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In dieser Arbeit wurden Methoden entwickelt, mit denen das Auflösungsverhalten schwer wasserlöslicher schwacher Säuren verbessert werden kann. Als Modellwirkstoffe wurden drei Vertreter der Sulfonylharnstoff-Gruppe (Glibenclamid, Glipizid und Glimepirid) gewählt. Diese Wirkstoffe, werden zur oralen Standardtherapie des Typ 2 Diabetes eingesetzt. Die Ergebnisse aus den Löslichkeits- und Freisetzungsuntersuchungen der reinen Arzneistoffe bildeten in dieser Arbeit den Ausgangspunkt der Entwicklungsarbeit. Um den Einfluss der galenischen Methoden auf das Freisetzungsverhalten der entwickelten Formulierungen besser zu beurteilen, wurden ebenfalls entsprechende Handelspräparate (Euglucon N 3,5 mg, Luditec 5 mg und Amaryl 4 mg) untersucht. Zunächst wurden mit Glibenclamid und dem natürlichen ?-CD sowie verschieden Cyclodextrin-Derivaten (M-?-CD und HP-?-CD) binäre Komplexe im molaren Verhältnis von 1:2 (Glibenclamid:CD) hergestellt und charakterisiert. Anschließend wurden feste Lösungen aus Glibenclamid und Kollicoat(r) IR bzw. PVP K30 entwickelt. Bei den nachfolgenden Freisetzungsuntersuchungen zeichnete sich im Falle der binären Cyclodextrin-Komplexe ab, dass der Glibenclamid-HP-?-CD-Komplex das beste Freisetzungsverhalten von Glibenclamid in den untersuchten Medien erreichte. Bei den festen Lösungen von Glibenclamid gab es zwischen den beiden untersuchten Polymeren keine signifikanten Unterschiede im Ausmaß der Glibenclamidfreisetzung. Im nächsten Schritt wurden ternäre Komplexe (Glibenclamid-HP-?-CD-Polymer) entwickelt, eine Kombination aus binären CD- Komplexen und festen Lösungen. Als dritte Komponente wurden Kollicoat(r) IR, PVP K30 und PEG 6000 in unterschiedlichen Zusätzen, 5, 10 und 20% bezogen auf den zugrunde liegenden binären Glibenclamid-HP-?-CD-Komplex eingearbeitet. Die Charakterisierung der verschiedenen ternären Komplexe ergab, dass das beste Freisetzungsverhalten bei den Komplexen, welche einen 10%igen Kollicoat(r) IR- bzw. 20%igen PVP K30-Zusatz enthielten, generiert werden konnte. Bei den drei verwendeten Methoden (binäre-, ternäre Komplexe und feste Lösungen) erhielt man während der Freisetzungsuntersuchungen in den Medien mit einem pH-Wert unterhalb des pKs-Wertes von Glibenclamid (5,4) eine übersättigte Wirkstofflösung, was zum Teil innerhalb kürzester Zeit zum Präzipitieren des Wirkstoffes führte. Initiale DSC-Untersuchungen hatten gezeigt, dass Glibenclamid in den beschriebenen Präformulierungen in amorpher Form vorlag, was der Grund für die rasche Freisetzung war. Anschließend wurde versucht, das Präzipitieren zu verlangsamen und im besten Fall zu verhindern. Hierfür wurde HPMC in verschiedenen Formen verwendet. Das einfache Hinzumischen von HPMC in eine Gelatine-Kapsel zu der Glibenclamid-Formulierung führte aufgrund von Agglomeratbildungen zu einer deutlichen Verzögerung der Wirkstofffreisetzung. Pankreatin als Zusatz zum Freisetzungsmedium konnte die Bildung eines Agglomerates nicht verhindern, was darauf schließen ließ, dass dieses nicht durch sogenanntes "Cross-linking" der Gelatine entstanden war. In einem nächsten Schritt wurden HPMC-Kapseln eingesetzt. Die Glibenclamidfreisetzung konnte durch einfaches Austauschen der Gelatine-Kapseln gegen Vcaps(r) Plus-Kapseln in allen untersuchten Medien deutlich gesteigert werden, was auf die durch die Anwesenheit von HPMC verzögerte Präzipitation des Wirkstoffes im Freisetzungsmedium zurückzuführen war. Im nächsten Schritt wurde, die Formulierungsmethode von Glibenclamid, auf Glipizid übertragen. Es wurde analog zu Glibenclamid ein binärer Glipizid-HP-?-CD-Komplex im molaren Verhältnis von 1:2 (Glipizid:HP-?-CD) hergestellt. Dieser Komplex führte zu einer deutlichen Verbesserung des Auflösungsverhaltens von Glipizid, was zu einer annähernd 100%igen Wirkstofffreisetzung in allen untersuchten Medien führte. Weiterhin wurden die mit Glibenclamid entwickelten Methoden auch auf Glimepirid übertragen. Die Formulierung von Glimepirid zu einem binären Glimepirid-HP-?-CD-Komplex führte zu einer höheren Wirkstofffreisetzung, verglichen mit der kristallinen Reinsubstanz und des Handelspräparates. Durch die Verarbeitung von Glimepirid in ternären Komplexen erhöhte sich das Ausmaß der Wirkstofffreisetzung deutlich. Mit Kollicoat(r) IR konnte eine Wirkstofffreisetzung von ca. 60% der Dosis und mit PVP K30 als dritter Komponente sogar ca. 85% Wirkstofffreisetzung in Blank FeSSIF erzielt werden. Das Präzipitieren des Wirkstoffes nach initialer Wirkstofffreisetzung in Blank FeSSIF konnte durch den Einsatz von Vcaps(r) Plus-Kapseln deutlich reduziert werden. Stabilitätsuntersuchungen, welche mit den in dieser Arbeit verwendeten Präformulierungen durchgeführt wurden zeigten, dass der jeweilige Wirkstoff auch nach einem Jahr der Lagerung bei Raumtemperatur und < 30% rel. Luftfeuchte, in amorpher Form in den entsprechenden Präformulierungen vorlag. All diese Untersuchungen zeigten eindrucksvoll, dass sich Cyclodextrin-Derivate in Kombination mit hydrophilen Polymeren, dazu eigneten, die Verfügbarkeit schwer löslicher Wirkstoffe im Dünndarm für deren Resorption zu verbessern. Es wurde gezeigt, dass die Herstellungsmethodik der Cyclodextrin-Komplexe einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkstofffreisetzung hatte.
Das extrem thermophile Eubakterium Thermus thermophilus ist in den letzten Jahren zu einem Modell für thermophile Organismen geworden und verdankt seinen Statuszum Teil seiner hohe Wachstumsrate, den guten Zellerträgen und der konstitutivenExpression eines natürlichen Kompetenzapparates, der seine genetische Manipulation ermöglicht. Die Verfügbarkeit von kompatiblen Plasmiden und bis zu vier thermostabilen Antibiotikaresistenzmarkern konnten den Wert des Organismus in Hinblick auf biotechnologische Anwendungen noch weiter steigern und tatsächlich besteht nach wie vor ein ungebrochenes Interesse an der Struktur- und Funktionsaufklärung thermophiler Proteine. Der Focus der hier vorliegenden Arbeit richtete sich auf eine der insgesamt zwei terminalen Oxidasen der Atmungskette von T. thermophilus, die Cytochrom ba3 Oxidase. Es wurden verschiedene rekombinante Varianten des Proteins, die sich hinsichtlich der Position und Länge des verwendeten Histidin-Tags unterschieden, kloniert, exprimiert und aufgereinigt. Das Einfügen eines internen His12-Tags in einen periplasmatischen Loop zwischen den Transmembranhelices IV und V führte zu einer rekombinanten Version der Oxidase, die in ihren Eigenschaften dem nativen Wildtyp entsprach und sich durch die in dieser Arbeit etablierte Aufreinigungsstrategie relativ schnell, in guten Ausbeuten und hoher Reinheit aufreinigen ließ. Weiterhin konnten verschiedene Punktmutationen von möglicherweise am Elektronentransfer beteiligten Aminosäureresten generiert und die resultierenden Proteine aufgereinigt und über ihre enzymatische Aktivität charakterisiert werden. Eine weiterführende Charakterisierung der Mutanten erfolgte im Rahmen einer Kooperation und ist bisher noch nicht abgeschlossen. Das Herzstück dieser Arbeit machte jedoch die Definition der Transkriptionseinheit der Cytochrom ba3 Oxidase und die sich daraus ergebenden Fragestellungen aus. So konnte gezeigt werden, dass das ba3 Operon zusätzlich zu den Strukturgenen der dort kodierten Untereinheiten noch mindestens ein, höchst wahrscheinlich jedoch zwei zusätzliche Gene enthält: cbaX und cbaY. Bioinformatische Charakterisierungen ordneten CbaY der diversen Gruppe von sekundären Transportern zu, und es konnte experimentell gezeigt werden, dass seine Anwesenheit für die Expression der Cytochrom ba3 Oxidase förderlich ist. CbaX hingegen konnte über die durchgeführte Homologiesuche keine Funktion zugeordnet werden; uncharakterisierte Homologe waren einzig in der Thermaceae Gruppe zu finden. Durch Deletions- und Komplementationsstudien konnte dem Protein eine entscheidende Rolle in der Assemblierung der ba3 Oxidase bescheinigt werden. CbaX scheint eine zentrale Aufgabe bei der Häm a Insertion in Untereinheit I zu spielen und könnte, ohne Sequenzhomologie aufzuweisen, die Rolle des Surf1-Proteins übernehmen, welches in den sequenzierten Organismen der Thermaceae Gruppe nicht konserviert ist. Die homologe Expression und Aufreinigung von CbaX führte nicht zur erwarteten Ausbeute und Reinheit des Proteins, konnte aber durch immunologische Experimente eine potentielle Interaktion von CbaX und der Cytochrom ba3 Oxidase nachweisen.
[Nachruf] Walter Wetzel
(2010)
Ziel der vorliegenden Dissertation war es, die Dynamik des Retinalchromophors in archaealen, bakteriellen sowie eukaryotischen Retinalproteinen zeitaufgelöst zu untersuchen und so Informationen über die unterschiedlichen lichtgesteuerten zyklischen Reaktionen zu erhalten. Für das bakterielle Proteorhodopsin (PR) wurde die Primärdynamik im sichtbaren Spektralbereich unter D2O-Bedingungen bei unterschiedlichen pD-Werten untersucht. Es zeigte sich, dass das isomerisierte K-Photoprodukt mit zwei Zeitkonstanten im Bereich von 1 ps und 20 ps gebildet wird. Der Vergleich mit Messungen in H2O erlaubte es den kinetischen Isotopeneffekt für die Deaktivierung des S1-Zustandes zu berechnen. Die Ergebnisse weisen dabei auf unterschiedliche Wasserstoffbrückenmuster unter sauren und alkalischen Bedingungen hin. Um diesem Resultat weiter nachzugehen, wurde die D97N-Mutante untersucht, bei der der primäre Protonenakzeptors ungeladen vorliegt. Die gefundene Primärdynamik von PR D97N läuft nur unwesentlich langsamer ab als die des Wildtyp-Proteins bei pD 6,4. Um weitergehende Einsichten in die Primärdynamik von PR zu erlangen, wurden am Wildtyp-Protein sowie der D97N-Mutante transiente Absorptionsmessungen im Bereich der C=C- und C=N-Schwingung des Retinals durchgeführt. Es stellte sich heraus, dass die Quantenausbeute der K-Bildung unabhängig vom pD-Wert ist. In einem weiteren Schritt wurde der Einfluss des hochkonservierten His-75 auf die Isomerisierungsdynamik untersucht. Hierfür wurden die Mutanten H75N und H75M verwendet. Die Kurzzeitmessungen lassen keinen ausgeprägten Einfluss auf die Isomerisierungsdynamik erkennen. Auch der nachfolgende Teil des Photozyklus war im Blickpunkt dieser Arbeit. Die Tieftemperaturstudien im sichtbaren Spektralbereich erlaubten das in kinetischen Messungen nicht beobachtete M-Intermediat des sauren Photozyklus nachzuweisen. Um strukturelle Einblicke in den Photozyklus zu erlangen und die am Pumpvorgang beteiligten Aminosäuren zu identifizieren, wurden nachfolgend Tieftemperaturuntersuchungen im infraroten Spektralbereich durchgeführt. Die Implementierung eines Faserspektrometers in den Strahlengang des FTIR-Aufbaus erlaubte hierbei die simultane Aufnahme der lichtinduzierten Änderungen der Bandenposition im sichtbaren Spektralbereich und der Änderungen der Proteinstruktur sowie der Seitenketten. Für den M-Zustand bei pH 5,1 konnte gezeigt werden, dass auch hier eine Aspartat- oder Glutamat-Seitenkette als Protonenakzeptor fungiert. Weiterhin konnte dargelegt werden, dass der Photozyklus von PR nicht nur vom pKa-Wert des Protonen-akzeptors Asp-97 abhängt, sondern von einem Zusammenspiel mehrerer pH-abhängiger Gleichgewichte, da schon kleinste Änderungen des pH-Werts im Bereich des pKa großen Einfluss auf die beobachteten Differenzspektren sowie die Dynamik haben. Auch für das in jüngster Vergangenheit zur optogenetischen Kontrolle neuronaler Netze eingesetzte eukaryotische Retinalprotein Channelrhodopsin-2 (ChR-2) wurden umfangreiche Photozyklusstudien durchgeführt. Mit Hilfe von transienter Absorptionsspektroskopie im Sichtbaren sowie der Fluoreszenz-aufkonvertierung konnte gezeigt werden, dass der angeregte Zustand monoexponentiell mit 0,4 ps zerfällt. Die Reaktion setzt sich mit einem Kühlprozess und kleineren Änderungen der Linienbreite des K-Photoprodukts fort. Durch die schnelle Deaktivierung des angeregten Zustands war es zudem möglich die direkten Auswirkungen der Retinalisomerisierung auf die Proteinumgebung zu beobachten. Die Vielzahl ausgeprägter Differenzbanden zeigte hierbei, dass neben der schnellen Isomerisierung auch der Energietransfer der im Retinal gespeicherten Überschussenergie an das Protein sehr effizient ist. Über Blitzlichtphotolyseexperimente konnte die Langzeitdynamik des ChR-2-Photozyklus erstmals mit einer sub-µs-Zeitauflösung charakterisiert werden. Neben der für Retinalproteine typischen Abfolge von blau- und rot-verschobenen Intermediaten, ist der Photozyklus mit einer Dauer von etwa 5 s signifikant langsamer als der gemeinhin schon langsame Zyklus der sensorischen Retinalproteine. Um die Aktivierungs-barrieren des ChR-2-Photozyklus zu untersuchen, wurden weiterhin temperaturabhängige Messungen durchgeführt. Diese ergaben, dass der Photozyklus durch entropische Faktoren bestimmt wird. In einem letzten Ansatzpunkt wurde die Imidazol-Abhängigkeit der Langzeitdynamik des ChR-2-Photozyklus untersucht. Es zeigte sich, dass die Dynamik um die De- und Reprotonierung stark von diesem externen Donor beeinflusst wird. Es wurde jedoch nicht nur eine Beschleunigung der Reprotonierungsreaktion beobachtet, sondern auch der molekulare Mechanismus scheint sich nach Zugabe von Imidazol geändert zu haben. Diese Effekte können am ehesten durch eine Verstärkung des Histidin-Donor-Effekts durch das strukturell verwandte Imidazol erklärt werden. Genau dieser Einfluss externer Donor-Moleküle stand ebenfalls in einer Kurzzeit-Studie archaealer Retinalproteine im Fokus. Vorausgegangene Studien konnten zeigen, dass die Zugabe von Azid-Anionen die Isomerisierungsdynamik sowie den nachfolgenden spektral stillen Übergang der Protonenakzeptor-mutante von SRII D75N beeinflusst. Die vorliegende Arbeit stellte heraus, dass dieser Effekt ein einzigartiges Merkmal dieser Mutante ist. Abschließend wurde überdies die Bedeutung des in der Zelle in 2:2-Stöchiometrie beobachteten Transducerkomplexes auf die Primärreaktion von SRII untersucht. Es zeigte sich, dass dieser keinen Einfluss auf die Isomerisierungsdynamik aufweist, was eine wichtige Information bezüglich der Signalweitergabe sensorischer Retinalproteine ist.
NMR-spektroskopische Untersuchungen zur Bindung kleiner Moleküle an das Zellzyklusprotein CDC25A
(2010)
Viele verschiedene Funktionen der Zelle werden durch posttranslationale Modifikationen von Proteinen reguliert. Die reversible Phosphorylierung der OH-Gruppen der Aminosäuren Serin, Threonin und Tyrosin ist eine der Möglichkeiten die Aktivität von Proteinen an- und abzuschalten und Interaktion mit Bindungspartnern zu ermöglichen oder zu verhindern. Die Phosphatase CDC25A übernimmt eine zentrale Rolle in der Steuerung des Zellzyklus, unterliegt selbst wiederum einer differenzierten Kontrolle durch Änderung des Expressionslevel, Phosphorylierung und Lokalisation innerhalb der Zelle. Da eine Überfunktion von CDC25A mit einer Vielzahl von verschiedenen Krebserkrankungen assoziiert ist, wird die Entwicklung starker und selektiver Inhibitoren, die auch in vivo wirksam sind, vorangetrieben. Die strukturellen Grundlagen selektiver Inhibition sind allerdings noch unzureichend erforscht. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden die Grundlagen für eine erfolgreiche Durchführung von NMR-Experimenten gelegt, für die Proteinproben mit hoher Konzentration und Langzeitstabilität benötigt werden. CDC25A kann nicht in der vollen Länge exprimiert werden und wäre als Vollkonstrukt auch zu groß, um effektiv per NMR untersuchbar zu sein. Durch Erzeugung diverser Konstrukte der katalytischen Domäne von CDC25A konnte ein Expressionslevel erreicht werden, der die Erzeugung ausreichender Mengen an Protein praktikabel macht. Neben des oftmals geringen Expressionslevels ist ein weiteres Problem bei NMR-spektroskopischen Untersuchungen vieler Phosphatasen deren geringe Stabilität während der Aufreinigung und in der endgültigen Probe. Durch Optimierung der Pufferbedingungen für den Zellaufschluss in Bezug auf pH-Wert, Salzkonzentration und Art des Kations per „Incomplete Factorial Design“ konnte die Ausbeute an löslichem Protein erheblich gesteigert werden. Die Verwendung dieser Pufferbedingungen während der ersten Aufreinigungsschritte verminderte auch die Tendenz des Proteins während der Chromatografie auszufallen. Die Zusammensetzung des Puffers für die endgültige NMR-Probe wurde schließlich durch das aus der Kristallografie entlehnte Verfahren der Dampfdiffusion ebenso in Hinblick auf pH-Wert, Salzkonzentration und Art des Anions optimiert. Unter diesen optimierten Pufferbedingungen wurde die katalytische Aktivität des Proteinkonstrukts anhand der Hydrolyse von para-Nitrophenylphosphat nachgewiesen. Acht Substanzen wurden auf Inhibition dieser katalytischen Aktivität getestet. Das natürliche Substrat Phosphotyrosin zeigte eine kompetitive Hemmung, zwei starke und ein schwacher Inhibitor zeigten entsprechend verminderte Reaktionsraten. Von den restlichen 4 Substanzen (Inhibitoren anderer Protein-Tyrosin-Phosphatasen und strukturelle Verwandte) zeigten 3 weitere eine starke Wirkung. Diese hohe Promiskuität gegenüber Inhibitoren stellt ein großes Problem für die strukturgetriebene Wirkstoffentwicklung bei CDC25A und generell aller Phosphatasen dar. Nach Erhalt der fertigen Proben zeigten erste 2D-NMR-Spektren eine geringer als zu erwartende Zahl von Signalen und starke Überlappungen der sichtbaren Signale. Um auszuschließen, das Dimerisierung oder unspezifische Aggregation hierfür verantwortlich sind, wurden DOSY-Spektren gemessen. Aus der Eigendiffusionsrate ergibt sich ein hydrodynamischer Radius, der mit durch HYDROPRO simulierten Werten übereinstimmt und sich deutlich von dem des putativen Dimers absetzt. Daher wird davon ausgegangen, dass die Signalverluste im NMR nicht durch Dimerisierung oder Aggregation ausgelöst werden. Um die Bindung von Inhibitoren auch durch NMR-Spektroskopie nachzuweisen, wurden Saturation-Transfer-Difference-Experimente (STD) durchgeführt. In diesen war aber sowohl für das natürliche Substrat Phosphotyrosin als auch für alle im Enzymtest aktiven Inhibitoren kein Effekt nachweisbar. Dies weist auf eine sehr hohe koff-Rate der Bindung an das Protein hin oder auf eine irreversible chemische Modifikation des aktiven Zentrums, die bis zum Zeitpunkt der Messung bereits abgeschlossen war. Für die strukturbasierte Wirkstoffentwicklung werden spezifische Interaktionspunkte auf der Proteinoberfläche gesucht. Hierfür wurden 15N-HSQC-Spektren mit und ohne Bindungspartner gemessen und die Veränderungen der chemischen Verschiebung bestimmt („chemical shift perturbation“). Es konnten für Phosphotyrosin und die beiden starken Inhibitoren BN82002 und NSC663284 signifikante Veränderungen nachgewiesen werden. Für alle drei Moleküle gab es sowohl komplett einzigartige Veränderungen als auch paarweise übereinstimmende als auch ein Signal das für alle 3 übereinstimmt. Neben den Inhibitoren wurden drei Peptide auf spezifische Interaktion getestet. Das erste entspricht der Zielsequenz des natürlichen Substrats CDK, die anderen beiden sind Teile der Sequenz von CDK an einer nachgewiesenen als auch einer putativen sekundären Interaktionsfläche der beiden Proteine. Auch für die drei Peptide konnten wie für die Inhibitoren individuelle als auch übereinstimmende Signalveränderungen nachgewiesen werden. Als Voraussetzung für die Bestimmung der Oberflächenkontakte, die für die spezifische Bindung von Substrat, Inhibitoren und Interaktionspeptiden nötig sind, wird eine Zuordnung der Signale des 15N-HSQC-Spektrums zu den Aminosäureresten des Proteins benötigt. Hierzu wurden 3D-Tripelresonanz-NMR-Experimente an 15N, 13C-markierten Proben (zusätzlich auch noch 2H-markierte Proben zur Unterdrückung von Relaxationseffekten) durchgeführt. Um die Zuordnung zu unterstützen wurden außerdem Proben mit individuell 15N-markierten Aminosäuren hergestellt, um einem Signal im HSQC zumindest den Typ der Aminosäure zuordnen zu können. Aufgrund der trotz Pufferoptimierung, Deuterierung des Proteins und verringerter Signalüberlagerung in den Spektren der individuell markierten Proben zu geringen Anzahl an Signalen konnten nur kurze Bereiche der Aminosäuresequenz zugeordnet werden. Aufgrund dieser Basis konnte kein aussagekräftiges Mapping erzielt werden.
Lichtgesteuerte Channelrhodopsine (ChR) haben im letzten Jahrzehnt neue Wege zur Untersuchung neurophysiologischer Zusammenhänge eröffnet. Die ersten grundlegenden Charakterisierungen von Channelrhodpsin-1 und Channelrhodopsin-2 (ChR-1 und ChR-2) zeigten bereits die hohe Selektivität dieser Ionenkanäle für Protonen gegenüber monovalenten und divalenten Kationen und veranschaulichten die Dominanz der einwärtsgerichteten gegenüber den auswärtsgerichteten Kationenströmen durch die Kanalpore (Einwärtsgleichrichtung) (Nagel et al., 2002; Nagel et al., 2003). Nach Expression von Channelrhodopsin können erregbare Zellen mit einem Ruhepotential von -60 mV durch Licht depolarisiert und Aktionspotentiale (AP’s) ausgelöst werden (Boyden et al., 2005; Li et al., 2005; Nagel et al., 2005b). Aufgrund der Einwärtsgleichrichtung von ChR nehmen die lichtaktivierten Ströme mit zunehmender Depolarisation ab, sodass die vollständige Ausbildung des AP’s nicht gestört wird. Dadurch wird ChR zu einem optimalen optogenetischen Werkzeug. Dennoch ist die Einwärtsgleichrichtung bisher wenig detailliert charakterisiert. Auch die zugrunde liegenden Mechanismen sind nicht genau bekannt. Im Rahmen dieser Arbeit konnte anhand von Patch-Clamp Messungen gezeigt werden, dass zwei Mechanismen die Rektifizierung des Kanalstroms durch ChR-2 hervorrufen: eine Spannungsabhängigkeit der Einzelkanalleitfähigkeit und eine Spannungsabhängigkeit der Offenwahrscheinlichkeit. Die Spannungsabhängigkeit der Einzelkanalleitfähigkeit ist von der Art der geleiteten Ionen abhängig und konnte experimentell über die Unterschiede der stationären IV-Kurve für H+ und Na+ bei symmetrischen Ionenkonzentrationen bewiesen werden. Des Weiteren wurden die Resultate für unterschiedliche Ionenbedingungen anhand eines Ionenbindungsmodells mit einem „3-Barrieren 2-Bindungsstellen“ Profil für die Kanalpore simuliert. Die Spannungsabhängigkeit der Offenwahrscheinlichkeit ist an eine Lichtadaption des ChR-2 Proteins gekoppelt. Diese Lichtadaption konnte mithilfe von repetitiven Messungen, d.h. Strommessungen mit mehrfachen kurzen Lichtblitzen (10 ns), gezeigt werden. Da die Lichtadaption wie auch die Kanalkinetik stark vom pH abhängig sind, ist anzunehmen, dass mechanistisch wichtige De- und Reprotonierungsreaktionen mit diesen Prozessen einhergehen. Ferner konnte über die Untersuchung der elektrophysiologischen Eigenschaften der ChR-2 Mutante E90A eine Region im Protein identifiziert werden, die höchstwahrscheinlich am Protonentransport durch die Kanalpore beteiligt ist. Die Mutante E90A wies eine verringerte Protonenleitfähigkeit und eine natriumabhängige Blockierung der lichtaktivierten Ströme bei niedrigem extrazellulären pH auf. Doppelbelichtungsexperimente mit gelbem oder kurzwelligem blauen Licht ergaben außerdem neue Hinweise auf die Identität einiger Intermediate des Photozyklus. Die vorgestellten Ergebnisse weisen darauf hin, dass die bisher beschriebene „lichtadaptierte“ Form, die als P480 Intermediat bezeichnet wird, eher einem P520 Intermediat entspricht. Außerdem konnte im Rahmen dieser Arbeit eine funktionelle Beteiligung des Intermediats P390, in dem die Schiff Base deprotoniert ist, am Photostrom von ChR-2 im Wildtyp-Protein gezeigt werden. Diese Beteiligung ist bisher nur für ChR-2 Mutanten bekannt (Bamann et al., 2010). Neben der Untersuchung der Kanaleigenschaften von ChR-2 wurde in dieser Arbeit auch der Frage nachgegangen, ob an den Photozyklus von ChR-2 eine vektorielle Protonenverschiebung über der Membran gekoppelt ist. Mithilfe der BLM-Technik und Patch-Clamp Messungen an elektrofusionierten HEK-293 Zellen (Zimmermann et al., 2006) konnte gezeigt werden, dass auch ohne elektrochemische Triebkraft lichtaktivierte Ströme (Pumpströme) zu beobachten sind, die einer vektoriellen Protonenverschiebung von 0,2 - 0,4 Ladungen pro Photozyklus entsprechen. Die Doppelbelichtungsexperimente und der vektorielle Protonentransport geben einen Einblick in den Zusammenhang zwischen Photozyklus und den funktionalen Zuständen des Kanals. Die Ergebnisse zeigen das komplexe Geflecht zwischen Spannungsabhängigkeit, der Kinetik und den offenen Zuständen und wurden in einem Modell zusammengefasst. Weiterhin wurde in dieser Arbeit eine stabile Zelllinie für die Expression von ChR-1 etabliert, die eine genauere Charakterisierung dieses Proteins möglich macht. Es konnte gezeigt werden, dass ChR-1 ebenso wie ChR-2 eine Kationenleitfähigkeit besitzt. Aus zeitaufgelösten Messungen wurde außerdem ermittelt, dass ChR-1 gegenüber ChR-2 eine verkürzte Zykluszeit besitzt. Die verkürzte Zykluszeit von ChR-1, die zu kleineren Gesamtstromamplituden im Vergleich zu ChR-2 führt und die vergleichsweise geringere Expression, v.a. in transienten Expressionssystemen, limitiert dessen neurophysiologische Anwendung. Zusammenfassend stellt die vorliegende Dissertation eine detaillierte biophysikalische Charakterisierung von Channelrhodopsinen dar, die neue Erkenntnisse über die mechanistische Kopplung der Kanalfunktion an den Photozyklus hervorbringt. Zudem kann sie eine Grundlage für die gezielte Suche nach Channelrhodopsin Mutanten bieten, deren Kinetik oder analeigenschaften für die neurophysiologische Anwendung optimiert sind.
Die vorliegende Arbeit hat die Charakterisierung und Untersuchung des Stabilitätsverhaltens von
Parvulustat (PL), einem Homologen des α-Amylase-Inhibitors Tendamistat, zum Inhalt. Zur
weitreichenden Charakterisierung wurden verschiedene Proteinregionen des Parvulustats der CTerminus,
das hydrophobe Cluster, die Disulfidbrücken sowie die Proline auf ihren jeweiligen
Einfluss auf die Struktur und die thermodynamische Stabilität untersucht. In der vorliegenden
Zusammenfassung werden die Ergebnisse dieser Studien komprimiert präsentiert:
· Charakterisierung des Parvulustat-Wildtyps
Es galt vorweg herauszufinden, wie sich der Inhibitor unter nativen und denaturierten
Bedingungen verhält, um Rückschlüsse auf seine Merkmale und Strukturen zu ziehen. Die
erzielten Ausbeuten und die hohe Reinheit des isolierten Parvulustats erlaubten eine umfassende
Charakterisierung, einschließlich zahlreicher Kristallisationsexperimente, die vermuten lassen,
dass eine Kristallisation möglich sein sollte. Aufgrund der Tatsache, dass die Struktur des
Parvulustats bis 2009 unbekannt war, wurde die sekundäre Struktur mittels Circulardichroismus
und Fluoreszenzspektroskopie untersucht. Die Analyse des fernen UV-CD-Spektrums bei pH 7,0
und 25°C offenbarte eine „all-b-sheet“ Protein-Struktur. Mittels Fluoreszenzspektroskopie wurde
deutlich, dass die aromatischen Aminosäuren exponiert vorliegen. Um zunächst einen Einblick in
die Strukturveränderungen und die thermodynamische Stabilität zu erhalten, wurde der
temperaturinduzierte Entfaltungsübergang mittels CD-Spektroskopie verfolgt. Das Angleichen der
bei 230 nm gemessenen CD-Daten nach der linearen Extrapolations-Methode für eine
Zweizustands-Faltung ergab einen Tm-Wert von 82°C und D H(Tm) von 201,6 kJ/mol. Die
beträchtlichen Werte veranschaulichen die hohe Stabilität des Parvulustats. Eine aus den CDMessungen
bei 50° ergebende Übergangskurve zeigte, dass sich die Sekundärstruktur mit einem
Übergangsmittelpunkt bei 5,62 M GdnHCl kooperativ und reversibel entfaltet. Das Protein
entfaltet sogar infolge einer pH-Wert-Senkung bis auf pH 1 nicht vollständig, sondern es wechselt
direkt in einen Säure-Zustand („acid-state“). Dieser Zustand zeigt spektroskopisch die gleichen
Eigenschaften wie das native Protein, wobei die volle Inhibierungs-Aktivität nicht erhalten bleibt.
In sehr basischem Milieu bei pH 14 nimmt Parvulustat einen alkalisch denaturierten
Zwischenzustand IB an, der sich erheblich von dem GdnHCl-denaturierten, dem säurebehandelten
oder vom „molten globule“ Zustand unterscheidet. Allgemein behielt Parvulustat
über ein breites pH-Wert Spektrum (1,0-10,0) die native Struktur, bzw. eine „native like“ Struktur,
was erneut auf die enorme Stabilität des Proteins hindeutet. Die von Rehm et al. (Rehm et al.,
Theoretischer Teil
-4-
2009) aufgeworfene Hypothese des „induced fit“ Inhibierungsmechanismus des Parvulustats
konnte durch die in dieser Arbeit durchgeführten Experimenten bekräftigt werden. Mittels
Sekundärstrukturbestimmungen des Parvulustats unter Komplexbildung mit der a-Amylase
konnte eindeutig gezeigt werden, dass strukturelle Veränderungen am Inhibitor im Komplex
vorliegen. Durch zahlreiche Tests konnte festgestellt werden, dass die WRY-Region des
Parvulustats sich der Struktur der a-Amylase anpasst. Die Komplexierung des Parvulustats
bewirkte aber eine thermodynamische Destabilisierung der Inhibitor-Struktur.
· Einfluss des C-Terminus auf die Stabilität des Parvulustats
Um die Ursachen für die hohe Stabilität des Parvulustats auch im Vergleich zu Tendamistat (Tm:
79°C) zu finden, wurde der Einfluss des hoch flexiblen C-Terminus untersucht. Die Derivate mit
um zwei (PL-2AA), vier (PL-4AA) und sieben (PL-7AA) Aminosäuren verkürztem C-Terminus
wurden isoliert und analysiert. Die Entfaltungstemperaturen der verkürzten Derivate des
Parvulustats sinken mit abnehmender Zahl der Aminosäuren. Die Ergebnisse suggerieren, dass
der C-Terminus des Parvulustats eine entscheidende Rolle in der strukturellen Vollständigkeit des
Proteins während der thermischen Entfaltung spielt und damit auch in der Faltung (Tab.: 2.1). Der
Vergleich der Inhibitoraktivitäten der verkürzten Proteine mit dem nativen Parvulustat ergibt für
die Varianten PL-2AA und PL-4AA eine dem Wildtyp ähnliche Aktivität. Die Variante PL-7AA
weist eine leicht verringerte Aktivität auf.
Tabelle 2.1: ...
Einfluss hydrophober Oberflächenclustern auf Stabilität und Faltung
des Parvulustats
Parvulustat besitzt in der Mitte des ersten b-Faltblatts, um die Position 22 liegend, einen
hydrophoben Oberflächencluster. Wie mit Hilfe von Substitutionsexperimenten in dieser Region
gezeigt werden konnte, ist die thermodynamische Stabilität des Parvulustats in hohem Maße von
der Bildung dieses kleinen aber wichtigen hydrophoben Kerns bestimmt. Demnach muss das b-
Faltblatt I und das b-Hairpin I eine entscheidende Rolle in der Faltung von Parvulustat spielen.
Position 22 ist in zweierlei Hinsicht für die Stabilität des Parvulustats wichtig: einerseits durch die
energetisch wichtigen Wasserstoffbrückenbindungen und zum zweiten steuert die Stelle zur
Formation des hydrophoben Kerns bei. Die Daten suggerieren, dass es auch eine
thermodynamische Kopplung zwischen dem hydrophoben Effekt und der Präsenz von
Wasserstoffbrückenbindungen geben könnte. Zumindest aus der Sicht der Stabilität ist es
eindeutig, dass interatomare Interaktionen wie Wasserstoffbrückenbindungen, van-der-Waalsund
Dipol-Dipol-Wechselwirkungen notwendig sind, um eine stabile Bildung von b-Faltblättern
in Parvulustat und seinen Derivaten zu verwirklichen.
· Der Effekt der Proline auf die Stabilität des Parvulustats
Der Effekt der Substitution des Prolins durch Alanin an verschiedenen Positionen des Parvulustats
wurde ebenfalls untersucht. Im Ganzen betrachtet führt auch die Mehrfachsubstitution von Prolin
zu keiner nennenswerten strukturellen Veränderung im Parvulustat. Die durchgeführten
thermischen Entfaltungsexperimente bestätigen diese Beobachtungen. Alle Einzelmutanten (P5A,
P42A, P48A, P72A) zeigten eine höhere thermische Stabilität als der Wildtyp (Abb. 2.1).
Abbildung 2.1: Tm-Werte des Parvulustat-Wildtyps und seinen Prolin Mutanten.
Theoretischer Teil
-6-
Die fast gleich bleibenden Tm-Werte bzw. die Erhöhung der Stabilität des Parvulustats sind durch
die strukturelle Fluktuationen zu erklären, denn die rigide XAS-Pro-Bindung wurde durch die
flexible XAS-Ala-Bindung ersetzt.
· Der Einfluss der Disulfidbindung auf die Stabilität des Parvulustats
Der Einfluss der zwei Disulfidbrücken des Parvulustats wurde bezüglich Aktivität, spektraler
Eigenschaften sowie Stabilität untersucht. Hierfür wurden 25 Inhibitorvarianten mittels gezielter
Mutagenese gewonnen, in denen jeweils zwei Cysteinreste, die im natürlich vorkommenden
Parvulustat Disulfidbrücken bilden, durch andere Aminosäuren ersetzt wurden. Die Ergebnisse
zeigten, dass die Faltung Parvulustats ein zwei Zustand Verhalten besitzt, das außer in
Tendamistat in keinem anderen disulfid-verknüpftem Protein gefunden wurde. Dieses Verhalten
wurde durch die Entfernung von Disulfidbrücken nicht beeinflusst. Wie durch die CD- und
fluoreszenzspektroskopischen Experimente belegt werden konnte, ist die native Struktur des
Parvulustats durch die Entfernung der C43-C70-Disulfidbindung tiefgreifend verändert worden.
Passend zu den Veränderungen der Struktur haben die Mutationen schwerwiegende
Destabilisierungseffekte auf das Protein verursacht, was auch an der Erniedrigung der Freien
Gibbs Energie der Denaturierung und der Tm-Werte zu erkennen ist. Die Untersuchung des
Einflusses der Aminosäure-Substitution in den Positionen 43 und 70 auf die thermodynamische
Stabilität des Parvulustats führt zum Ergebnis, dass die Hydrophobizität und Polarität des Restes
70 einen bedeutenden Effekt auf die Stabilität des Proteins besitzt. Die Betrachtung der
thermodynamischen Daten macht deutlich, dass der Beitrag der freien Energie zur Stabilisierung
nicht nur abhängig von der eingeführten Aminosäure ist, sondern zum Teil auch von dem
strukturellen Kontext abhängt. Die Daten zeigen, dass die Substitution des Alanins an der Stelle
70 durch Leucin oder Threonin die Struktur um 0,3 bzw. 1,7 kJ/mol stabilisieren. Zusätzliche
Beiträge zum Unterschied bezüglich des ΔG°-Werts zwischen den Varianten C43AC70L/T und
C43L/TC70A können sich auch durch die unterschiedliche lokale Umgebung, wie z.B. die
Seitenketten von benachbarten Aminosäuren um die zwei Mutationsstellen ergeben. Der Tm-Wert
des Wildtyp-Proteins beträgt 82°C. Die Vergleiche dieser Größe mit der von der stabilsten
Cystein-defizitären Doppelmutante C43AC70T (47,3°C) ergibt eine Differenz von 34,7°C. Dieses
Ergebnis untermauert, dass die Disulfidbindung 2 eine extrem wichtige strukturelle Komponente
in der ungewöhnlich hohen Stabilität des Parvulustats darstellt.
Das Ziel der Arbeit war es dennoch die Daten der Stabilitäten einzelner Disulfidmutanten zu
sammeln und zu erfassen, um dadurch allgemeine Grundregeln für eine rationale Gestaltung der
Elimination beider Disulfidbrücken im Sinne einer vorhersagbaren Auswirkung auf die
Proteinstabilität zu bekommen.
Theoretischer Teil
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Der Versuch ein disulfidfreies Protein in großen Mengen aus S. lividans zu isolieren, stellte sich
aber als extrem schwierig dar. Nach der Änderung des Stamms des Wirtsorganismus
(Streptomyces lividans TK23), Erhöhung der Qualität der Protoplasten und der Expressions-
Bedingungen (19°C, 150 rpm) konnten auf dem SDS-Gel stärkere Banden des Derivats
C9AC25TC43AC70T-4AA beobachtet werden. Die Expression der Mutante
C9AC25TC43AC70L-4AA konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Die anschließende
Reinigung des Derivats C9AC25TC43AC70T-4AA des Parvulustats mittels Gelfiltration und RPHPLC
bzw. Isolierung des Proteins aus dem SDS-Gel brachte das erwünschte Produkt. Dieses
konnte mit der MALDI-Massenspektroskopie eindeutig nachgewiesen werden. Das aktive
Cystein-freie Derivat C9AC25TC43AC70T-4AA konnte auch auf dem a-Amylase Plattentest
nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine Expression und der Nachweis einer
cystein-freien Variante möglich sind, dennoch haben die Ausbeuten dieses Proteins für
weiterreichende Analytik nicht ausgereicht. Demnach sind die Disulfidbrücken für die Stabilität
und Struktur des Parvulustats von enormer Bedeutung dennoch sind sie nicht zwingend
erforderlich für die Aktivität und die Expression in S. lividans.