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In ihrem Beitrag geht Karin Harrasser unter dem Titel "Treue zum Problem" der Frage nach, ob und wie sich das Konzept des situierten Wissens von Donna Haraway mit dem Konzept der Kosmopolitik von Isabelle Stengers verbinden lasse. Treue zum Problem wird dabei zum Begriff für eine Erkenntnishaltung, in der theoretische und wissenschaftliche Problemstellungen aus konkreten Anlässen und Situationen generiert werden. Wie man sich das konkret vorzustellen hat, führt Harrasser am Beispiel des Films von Werner Herzog vor: "Wo die grünen Ameisen träumen".
Marie-Luise Angerer fragt in ihrem Beitrag "Die 'biomediale Schwelle'. Medientechnologien und Affekt" nach den Konsequenzen, die es hat, wenn die Medientechnologien sich nicht mehr als Objekt oder als Gegenüber zur Erscheinung bringen, sondern sich - wie im Fall der "fehlenden Zeitspanne", den sie von Helmholtz bis Brian Massumi nachvollzieht - in den Prozess selbst einschreiben, mit dem die Wahrnehmung wissenschaftlich beschrieben wird. Mit Canguilhem auf der einen und Haraway auf der anderen Seite lotet sie die neue Situation aus, die sie als post-biological condition beschreibt.
Liebe, Situation, Sprache
(2013)
Ali Benmakhlouf behandelt "Die Abenteuer des Kontextprinzips" bei Wittgenstein und Frege und zeigt in überzeugender Weise, dass auch und gerade die Logik nicht davon ausgeht, dass es ein nicht situiertes rationales Wissen geben könnte. Das Kontextprinzip ist als Prinzip der Objektivität erforderlich, um sicherzustellen, dass die beurteilbaren Inhalte auch kommunizierbar sind.
Unter dem Titel "Die Begrenzung der Wissensfelder bei Kant, Canguilhem und Foucault" fragt David-Ménard nach der Beziehung, die zwischen der Problematik der Grenzen des Wissens und dem In-Rechnung-Stellen der Illusionen besteht, von denen sich das Wissen - folgt man der Richtung der kritischen Philosophie Kants - abzugrenzen hat.
Vom Vitalen zum Sozialen : Überlegungen zu einem politischen Wissen im Anschluss an Canguilhem
(2013)
Muhle geht von der Frage nach dem Verhältnis des Begriffs des Lebens und der sozialen Normen aus, das Canguilhem als eines der Mimesis des Vitalen durch das Soziale beschreibt und führt daran anschließend ihre Annahme aus, nach der Foucault aus dieser Verhältnisbestimmung von Vitalem und Sozialem einen entscheidenden Impuls für die Ausformulierung seiner Biopolitik gewonnen habe.
Christoph F. E. Holzhey beschäftigt sich in seinem Aufsatz "Kippbilder des Vitalen" mit dem Verhältnis von Wissen und Leben bei Canguilhem und Haraway. Im Begriff des Kippbildes stellt er Canguilhems Beschreibung des Lebens als einer "dialektischen Essenz" den Vorschlag gegenüber, das diskursiv konstituierte Leben als etwas zu denken, das ohne Vermittlung zwischen verschiedenen Aspekten oszilliert und seine Einheit allein im Phänomen oder im Namen Leben findet.
Astrid Deuber-Mankowsky untersucht den Begriff des Lebens, der in Canguilhems Epistemologie der Biologie und seinem Verständnis der Technik sowie in Haraways Schriften zu den technisch geprägten Biowissenschaften vorausgesetzt wird, und findet die Verbindung zum Politischen in der Spannung zwischen Anthropomorphismus und Anthropozentrismuskritik.
Von Canguilhem zu Haraway
(2013)
Vor dem Hintergrund der Geschichte des physikalischen Objektivitätsbegriffs zieht die Physikerin und Epistemologin Françoise Balibar in ihrem Beitrag "Von Canguilhem zu Haraway" einen Vergleich der unterschiedlichen Konzepte der Objektivität von Haraways situiertem Wissen und Canguilhems regionaler Epistemologie. Dabei erinnert sie daran, dass Objektivität im physikalischen Sinn nicht, wie Haraway unterstelle, auf eine repräsentationale Identität der Objekte ziele, sondern dass das Objekt der Physik durch die Beziehungen generiert werde, die sich zwischen Tatsachen herstellen.
Detailliertere Auseinandersetzungen mit dem weit verzweigten Werk Canguilhems finden sich bei Haraway nicht. Und somit scheint es angemessen, wenn sie selbst resümiert: "Canguilhem war für mich nicht wirklich ein 'Einfluss', aber er war ganz bestimmt ein Teil der Ideenwelt, die für mich wichtig war, damals wie heute." Welche Stellung Canguilhem in dieser 'Ideenwelt' zukam (und zukommt), ist damit freilich nicht gesagt, und das ist der Ansatzpunkt des vorliegenden Beitrags. Diese Studie geht der Frage nach, in welcher Weise sich konstruktive Beziehungen zwischen der Tradition der Historischen Epistemologie und der aktuellen Wissenschafts- und Technikforschung herstellen lassen. [...] Im Folgenden wird das Spannungsfeld zwischen Historischer Epistemologie und Wissenschafts- und Technikforschung mit Blick auf die dort bislang kaum genutzten Potentiale der Medienwissenschaft erkundet. [...] Vor diesem Hintergrund erfolgt die Argumentation der vorliegenden Studie in zwei Schritten. Der erste, epistemologische Schritt geht von einer Sichtung der bisherigen Beiträge zum Verhältnis von Haraway und Canguilhem aus, die bislang vor allem im philosophischen und philosophiehistorischen Register verblieben sind. Dabei ist Haraways Figur des Cyborgs und das von Canguilhem prominent thematisierte Verhältnis von Maschine und Organismus in den Mittelpunkt gestellt worden, aber nur vereinzelt wurde der Rückbezug auf die historisch gewachsene Materialität der wissenschaftlichen und (medien-)technischen Praktiken vollzogen. [...] Im zweiten, historischen Teil dieses Beitrags wird die Frage erörtert, auf welche Weise Wissenschaft und Technik zur Herstellung und Verbreitung dessen beigetragen haben, was Haraway als eine bestimmte "Vision" der wissenschaftlich-technisch bestimmten Realitäten bezeichnet. Das historische Beispiel dafür sind die Projektionsvorrichtungen, mit denen die Lebenswissenschaftler des späten 19. und frühen 20. Jahrhundert versuchten, ein neues Bild des Lebens zu schaffen.