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Post 9/11 haben Forschungen zur Geschichte des "Terrorismus" weltweit Konjunktur. Kaum eine neuere Überblicksdarstellung zur Geschichte der politischen Gewalt und der Staatsverbrechen kommt ohne "Terrorismus" und den Referenzpunkt "9/11" aus, darunter die auf einer älteren Monographie basierende, 2012 publizierte und auf den universitären Unterricht bzw. ein breiteres Lesepublikum zielende Introduction to Political Crime von Jeffrey Ian Ross, der 2011 erschienene historische Überblick über die Geschichte der Crimes Against the State. From Treason to Terrorism von Michael Head oder die von mehreren französischen Autoren 2010 verfasste Darstellung historischer Terrorismusphänomene Terrorismes: Histoire et Droit. Im Gegensatz zu älteren Darstellungen erscheint "Terrorismus" inzwischen als zentraler Zugang zur Geschichte politischer Gewalt, auch im Hinblick auf die grenzübergreifenden und internationalen Dimensionen sowie die rechtlichen und polizeilichen Gegenmaßnahmen des counter-terrorism. Allerdings konzentrieren sich die historische Forschung wie die Politik- und Rechtswissenschaft auf den modernen zeitgenössischen "Terrorismus" seit dem Ersten Weltkrieg und diskutieren Erscheinungsformen, Ursachen sowie Strategien zu dessen Bekämpfung und Bewältigung. Nur wenige der in den letzten Jahren erschienenen, teils auch neu aufgelegten Gesamtdarstellungen gehen zeitlich weiter zurück und beziehen die Zeit nach der Etablierung des "Terrorismusbegriffs" durch die Französische Revolution mit ein oder greifen gar bis zur Antike aus. So beginnt Randall D. Law seine 2009 publizierte Geschichte des Terrorismus mit dem Kapitel Terror and Tyrannicide in the Ancient World, gefolgt von Abschnitten über das Mittelalter und die Frühe Neuzeit. Antike und Mittelalter nur kurz streifend, sucht Martin A. Miller dagegen die Foundations of Modern Terrorism in der politischen Gewalt des frühneuzeitlichen Europa, deren Ursprünge er insbesondere in den konfessionellen Konflikten verortet. ...
Dieses Buch war lange überfällig. Wer sich mit Frauen im 20. Jahrhundert beschäftigt, vermisste einen Überblick über die aktuellen Forschungen zur "Frauengeschichte" der Weimarer Republik. Die Autorin liefert eine frische und gut lesbare Zusammenfassung der bisher geleisteten Forschungen und kann andeuten, welche weiteren Fragen gestellt werden müssen. Wie schon vor ihr Matthew Stibbe, mit seinem ebenfalls sehr gelungenen Überblick interpretiert Boak die Weimarer Republik als "Post-war society". Folgerichtig beginnt sie ihre Darstellung mit einem langen Kapitel über Frauen im Ersten Weltkrieg. Schlüssig argumentiert sie, dass der Krieg das Leben der meisten Frauen erheblich veränderte, aber nur sehr wenige Emanzipationsgewinne zu finden seien. An dieser Stelle weist sie die These Ute Daniels von einer "Emanzipation auf Leihbasis" als unangemessene Formulierung zurück. ...
Eine gute Biografie sollte ein Schlüssel sein zu einer Zeit, ihren Strukturen und Charakteristika. Die Doppelbiografie der Brüder von Eichthal aus der Feder von Hervé Le Bret erfüllt diese Forderung in besonderer Weise. Denn die mannigfachen Tätigkeits- und Interessengebiete der beiden ungleichen und doch innig verbundenen Brüder geben Einblick in weite Bereiche des europäischen Geistes- und Wirtschaftsleben des 19. Jahrhunderts. In der Verflechtung der beiden Biografien ergibt sich so ganz von selbst eine enge Verbindung von internationaler Banken- und Kulturgeschichte. ...
Am 23. April 1391 fand Guillemin Faguier, sergent des burgundischen Herzogs Philipp des Kühnen, einen gewaltsamen Tod: Am hellichten Tag geriet er in einen Hinterhalt und die Männer von Jean de Chalon-Arlay schlugen ihn moult inhumainement, sodass er noch am Ort verstarb. Die Schuldigen waren bald ausfindig gemacht; als unmittelbarer Täter wurde Jean Breton identifiziert, der receveur Jeans de Chalon, den man am 5. Juli desselben Jahres hängte. Dass ihn seine Angehörigen schon kurz darauf gegen die ausdrücklichen hoheitlichen Anordnungen abhängten, um ihn zu bestatten, zeigt bereits, dass es bei diesem Kriminalfall um mehr ging, als nur um einen Mord und seine Bestrafung. ...
"Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehen, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird." Der berüchtigte Aphorismus sollte Historikerinnen und Historiker nicht von der Beschäftigung mit "Monstern" und dem "Monströsen" abhalten, versprechen diese doch zahlreiche Einsichten. Auch wenn nicht jeder gleich eine eigene Disziplin der "Monster Studies" anstreben wird, wie Mittman es in seiner programmatischen Einleitung mit Augenzwinkern formuliert (S. 1f.), eröffnet ein teratologischer Blick der kulturhistorischen Analyse originelle und weiterführende Perspektiven auf normative Diskurse und Selbstzuschreibungen. Monster mögen aus modern-rationalistischer Sicht nicht zuletzt als Wesen erscheinen, die ein lediglich imaginiertes Dasein führen (so ein Vorschlag für einen "Minimalkonsens", mit dem Dendle sein Fazit enden lässt, S. 448), aber dies macht sie doch keineswegs zu rein imaginären Wesen. Vielmehr spiegeln sie in subversiver Unterwanderung die Bruchstellen und Probleme, die jeder Komplex identitärer Selbstzuschreibungen angesichts systemisch nicht integrierbarer Kontingenzen aufweist.
Avec le présent fascicule, le Mittelalterzentrum (Centre d’études médiévales) de la Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) inaugure une nouvelle série: une fois par an, le centre organisera une conférence publique qui sera ensuite publiée sous ce format. Dans la préface, Michael Borgolte, porte-parole du Mittelalterzentrum, indique que le centre a choisi ce format afin de mettre en relief la contribution des disciplines médiévistes au travail de la BBAW, mais aussi afin de promouvoir la réflexion des disciplines concernées sur leur propre position et d’animer le dialogue et les contacts interdisciplinaires. Bref, il s’agit de montrer, entre autres, l’actualité des recherches médiévistes – et le choix du premier conférencier n’aurait pu être meilleur: Otto Gerhard Oexle, ancien directeur du Max-Planck-Institut für Geschichte à Göttingen, réfléchit et écrit depuis longtemps sur le travail des historiens et ses implications théoriques, mais aussi sur le rôle social de l’histoire en général dans les sociétés contemporaines. Il met tout particulièrement l’accent sur le rôle constitutif que jouent le Moyen Âge et les images que nous nous en faisons pour la mise en place de la »modernité«.
Der hier zu besprechende Sammelband ist aus einer mehrtägigen Konferenz im Oktober 2008 in Paris und Auxerre hervorgegangen und vereinigt Beiträge in französischer, englischer und deutscher Sprache. Legt man freilich das Programm jener journées d’étude neben das Inhaltsverzeichnis der Publikation, zeigen sich besonders deutlich die Unwägbarkeiten auf dem Weg von der Tagung zur Drucklegung, denen letztlich kein Herausgeber entgehen kann. Mehr als die Hälfte der elf Tagungsbeiträge finden sich nicht in dem Band publiziert, unter anderem derjenige der Mitorganisatorin der Veranstaltung, Marianne Besseyre, zur Frage karolingischer Buchreliquien am Beispiel des Sakramentars Karls des Kahlen (Paris BNF, Ms. lat. 1141); drei Beiträge (von Herbert L. Kessler, David Ganz und Andrea Stieldorf) sind neu hinzugekommen, und der Herausgeber selbst, Philippe Cordez, schrieb nicht über das Thema seines Vortrags zu Karl dem Großen und den Passionsreliquien, sondern stellte allgemeine Überlegungen zu einem catalogue raisonné der mittelalterlichen Objekte an, die mit Karl dem Großen verknüpft wurden. Titel und konzeptionelle Ausrichtung von Tagung und Sammelband sind allerdings gleich. ...
Zunächst und grundsätzlich: Hier gilt es eine große Leistung zu würdigen, die auf – im Wortsinn – entsagungsvoller, langjähriger Kärrnerarbeit beruht, auf den Mühen eines Einzelkämpfers angesichts einer Quellenfülle von 86 Registerbänden aus dem Pontifikat Clemens’ VII. samt Finanzdokumenten der Zeit aus der Apostolischen Kammer. Darauf und wohlgemerkt »nur« darauf fokussiert, zeichnet der aus Genf stammende Verfasser das Bild des Genfer Grafensohns Robert als eines Papstes – bewusst wird aus solcher Sicht dessen römischer Gegner als »intrus« bezeichnet –, der aufs Ganze seine Obödienz recht pragmatisch zu lenken verstand. Dabei stützte Clemens VII. sich auf einen Hof und eine Administration – ihr Wirken soll noch in einem eigenen Folgeband thematisiert werden –, deren Profil zwar durchaus, doch keineswegs extrem von Nepotismus sowie der persönlichen Nähe und heimatlichen Verbundenheit manchen Amtsträgers zum Pontifex geprägt war, weitaus stärker aber von den Interessen der – ihrerseits mit austarierendem Bedacht ausgewählten – Kardinäle und vor allem natürlich der Fürsten bestimmt wurde, zu denen das Genfer Grafenhaus wiederum in vielfältigen, im Besonderen nach Frankreich reichenden verwandtschaftlichen Beziehungen stand. Auf den Punkt gebracht, und so auch in der »Conclusion« zu lesen (S. 391–412): Clemens VII. war weder Visionär noch eigneten ihm Originalität oder gar spirituelle Tiefe, doch verstand er es im Rückgriff auf traditionelle Methoden unter dem Signum der Kontinuität und klugen Nutzung personeller Netzwerke – ein zentrales Thema für den der prosopographischen Methode verpflichteten Autor –, realistische Politik im Rahmen des Möglichen zu betreiben. Der einstige Schlächter von Cesena war vor- und umsichtig geworden, wie auch der Umgang mit seinen Gegnern und denen der Anjou in der Provence zeigt. ...
Published in good time for the 2014 "Karlsjahr", marking 1200 years since the emperor’s death, Johannes Fried’s latest book is intended to make specialist scholarship on Charlemagne accessible to a broad audience. Judging by the impressive sales figures, it has admirably fulfilled that purpose. That is not however to say that it is an anodyne synthesis of current research. The picture of the Frankish ruler it provides is very much the author’s own, as he himself emphasises, so there is little danger that it might be lost to sight amongst the many other biographies currently available. ...
Andreas Fahrmeir’s history of the first half of the "long nineteenth century" begins with a disdainful Arthur Young travelling through France at the beginning of 1790 and ends with London’s Great Exhibition of 1851. The contrasting fortunes of France and Great Britain exemplify the contrasting concepts of the title. While the former experienced at least eleven contested regime changes – 1789, 1792, 1793, 1794, 1799, 1814, 1815 (twice), 1830, 1848 and 1850 – the British political system endured, albeit modified by reforms. Moreover, revolutionary-Napoleonic France was responsible for numerous revolutions from above elsewhere, uprooting old regimes and creating satellite states right across the continent, from the Batavian Republic to the Grand Duchy of Warsaw. Old Europe was not restored in 1815. With the Holy Roman Empire gone for good, the Low Countries combined in a single kingdom, Poland expunged from the map once again and the Habsburg Empire much more of an Italian and Balkan power than in the past, quite a new order had emerged. The shallow roots of the new creations ensured their future fragility. ...