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Dichterische Entwürfe des Speisens, Schlemmens und Trinkens, des Kochens und Hungerns sind allerding keine neue Erfindung, vielmehr haben sie eine Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. Zum facettenreichen Essensmotiv zählen - neben den Nahrungsmitteln selbst - zum Beispiel deren Zubereitung und Aufnahme. Die Organe des Kauens, Schluckens und Verdauens, der Hunger nach und die Verweigerung von Essen und die dem Speisen innewohnende sinnlich-erotische Komponente. Dies alles wird in zeitgenössischen Gedichten auf vielfältig Weise gestaltet. Was aber macht da Essensmotiv gerade heute so attraktiv, und in welchen Bedeutungszusammenhängen kommt es vor? Worin unterscheidet es sich vom Motiv des Essens in früheren Texten? Der vorliegende Aufsatz diskutiert drei wesentliche Kontexte des Motivs in der deutschen Gegenwartslyrik.
Die Logik und die mit ihr verbündete und verbundene Grammatik beschreiben und bestimmen eine Welt, die sie für die wahre erklären, die aber eben in dieser Wahrheit bloßer Schein ist, eine "vollständige Fiction". Wirklich wahr hingegen ist die Welt, die von der und durch die Wahrheits-Produktion zum Schein
erklärt wird, die der Sinnlichkeit und damit der anfänglichen Erfahrung eines Nervensystems, das diese "vollständige Fiction" aus sich und für sich schafft, um mit sich ins rein und offen Unterschiede zu kommen. Fazit: Das wirklich Wahre hat keine Sprache, während die Wirklichkeit, die eine hat, nicht wahr ist. In dieses von Logik und Grammatik erzeugte und verschwiegene Bedürfnis nach ihrer ursprünglich anderen Sprache erfindet sich die Lyrik, eine Nachfrage befriedigend, deren Stunde mit ihrem Kommen vorübergeht. Sie verschmilzt bei Wolfgang Hilbig das Licht äußerster Begrifflichkeit mit der steinernen Schwere dichtester Materialität. An diesem Schmelzpunkt entstehen seine Gedichte [...].
Über das Verhältnis von Literatur und Wirklichkeit ist unendlich viel geschrieben worden, die Überlegungen zum Begriff der Fiktion füllen Hunderte von Abhandlungen. Besonders schwierig wird es dort, wo es um lyrische Texte geht, bei denen nicht einmal sicher ist, ob und - wenn ja - in welchem Sinne sie denn überhaupt dem Bereich der Fiktion zuzurechnen sind. Bekanntlich haben sich nicht nur Literaturtheoretiker, sondern auch Autoren mit dieser Frage beschäftigt. Allerdings waren etwa Hugo von Hofmannsthal und Gottfried Benn, um die es hier gehen soll, wohl kaum an hochabstrakten Einsichten interessiert. Ihr Interesse galt eher dem Versuch, Erfahrungen in ausreichender Klarheit zu formulieren, die sie mit ihren eigenen Gedichten machten.
Das Gedicht 'Boas' erschien erstmals im Mai 1912 in der avantgardistischen Zeitschrift "Der Sturm", die Lasker-Schülers Ehemann Herwarth Walden herausgab. Gemeinsam mit den Gedichten 'Ruth' und 'Pharao und Joseph!' veröffentlichte die Autorin es 1913 erneut in der Zeitschrift Die Freistatt, wobei im vorletzten Vers statt „Ueber seine Korngärten“ die Variante „In seine Korngärten“ zu lesen war. Was auf der Oberfläche ein sentimentales Liebesgedicht (i.e. 'Boas') zu sein scheint, erweist sich bei einer näheren Betrachtung, die die biblische Rut-Novelle einbezieht und den biographischen Konnex sucht, als … mnemosynetisches Gedicht, die poetische Erinnerung an ein gescheitertes Projekt in der Literatur wie im Leben.