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Am 1. Mai 1796 schrieb Carl Friedrich Zelter an Friederike Unger, die Frau des Verlegers Johann Friedrich Unger: "Hiermit, meine verehrungswürdige Freundin, übersende ich Ihnen meine neuesten Lieder <...>. Es sind zwei Exemplare. Eins davon soll für Sie sein und das andere haben Sie die Güte, dem vortrefflichen Verfasser des W. M. zuzuschicken <...>. Ich wünschte daß ihm meine Lieder nicht so fremd sein mögten als ihm mein Name sein muß." - Mit diesen Worten veranlaßte der Berliner Maurermeister, Bauunternehmer - und auch Komponist - die Übersendung von einigen seiner Lied-Kompositionen an Goethe. Die neuesten Lieder waren - nach einzelnen Publikationen in Almanachen - eine erste, bescheidene Ausgabe mit dem Titel "Zwölf Lieder am Klavier zu singen componirt von Carl Friedrich Zelter"; sie enthielt, neben anderen, fünf Vertonungen von Goethe-Texten aus Wilhelm Meisters Lehrjahren. Aus Goethes Antwortbrief vom 13. Juni 1796 an Friederike Unger spricht nicht nur seine Freude über das musikalische Geschenk, sondern auch der Wunsch, den Komponisten kennenzulernen: "Sie haben mir, werteste Frau" - so schrieb er - "durch Ihren Brief und die überschickten Lieder sehr viel Freude gemacht. Die trefflichen Kompositionen des Herrn Zelter haben mich in einer Gesellschaft angetroffen, die mich zuerst mit seinen Arbeiten bekannt machte. Seine Melodie des Liedes: "ich denke dein" hatte einen unglaublichen Reiz für mich, und ich konnte nicht unterlassen selbst das Lied dazu zu dichten, das in dem Schillerschen Musenalmanach steht. <...> und so kann ich von Herrn Zelters Kompositionen meiner Lieder sagen: daß ich der Musik kaum solche herzliche Töne zugetraut hätte. Danken Sie ihm vielmals und sagen Sie ihm daß ich sehr wünschte ihn persönlich zu kennen, um mich mit ihm über manches zu unterhalten".
Dieser Beitrag zu Goethes "Wahlverwandtschaften" geht von der Prämisse aus, dass dem Roman ein ausgeklügeltes System szenischer, bildlicher und narrativer Rahmungen zugrunde liegt. Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen die Tableaux vivants, die als in Szene gesetzte Ein-Bildungen Umgruppierungen der auf der Handlungsebene entworfenen Konfigurationen von Handeln, Lieben und Wissen vornehmen. Der Fokus der Argumentation richtet sich auf die selbstreflexive Funktion dieser ‚lebenden Bilder’: in ihnen spiegelt und reflektiert sich der mediale Zuschnitt der Zeichen, aus denen sich die Begehrens- und Wissensordnungen des Romans konstituieren. Obwohl die Tableaux vivants den "erfüllten Augenblick" in der Stillstellung der Zeit zu verwirklichen vorgeben, überantworten sie diesen doch einer Repräsentationslogik der Mortifikation.
„[...] Goethe [liebte] die Herzogin Anna Amalia [...] und [blieb] ihr ein Leben lang treu“, so lautet die zentrale Hypothese des in Weimar lebenden Juristen und Schriftstellers Ettore Ghibellino, mit der sich angeblich sämtliche „Widersprüche“ in Goethes Leben und Werk erklären ließen. In seinem Buch „J. W. Goethe und Anna Amalia / Eine verbotene Liebe“, zuerst 2003 erschienen, unternimmt der Autor nichts Geringeres als den Versuch, die Goethe-Forschung auf eine ‚neue Grundlage‘ zu stellen. [...] Ghibellionos Ansatz ist historisch so fragwürdig, das zugrunde liegende Kunst- und Literaturverständnis derart einseitig biographistisch, der Umgang mit den Quellen so unreflektiert, ja manipulativ, die Kenntnisnahme und Einbeziehung der aktuellen Forschungsliteratur so selektiv, dass sich eine ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzung eigentlich verbietet. In der Fachwelt hat Ghibellinos Veröffentlichung daher weder Interesse noch Unterstützung gefunden. Allerdings vermarktet der Autor mit seinem Buch geschickt das große allgemeine Interesse an der Person Goethes, dabei auch voyeuristische Bedürfnisse des Publikums bedienend. Inzwischen sind bereits zwei Nachauflagen (2004 und 2007) und eine englische Übersetzung (2007) erschienen. Aus diesem Grund muss diese neue ‚Weimar Legende‘ in aller Deutlichkeit als das benannt werden, was sie tatsächlich ist, nämlich eine Erfindung des Autors.