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Die poetische Evokation von Strömen und Flüssen, die als Verkehrswege verschiedene Länder und Sprachgemeinschaften untereinander verbinden, erinnert an die poetische Utopie grenzüberschreitend-universaler Kommunikation. Dem Bildfeld um Wasserläufe und Wasserwege affin ist das Bild der Quelle, die zudem für Ursprünglichkeit, Lebendigkeit, Erneuerung steht. Insofern enthält bereits der Titel des (im folgenden vorzustellenden) poetischen Projekts, mit dem Schuldt und Robert Kelly an Hölderlin anknüpfen, in nuce ein poetisch-utopisches Programm. Zudem fällt der Name eines Flusses, der einem Vielvölkerstaat seinen Namen gab: "Am Quell der Donau / Unquell the dawn now" […]. Mit dem zweiten Teil des Titels, der sich als klang-analoge, wenngleich semantisch inäquivalente Übersetzung des ersten versteht ("Unquell the dawn now"), kommt zugleich die nicht minder symbolträchtige Übergangszeit der Dämmerung ins Spiel – einer von vielen merkwürdigen sprachklanglich bedingten Zufällen, deren Erkundung sich dieses Projekt verschreibt. Schon der bilinguale Titel vollzieht eine Grenzüberschreitung – nicht nur zwischen der deutschen und der englischen Sprache, sondern auch zwischen 'Eigenem' und 'Fremdem'. Denn der erste (deutsche) Teil ist Zitat. Friedrich Hölderlin, der in seinem lyrischen Werk die Ströme Europas besungen und dabei eine komplexe symbolische Topographie entfaltet hat […], liefert die "Quelle", von der aus der bilinguale Sprach-Fluß seinen Ausgang nimmt.
Die Moderne ist durch die Intensität ihrer Auseinandersetzung mit dem Schweigen charakterisiert. Aber auch frühere Zeiten interessierten sich für das Schweigen, man sprach und erzählte von ihm, setzte es rhetorisch ein, verstand es (oder meinte es zu verstehen), kommentierte es, bediente sich sogar einer elaborierten Topik des Schweigens […].Doch mit der Moderne kommt es zu tiefgreifenden Verschiebungen in der Konstellation von Sprache und Schweigen. […] Zum einen gewinnt das Schweigen selbst neue Bedeutungsdimensionen, […] vor allem in seiner Eigenschaft als Hinweis auf all das, was jenseits der Grenzen der Wörter und des Sagbaren liegt. Zum anderen modifizieren und erweitern sich die Formen, in denen das Schweigen in die literarischen Werke einbezogen wird. Neben vielfältigen Thematisierungen, expliziten Beschreibungen und Interpretationen des Schweigens stehen Formen der Evokation und der Inszenierung des Schweigens durch die Strukturen der Texte selbst - Experimente, welche es darauf anlegen, das Schweigen gleichsam gestisch in literarische Prozesse einzubeziehen und durch Strategien der Textgestaltung zu konkretisieren. Auf dem weiten Feld solcher Experimente mit ästhetischen Manifestationsmöglichkeiten der Stille, der Lautlosigkeit, der Nicht-Artikulation berühren sich die Interessen moderner Literatur und Musik. Aber auch die bildende Kunst beteiligt sich am Großprojekt einer Evokation, Reflexion und Semantisierung des Schweigens.
Warum Fußball?
(2002)
Jeder Fußballfreund kennt die unbequeme Frage verständnisloser Mitmenschen, was denn so spannend daran sei, daß 22 Erwachsene 90 Minuten lang hinter einem Ball herlaufen. Ist es nicht völlig belanglos, ob ein Ball in dem einen oder dem anderen Netz landet, ob diese oder jene Mannschaft als Sieger vom Platz geht? […] Dennoch haben Siege und Niederlagen in den Stadien der Welt für Millionen von Zuschauern eine viel größere Tragweite, als ein lapidares Protokoll der Körper- und Ballbewegungen auf dem Rasen erahnen ließe. Warum? […] Theorien, die dem Fußball eine geheime, vom Selbstverständnis der Beteiligten abweichende Bedeutung zuweisen, sind nach wie vor beliebt. […] Sie sind schwer zu widerlegen, aber auch schwer zu beweisen. […] Sie heben einige Eigenschaften des Fußballs heraus, aber vernachlässigen andere. Erfindungsreichtum und Suggestivität übersteigen hier oft Plausibilität und Erklärungskraft. […] Wie immer man die Überzeugungskraft solcher Ansätze, die nach dem geheimen Wesen des Fußballs suchen, im Einzelnen einschätzen mag: Den Fußball als kulturelles Phänomen und insbesondere seine Faszinationskraft erklären sie jedenfalls ebensowenig wie die Frankfurter Schule mit ihrem Vorwurf der Komplizenschaft mit dem Kapitalismus oder die Vertreter einer Verfallstheorie mit ihrem nostalgischen Blick auf vermeintlich paradiesische Urzeiten des wahren Fußballs.