens in der Digital- und Plattformregulierung hat gerade erst begonnen.
Vor dem Hintergrund der Kontingenz des kulturwissenschaftlichen Forschungsprogramms, also Ursache-Wirkungsrelationen, die weder notwendig noch unmöglich sind, wird in diesem Beitrag ein Konzept von Sicherheitskultur aus Sicht der Akteur-Netzwerk-Theorie vorgestellt. Aus dieser Perspektive erklärt sich der Wandel von Sicherheitskulturen nicht aus einer einzigen Variable, sondern aus vernetzten Interaktionen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren. Der Versuch mithilfe von nicht-menschlichen Akteuren die gesellschaftliche Ordnung zu stabilisieren produziert dabei stets neue Unschärfen und Kontingenzen, die mit weiteren Stabilisatoren eingehegt werden müssen. Ein solches Konzept von Sicherheitskultur ermöglicht es den Blick auf quasi kausale Interobjektivitäten und deren Unvorhersagbarkeiten zu richten, die mit einer auf rein menschliche Akteure gerichteten Sozialwissenschaft unsichtbar blieben.
Apokalypsen beruhen auf tradierten Bildern, fiktiven Imaginationen und kulturellen Deutungsmustern. Damit sind weder reproduzierbar noch wissenschaftlich mit validen Methoden beschreibbar. Auch das traditionell starke Risikokonzept der Sozialwissenschaften zur Beschreibung der Zukunft ihres Forschungsgegenstandes greift hier nicht. Der folgende Beitrag unternimmt deshalb den Versuch, im Rahmen dieser sozialwissenschaftlichen Ansätze nach den spezifisch sicherheitskulturellen Aspekten von Apokalypsen zu fragen. Dazu wird eine Typisierung vorgeschlagen, die sich historisch auf das 20. Jahrhundert beschränkt und sich in drei Phasen unterteilt. Kreisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts die apokalyptischen Bedrohungsszenarien noch um die Subjekte (die apokalyptische Bedrohung der Menschheit ging von der modernen Gesellschaftsordnung, d.h. von der Menschheit selbst aus), so geriet gegen Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend die objektive Welt der Dinge und Technologien unter Verdacht, eine Apokalypse auszulösen. Inzwischen scheint sich mit Übergang zum 21. Jahrhundert eine dritte Phase von apokalyptischen Szenarien auszudifferenzieren: Existentielle Bedrohungen gehen nicht mehr von identifizierbaren Bedrohungen wie gesellschaftlichen Entfremdungen oder Atomwaffen aus. Vielmehr gelten das Nicht-Identifizierbare, die Ununterscheidbarkeit als existentielle Bedrohung. Auf die Apokalypse der Subjekte und der Apokalypse der Objekte, so der Vorschlag dieses Papiers, folgt die ‚apokalyptoide’, d.h. Apokalypse-ähnliche Situation.
Der Artikel untersucht Rassismus und Sexismus und ihre materiellen und diskursiven Artikulationen an dem spezifischen Artikulationsort Haar, bzw. Locken. Anhand von biographisch-narrativen Interviews mit Frauen of Color und mit Hilfe von Ansätzen der Grounded Theory werden Fragen danach aufgeworfen, welche symbolischen Bedeutungen von Locken es gibt; Welche Umgangsformen mit Haar es gibt; Wie Haar eingesetzt wird; Ob es Widersprüche gibt; Wie sich diese artikulieren und wie Subjekte trotz rassistischer, sexistischer Diskurse und der damit verbundenen materiellen Unterdrückung handlungsmächtige Akteurinnen ihrer eigenen Biographien werden. Parallel wird der Forschungsprozess aus dekolonialer, feministischer Perspektive entwickelt, beschrieben und reflektiert und damit eine dekolonial feministische Methodologie entworfen.
In diesem Arbeitspapier1 soll die statistische Erfassungstechnologie – im Foucaultschen Sinne einer gouvernementalen Technologie – in zwei ihrer zentralen Bestandteile, die Teilpraxen Zählen und Ordnen zerlegt werden, die gerade in ihrer Kombination einen Reifizierungseffekt von statistischem Wissen bewirken, der, wie hier gezeigt werden soll, wenn es um die Produktion von Wissen über „Rasse“/Ethnizität geht, als solcher gleichzeitig ein rassistischer Effekt ist. Die Macht der Zahlen einerseits und die zumeist stillschweigend im Hintergrund erfolgende taxonomische Arbeit andererseits wirken dabei als Teilpraxen der statistischen Erfassungstechnologie zusammen und bewirken gemeinsam deren Blackboxing-Effekt. Im ersten Abschnitt über das Zählen soll der Unterschied zwischen Zahlen und Worten aufgespürt werden, und damit der Unterschied zwischen Zahlenwissen und anderen Formen des Wissens. Im zweiten Abschnitt über das Ordnen wird ausführlicher die taxonomische Arbeit im Zusammenhang von Regierungswissen einschließlich ihrer Subjektivierungseffekte betrachtet und im Fortgang zunehmend auf die Anlage von Taxonomien der „Rasse“/Ethnizität für amtliche Statistiken fokussiert.
Die folgenden konzeptuellen Überlegungen dienen im Rahmen meiner Studie über das Dilemma der Erhebung von Ethnizitätsdaten zur Diskriminierungsmessung dazu, statistische Taxonomien als Instrument des Regierens und der Wissensproduktion in einer machtanalytischen Perspektive zu fassen.