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Roman Dubasevych zeigt am Beispiel der populären Diskurse, wie das postkoloniale Ressentiment gegen einen russifizierten Osten im Medium der Nachrichtenreportage, des Musikvideos und des Actionfilms "Cyborgs" ("Kiborhy", 2017) zu einer oft durchaus ambivalenten Mythisierung von Kriegerfiguren führt.
In the reactivation of the feminist collective of artists Le Nemesiache, this paper looks at the tension between rhetoric and translation in relation to the dislocation of archival materials from their situatedness in place (Naples) and time (1970 to the present). Translation emerges as the conveyor of the conditions from which the addresser started, as well as the ones of the addressees, as a potential that takes place in the moment of enunciation through a plurality of subjects. Considering the epistemological tension between history and fiction, as well as the mediation that happens through the body and the different subjectivities triggered by intra-action, this essay will engage with the following question: if the archive is the memory, can dramaturgy and reenactment from the archive become the message of a prophecy?
In "Jagd oder die Kultivierung der Gewalt: Tierethische Sensibilisierung anhand der Filme 'Die Spur' und 'Auf der Jagd'" ("Hunting or the Cultivation of Violence: Sensitizing Students to Animal Ethics using the Films 'Spoor' and 'On the Hunt'"), Björn Hayer proposes an intervention that allows students to understand hunting as a cultural practice and its representation in contemporary film, and to develop greater compassion for nonhuman animals. Arguing that it is possible to relate the cognitive and affective educational goals listed in several secondary school curricula with the objectives of HAS as defined by Gabriele Kompatscher, Hayer sketches a teaching sequence that focuses on two texts featuring hunts: Agnieszka Holland's "Pokot" ("Spoor", the 2017 screen adaptation of Olga Tokarczuk's novel "Drive Your Plow Over the Bones of the Dead") and Alice Agneskirchner's 2018 documentary "Auf der Jagd". Framing his nuanced readings of these two films with recent debates on hunting and animal ethics, Hayer shows that this approach allows secondary school students to develop a better understanding of cinematography. In addition, students also discover how cinematic animals can be used to elicit different cognitive and affective responses that may lead to the development of an ethical regard for nonhuman animals. Contributing to both the literature on animals in film and on related pedagogies, Hayer proposes an approach that could easily be implemented both in secondary schools and in various other educational contexts and settings.
Visual representations of sexual violence in the Bosnian War in Jasmila Žbanić's "Grbavica" (2006) and Angelina Jolie's "In the Land of Blood and Honey" (2011) reveal different dimensions of victim feminism. Both directors sought to raise awareness of the issue of wartime rape and to direct viewers' attention to the pain of the distant Other. An intersectional analysis of the two productions (one domestic and one US-based) helps convey the impact of national and gender stereotyping both on self-representations and on representations of Otherness. Moreover, the analysis of a cinematic response to the Western gaze encourages rethinking prevalent images of the so-called Balkans.
"BRIDGIT" ist der Titel des iPhone-Videos, mit dem Charlotte Prodger 2018 den Turner Prize gewann. Der Beitrag zeigt, dass Prodger einerseits an bereits etablierte Ästhetiken des experimentellen queeren Kinos anknüpft, andererseits aber auch über diese hinausgeht. Die ästhetische Verschränkung von Körpern, Begehren, Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung, Landschaft, Zeit und Queerness ist - auch im Medium des digitalen Filmes - skulptural und setzt darin eine virtuelle Kraft frei, die sich den neoliberalen Normalisierungsprozessen und der Nicht-Intelligibilität von queeren Begehrensformen in subtiler Weise widersetzt.
Der in seinen mannigfachen Referenzen nahezu opake Film "Contra-Internet: Jubilee 2033" von Zach Blas (2018) steht im Zentrum der Frage, welches Internet wir uns aus einer queer-theoretischen und queer-ästhetischen Perspektive vorstellen können. Was ist eine queere Vision des Internets? Wie lässt sich eine Zukunft des Internets prophezeien, die den von Technologieunternehmen herbeigeführten Nexus von Mystik und Mathematik hintertreibt? Am Beispiel der im Film verhandelten Symbole, Objekte und Materialien beschäftigt sich dieser Beitrag mit der queeren Ästhetik des Algorithmischen.
Wenn queeres Kino und queere Ästhetiken das Prekäre dokumentieren, dann intendiert dies auch eine Revolution im Symbolischen. Oder anders formuliert: ihr ästhetisches Unterfangen, Rahmungen zum Vorschein zu bringen, ohne sie zu wiederholen, erweist sich, wie die hier versammelten Beiträge namhafter Film-, Medien- und Queertheoretiker*innen zeigen, als prekäre Form der Dokumentation. Die Beiträge bieten dabei zugleich einen Einblick in den gegenwärtigen Stand des queeren Kinos - seiner Filme, Videos und visuellen Installationen.
Gegen das tödliche Schweigen und die Einsamkeit setzt Robin Campillo in seinem Film "120 BPM" das gemeinsame Sprechen, die Versammlung. Basierend auf Campillos Erinnerungen an die politische Arbeit mit ACT UP Paris in den frühen 1990er Jahren rückt der Film die wöchentlichen Versammlungen der Gruppe in den Fokus. Ausgehend von diesen werden die queeren Zeitpolitiken des Films herausgearbeitet und gezeigt, dass der Film die Kämpfe nicht einfach als vergangene zeigt; vielmehr etabliert er eine Ästhetik des Präsentischen, die die Verbindungen von Gegenwart und Vergangenheit als performative Vergegenwärtigungen und potentielle Aktivierungen betont.
Dieser Beitrag fokussiert die Arbeiten von Charlotte Prodger als ein Beispiel für gegenwärtige künstlerische Strategien, die sich bewusst einer Vereinnahmung bzw. einer Kommodifizierung queerer Ästhetiken verweigern und stattdessen die Notwendigkeit einer queeren Selbstbestimmung und damit einer queeren Bewegungsgeschichte (erneut) in den Vordergrund rücken. Insbesondere der 2019 bei der Biennale in Venedig gezeigte Film "SaF05" wird dabei im Zentrum der Überlegungen stehen - eine Arbeit, die in gewisser Weise an experimentelle Prozesse des New Queer Cinema anknüpft und die Betrachtenden in und durch queere (Erinnerungs-)Landschaften führt.
In den Filmen "Old Joy", "Wendy and Lucy" und "Certain Women" werden die zentralen Themen der US-amerikanischen Regisseurin Kelly Reichardt um Armut und Prekarität als Beschäftigung mit Zeitlichkeit deutlich. Der Artikel interessiert sich weiterführend dafür, wie diese Fragen in ihren Filmen auch als queer gelesen werden können. Hierfür werden verschiedene Bewegungen untersucht, die chrononormativen Zuschreibungen entgegenstehen und potentielle Öffnungen und Gefüge zeitigen. Es handelt sich um filmische Unterbrechungen und kleine Brüche, die eine Unklarheit, Abweichung oder Übertretung und die Neuformulierung von Zeit(ver)läufen und Räumen erlauben. Damit offenbart sich ein filmisches Denken, das sich im Bild selbst, in der Kameraführung oder durch Verbindungen in der Montage äußert.
Im Beitrag werden zwei filmische Positionen zusammengeführt. In beiden finden sich Inszenierungen von Gemeinschaft und Prekarisierungen als ästhetische Aushandlungen einer Politisierung der Filmform. Während der schwedische Film "Folkbildningsterror" (2014) politische Zustände im Musical zur Disposition stellt, untersucht der US-amerikanische Thriller "The Owls" (2010) die Konsequenzen homophober Entwürfe lesbischer Figuren im Film, die bis in die aktuelle Filmgeschichte reichen.
Following Hannah Arendt's remarks on refugee camps as spaces of 'worldlessness', I examine how, in films on European asylum facilities, systemic violence 'makes itself known' in images of nature. Nature separates and isolates ("La Forteresse", "Forst"), it constitutes a sphere of domination and control ("View from Above"), and it functions directly as a murder weapon ("Purple Sea"). Nature, in these films, indicates the Outside within, haunted by the latent and ghostly presence of systemic violence.
Als Alternativen zu den oftmals melodramatisch inszenierten Figuren des Blinden in vielen populären Filmen verstehen sich Projekte, die sich - in Kooperation mit blinden Menschen - an deren spezifische Wahrnehmung anzunähern versuchen. Die Regisseurin Nina Rippel stellt in ihrem Bildessay eigene Filmprojekte vor, die blinden Menschen sozusagen auf Augenhöhe begegnen wollen. Rippel beschreibt zum einen ihre filmischen Versuche, mit Unterwasseraufnahmen differente Wahrnehmungsweisen bzw. Wahrnehmungsstörungen zu simulieren. Zum anderen reflektiert sie ihre dokumentarischen Arbeiten, in denen sie auf filmtechnisch komplexe Weise blinde Menschen im Gespräch mit der Regisseurin porträtiert und deren eigene ästhetische Praxis, etwa als blinde Orchestermusikerinnen oder als blinde Fotografen, herausarbeitet.
Recovery
(2019)
Despite the increasing incidence of eating disorders, very few films have addressed these conditions in particular. What's more, most of the US-American mainstream fiction films that deal with eating disorders tend to be built on anachronistic clichés, hardly depicting their broad array. Furthermore, the traditional narrative structure of beginning, middle, and (happy) end misrepresents the erratic temporality of eating disorder symptoms as well as the nonlinear phases of recovery and relapse.
Marcus Coelen's essay 'An Eclipse of the Screen: Jorge Semprún's Scripts for Alain Resnais' starts from the assumption that the peculiar status of film scripts (not written to be read as such) can be illustrated by the figure of their eclipse. For they are, in inverting the very logic of the figure they invite, eclipsed for the sake of and by the fractured light on the screen they help to produce. Yet just as the sun, obscured by the 'black writing' of the moon, leaves an ephemeral contour in the skies - a spectacle to many when happening - so too can the script that is made to disappear by the screen be assumed to draw its own particular and even more vanishing traits into the movie that is given not only to sight but also to thought. The analyses and critical constructions proposed by Coelen try to detect such traits in the work of Jorge Semprún the screen writer. Writing not only for movies by Alain Resnais - most notably "La guerre est finie" (1966) and "Stavisky" (1974) - but also publishing versions of them after their release and calling those versions 'scénarios' despite various divergences and subtly violent inversions of the movies' images, the screenwriter's figure describes yet another twist of the eclipse. It can be assumed not only that Semprún strongly resisted the influence of the constellation formed by writing and cinematographic shooting, as well as projecting, but furthermore that this writing was almost imperceptibly yet essentially directed against the eclipse it was drawn into. No minor forces are conjured up in this enterprise. Driven by the desire to re-appropriate cinema's a-personal and anti-psychological movement, to domesticate the images of scribbling lights drifting away from the mental and into thought - as well as into a history not mastered -, Semprún attempted to shape mastery itself and most traditional forms of authorship, along with memory and agency, in order to cloud the eclipse of script - that is, we might add, to conjure up a ghost recovering the trace of what has been eclipsed so that it may continue to haunt.
Ist es möglich das Konzept des Ritornells in eine Philosophie des Spiels einzubinden und mit Benjamins Philosophie der Zweiten Technik, in deren Zentrum bekanntermaßen das Spiel steht, so zu verbinden, dass das Spiel als Teil der Technik erscheint und die Ästhetik ihrerseits als Teil dieses Spiels? Dieser Frage geht Astrid Deuber-Mankowsky in ihrem Beitrag in Form eines spielerischen Versuchs nach. Elemente dieses Versuchs sind die Texte von Deleuze und von Deleuze und Guattari zum Konzept des Ritornells und der dazugehörigen Philosophie der Wiederholung, Benjamins verstreute Ansätze zu einer Philosophie der Technik und der Videofilm "Seeing Red" der US-amerikanischen Experimentalfilmemacherin Su Friedrich. "Seeing Red" spielt mit dem Genre des Diary Films in der sich ausbreitenden Vlog-Kultur. Der Film ist jedoch, wie Deuber-Mankowsky zu zeigen unternimmt, mehr als ein Spiel mit Genres: Su Friedrich betreibt das Filmen selbst als ein Spiel im Sinne des Ringelreihen-Spiels von Deleuze und Guattari: als eine Passage und als eine Bewegung der Intensivierung, als ein Spiel mit Wiederholungen und ein Abschreiten von Variationen. Dies lässt sich freilich nur dann mit dem Begriff der Technik verbinden, wenn Technik nicht instrumentell - und das heißt, auch nicht anthropozentrisch - gedacht wird, sondern, wie Benjamin vorschlägt, in der Nähe zum Spiel, das, wie er schreibt, als "Wehmutter jeder Gewohnheit" auftritt. So ist es von der kleinen Variation nur ein Schritt bis zur unermüdlichen Wiederholung der Versuchsanordnung, welche das Experiment auszeichnet.
Im antiken Rom war das Publikum im Colosseum live bei der Inszenierung von Gewalt dabei. Heutzutage werden "tödliche Spiele" in Film und Literatur nicht nur medial re-inszeniert (Stichwort Hollywood-Historienfilme, Gladiatoren-Computerspiele), sondern auch zunehmend als Vehikel für Gesellschaftskritik eingesetzt. Ausgehend vom Erfolg der Buchtrilogie "Die Tribute von Panem" (The Hunger Games) wird der Vortrag erkunden, welche gesellschaftliche Funktion die Darstellung und Betrachtung von Gewalt im Spiel erfüllt.
Der vorliegende Band nimmt künstlerische Auseinandersetzungen mit Zeugenschaft im Film, im Theater, in der Literatur, in der Bildenden Kunst und in der Performancekunst in den Blick und stellt dabei grundlegende Fragen: Was gilt als Zeugnis und wer ist ein Zeuge? Wie verhalten sich Zeugnis, Wahrheit und Fiktion zueinander? Wie wird Zeugenschaft, wie wird die epistemische und moralische Rolle von Zeugnissen in der Kunst reflektiert und kommentiert? Dabei werden gattungsspezifische Aspekten der jeweiligen Kunstformen herausgearbeitet, aber auch allgemeinere Fragen über das Verhältnis von Kunst und Zeugenschaft thematisiert. Gewinnen wir, indem wir uns mit künstlerischer Zeugenschaft auseinandersetzen, auch einen neuen Blick auf Begriff und Phänomen von Zeugenschaft? Oder ist ein solch allgemeiner Begriff von Zeugenschaft gar nicht anzustreben angesichts der kaum überschaubaren Fülle unterschiedlicher Phänomene des Zeugnisgebens? Fragen über Fragen, auf welche dieser Band Antworten sucht. Doch wir möchten an dieser Stelle auch einige Thesen darüber artikulieren, welche Facetten von Zeugenschaft ganz spezifisch durch Kunst in den Blick geraten – und wodurch sich insbesondere die künstlerische Auseinandersetzung mit Zeugenschaft vom Umgang mit Zeugen und Zeuginnen in anderen Kontexten unterscheidet.
Jósef Tarnawa, ein Überlebender von Auschwitz, in Großaufnahme in einem Sessel. Er zeigt seine verblasste, eintätowierte Häftlingsnummer: Es ist die Nummer 80064. Er berichtet von deren Entstehung. '80064': so auch heißt dieses Video, 2004 gedreht von dem international renommierten wie auch umstrittenen polnischen Künstler Artur Zmijewski. Mit der Großaufnahme des Überlebenden ruft der Film fast schon vertraute Bilder videographierter Augenzeugenschaft auf, denken wir nur an die gefilmten Interviews der Yale Archives for Holocaust Testimonies oder Claude Lanzmanns Film 'Shoah'. Doch dann weitet sich die filmische Einstellung und wir werden gewahr: Der Überlebende sitzt in einem Tätowierstudio. Der Filmemacher Artur Zmijewski kommt nun selbst ins Bild; er redet auf den Überlebenden ein, will ihn bewegen, seine Häftlingsnummer hier im Studio zu erneuern, sozusagen: 'nachgravieren' zu lassen. Joséf Tarnawa sträubt sich, doch Zmijewski lässt nicht locker. Es folgt ein quälendes Streitgespräch kreisend um die Erneuerung der Nummer; es endet damit, dass der Überlebende seinen Widerstand aufgibt. Die Nummer wird nachtätowiert.
Als der spanische Bürgerkrieg 1939 nach drei langen Jahren endet, sieht sich der siegreiche Francisco Franco einem nicht unerheblichen Problem gegenüber: Es gilt, die zersplitterte und traumatisierte Nation auf Basis einer gemeinsamen Grundlage neuerlich zu vereinen. Zugleich benötigt der durch einen Putsch zustande gekommene 'neue Staat' auch nach Ende des als Kreuzzug betitelten Bürgerkriegs dringend eine Legitimationsgrundlage. Dies versucht man u. a. durch Geschichtstransformationen zu erreichen, die das Franco-Regime als legitimen Nachfolger frühneuzeitlicher Monarchien inszenieren. Daneben soll der Gesellschaft besonders in den 50er Jahren der langsam (wieder) entstehende Konsumkapitalismus schmackhaft gemacht werden: Der Spanier ist aufgefordert, die dargebotenen Güter zu genießen und sich so als dem Franquismus gleichsam 'genüsslich unterworfenes' Subjekt zu konstituieren. In den beiden hier beleuchteten Filmen dieser Epoche werden, wie zu zeigen wird, sowohl die franquistischen Geschichtstransformationen in ihrem fiktiven Charakter entlarvt als auch das staatliche Mandat des 'Genießens' unterhöhlt, indem jenes Genießen als ebenso substanzarm ausgewiesen wird wie die mit ihm einhergehende Politik.
Komplikationen von Zeitreisen sind nicht unvertraut. Entfaltet werden sie in einem eigenen Genre von Geschichten. Die erste namhafte Erzählung, in der eine Zeitreise mit Hilfe einer Zeitmaschine unternommen wird, ist schon dem Titel nach einschlägig, ja ikonisch: 'The Time Machine', 1895 verfasst von H.G. Wells. Dabei handelt es sich um einen Urtext der Science Fiction, wofür besonders wichtig ist, dass hier die Reise in eine äußerst ferne Zukunft führt. Bevor ich mich diesem Text ausführlicher zuwende, schicke ich einige Bemerkungen zur wissenschaftlichen Denkbarkeit und technischen Machbarkeit von Zeitreisen voraus. Im Anschluss an Wells’ klassisch-modernes Modell der Zukunftsreise werde ich dann zwei Romane aus den 1990er Jahren besprechen, in denen Zeitreisen in die Vergangenheit führen: 'Timeline' von Michael Crichton (1999) und 'Making History' von Stephen Fry (1996). In diesen Geschichten zeigt sich eine für das späte zwanzigste – und auch noch für das beginnende einundzwanzigste – Jahrhundert charakteristische, wohl mit Recht als 'postmodern' zu charakterisierende Fixierung auf Vergangenheit und Historizität. Ähnliches gilt für Robert Zemeckis’ Filmtrilogie 'Back to the Future' (1985–1990), die ich abschließend erörtern werde. Hier wird auf virtuos selbstbezügliche Weise ein zugleich spannendes und komisches Hin und Her zwischen den Zeitformen inszeniert und ins bewegte Bild gesetzt.
Ausdruck und Verkörperung : Fritz Kortners Überlegungen zu Stimme und Geste in Film und Theater
(2013)
Bertolt Brecht hat in seinem 'Arbeitsjournal' aus dem kalifornischen Exil die Schwierigkeiten eines seiner Bekannten, des Schauspielers Fritz Kortner (1892−1971), in den Filmstudios von Hollywood beschrieben: "Kortner kann keine rolle bekommen. eisler erzählt, daß die leute in RKO [Radio Keith Orpheum, eine amerikanische Radio- und Filmgesellschaft] bei der Vorführung von Probeaufnahmen laut gelacht hätten: er habe mit den augen gerollt. nun ist eigentliches spiel hier verpönt, man gestattet es nur den negern. die stars spielen nicht rollen, sondern kommen in "situationen". Ihre filme bilden eine art von comics (abenteurerroman in fortsetzungen), welche einen typ in vielen bedrängnissen zeigen (selbst die wiedergabe der story in der presse sagt etwa: gable haßt garbo, hat aber als reporter … usw.). aber gerade seine arbeitslosigkeit veranlaßt k[Kortner], sogar im privatleben sehr viel mehr zu spielen, als er es je auf der bühne tat. ich sehe ihn mit einem gemisch von heiterkeit und entsetzen eine einfache erzählung unbedeutender vorgänge mit einem unmaß von gestik und "ausdruck" vortragen." Diese Eintragung Brechts aus dem Jahre 1942 ist über den anekdotischen Anlass hinaus aufschlussreich. Brecht notiert die unterschiedlichen Auffassungen bei europäischen Emigranten und den Gewaltigen der amerikanischen Filmindustrie hinsichtlich dessen, was es heißt, eine Rolle zu spielen. Fritz Kortner verfügt über die vokalen und mimisch-gestischen Ausdrucksmittel der expressionistischen Schauspieler-Generation vor und nach dem Ersten Weltkrieg, er weiß, wie man etwas 'mit Ausdruck' vorträgt. Doch erscheint eben dieser von ihm so virtuos verkörperte Schauspielertypus im amerikanischen Filmgeschäft der 40er Jahre nur noch als exotisch. Allenfalls wird dergleichen bei 'Negern', also den Verlachfiguren des Hollywood-Films, toleriert. Von weißen Schauspielern wird etwas anderes erwartet: Nicht die Verwandlung ist das Ziel, sondern die Wiedererkennbarkeit der Stars in unterschiedlichen Kontexten. Und gefragt ist eine unterkühlte und - gemessen an europäischen Maßstäben - anti-theatralische Art des Schauspielens mit herabgesetztem Einsatz von Mimik, Gestik und vokalen Mitteln.
1918 sprang der berühmte russische Filmemacher Dziga Vertov von einer Mauer und ließ dabei sein Gesicht filmen. Heraus kam eine Folge von Einzelbildern, die die Veränderungen seines Gesichtsausdrucks während des Sprungs zeigen sollten, innere Befindlichkeiten also, die er selbst nur unbewusst zum Ausdruck gebracht hatte. Jahre später wiederholte er den Sprung und schrieb dazu: "Vom Gesichtspunkt des gewöhnlichen Auges sehen Sie die Unwahrheit. Vom Gesichtspunkt des kinematographischen Auges (mit Hilfe besonderer kinematographischer Mittel, in diesem Falle – der Zeitrafferaufnahme) sehen Sie die Wahrheit. Wenn vom Lesen der Gedanken eines Menschen auf Entfernung (und es ist nicht selten wichtig für uns, nicht die Worte eines Menschen zu hören, sondern seine Gedanken zu lesen) die Rede ist, so haben Sie diese Möglichkeit gerade hier erhalten. Die Mittel des "Kinoglaz" haben sie entdeckt. Die "filmtauglichen" Mittel bieten die Möglichkeit, die Maske vom Menschen wegzunehmen, ein Teilstück der Filmwahrheit zu erhalten." Das menschliche Auge desjenigen, der den springenden Filmemacher beobachtete, sah hiernach die Unwahrheit. Stattdessen war es das technische Auge der Kamera, das Vertovs wahres Antlitz offenbarte, das ihm die Maske vom Gesicht riss. Der frühe Film schien menschliche Gesichter auf eine bestimmte Weise noch 'wirklicher' sehen zu können, als dies natürliche Augen gekonnt hätten. Doch um welche Art Wirklichkeit ging es hier? Was kommunizierte der frühe Film über das menschliche Gesicht, wenn Vertov nicht die natürliche Wahrheit sondern die 'Filmwahrheit' anvisierte? Im Folgenden möchte ich der Frage nachgehen, ob die Maske durch den Film tatsächlich zum Verschwinden gebracht werden konnte oder ob sie sich nicht vielmehr einen neuen Ort gesucht hat - statt vor dem Gesicht etwa auf der Leinwand oder in der Kamera.
Gesichter und Gesichte, im Sinne von Visionen des Gewesenen oder Möglichen, sind in epischen, dramatischen und den filmischen Arbeiten von Samuel Beckett eng miteinander verknüpft. Becketts Arbeiten im Sektor der bewegten Bilder, um die es mir hier geht, umfassen einen Zeitraum von gut 20 Jahren, beginnend mit dem 1963 konzipierten "Film" und endend mit "Was wo" im Jahr 1986, einem Fernsehspiel, das Beckett zusammen mit dem SDR in Stuttgart produzierte. Sehen, Gesehenwerden, Gesicht und Gesichtetwerden, das Auflösen und Auslöschen des Gesichts im dreifachen Wortsinn, nämlich der physischen Erscheinung, des geschauten Bewusstseinsinhalts und des Gesichtssinns sind zentrale Themen der Arbeit auch in diesem Feld.
Nestwärme mag sich nicht unbedingt als Begriff aufdrängen, um die Zugehörigkeit zu einer im Bürgerkrieg kämpfenden Zelle der kommunistischen Partei zu beschreiben. Auch der Hühnerstall mag nicht die allererste Wahl sein, um einer gefühlten Unbehaustheit ein Bild von Geborgenheit gegenüberzusetzen. Doch gerade mit solchen Assoziationen eröffnet Maher Abi Samra in seinem Dokumentarfilm 'Shuyu'iyin kinna' ('We were Communists') die Suche nach seiner verlorenen Zeit. In dem 2010 fertiggestellten, teils autobiographischen Film begibt sich der Regisseur auf eine Selbstfindungsreise, die gleichzeitig in die Vergangenheit und Gegenwart führt, und lässt dabei auch drei Mitstreiter ihren Lebensweg seit den 1980er Jahren Revue passieren. Zu Beginn des Films, als der einstige Kämpfer erstmals nach langem Auslandsaufenthalt in sein Appartement zurück kehrt, unter dem es früher einmal ein KP-Büro gab, stellt er fest: "This gave me a sense of security, [...] the security chicken feel in their coop." Doch dieses Gefühl wird nicht anhalten. Am Ende des Films sehen wir den Regisseur allein in seinem verschneiten, gespenstischen Heimatdorf davongehen und hören eine Tür knarrend zufallen: Es gibt keinen Weg zurück.
Figura lacrima
(2012)
Hervé Joubert-Laurencin’s article 'Figura Lacrima', which explores Pasolini's figure of Christ, consists of two interconnected parts. The part called 'Lacrima' argues that Pasolini's Christ sheds a small tear which is analogous to the salvific tear of Dante's Bonconte da Montefeltro. This heretical tear is not explicitly referred to or shown but can only be perceived through the coherent text represented by the ensemble of Pasolini's films. The part called 'Figura' argues that Pasolini invents the new concept of 'figural integration', which extends beyond Erich Auerbach's analysis of medieval figural and typological interpretation and allows him to conceptualize a kind of non-dichotomous tension between the poles structuring his thought and art. Joubert-Laurencin argues thereby that Pasolini's scandal of Christ's small tear is not the simple provocation of a sinful Christ, but the utopian image of a West that frees itself from its own closure through the promise of another world, coming not from somewhere else but from the powers of an outside that it possesses within itself.
Pasolini's literature, film, theatre, and essays engaged with Classical tragedy from the mid-1960s onwards. As Bernhard Groß shows in his paper 'Reconciliation and Stark Incompatibility: Pasolini's "Africa" and Greek Tragedy', this engagement forms a modality in Pasolini's politics of aesthetics that seeks to grasp the fundamental transformation from a rural-proletarian to a petit-bourgeois Italy. Since the mid-'60s, Pasolini was concerned with the bourgeoisie and its utopian potentials, which he sought to make productive by reading Classical tragedy as a possibility to make contradictions visible. Pasolini realized his reading of the Classical tragedy by having 'Africa' and 'Europe' - as he understood them - confront one another without mediation. By means of film analyses and film theory, Groß argues that this confrontation, especially in the films on the ancient world, generates an aesthetic place where the incompatible can unfold in the spectators' experience.
The body of the actor : notes on the relationship between the body and acting in Pasolini's cinema
(2012)
Agnese Grieco's paper 'The Body of the Actor: Notes on the Relationship Between the Body and Acting in Pasolini's Cinema' deals with the specific physiognomy of the actor within Pasolini's 'cinema of poetry'. It argues that Pasolini's films allow the spectator to experience directly a complex and polyvalent reality beyond the traditional idea of 'representation'. As a fragment of that reality, actors quote and present themselves beyond and through their interpretations of a role. Instead of conceiving of the actor as a 'professional of fiction', Pasolini employs a variety of actors who are able fully to convey their own anthropological history. It is particularly the body of the actor, Grieco concludes, that becomes a door opening towards a deeper reality. For instance, the figure of Ninetto Davoli can push us back towards Greek antiquity, and the codified art of the comedian Totò or the iconic fixity of Maria Callas can interact with the African faces of the possible interpreters of an African Oresteia.
Slovenian partisan film is a term which denotes films glorifying Slovenian communist-led guerrilla fighters (so-called 'partisans'), who resisted the German and Italian occupying forces during WW II. These films were made during the decades of communist rule in post-war Yugoslavia and were an important part of the official ideological propaganda. Since the fall of communism in 1989 and Slovenia's secession from former Yugoslavia two years later, however, partisan films have fallen into complete neglect. This is regrettable since they not only represent an important (and not necessarily unattractive) part of Slovenian film history but also allow unique insights into the complexities of the official ideology during the decades of communist rule in the country (1945−89). Namely, the existing ideology was not as simple as might have seemed from the outside: while the Slovenian Communist party had no problems with class issues (class inequalities were regarded according to the Marxist agenda as bad and everything was actually done to eliminate them), there were many important areas of social life that were neglected or dealt with in ideologically relatively ambivalent terms.
Astrid Deuber-Mankowsky's paper 'Cinematographic Aesthetics as Subversion of Moral Reason in Pasolini's Medea' explores the 1969 film "Medea". Pasolini's Medea, masterfully played by Maria Callas, betrays her homeland and her origin, stabs both her children, sets her house on fire, and dispossesses Jason of his sons' corpses. But Deuber-Mankowsky argues that it is ultimately not these acts that render the film particularly disturbing and disconcerting, but, rather, the fact that the spectator is left behind in suspension precisely because Medea cannot be easily condemned for her acts. Pasolini's film and its cinematographic aesthetics thereby not only subvert the projection of Medea into the prehistorical world of madness and perversion, but also undermine belief in the validity of the kind of moral rationality developed and constituted in an exemplary way by Immanuel Kant in his "Critique of Practical Reason". In particular, Pasolini seems to relate conceptually to Nietzsche's artistic-philosophical transfiguration of Dionysus and to accuse belief in a world of reasons of failing to grasp the groundlessness, irrationality, or even a-rationality of reason itself.
Die Schwierigkeit von Zugehörigkeit in einer Stadt, die sich durch Zerstörung und Wiederaufbau ständig im Wandel befindet, ist eines der Themen, mit denen der libanesische Regisseur Ghassan Salhab seine Filmfiguren konfrontiert. Die Zerstörung des multikonfessionellen und sozial gemischten Stadtzentrums bereits in den ersten Kriegsjahren, die zu einer Entkernung der Stadt Beirut, zu einer leeren Mitte führte, hat die Auslöschung sozialer Erinnerungsräume zur Folge. Stadtviertel erfahren entsprechend einer kriegsbedingten, zunehmenden Fragmentierung der Stadt massive Veränderungen ihrer Sozialstruktur hin zu kleineren homogenen Einheiten, wodurch die durch stark emotionalisierte Erinnerungen geprägten mentalen Topographien die physische Realität überlagern.
Der 'tellurische Charakter' des Partisanengenres : jugoslavische Topo-Graphie in Film und Literatur
(2011)
Künstlerische Verarbeitungen des jugoslavischen Partisanenkampfes, vom Vrhovni štab und damit der Führung der Kommunistischen Partei Jugoslaviens (KPJ) bereits 1943 zum künstlerischen Desiderat des neu zu formierenden Staates Jugoslavien erklärt, finden sich in der Literatur schon zu einer Zeit, in der der Zweite Weltkrieg nicht beendet war. Der letztlich nicht länger als drei bis vier Jahre geführte Partisanenkrieg setzt sich auf diese Weise ein frühes Denkmal, das den Ausgang des Krieges vorwegnimmt und eine wechselseitige Beförderung von historisch-politischem Ereignis und seiner künstlerischen Darstellung in Jugoslavien initiiert. In den Nachkriegsjahren erfährt das neue Genre eine explosionsartige Vervielfachung, zu der ab dem ersten jugoslavischen Film, dem Partisanenfilm Slavica (1947, Regie: Vjekoslav Afrić, Avala Film), neben der Literatur auch das Kino beiträgt. Das Partisanengenre spielt – von diesen beiden, nachfolgend stark interagierenden Medien popularisiert1 – in der jugoslavischen Selbstkonzeption und im Entwurf eines gemeinsamen 'süd-slavischen' (jug = Süden, Jugoslavija = Südslavien) Territoriums eine zentrale Rolle. Es ist gerade das raumgestaltende und ‑umgestaltende Potential des Partisanennarrativs, das ich mit Carl Schmitts Begriff aus seiner Charakterisierung des Partisanenkrieges als "tellurischen Charakter" bezeichnen möchte, das die außerordentliche Genre-Karriere ermöglicht hat. Dieses Tellurische, das am Partisanengenre im Folgenden herausgearbeitet wird, kehrt in Partisanenrevivals gegenwärtig vielgestaltig wieder und speist sein topographierendes Umgestaltungspotential in nach-jugoslavische wie auch globale Kontexte ein.
Zum Repertoire sozialistischer Helden und Märtyrer gehört die Figur des Kindermärtyrers, die auch in der sowjetischen Kultur seit den 1920er und 1930er Jahren Hochkonjunktur hatte. In der Presse, der Literatur wie im Film wurden zahlreiche Geschichten über Kinder und Jugendliche erzählt, die an die 'lichte Zukunft des Kommunismus ' glaubten und bereit waren, selbstlos ihr Leben für diese zu opfern. Solche Geschichten über jugendliche Opfer zählten - wie traditionell in vielen Kulturen und Gesellschaften - zu den zentralen Gründungs- und Opfermythen des Sowjetsystems. Das Selbstverständnis der Sowjetmacht als Schöpferin einer neuen Weltordnung, das radikale Zerstörungspraktiken zu legitimieren schien, war mit einer Neuordnung des gesamten symbolischen Kapitals russischer Geschichte verbunden. Einerseits wurden tradierte Symbole den veränderten Bedingungen angepasst und semantisch umcodiert, andererseits wurden den Anforderungen der Ideologie entsprechende neue Zeichen und Symbole in Umlauf gebracht. Mit den realen wie fiktiven Märtyrerfiguren wurden insbesondere in den ersten beiden Jahrzehnten nach der Oktoberrevolution von 1917 wirkmächtige Symbole zur Regulierung der für die Menschen nahezu täglich spürbaren Gewalt bereitgestellt. Die Märtyrerfigur als kulturelles Deutungsmuster funktionierte offenbar weiterhin - ungeachtet der radikalen Absage der Sowjetmacht an die Religion - als propagandistisches Instrument und ermöglichte Verknüpfungen (wie z. B. von Gewalt und Kult, Tod und Verehrung, Opfer und Quasi-Sakralem).
'Perhaps the sodomites should be written out of Dante's "Inferno"', Jarman wrote in his journal on 1 August 1990: 'I'll offer myself as the ghostwriter.' What does he mean by 'ghostwriter' here? How queer is this odd speech-act? What is he offering to do to the homophobic landscape of the "Inferno", that forbiddingly sealed textual prison, with his Hollywood pitchman's casual bid to 'write out' the sodomites as if they were a slight embarrassment to the divine justice system? Is he speaking in jest as a writer of gay satires and sacrilegious memoirs, or in deadly earnest as an activist who had renounced the middle-class pretensions and frivolities of the pre-AIDS gay world? [...] Jarman counters the trope of homosexual theft visually with the triumphant figure of Man with Snake. The Dantesque merging of snake and thief is replaced by an erotic dance in which the gilded youth raises his phallic partner above his head and seductively kisses it on the mouth. Whereas Dante would have us notice the grotesque parody of the Trinity played out in the seventh bolgia - with the unchanging Puccio as God the Father, the two-natured Agnello-Cianfa as Christ, and the fume-veiled Buoso receiving his forked tongue from the serpent Francesco in a demonic replay of the gift of tongues from the Spirit - Jarman clears away all overdetermined theological meanings to revel in the purely aesthetic impact of the phallic dancer. All the ghosts from Dante's snakepit are conjured away in the film and replaced with the solid presence of a single gorgeously spotlit male body. Ghostwriting Dante, for Jarman, meant more than a mere appropriation of homoerotic scenes from the "Inferno" into his screenplay. It meant a complete reimagining of their aesthetic significance within the filmscape of his Dantean transformations.
The 1935 Fox Films "Dante's Inferno" (directed by Harry Lachman) traces the rise and fall of an entrepreneur. Its protagonist, Jim Carter (played by Spencer Tracy), begins the story as a stoker on a cruise liner. The narrative opens with a burst of flames from the ship's boiler, and the ensuing scene goes on to show the protagonist competing at shovelling coal for a bet in the sweltering engine-room. Interspersed are shots of the superstructure directly above with a number of elegant and vapid passengers following the game below. This initial sequence thus concisely conveys the main features of the film's social agenda through imagery that anticipates that of two of its later 'infernal' sequences. [...] Spectacular admonition and concern about the ruthless pursuit of wealth are the main features which link this "Inferno" of the thirties to the one that had appeared some six hundred years earlier. Wealth and avarice were, of course, demonstrably serious concerns for Dante: as Peter Armour, for example, has shown, there is a recurrent and pervasive concern with money, its meaning, and its misuse throughout the "Commedia". So it is not surprising that the "Inferno" should also have been appropriated by social critics some hundred years before the 1935 Hollywood fable. [...] Some of the narrative and visual patterns in "Dante's Inferno" imply an uneasy underlying vision of the movie industry and its practices. Other productions, publicity, and journalism of the time reinforce suggestions of such a metafictional approach to movies, morality, and the market in the 1935 "Dante's Inferno".
This article shows that 'tension' cannot be conceived as a specific object of an analysis for which one could determine a precise field of enquiry. Instead, it establishes tension as a specific mode or angle of approach with which any given contingent object or set of objects can be explored. The wideness of its applicability and the specificity of its angle suggest that research on tension can help to unfold a better understanding of a classical ontological question concerning the essential value of actions and relations in the definition of what a thing is. The text follows this line of argumentation by pairing contemporary philosophical sources and specific aesthetic and political examples. Suggesting the possibility of an open classification of different modes of tension, it clarifies the extent to which the essential definition of a thing is bound to the contingent analysis of its transformations.
This contribution consists of an explanatory introduction and extracts from recent fiction works, 'White Tales' (novel) and 'Peep Show' (novel in progress). Both fiction works explore the spiralling tensions between intensity and excess, desire and jouissance, via the structure and methodology pioneered in the author's previous work with 'subconscious narrative' film. The result of this prior work was the 18-minute subconscious narrative film 'The Dangers', which explores an experimental narrative structure and is fascinated by the creation and sustenance of suspense, particularly when created with the notion of the uncanny in mind.
Im Jahr 1923 veröffentlichte László Moholy-Nagy in der amerikanischen Zeitschrift Broom den Artikel "Light: A Medium of Plastic Expression", dessen Aussagen in einer Beobachtung münden, die vom ihm selbst in seinen folgenden Schriften präzisiert und weiterentwickelt und die 1931 von Walter Benjamin in seinem Essay über die Fotografie als Gedanke übernommen wird. Moholy-Nagy schreibt: "An dieser Stelle muß unterstrichen werden, daß unsere intellektuelle Erfahrung formal und räumlich die optischen Phänomene, die das Auge wahrnimmt, vervollständigt und zu einem homogenen Ganzen zusammenfügt, während die Kamera das rein optische Bild wiedergibt (die Verzerrung, die schlechte Zeichnung, die Perspektive)." Diese Formulierung der genuinen Poiesis, die aus einer Verbindung physiologischer und psychologischer Vermögen des Menschen mit den Medienkünsten entsteht, die zu einer Neuordnung der Sinne, zum Experimentieren mit und der Erforschung von Wahrnehmungsprozessen leiten sollte, gründete in der Forderung nach einem 'Neuen Sehen', das, als "optische Wirksamkeit" - erstmals von Moholy- Nagy formuliert - zu einem Charakteristikum der Avantgarde wurde. Das Motiv dieser Suchbewegung - der hier nachgegangen werden soll - lag in einer Antwort begründet, die man auf die Frage zu geben suchte, wie sich die Verbindung der Sichtbarmachung des Unsichtbaren mit der Bewusstwerdung des Unbewussten, also der Ausbildung eines 'Optisch-Unbewussten' verbinden ließe, um im Anschluss eine neue Th eorie des Blicks - als ein Sehen über den rein physiologischen Sehakt hinaus - zu etablieren.
Laut Richard Dyer haben die Menschen schon immer Serialität als Spiel mit Wiederholung und Erwartung geliebt: "It’s clear that humans have always loved seriality. Bards, jongleurs, griots and yarnspinners (not to mention parents and nurses) have all long known the value of leaving their listeners wanting more, of playing on the mix of repetition and anticipation, and indeed of the anticipation of repetition, that underpins serial pleasure. However, it is only under capitalism that seriality became a reigning principle of cultural production, starting with the serialisation of novels and cartoons, then spreading to news and movie programming." Dyer unterscheidet in seinem historischen Abriss kaum zwischen Wiederholung und Serialität. Die Menschen lieben Serialität, weil es eine Lust an der Wiederholung gibt, doch erst seit der seriellen Produktion des Kapitalismus hat sich die Serie als Format durchgesetzt. Die Wiederholung im Kinderspiel unterscheidet sich jedoch von den Fortsetzungsromanen und Fernsehserien, da hier Variation und Linearität partiell eine größere Rolle spielt, die sich nicht auf die Erwartungshaltung in der rituellen Wiederholung reduzieren lässt. Denn obwohl dem zuzustimmen ist, dass "allen serialen und seriell angebotenen Produkten [...] das stilistische Merkmal der Wiederholung gemeinsam [ist]", ist es meiner Ansicht nach notwendig, zwischen der Wiederholung und dem Seriellen in kulturellen und ästhetischen Ausdrucksformen zu unterscheiden. Daher werde ich zunächst die Wiederholung genauer skizzieren, bevor ich auf spezifische serielle Formate in Film und Fernsehen eingehe.
Choks, Reflexe, Asja : zu Benjamins 'Vertiefung der Apperzeption' im russischen Avantgarde-Film
(2010)
Walter Benjamin hatte vor allem zwei Themen im Kopf, als er sich Ende 1926 in Moskau aufhielt: Asja Lacis und die russische Avantgarde. Seine Geliebte Asja Lacis allerdings war infolge eines Nervenzusammenbruchs in einem Sanatorium untergebracht und somit für Benjamin kein guter Zeitvertreib. Umso mehr widmete er sich seinem anderen Interesse, traf Vertreter der russischen Avantgarde - neben Schriftstellern auch den Theaterregisseur Vsevolod Mejerchol'd - ging allabendlich in Theatervorstellungen oder ins Kino. Benjamins 'Moskauer Tagebuch' weist einige der Orte aus, die er sah, viele aber auch nicht. Die meisten Gedanken galten ja bekanntlich der sich ihm immer wieder verweigernden Asja. So ist nicht verwunderlich, dass in seinen Aufzeichnungen nur die berühmtesten Filme Erwähnung finden: Sergej Ejzenštejns 'Panzerkreuzer Potëmkin', Dziga Vertovs 'Sechster Teil der Erde', Vsevolod Pudovkins 'Mutter', Lev Kulešovs 'Nach dem Gesetz'. Die schlechten Filme bleiben ungenannt. Doch es erstaunt gerade angesichts seiner Kino-Umtriebigkeit, dass Benjamin in einem Artikel "Zur Lage der russischen Filmkunst" 1927 schrieb: "Die Spitzenleistungen der russischen Filmindustrie bekommt man in Berlin bequemer zu sehen als in Moskau." Er schien damit nicht nur den Erfolg des Avantgarde-Films in Russland zu ignorieren, sondern vor allem den Höhenflug eines Films, der im Winter 1926 gerade anhob - genau in der Zeit also, als Benjamin in Moskau war. Im November kam 'Die Mechanik des Gehirns' als erster so genannter 'Kulturfilm' in die Kinos, eine populärwissenschaftliche Dokumentation über Ivan Pavlovs Reflexlehre, entstanden unter der Regie von dem Benjamin sicherlich bekannten Avantgarde-Filmemacher Vsevolod Pudovkin. Und diese Ignoranz wiederum verwundert umso mehr, wenn man den Kulturfilm vor dem Hintergrund Benjamins damaliger Interessen sieht - Asja und die Avantgarde oder auch: Kindererziehung und politisierte Kunst. Ich werde im Folgenden einer Sache nachgehen, mit der sich Benjamin scheinbar nicht beschäftigt hat und will versuchen zu klären, weshalb seine Auseinandersetzung mit dem Kulturfilm nicht offensichtlich stattgefunden hat, sondern fast unmerklich und wie es doch möglich ist, diese Auseinandersetzung zu entdecken. Dann, so die These für meine folgenden Ausführungen, erscheint auch Benjamins "Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" mit seinen zentralen Begriffen 'Chok', 'Zerstreuung' und 'vertiefende Apperzeption' in einem neuen, im sozialistischen Sinne geradezu materialistischen Licht. Um diese nicht offensichtlichen Zusammenhänge darzustellen werde ich die Filmpraxis des von den russischen Pädagogen so intensiv propagierten Kulturfilms mit Begriffen Benjamins, also mit seiner Theorie vergleichen. Dies ist natürlich schon dort geschehen, wo Benjamin sich selbst auf Filme bezieht, wie auf Ejzenštejns 'Panzerkreuzer Potëmkin' oder Vertovs 'Mann mit der Kamera'. Die Herausforderung an den folgenden Ausführungen ist, dass Benjamin selbst über 'Die Mechanik des Gehirns' schwieg, und das vielleicht aus gutem Grund, doch darüber lässt sich nur spekulieren.
Kinoleidenschaft, geteilt
(2010)
Im Kino geht es um Sehnsüchte und Leidenschaften - das ist ein Allgemeinplatz. Weitaus seltener bemerkt worden ist, dass es einem echten Vertrauensbeweis gleichkommt, gemeinsam ins Kino zu gehen. Der Kinogänger offenbart dabei die eigenen Passionen - allein schon durch den Vorschlag, diesen oder jenen Film anzuschauen. Und er lässt die anderen an recht persönlichen Erschütterungen teilhaben: dem Erschrecken, Seufzen, Kichern oder auch Schluchzen. Gemildert wird diese Offenherzigkeit jedoch dadurch, dass auch die Begleiter im Halbdunkel aus dem Seitenwinkel wahrnehmbar sind. Nicht selten gleichen sich auf diese Weise die Reaktionen miteinander ab. Ein ostentatives Aufstöhnen wird durch ein beherrschtes Nicht-Reagieren beantwortet, ein lautes Lachen durch erleichtertes Mitlachen. Die Kino-Gemeinschaft ist durch ein System kommunizierender Blickwechsel miteinander verbunden.
No trabalho de Bertolt Brecht relacionado com o cinema pode-se distinguir quatro fases: 1. Início dos anos vinte - argumentos, guiões para filmes publicitários e de aventura. Os únicos projectos realizados: Mysterien eines Frisiersalons de Erich Engel, 1923 (Brecht colaborou na realização). O seu argumento Robinsonade auf Assuncion escrito em conjunto com Arnolt Bronnen foi alterado para o filme SOS. Die Insel der Tränen (1923). 2. Início dos anos trinta - processo contra a companhia Nero-Film para recuperar os direitos de autor concedidos para a versão fílmica da Ópera dos três vinténs; realizada por Georg Wilhelm Pabst em 1930/31 (argumento: Laszlo Vajda, Leo Lania, Béla Balázs). Primeiro documento cinematográfico de uma peça de Brecht: Mann ist Mann (Bert Brecht, 1931); o filme ideológico (esteticamente infl. por Eisenstein): Kuhle Wampe oder wem gehört die Welt? realizado por Slatan Dudow em 1931 (argumento: Bert Brecht e Ernst Ottwalt). 3. Exílio americano – para ganhar dinheiro Brecht volta a escrever argumentos e guiões para a indústria de Hollywood. Dos ca. de 50 textos produzidos só um foi aproveitado para o filme anti-fascista Hangmen also die (Fritz Lang, 1943), no qual Brecht colaborou no argumento. È considerado uma das produções mais importantes deste género junto com Casablanca (M. Curtiz, 1943). 4. Produção pós-guerra - guiões para Mutter Courage (1952) e Herr Puntila und sein Knecht Matti (1955); realização das versões fílmicas da comedia Katzgraben (1957) de Erwin Strittmatter e da sua peça Die Mutter (1958), encenadas pelo Berliner Ensemble.
"Spartacus", das ist der Mann mit dem entschlossenen Blick aus stahlblauen Augen, ein Gesicht mit klassisch-gerader Nase und darunter ein eckiges Kinn mit unübersehbarem Grübchen, ein Körper mit muskolösen nackten Armen und Schenkeln - "Spartacus" ist für viele der Filmschauspieler Kirk Douglas in einer seiner bekanntesten Rollen, in Spartacus von Stanley Kubrick (USA, 1960).
Die folgenden Überlegungen sollen zeigen, wie die vielfältigen Bewegungen des Films, insbesondere in gewissen neueren SpielfIlmen, die ich mit dem Begriff des expressiven, ethnografischen Realismus fassen möchte, an der Oberfläche >Denkbilder< im Sinne von Walter Benjamin skizzieren. Dafür werde ich zuerst das Verhältnis des Kinos zu den Ideen, d.h. auch das Verhältnis des Sichtbaren zum Unsichtbaren, darlegen und im Rahmen der künstlerischen Moderne verorten, um mich anschließend dem angesprochenen Modus des Realismus zu widmen, der den Körper der Filmfiguren ins Zentrum stellt. Mein Leitgedanke für diesen zweiten Abschnitt läßt sich folgendermaßen umreißen: In der Figurengestaltung, die durch eine exzessive Körperlichkeit bestimmt ist und also den Inbegriff des fIlmisch Konkreten, den primären Schauwert darstellt, wird das audiovisuelle Bild wie die Figur als Zeichen gesprengt. In der filmischen Bewegung ergibt sich so gleichzeitig die Möglichkeit zur Abstraktion: Liest man die Figuren stärker als Phänomene der Präsenz und weniger in ihrer Psychologie, verkörpern sie ein bewegliches Denken, das die Sprache umgeht, und konkretisieren letztlich Formen des Nichtdarstellbaren an der Oberfläche des Films.
Propagandafilme der NSDAP
(2005)
Dass dokumentarische Filme auch Propagandazwecken dienen können, war in den 20er und 30er Jahren international akzeptierter Konsens. Der nationalsozialistische Propagandafilm war, so gesehen, keine ausgesprochene dokumentarische Entgleisung. Wie die nationalsozialistische Partei und später der NS-Staat den Dokumentarfilm nutzten, um ihre Ideologie und Ziele zu verbreiten, untersucht Peter Zimmermann in diesem Beitrag. Er behandelt den nationalsozialistischen Propagandafilm von den Anfängen der Wahlwerbung über die Parteitagsfilme bis zur Verbreitung der arischen Rassenideologie. Besonderes Augenmerk legt er auf die Ästhetik der Riefenstahl-Filme mit ihrer idealisierenden Verklärung Hitlers und der NSDAP und auf die filmische Konstruktion von Feindbildern wie in Hipplers Propagandafilm "Der ewige Jude". Die einzelnen Kapitel sind Auszüge aus Band 3 des Sammelwerks "Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland".
Steven Spielberg gilt als einer der kommerziell erfolgreichste Regisseur aller Zeiten. Sein Regiewerk bedient mit historischen Dramen, Abenteuer- und Science Fiction-Spektakeln und Horrorfilmen diverse Genres, zwischen denen er offenbar mühelos hin und herwechseln kann. Dabei verweist der beinahe allen Filmen beschiedene Erfolg auf eine werkübergreifende individuelle Handschrift Spielbergs, die das Unterschiedliche auf formaler und inhaltlicher Ebene verbindet. Diese individuelle Signatur Spielbergs tritt besonders in einem Motiv zutage, das in fast allen seiner Filme anzutreffen ist: Die Rede ist vom Flugmotiv. Ihm kommt – so die hier zu verhandelnde These – eine zentrale und motivbündelnde Stellung zu.
Was man nicht sehen kann, ist gleichzeitig das allem unterlegte Gewebe des Filmischen: die Bewegung. Die Materie scheint hier geschmolzen, löst all ihre Elemente und all ihre Bedeutung in einem Strom immenser Dichte und in unaufhörlichem Fluß, und kein Lichtstrahl entkommt der Gravitation seiner Tiefenschichten. Was aber zeugt von seiner Existenz, wenn er sich hinter seiner eigenen Lichtlosigkeit verbirgt, wenn sein Wesen in der Fülle seiner Unsichtbarkeit besteht? – Die schwarze Bewegung des Zwischenbilds ist mittelbar wahrnehmbar, sie offenbart sich in ihren Objekten, im Bewegten, in der Infizierung des Bildes, das auf ihrer Oberfläche schwimmt und von einer unaufhaltsamen Dynamisierung erfaßt wird, sobald seine Unterseite durch die Energie des Schwarzen, auf dem es treibt, eine Animation erfährt. Stoff und Licht, die diese dunkle Fläche bedecken und unter sich bergen, erhalten so aus ihr einen Impuls der Mobilisierung und Formung, augenfällig dann, wenn sich die gesamte Anordnung des Sichtbaren von einem Augenblick zum anderen verschiebt und zu wandern beginnt. Das statische Bild und dessen Atome vergleichen sich dann mit dem nächsten, sie sind, da der Einfluß ihres Untergrunds einsetzt, in steter Reibung und Differenz.
Weil Homer ein blinder Seher war, wußte er, daß die wahrsten Geschichten aus dem Schwarz auftauchen; aus einem blickdichten Schwarz, ohne Form und Grenzen, in dessen Dunkel die Phantasie haust. Und daher war in Wirklichkeit seine Schöpfung Odysseus ein Wesen des Schattens, zwischen Ithaka und den südlichen Meeren, zwischen Name und Niemand zu Hause. Belangvolles Lichtloses.