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The impact of European integration on the German system of pharmaceutical product authorization
(2008)
The European Union has evolved since 1965 into an influential political player in the regulation of pharmaceutical safety standards. The objective of establishing a single European market for pharmaceuticals makes it necessary for member-states to adopt uniform safety standards and marketing authorization procedures. This article investigates the impact of the European integration process on the German marketing authorization system for pharmaceuticals. The analysis shows that the main focal points and objectives of European regulation of pharmaceutical safety have shifted since 1965. The initial phase saw the introduction of uniform European safety standards as a result of which Germany was obliged to undertake “catch-up” modernization. From the mid-1970s, these standards were extended and specified in greater detail. Since the mid-1990s, a process of reorientation has been under way. The formation of the European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) and the growing importance of the European authorization procedure, combined with intensified global competition on pharmaceutical markets, are exerting indirect pressure for EU member-states to adjust their medicines policies. Consequently, over the past few years Germany has been engaged in a competition-oriented reorganization of its pharmaceutical product authorization system the outcome of which will be to give higher priority to economic interests.
Der Prozess der europäischen Integration wirkt zunehmend auf die Gestaltung der Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten ein. Die von der Kommission und dem EuGH vorangetriebene Anwendung des europäischen Binnenmarkt- und Wettbewerbsrechts auf die Gesundheitspolitik hat zur Folge, dass marktlichen Steuerungsprinzipien ein Primat gegenüber staatlicher und korporatistischer Regulierung eingeräumt wird. Die gesundheitspolitische Gestaltungskompetenz liegt bei den Mitgliedstaaten, diese haben jedoch die „vier Freiheiten“ bzw. das europäische Wettbewerbsrecht zu beachten. Das Prinzip der Solidarität spielt in den europäischen Verträgen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Solidarität erscheint im europäischen Diskurs als ein Wert, der für die Europäische Union einen wichtigen Bezugspunkt darstellt, ohne dass er eine rechtlich verbindliche Form erhalten hat. Im Resultat entscheidet daher die Auslegung des Solidaritätsprinzips durch den Gerichtshof darüber, ob solidarische Elemente in der nationalen Gesundheitspolitik mit dem europäischen Recht vereinbar sind. Dieser Mechanismus beruht nicht auf demokratisch organisierten Meinungs- und Willensbildungsprozessen, sondern ist Gegenstand schwer prognostizierbarer richterlicher Interpretationskunst.
Die Privatisierung von Krankheitskosten durch erhöhte Zuzahlungen, informelle Leistungsverweigerungen in der GKV sowie das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung bei einer wachsenden Kluft zwischen beiden Systemen haben die sozialen und die räumlich-zeitlichen Barrieren zur Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen für sozial schwache Gruppen erhöht. Damit wächst die Gefahr, dass die Krankenversorgungspolitik zu einer eigenständigen Ursache für die Verstärkung und Aufrechterhaltung gesundheitlicher Ungleichheit wird. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten der gesetzlichen Krankenversicherung, durch verbesserte Prävention zu einer Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit beizutragen, nur unzureichend genutzt. So liegt die Teilnahmequote von Personen mit niedrigem Sozialstatus an zahlreichen Maßnahmen der Krankheitsfrüherkennung, insbesondere bei der Krebsvorsorge, nach wie vor deutlich unter dem Durchschnitt. Mit der Novellierung des § 20 SGB V im Jahr 2000 hat zwar auch die Verminderung der sozialen Ungleichheit von Gesundheitschancen Eingang in das Zielsystem der GKV gefunden. Allerdings geht dieses Ziel nur teilweise in die Präventionspraxis der Krankenkassen ein. Nach wie vor existieren zahlreiche Hürden bei der Implementierung von Maßnahmen der kontextgestützten Verhältnisprävention.
Die politische Steuerung des Krankenhaussektors hat sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten nachhaltig verändert. Das Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 markiert einen gesundheitspolitischen Paradigmenwechsel, mit dem verstärkt wettbewerbliche Steuerungsinstrumente in das Gesundheitswesen eingeführt wurden. Auch im stationären Sektor ersetzen bzw. ergänzen wettbewerbliche Instrumente korporatistische Arrangements. Die Gegenüberstellung der politischen Steuerung des Krankenhaussektors vor 1992 mit der Situation nach der Gesundheitsreform 2007 verdeutlicht, dass auf den Feldern Leistungserbringung, Vergütung und Qualitätssicherung sukzessive ein neues Steuerungsmodell entstanden ist. Dieses zeichnet sich durch eine gewachsene Komplexität, eine Zunahme von Steuerungsaktivitäten und eine Neujustierung des Verhältnisses staatlicher bzw. korporatistischer Steuerung einerseits und wettbewerblicher Steuerung andererseits aus. Dort, wo es um allokative Entscheidungen geht, werden korporatistische Elemente durch wettbewerbliche ersetzt. Auf anderen Regulierungsfelder bleibt der Korporatismus dagegen erhalten. Der Staat als „architect of political order“ (Anderson) hat diese Transformation herbeigeführt, sieht sich allerdings zunehmend mit dem Widerspruch zwischen einer bedarfsorientierten Krankenhausplanung und Investitionsfinanzierung auf Landesebene und einer Leistungsverteilung über den Wettbewerb konfrontiert.