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Auf den Bildern Chris McCaws hinterlässt das Licht nicht nur Spuren, sondern Wunden. Das Foto erleidet die Einwirkung des Lichts – Bedingung der Möglichkeit fotografischer Medialität – sichtbar als Zerstörung der eigenen Substanz; eine Verwundung, die dann als solche ausgestellt wird. Der amerikanische Fotograf nutzt großformatige Analog-Kameras, um mit diesen den Verlauf der Sonne über einen langen Zeitraum zu dokumentieren. Durch die dafür notwendige, sehr lange Belichtungszeit brennt das Sonnenlicht Spuren in das Negativ und zeichnet damit den Verlauf des Gestirns am Firmament als physische Spur der Zerstörung nach. Die Faszination dieser seltsam unheimlichen und intensiven Bilder liegt darin, dass sie als "Ikonen des Realen" sehr deutlich machen, dass das Problem der Indexikalität, trotz aller Bemühungen dieses Gespenst abendländischer Präsenzmetaphysik aus der Fotografietheorie zu vertreiben, nicht aufhört, konstitutives Moment fotografischer Medien zu sein und die Theorie zu beunruhigen. Nach wie vor "legt" Fotografie ihrem Namen entsprechend "Zeugnis ab" für das Licht, das einmal auf fotosensitive Oberflächen gefallen ist und aus diesem Grund ist das Interesse an Begriff und Phänomen des Zeugen nicht nur durch den Zeugenschaftsdiskurs des Holocaust motiviert, sondern auch und gerade als medientheoretisches Problemfeld bedeutsam. Aber was für ein Begriff von Zeugenschaft ist hier im Spiel, bzw. wie wirken medientheoretische Erwägungen auf den Begriff des Zeugen ein und umgekehrt?
Was Szondis Überlegungen zur kritischen Entscheidung in der Lektüre verdeutlichen, ist die Spezifik eines, mit Hartman gesprochen, "intellektuellen Zeugnisses" in der Literatur. Hartmans intellektueller Zeuge "zeugt für den Zeugen, er empfängt aktiv Wörter, welche die Dunkelheit des Ereignisses widerspiegeln." Die Aufgabe in der Begegnung mit solchen Wörtern, mit solcher Literatur ist, Szondis Theorie und Praxis der kritischen Lektüre zufolge, nicht die Erhellung dieser "Dunkelheit" oder die Übersetzung der hermetischen Sprache in diskursive. Denn die Hermetik ist nicht Ausdruck eines persönlichen Traumas, dessen dunkle Sprache in den Zeugenstand, auf die von Sigrid Weigel "Zeugenschaft" genannte Ebene gehoben werden könnte. Es geht, im Gegenteil, darum, das Zeugnis im "beschädigten Raum der Sprache" anzuerkennen, in dem sich auch der intellektuelle Zeuge, der Philologe des Zeugnisses bewegt. Aufgabe der entscheidenden Lektürepraxis – die, in Weigels Worten, "Erzeugnis" und "Zeugnis" in der Lektüre scheidet – ist, die beschädigte Sprache zu restituieren, als Erfahrungsraum wiederherzustellen und so das Gesagte als Zeugnis von Wirklichem, als Zeugnis historischer Wirklichkeit hören zu können. Die aus Szondis Celan Lektüre abgeleitete von mir sogenannte Philologie des Zeugnisses ist eine Methode, solcher Entscheidung, Erfahrung und Erkenntnis in Literatur zu begegnen und dabei eine kritische Literaturwissenschaft zu betreiben, die der Versuchung widersteht, nur Wissenschaft zu sein und nur davon sprechen zu können, was sie beweisen kann.
Diese besondere Form von Zeugenschaft, die ich hier als eine dialektische Form zwischen Kunstwerk und Zeugnis analysiert habe, erfordert daher eine Lektüre, die sich des hybriden Wesens, der grundlegenden 'Unreinheit' und der paradoxen Poetik des Textes bewusst ist. Jeder kulturwissenschaftliche und philologische Interpretationsversuch dieser von Überlebenden geschriebenen Texte sollte die Herausforderung, die durch diese ganz eigene Form der Weitergabe gestellt wird, annehmen und versuchen, sowohl das Archiv, den Beweis, das literarische Werk und die Klage als Bestandteil derselben anzuerkennen. In dieser Hinsicht lädt der Text von Abraham Levite dazu ein, die Verhältnisse zwischen Kunst und Zeugenschaft im Zeitalter der "Krise der Zeugenschaft" neu zu denken. Denn Levite schlägt nicht etwa vor – wie es Shoshana Felman in Hinblick auf Shoah von Claude Lanzman suggeriert – die 'Kunst der Zeugenschaft' als Prozess einer Stimmenverleihung durch die Kunst und den Künstler an die zum Schweigen gebrachten Opfer zu definieren. Die Kunst, die hier definiert wird, ist vor allem schon die Kunst der Opfer, die Kunst der Zeugen selbst. Diese Kunst wird nicht, wie bei Shoshana Felman, in den Zeugenstand berufen, um der Krise des westlichen Gesetzes der Evidenz entgegenzuwirken und die Geschichte der Opfer zu gründen. Die Opfer sind es, welche die göttliche wie menschliche Gerichtsszene eigens heraufbeschwören und sie selbst gestalten, um ihre "Stimme des Weinens" laut werden zu lassen.
Dieses 'richtige' Sehen des Zeugen, das im Gerichtstheater entwickelt und eingeübt wird, hat indes nicht nur Konsequenzen für die Rechtsprechung, sondern auch für die Künste. In diesem Modell der Zeugenschaft ist eine Theorie von Rezeption versteckt, die Wahrnehmung und Perzeption immer dem Bewusstsein und der Apperzeption nachordnet: Sinnliche Wahrnehmung ist erstens nur dann etwas wert, wenn die Wahrnehmungsperspektive bereits eingestellt ist, wenn also die ideologische Brille bereits aufgesetzt ist. Zweitens ist die Rezeption nicht einfach passiv, das Ereignis der Rezeption nicht unbedingt vorgängig. Ganz im Gegenteil wird ein Modell von aktiver Rezeption, in unserem Fall von "aktiver Zeugenschaft" entwickelt, in der das Ereignis überhaupt erst geschaffen wird. Drittens antizipiert das Konzept des Bekenntniszeugen das Masternarrativ des sozialistischen Realismus, die Entwicklung zum 'richtigen' Sehen, die man in den 1930er Jahren auch in den großen Romanen wiederfindet . Wir möchten nun diesen neuen Zeugentypus, den wir nicht Bekenntniszeugen, sondern in Anlehnung an Lenins Geschichtsbegriff "Bewusstseinszeugen" nennen, in seinen vielen Facetten vorstellen und diskutieren, wie das Gerichtstheater mit diesem Zeugen ein Rezeptionsmodell entwirft, das gesellschaftlich, juristisch und ästhetisch wirksam wird.
Wir alle wissen, was ein Zeuge ist: Ein Zeuge ist ein Beobachter, der über das, was er gesehen oder gehört hat, möglichst wahrheitsgemäße Aussagen machen soll. Wird der Auftritt des Zeugen wiederum beobachtet, sind noch komplexere Beobachtungsverhältnisse im Spiel, es entsteht die Situation einer Beobachtung zweiter Ordnung, die in Gerichtsverhandlungen die Regel ist. Der Zeuge wird dort in den Zeugenstand gerufen, er wird befragt und macht seine Aussage vor den Augen des Gerichts und der anwesenden Öffentlichkeit.[...] Es waren die Ideale der Aufklärung, die dem geheimen Prozess ein Ende bereiteten. Aufklärung – das hieß in allen gesellschaftlichen Bereichen, auch und gerade im Recht: Nichts soll mehr unbeobachtet im Verborgenen entschieden werden. Ich komme im Folgenden auf den damit verbundenen medialen Wandel im Strafverfahren zu sprechen und will die Zeit des Übergangs vom schriftlichen zum mündlichen Prozess näher beleuchten und in einer These schürzen, die sich mit der Rolle der Literatur in dieser Übergangszeit beschäftigt. Meine These lautet kurz gefasst: Der Übergang zum öffentlich-mündlichen Gerichtsverfahren ist mit einer Dramatisierung des Rechts verbunden, die in der unmittelbaren Beobachtung des Zeugenauftritts ihre Schlüsselszene hat.
Dieser Beitrag verfolgt zwei Ziele. Zum einen soll eine vormoderne Rezeption der im Neuen Testament ausgebildeten Urszenen von Zeugenschaft beleuchtet werden, immer unter der Annahme, dass diese die kulturellen Konzepte der Zeugenschaft tief geprägt haben. Zum anderen soll der Frage einer ‚ästhetischen Zeugenschaft‘ nachgegangen werden, die da lautet, wie und unter welchen Bedingungen Kunst, in diesem Fall Malerei, überhaupt testimoniale Qualitäten oder Fakultäten haben kann. Exemplarisch wird dies an den Epitaphien aus dem Frühwerk des Peter Paul Rubens durchgeführt. Der Funktion dieser Gattung ist es zu verdanken, dass sich hier eine verdichtete visuelle Kombinatorik der biblischen Zeugenschaftsszenarien findet: Epitaphien dienen der Memoria, beziehen sich dezidiert auf die Auferstehungshoffnung ihrer verstorbenen Auftraggeber und wenden sich mit einem multimedialen Appell (in Schrift und Bild) an den Betrachter, für deren Seelenheil zu beten. Darüber hinaus bieten sich gerade diese Werke für die Untersuchung von überlieferten Zeugenschaftskonzepten an, weil in einer scheinbar anachronistischen Bearbeitung der Stoffe durch Rubens deutlich wird, dass diese Urszenen einerseits eine nicht hintergehbare Tradition haben, andererseits aber kulturell immer wieder neu und produktiv verarbeitet werden. Was hier nicht gezeigt werden kann, sei nur am Rande bemerkt: Auch im säkularen Zeitalter finden sich die Signaturen der religiösen Urszenen der Zeugenschaft, aber diese lassen sich erst dann oder zumindest besser erfassen, wenn man ihr Gewicht in vormodernen Konstellationen erfasst hat.
Der vorliegende Band nimmt künstlerische Auseinandersetzungen mit Zeugenschaft im Film, im Theater, in der Literatur, in der Bildenden Kunst und in der Performancekunst in den Blick und stellt dabei grundlegende Fragen: Was gilt als Zeugnis und wer ist ein Zeuge? Wie verhalten sich Zeugnis, Wahrheit und Fiktion zueinander? Wie wird Zeugenschaft, wie wird die epistemische und moralische Rolle von Zeugnissen in der Kunst reflektiert und kommentiert? Dabei werden gattungsspezifische Aspekten der jeweiligen Kunstformen herausgearbeitet, aber auch allgemeinere Fragen über das Verhältnis von Kunst und Zeugenschaft thematisiert. Gewinnen wir, indem wir uns mit künstlerischer Zeugenschaft auseinandersetzen, auch einen neuen Blick auf Begriff und Phänomen von Zeugenschaft? Oder ist ein solch allgemeiner Begriff von Zeugenschaft gar nicht anzustreben angesichts der kaum überschaubaren Fülle unterschiedlicher Phänomene des Zeugnisgebens? Fragen über Fragen, auf welche dieser Band Antworten sucht. Doch wir möchten an dieser Stelle auch einige Thesen darüber artikulieren, welche Facetten von Zeugenschaft ganz spezifisch durch Kunst in den Blick geraten – und wodurch sich insbesondere die künstlerische Auseinandersetzung mit Zeugenschaft vom Umgang mit Zeugen und Zeuginnen in anderen Kontexten unterscheidet.
Zeugen in der Kunst
(2016)
Der vorliegende Band nimmt künstlerische Auseinandersetzungen mit Zeugenschaft im Film, im Theater, in der Literatur, in der Bildenden Kunst und in der Performancekunst in den Blick und stellt dabei grundlegende Fragen: Was gilt als Zeugnis und wer ist ein Zeuge? Wie verhalten sich Zeugnis, Wahrheit und Fiktion zueinander? Wie wird Zeugenschaft, wie wird die epistemische und moralische Rolle von Zeugnissen in der Kunst reflektiert und kommentiert? Dabei werden gattungsspezifische Aspekten der jeweiligen Kunstformen herausgearbeitet, aber auch allgemeinere Fragen über das Verhältnis von Kunst und Zeugenschaft thematisiert. Gewinnen wir, indem wir uns mit künstlerischer Zeugenschaft auseinandersetzen, auch einen neuen Blick auf Begriff und Phänomen von Zeugenschaft? Oder ist ein solch allgemeiner Begriff von Zeugenschaft gar nicht anzustreben angesichts der kaum überschaubaren Fülle unterschiedlicher Phänomene des Zeugnisgebens? Fragen über Fragen, auf welche dieser Band Antworten sucht. Doch wir möchten an dieser Stelle auch einige Thesen darüber artikulieren, welche Facetten von Zeugenschaft ganz spezifisch durch Kunst in den Blick geraten – und wodurch sich insbesondere die künstlerische Auseinandersetzung mit Zeugenschaft vom Umgang mit Zeugen und Zeuginnen in anderen Kontexten unterscheidet.
Freundschaftsvorstellungen des Mittelalters und die politisch-soziale Bedeutung der Freundschaft sind keine "jungen" Gegenstände mehr: Schon in den 1990er Jahren unterstrich Gerd Althoff die Bedeutung der hochmittelalterlichen amicitiae, und seinen Pionierarbeiten folgten weitere Studien, die das Mittelalter räumlich und zeitlich recht breit erfassten. In dieser Forschungslandschaft müssen sich neue Beiträge entsprechend sorgfältig positionieren. ...
During the past 15 years there have been dramatic changes in the medical landscape, particularly in oncology and regenerative medicine. Cell therapies have played a substantial part in this progress. Cellular immunotherapies can use immune cells, such as T cells or natural killer cells that, after functional modification ex vivo, exert powerful anti-cancer effects when given to the patient. Innovative technologies, such as re-programming terminally differentiated cells into pluripotent stem cells or into other cell types and applying specific enzymes to more precisely edit the human genome, are paving the way towards more potent cell and gene therapies.
Mesenchymal stromal cells are promising cellular immunotherapeutics, which also have potential for use in tissue engineering strategies and other regenerative medicine applications. However, substantial gaps in our knowledge of their biology and therapeutic efficacy present major challenges to their sustainable implementation in the clinical routine.
In this article, progress in the field of cell therapeutics during the past 15 years will be briefly discussed, with a focus on mesenchymal stromal cells, highlighting the impact of this field on patient care.