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Dinge besitzen eine Ausstrahlung, sie können bezaubern und erschrecken, faszinieren und bannen. Diese Erfahrung machen Menschen nicht nur mit 'auratischen' oder 'authentischen' Kunstwerken, auch im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit scheinen Dinge ein Eigenleben zu führen. Nachdem konstruktivistische Zugänge versuchten, ihnen genau dieses auszutreiben, kehrt es seit einiger Zeit wieder: in der Rede von der Aktivität der Objekte und der Macht der Dinge. Dies lässt sich mit der Vokabel 'Fetischismus' ideologiekritisch brandmarken oder kulturtheoretisch verherrlichen. In diesem Beitrag wird ein anderer Weg beschritten. Zu Beginn konstatiert er eine Sehnsucht nach dem unmittelbaren Gegebensein der Dinge und präsentiert sodann einen Zugriff, der diesen Befund berücksichtigt, ohne auf den Bereich des Sakralen zurückzugreifen: sei dies in magischer, mythischer oder fetischistischer Form. Vielmehr baut er auf die Phantasmagorie, die sich im Profanen ansiedelt und es erlaubt, systematisch Ästhetik und Ökonomie, Technik und Politik aufeinander zu beziehen. Die Ausführungen laufen auf die These hinaus, dass sich mit der Phantasmagorie eine kritische Alternative zum Fetisch formulieren lässt, welche die profane Moderne mit ihren produktiven Möglichkeiten und Risiken in all ihrer Ambivalenz auf den Begriff zu bringen vermag.
Dante's "Inferno" and Walter Benjamin's cities : considerations of place, experience, and media
(2011)
When Walter Benjamin wrote his main texts, the theme of the city as hell was extremely popular. Some of his German contemporaries, such as Brecht or Döblin, also used it. Benjamin was aware of these examples, as well as of examples outside Germany, including Joyce's "Ulysses" and Baudelaire's "poetry". And he was - at least in some way - familiar with Dante's "Inferno" and used it, and in particular Dante's conception of hell, for his own purposes. Benjamin's appropriation of the topos of the Inferno has been seen as a critique of capitalism and as a general critique of modernism by means of allegory. In the following analysis, Angela Merte-Rankin takes a slightly different approach and, despite Benjamin's status as an expert on allegory, considers hell in its literal sense as a place and examines the issues of implacement that might follow from this standpoint.
An Versuchen, Walter Benjamins 'Einbahnstraße' in die literarhistorischen Traditionen einzuordnen, fehlt es nicht. Vorzugsweise hat man dabei auf den Feldern gesucht, die sich von Benjamins eigenen frühen literarhistorischen Schwerpunkten aus anbieten, dem Barock mit dem Emblem und der Romantik mit dem Fragment, beides mit ebenso vielen Erträgen wie Problemen. Von anderen Aspekten in seinem Werk gehen die Erörterungen zu Traktat und Denkbild aus. Zum Traktat setzen sie bei Benjamins "Innenarchitektur" (WuN VIII, 38) an und nehmen Bezug auf den Konstruktivismus; zum Denkbild gehen sie von seinen "Denkbildern " aus, die unter dem Pseudonym Detlev Holz in der 'Frankfurter Zeitung' vom 15. November 1933 erschienen, wesentlich gestützt durch die Autorität Adornos etwa von Schlaffer und Jäger. Fernerliegendes, wie Anekdote und Mosaik, ist (von Bertrams Nietzsche-Bild her) gleichfalls erprobt worden, und Schöttker hat aus dem jeweiligen Ungenügen heraus auch integrierende Versuche unternommen. Benjamin habe versucht, "den frühromantischen Fragmentarismus, den er im barocken Drama vorbereitet sah, mit den Ideen der konstruktivistischen Avantgarde zu verbinden". Miniatur oder Minimalprosa sind daneben eher unverbindliche Verlegenheitslösungen geblieben. Am nachhaltigsten ist wohl der Aphorismus zur zentralen Kategorie erklärt worden, mit sehr viel Berechtigung und wiederum nicht ohne erhebliche einschränkende Bemerkungen.
Mit merklicher Begeisterung verfasst Walter Benjamin am 6. Januar 1938 einen Brief an Max Horkheimer, in dem er ihm von einem "seltnen Fund" von höchster Bedeutsamkeit berichtet, der seine Arbeit "entscheidend beeinflussen" werde (GB VI, 9). Bei dem Fund handelte es sich um Louis Auguste Blanquis (1805–1881) kosmologische Schrift 'L’Éternité par les astres', verfasst 1871 im Kerker einer Gefängnisburg vor der Küste der Bretagne. Der Autor, einer der umtriebigsten Revolutionäre Frankreichs im 19. Jahrhundert, war einen Tag vor Beginn der Pariser Kommune eingesperrt worden. Dass das Material um Blanqui die wohl umfangreichste Ergänzung des neuen 'Passagen-Werk'-Exposés von 1939 darstellt, kann kaum bestritten werden. Was aber genau hat Blanquis Kosmologie so signifikant für Benjamins Arbeit werden lassen? Benjamin ist auf 'L’Éternité par les astres' durch die Lektüre von Gustave Geffroys bekannter Blanqui-Biographie aufmerksam geworden; Miguel Abensour schreibt Benjamin in seinem wegweisenden Artikel zum Verhältnis von Blanqui und Benjamin gar eine bisweilen Geffroy'sche Lesart zu. In der Tat geht Benjamin wiederholt auf den von Geffroy betonten Umstand ein, dass es sich bei dem Autor der 'Éternité par les astres' um einen eingesperrten Revolutionär handelt, der an der Teilnahme an der Pariser Kommune gehindert wurde. Aus diesem Sachverhalt folgert er, dass die im Gefängnis geschriebene Kosmologie auf eine "Spekulation" zulaufe, "die dem revolutionären Elan des Verfassers das furchtbarste Dementi erteilt" (GS V, 1256). Ich möchte nachfolgend Überlegungen dazu anstellen, wie der von Benjamin wiederholt hergestellte Zusammenhang von ewiger Wiederkunft des Gleichen und Kapitalismus gedacht werden muss. Die diesem Text zugrundeliegende Vermutung ist, dass die Beschäftigung mit Blanqui Benjamin Impulse gegeben hat, um das für ihn so wichtige Problemfeld des Zusammenhangs von Anschaulichkeit, Geschichte und Marxismus zu bearbeiten; das Blanqui'sche Universum lässt sich dann als Denkbild verstehen, das dazu imstande ist, theoretische Reflexionen zu zeit- und geschichtsphilosophischen Aspekten der Kapitalismuskritik in intuitiv erschließbare Bilder zu übersetzen. Im Hinblick auf diese Anschaulichkeit frage ich weiterhin danach, wie einige Aspekte bei Blanqui, denen Benjamin selbst wenig oder keine Aufmerksamkeit schenkt, im Dialog mit Benjamins eigenem Denken eine produktive Lesbarkeit erlangen können.
It is no accident that the figuration of rewriting as copying is an image from "One Way Street". This apparently casual assemblage of small, rather belletristic texts - still some of the least explored terrain in all of Benjamin - is in important ways the key to all of Benjamin’s later writing, and especially that writing based on the form of the "Denkbild" or figure of thought. In what follows, I will concentrate on one set of paired examples in order to demonstrate in a more focused way the practice of rewriting and its effects: on the relationship between "Berlin Childhood around 1900" and "One Way Street".
Barthes' Benjamin-Rezeption soll in einem ersten komparatistisch-dokumentarischen Teil genauer erfasst werden, indem die photographischen Illustrationen in der 'Literarischen Welt', dem 'Nouvel Observateur' und in 'La Chambre claire' gegenübergestellt und die Photographie-Zitate identifiziert werden. Als Zweites werden weitere mögliche Rezeptionswege zwischen Benjamin und Barthes angedeutet, die im Kontext der Photographie eine Rolle gespielt haben könnten. Dem wird drittens ein analytisch ausgerichteter Teil folgen, in dem problematisiert werden soll, inwiefern der theoretische Gegenstand selbst, d.h. die Photographie, als visuelles Bindeglied zwischen Benjamin und Barthes fungiert und auf welche Weise die Photographie-Zitate mit einigen Scharnierstellen in der Photographie-theoretischen Argumentation insbesondere bei Barthes zusammenhängen. Abschließend soll untersucht werden, inwiefern Barthes’ spezifische Zitierpraxis mit Benjamins eigener Zitier-, Montage- und Sammlerpraxis verwandt ist, inwiefern dadurch die Photographien "zu ihrem Rechte kommen" (GS V, 574) und inwiefern schließlich Rezeptionsgeschichte im Sinne von Benjamins Geschichtsverständnis exemplarisch zur Anschauung kommt.
Walter Benjamin teilt das Schicksal vieler Autoren, die den literarischen und philosophischen Kanon anführen; man denke an Kleist, Büchner, Kafka oder Wittgenstein. Wie bei diesen so bilden auch bei Benjamin die zu Lebzeiten veröffentlichten Texte nur die Spitze eines Eisbergs. Der weitaus größere Teil ist erst nach dem Tod erschienen. Das Schicksal des Werkes lag damit in der Hand von Editoren, die es nach ihren Vorstellungen eingerichtet haben. Die für Benjamin tragische Geschichte der unabgeschlossenen, gescheiterten oder redaktionell verstümmelten Buch- und Aufsatzpublikationen wie das 'Passagen-Werk', die 'Berliner Kindheit' oder der Aufsatz 'Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit' ist häufig dargestellt worden. Man könnte es damit bewenden lassen und nun auf eine Ausgabe hoffen, in der alle veröffentlichten und unveröffentlichten Arbeiten samt ihrer Fassungen, Varianten und Materialien vollständig versammelt werden sollen. Dieser Anspruch ist allerdings mit verschiedenen Fragezeichen zu versehen.
Seit 2008 erscheint im Suhrkamp Verlag eine kritische Gesamtausgabe der Schriften Walter Benjamins unter dem Titel 'Werke und Nachlaß', "im Auftrag der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur herausgegeben von Christoph Gödde und Henri Lonitz in Zusammenarbeit mit dem Walter Benjamin Archiv". Dieser Edition, die sich anschickt, die von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser 1989 abgeschlossene und für mehrere Generationen von Benjamin-Forschern bis heute maßgebliche Ausgabe der 'Gesammelten Schriften' abzulösen, ist keine professionell geführte öffentliche Diskussion vorangegangen, wie dies bei derartigen Großprojekten etwa in Form von Arbeitstagungen durchaus üblich und sinnvoll ist. Erst auf Initiative der 'International Walter Benjamin Society' ist mit dem Antwerpener Symposium von 2009 ein solches Gespräch, bei Abwesenheit der Hauptherausgeber, in Gang gesetzt worden. Angesichts dieser einigermaßen kuriosen Situation können sich die folgenden Überlegungen nur auf die knappen, von Gödde und Lonitz unterzeichneten Leitlinien und deren Umsetzung in den ersten drei, jeweils von Uwe Steiner (WuN III), Momme Brodersen (WuN X) und Detlev Schöttker (WuN VIII) mit großem Sachverstand kuratierten Bände stützen. An dieser Stelle scheint es mir geboten, von editorischen Details und Fragen der Kommentierung abzusehen und das Augenmerk zunächst einmal auf die grundlegenden Aspekte und Interessen der neuen Edition zu richten. Was will sie? Und wie geht sie vor? Zu den Geburtsfehlern dieser "Kritischen Gesamtausgabe" - so viel sei vorausgeschickt - gehört der Umstand, dass zwischen dem programmatischen Anspruch und der Wahl der editorischen Mittel eine sachlich nicht zu rechtfertigende Diskrepanz besteht.
Es ist noch zu früh, um beurteilen zu können, worin die editorische Leistung und der Erkenntnisgewinn der neuen Benjamin-Ausgabe (WuN) besteht, da sie kaum vor Ende des kommenden Jahrzehnts ihren Abschluss finden wird. Aber es ist nicht zu früh, über die Edition zu diskutieren. Denn sie gibt Anlass, über das grundsätzlich nachzudenken, was doch das Fundament jeder Benjamindiskussion und -forschung darstellt: die Zugänglichkeit und wissenschaftliche Erschließung seines Werks. Und hier verspricht die neue Ausgabe, erstmals alles von Benjamin Überlieferte und im Archiv Gesammelte textintegral zu edieren und damit also das Vermächtnis seines Schreibens neu zu erschließen.