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Im Sinne der "lectio difficilior" soll im folgenden die Spur der metaphora audax verfolgt und die These vertreten werden, die Parallelführung zwischen göttlichem und poetischem Schöpfungsakt gelte für die ganze Kosmogonie; sie impliziere damit auch zwei grundsätzlich verschiedene poetische Schaffenstypologien, und Goethe kontrastiere in Wiederfinden über die beiden Schöpfungsphasen der Weltwerdung den einen Typus des dichterischen Schaffensprozesses mitsamt dem ihm innewohnenden Leidensdruck mit seinem Gegentypus, der freilich deutlichen Wunschbildcharakter trage.
Goethe (1749 - 1832)
(2003)
Goethe: den "wahren Statthalter des poetischen Geistes auf Erden" hat Novalis ihn einst in der Romantiker-Zeitschrift "Athenäum" genannt. Es dürfte keine Nation geben, in der ein einziger Name zum Synonym für ihre Kultur geworden ist - die wichtigste kulturpolitische Institution Deutschlands trägt bezeichnenderweise seit dem Ende der Weimarer Republik den Namen Goethes -, keine Nation, die ein halbes Jahrhundert ihrer Literaturgeschichte nach einem einzigen Autor: als "Goethezeit" bezeichnet hat. Den Deutschen gilt Goethe mit fast noch größerer Selbstverständlichkeit als Homer den Griechen, Dante den Italienern, Cervantes den Spaniern, Shakespeare (mit langer Verzögerung) den Engländern oder Puschkin den Russen als ihr größter Dichter.
Für Lessing [...] war die Epoche der Nationalliteratur [...] an der Zeit gewesen; und er hat in Hamburg nicht wenig für den "süße[n] Traum" gewirkt, "den Deutschen ein Nationaltheater zu verschaffen, da wir Deutsche noch keine Nation sind". Gleichwohl operierte er als Autor wie als Kritiker schon früh und je später desto mehr im Horizont der Weltliteratur. Um diesen literarischen Ausgriff in die "große Welt" besser zu verstehen, muß man sich zunächst seine ursprüngliche "kleine Welt" vergegenwärtigen.
Yin und Yang im Klassenzimmer? : China-Moden der 80er Jahre – mit einem kurzen Rückblick auf Brecht
(1985)
In zwei Beiträgen der Zeitschrift Diskussion Deutsch (Heft 84/1985) wurde ein Denkmodell ins Licht der Diskussion gestellt, das bis dahin eher in kleinen Zirkeln sich verborgen hatte: die Sucht, Rettung beim >Uralten< zu finden. Es war nicht, wie bei gestandenen Konservativen, das >Klassische<, es waren nicht >die Alten<, nein, das UR-Alte musste es sein, nämlich die Geheimnisse des Fernen Ostens, das Tao und Yin und Yang. Nun, zwanzig Jahre später, sind Tai Chi, Qi Gong, Bachblüten, Gaia, Heilenergien, Rebirthing, Reiki, Karmaarbeit etc. pp. zum esoterischen Alltag bzw. ist Esoterik alltäglich geworden. Das war ein Anlass, diese Miszelle wieder hervorzuholen, die damals – offensichtlich vergeblich – versuchte, jenes Denkmodell ins Licht der Kritik und damit in seiner Unreflektiertheit bloß zu stellen: westliches Denken spiegelt hier das Licht des Ostens gleichsam blind, nämlich ohne es zu reflektieren.