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"Politische Korrektheit" ist als deskriptive wie als normative Kategorie in Bezug auf unterschiedlichste Kommunikations-, mediale und institutionelle Kontexte seit einigen Jahren allgegenwärtig. Zunehmend wird sie nun selbst zum Gegenstand der Debatte. Ursprünglich Ausdruck des Bemühens, ein Bewusstsein für sprachliche Diskriminierungen zu schaffen und auf eine diskriminierungsfreie Sprache hinzuwirken, befindet sich die politische Korrektheit mittlerweile im Spannungsfeld zwischen nahezu obsessiv betriebenen Versuchen einer Beschränkung des Sagbaren einerseits und ebenso programmatisch unternommenen Überschreitungen der Grenzen des Sagbaren andererseits. Verbot und Provokation grundieren nicht zuletzt das politische/ administrative Sprechen bzw. Schreiben sowie erhebliche Anteile von Äußerungsformen im Rahmen der Social Media. In einer historischen Perspektive verbindet die Forderung nach einer mehr oder weniger strikten Reglementierung des Sagbaren die politische Korrektheit mit der staatlichen oder kirchlichen Zensur vor- bzw. nicht-demokratischer Systeme. Während gegenwärtig in der Mehrzahl der westlichen Gesellschaften eine derart institutionalisierte Steuerung des Sagbaren nicht mehr stattfindet, also scheinbar nichts mehr "unsagbar" ist, lassen sich in verschiedenen sozialen Segmenten und Communities sehr wohl selbstauferlegte Sprach- und Verhaltenskodices beobachten, die nach wie vor oder wieder Grenzen des Sagbaren definieren. Als Sprachkodex in diesem Sinn fungiert bisweilen auch die politische Korrektheit. So fragwürdig eine zum Selbstzweck gewordene politisch korrekte Sprache allerdings auch sein mag, so besorgniserregend sind programmatische Verstöße gegen die politische Korrektheit, wo sie offensichtlich auf Diffamierung zielen und in letzter Konsequenz Prozesse der Entsolidarisierung befördern wollen. ...
In dem folgenden werkgenetischen und forschungskritischen Beitrag geht es um das sonderbare und revisionsbedürftige Schicksal, das eine von Mozart nach dessen Rückkehr aus Mannheim in Salzburg ohne Auftrag begonnene und bis Sommer 1780 fast vollendete Oper durch ihre Rezeption bei der Nachwelt bis heute erlitten hat. Für meine Hypothese, bei Mozarts Zaïde handele es sich um eine ernste (nicht-komische), höchstwahrscheinlich einaktig konzipierte Kurzoper ("Operette", W. A. M.) ohne glücklichen Ausgang, ist es ebenso unmöglich, einen "Nachweis" zu erbringen, wie für die bisher geltende, als einzig denkbare Wahrheit auftretende These, sie sei ein stark fragmentarisches, höchstwahrscheinlich dreiaktiges Singspiel, dem nicht nur die Ouvertüre und die meisten Dialoge fehlten, sondern auch die entweder in mehreren fehlenden Schlussnummern eines zweiten oder in einem dritten Akt sich vollziehen sollende glückliche Wende. Darum wird hier nicht versucht, gegen eine bestehende beanspruchte "Deutungshoheit" eine andere zu setzen, sondern lediglich angezeigt und begründet, warum es ratsam ist, eine andere Interpretationsmöglichkeit bekannter Quellen, von denen einige bisher berücksichtigt, andere vernachlässigt wurden, ins Auge zu fassen. Es kann lediglich anhand von Indizien, welche die Quellen und Teile der bisherigen Forschung aufweisen, eine neue, bisher verworfene Möglichkeit von dem über sie verhängten Verdikt befreit werden. ...
Sprachen, Epochen und Gattungen stellt die Literaturwissenschaften immer wieder vor die Frage, wie sie diese Entwicklung mitgestalten und zu ihrem Vorteil nutzen können. Dabei ist digital nicht gleich digital, sondern es existiert eine Vielzahl sehr unterschiedlicher, digitaler Repräsentationsformen von Text. Nur wenige dieser Repräsentationsformen werden literaturwissenschaftlichen Anforderungen tatsächlich gerecht, darunter diejenige, die den Richtlinien der Text Encoding Initiative folgt. Der vorliegende Beitrag vergleicht zunächst einige derzeit gängige digitale Repräsentationsformen von Text. Für literaturwissenschaftliche Forschung besonders geeignet erweist sich hierbei eine Repräsentationsform, die den Richtlinien der Text Encoding Initiative folgt. Daher informiert der Beitrag anschließend über deren Nutzen für die literaturwissenschaftliche Arbeit, sowohl im Bereich der wissenschaftlichen Textedition als auch im Bereich der Analyse und Interpretation von Texten. Nur wenn die Literaturwissenschaften in ihrer Breite den Nutzen von offenen, expressiven, flexiblen und standardisierten, langfristig nutzbaren Formaten für die Forschung erkennen, können sie sich mit dem erforderlichen Nachdruck für deren Verbreitung einsetzen und durch die zunehmende Verfügbarkeit von Texten in solchen Formaten für die eigene Forschung und Lehre davon profitieren.
Der Artikel stellt aktuelle stilometrische Studien im Delta-Kontext vor. Diskutiert wird, warum die Verwendung des Kosinus-Abstands zu einer Verbesserung der Erfolgsquote führt; durch Experimente zur Vektornormalisierung gelingt es, die Funktionsweise von Delta besser zu verstehen. Anhand von mittelhochdeutschen Texten wird gezeigt, dass auch metrische Eigenschaften zur Autorschaftsattribution eingesetzt werden können. Zudem wird untersucht, inwieweit die mittelalterliche, nicht-normierte Schreibung die Erfolgsquote von Delta beeinflusst. Am Beispiel von arabisch-lateinischen Übersetzungen wird geprüft, inwieweit eine selektive Merkmalseliminierung dazu beitragen kann, das Übersetzersignal vom Genresignal zu isolieren.
Unter der Signatur VI/273 befinden sich in der Stiftsbibliothek Kremsmünster acht Pergamentstreifen unterschiedlicher Breite (...) und unregelmäßiger Länge (...). Es handelt sich um die Reste von zwei Pergamentdoppelblättern (...). Die Schrift gehört wohl noch dem 12. Jahrhundert an, sie macht jedenfalls einen altertümlicheren Eindruck als die der Göttinger Bruchstücke, der bisher ältesten Überlieferung des Lucidarius (...). Inhaltlich erweist sich die vorliegende Textpartie zugehörig zum 3. Buch des Lucidarius (...).
Die Annahme, Fuß sei ein Minnesänger gewesen, beruht auf der Zuordnung zu drei Personen, die auf diesem Gebiet hervorgetreten sind, und auf der Interpretation der Bezeichnung ‚puler’. Trifft nun schon die Angabe „Minnesänger“ bei Wolfram nur für ein dem späten Mittelalter kaum mehr gegenwärtiges Nebengebiet seines dichterischen Schaffens zu, so bedeutet ‚puler’ in den (...) [Volker Mertens] bekannten Belegen soviel wie „Minner, Liebhaber“, in einem Fall auch „Sachverständiger in Liebesdingen“ (...), aber niemals „Minnesänger“.
Die Papier-Hs. B II, 1 der Fürstlich Fürstenbergischen Bibliothek Donaueschingen enthält die Postille des Hartung/Heinrich von Erfurt (…). Sie wurde laut Schreiberkolophon f. 320v i.J. 1451 geschrieben. (…) Abschließend (…) [gibt Volker Mertens] eine Konkordanz der Überlieferung der Postille. Sie enthält den liturgischen Ort, bzw. das Textwort und für die Hss. Z, F, D, K und R die laufende Nummer und die jeweilige Seitenangabe, ausgerichtet an Z, weil diese Hs. in der Anordnung am zuverlässigsten ist.
Groß ist die Spannweite der Interpretationen, die die ersten Verse von Hartmanns 'Iwein' erfahren haben. (…) Das reicht vom „Inbegriff der güete..., bei dem caritas, misericordia und summum bonum mitgedacht werden müssen“ (…) bis zum „recht verstandenen Rittertum“ (…), die als „leitstern“ (…) des Gedichts fungieren; kürzlich hat D.G. MOWATT den Prolog sogar ironisch verstehen wollen (…), wobei beweiskräftige sprachliche Signale für uneigentliches Sprechen jedoch kaum auffindbar sein dürften (…) und die Annahme einer nachträglichen Ironisierung des Beginns durch das (einseitig interpretierte) Ende des Roman nur aus der vergleichenden Lektüre des modernen Interpreten, nicht aber aus einer kontinuierlich-linearen zuhörenden Aufnahme durch Hartmanns Publikum abgeleitet werden kann.