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G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) sind im Immunsystem essentiell für die Verarbeitung von Signalen, die von Chemokinen, Lipiden und anderen Botenstoffen ausgehen. Ihre Existenz gewährleistet, dass Leukozyten sowohl unter physiologischen als auch unter pathophysiologischen Umständen ihren Funktionen als Immunzellen nachkommen können. Grundlegend wichtig für das angeborene Immunsystem sind die GPCR, die die Weiterleitung ihrer Signale über G-Proteine vom Typ Gi vermitteln. Die Migration, Adhäsion und Differenzierung von Leukozyten wird jedoch auch maßgeblich durch G12/13-gekoppelte Rezeptoren reguliert, wobei die kleine GTPase RhoA als Effektormolekül eine wichtige Rolle spielt. Die Bedeutung der G12/13-gekoppelten Signaltransduktion in Makrophagen ist allerdings weitgehend unverstanden. Mit Hilfe einer Mauslinie, in der speziell und ausschließlich in myeloiden Zellen die beiden G-Protein-Untereinheiten Gα12 und Gα13 durch ein konstitutiv aktives Cre-Rekombinase-System inaktiviert wurden (Lys-Gα12/Gα13-KO), sollte nun die Funktion und der genaue Mechanismus des G12/13-gekoppelten Signalweges in Monozyten und Makrophagen aufgeklärt werden und somit neue Erkenntnisse zur Rolle der GPCR im Immunsystem gewonnen werden.
Eine erste Untersuchung der peripheren Immunzellpopulationen des Lys-Gα12/Gα13-KO ergab, dass residente Gewebemakrophagen, im Speziellen die des Peritoneums, in ihrer Anzahl erhöht sind. In einer vertieften Analyse der residenten peritonealen Makrophagen (rpMP) konnte gezeigt werden, dass der Verlust von Gα12/13 zu Veränderung im Zytoskelett der Makrophagen führt. Die Zellen entwickeln einen Phänotyp mit besonders langen und verzweigten Filopodien und zeigen Ein-schränkungen in ihrer basalen Beweglichkeit.
Über diesen morphologischen Befund hinaus, konnte in einer Studie zur Gen-expression in diesen Zellen festgestellt werden, dass Gα12/13-defiziente Makrophagen verstärkt proinflammatorische Gene wie Nos2, die Cyclooxygenase 2 aber auch verschiedene Chemokine wie Cxcl10 oder Cytokine wie Il-6 oder Tnfα exprimieren. Ein ähnlicher Phänotyp in Bezug auf Morphologie und Genexpression wurde bei der Untersuchung von Makrophagen, die aus Knochenmark des Lys-Gα12/Gα13-KO generiert wurden, beobachtet.
Als vermutlich verantwortlicher G12/13-gekoppelter Rezeptor konnte der S1P-Rezeptor-subtyp 2 (S1P2) identifiziert werden. Mit Hilfe von Inhibitoren für die G12/13-gekoppelte Signaltransduktionskaskade konnte gezeigt werden, dass über die kleine GTPase RhoA die NF-κB-abhängige Genaktivität reguliert werden kann. Vermutlich aktiviert RhoA dazu die Rho Kinase ROCK, die wiederum das untergeordnete Effektormolekül Rac1 hemmen kann. Im Falle des Lys-Gα12/Gα13-KO führt eine reduzierte Aktivierung von RhoA insgesamt zu einer eingeschränkten Hemmung dieses Signalweges und im Folgenden zu einer außer Kontrolle geratenen Induktion entzündungsrelevanter Gene und damit einhergehend auch zu einer Veränderung des Milieus in der Bauchhöhle dieser Tiere.
Obwohl die Immunantwort in diesen Tieren auf klassische Pathogene wie Lipopolylsaccharide (LPS) unverändert ist, konnte ein Anstieg an peritonealen B-Zellen festgestellt werden. Diese B-Zellen, insbesondere B1 B-Zellen, sind als wichtige Produzenten von natürlichen Antikörpern gegen endogene Pathogene bekannt. Die Analyse von Plasma aus Lys-Gα12/Gα13-KO-Mäusen ergab einen erhöhten Titer für natürliche Antikörper wie beispielsweise gegen oxidierte Formen von atherogenen Lipoproteinen. Diese Erkenntnis führte zu der Frage, ob die ursprünglich pro-inflammatorischen Veränderungen der peritonealen Makrophagen einen indirekten, positiven Einfluss auf die Entwicklung einer Atherosklerose haben können. Interessanterweise sind die Tiere des Lys-Gα12/Gα13-KO signifikant vor Atherosklerose geschützt und die Existenz der natürlichen Antikörper in atherosklerotischen Läsionen wird als Hinweis für ihre protektive Rolle im Krankheitsverlauf angesehen. In einem therapeutischen Ansatz mit peritonealen Zellen konnte in Atherosklerose-gefährdeten Tieren die Progression dieser Gefäßerkrankung eingedämmt werden.
Die hier durchgeführte Studie hat durch in vitro und in vivo Versuche mit Lys-Gα12/Gα13-KO-Mäusen dazu beitragen, das Verständnis der Rolle der G12/13-gekoppelten Signaltransduktion im Immunsystem zu verbessern.
Die Komplexität der verschiedenen Funktionen einzelner Effektormoleküle einerseits und die Interaktionen unterschiedlicher Immunzellpopulationen andererseits lassen jedoch vermuten, dass noch weitreichende Untersuchungen an GPCR und G-Proteinen nötig sind, um diese für den Organismus bedeutsamen Informationssysteme voll-ständig zu verstehen und weiter therapeutisch nutzbar zu machen.
Der Aufsatz untersucht das Verhältnis von Antidiskriminierungsrecht und Diversität in der Rechtswissenschaft. Das Verhältnis der beiden Begriffe zueinander ist nicht spannungsfrei. Der Aufsatz befasst sich näher mit der Frage, wie Gleichheit zu verstehen ist und stellt zwei Modelle zum Verständnis von Gleichheit vor: Differenzierungsverbot und Dominierungsverbot. Im Vergleich erweist sich ein Verständnis als Dominierungsverbot wesentlich leistungsfähiger als eine Deutung als Differenzierungsverbot, jedenfalls wenn es um komplexere Formen von Benachteiligung geht.
Im Anschluss wird erörtert, welche Faktoren die Leistungsfähigkeit des Antidiskriminierungsrechts im Hochschulbereich, in dem Frauen auf höheren Positionen immer noch unterrepräsentiert sind, beeinflussen. Hierbei werden verschiedene Erklärungsansätze dargestellt und strukturelle Hürden des Antidiskriminierungsrechts aufgezeigt. Denn die Frage der Durchsetzbarkeit rechtlicher Normen ist ein zentrales Thema für die praktische Wirksamkeit von Antidiskriminierungsrecht. Insoweit ist freilich auch ein Rückgriff auf die Herstellung von Diversität wenig erfolgversprechend.
Der Islam stellt in Deutschland derzeit die größte religiöse Minderheit dar. Für ein friedliches Zusammenleben und einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen, stellt das Recht wegen der Möglichkeit der Durchsetzbarkeit einen besonders wichtigen Faktor dar. Gegenstand des Aufsatzes ist die Frage, wie die deutsche Rechtsordnung mit religiösen Konflikten umgeht, inwieweit also die Interessen von Muslimen rechtlich geschützt werden. Dazu werden zunächst die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Religionsfreiheit darge-stellt und die zentralen Kritikpunkte an der bisher ausgesprochen religionsfreundlichen Rechtsprechung analysiert. Sodann wird die Bedeutung dieser Maßstäbe für drei Einzelfragen näher betrachtet. Behandelt werden zum einen Konfliktfelder durch Religionsausübung in der Schule: das freiwillige Gebet von Schülern in Unterrichtspausen, die Befreiung vom Schwimmunterricht sowie die Kopftuchdebatte. Zum anderen werden die Fragestellungen erörtert, ob und inwieweit Scharia vor deutschen Gerichten Anwendung findet und ob und inwieweit sich innerhalb Deutschlands eine Paralleljustiz entwickelt. Abschließend befasst sich der Aufsatz mit der Beschneidung minderjähriger Jungen aus religiösen Gründen. Dieses Thema hat durch ein Urteil des LG Köln aus dem Jahre 2012 politische Aufmerksamkeit erlangt und schnelle Reaktionen des Gesetzgebers ausgelöst.
Rechtsvergleichend wird betrachtet, wem in Deutschland und den USA das Recht zu wählen zusteht. Es wird dargestellt, dass die gleichheitsrechtlich begründete Ausdehnung des Wahlrechts auf früher exkludierte Personengruppen keine lineare Fortschrittsgeschichte ist.
Der Kampf um das Wahlrecht in den USA war weitgehend Teil des Kampfes gegen Rassendiskriminierung. Änderungen des Wahlrechts in bestimmten Einzelstaaten der USA stellen einen erheblichen Rückschritt im Hinblick auf die Allgemeinheit der Wahl dar, da sie Verschärfungen mit sich bringen, die ohnehin schon benachteiligte Bevölkerungsgruppen faktisch vom Wahlrecht ausschließen.
Auch in Deutschland war es ein langwieriger Prozess, bis sich die Allgemeinheit der Wahl durchsetzte. Aber auch in Deutschland ist die Allgemeinheit der Wahl noch in mehrfacher Hin-sicht beschränkt. Insbesondere die Einschränkungen des Wahlrechts für Strafgefangene wie auch das Wahlrecht für Auslandsdeutsche sind verfassungsrechtliche sehr problematisch. Auch Reformvorschläge, wie etwa die Einführung eines Kinderwahlrechts, treuhänderisch durch die Eltern ausgeübt, sind verfassungsrechtlich äußerst bedenklich.
Essayistisch setzt sich diese Kolumne mit der Bevölkerungspolitik auseinander. Die Geburtenrate und die Angst vor dem Bevölkerungsschwund sind zu einem wesentlichen Thema im medialen und politischen Tagesgeschehen geworden. Die Sorge um den ausbleibenden Nachwuchs führt zu Forderungen, dass der Staat zur Erhöhung der Geburtenrate tätig werden müsse im Sinne einer obligatorischen Staatsaufgabe, z.B. um die Sozialsysteme zu sichern. Doch die Steigerung der Geburtenrate ist kein legitimes staatliches Ziel. Die grundrechtliche Freiheit der Eltern verlangt, dass der Staat sich eines Einflusses enthält und keine Anreize zum Kinderbekommen setzt. Familienförderung hat lediglich dafür zu sorgen, dass die Bedingungen für die bereits bestehenden Familien adäquat sind und muss sich als „Ausgleich“ für (finanzielle) Lasten deuten lassen. Einige Förderungsmittel sind kritisch zu be-trachten, da sie überproportional relativ wohlhabenden Familien zugutekommen sowie Anreize setzen, viele Kinder zu bekommen - durch die Anrechnung auf Sozialleistungen jedoch nicht bei armen Familien. Die Veränderung in der Bevölkerungsentwicklung wird Folgen haben, die sich nicht durch eine rückwärtsgewandte, allein an der Steigerung der Geburtenrate orientierte Politik verhindern lassen. Stattdessen ist es an der Zeit, die notwendigen Anpassungsprozesse anzugehen und zu gestalten.
100 Jahre Fachbereich Rechtswissenschaft ist auch ein Grund, derer zu gedenken, die über eine lange Strecke dieser Zeitspanne das Bild des Fachbereichs entscheidend mitgeprägt haben, aber nicht mehr mitfeiern können. Darunter verdient ein Strafrechtsprofessor und Rechtsphilosoph besondere Hervorhebung und Würdigung. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer. Das Verständnis von der gegenseitigen Befruchtung in Theorie-Praxis-Projekten brachte Hassemer aus der akademischen Welt mit in seine hohen Staatsämter: Hessischer Datenschutzbeauftragter, Richter und Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Schließlich konnte er in der Rolle des Anwalts gleichsam als „Gegenprobe“ auch noch seine schon lange gezeigte Zuneigung zum Beruf des Strafverteidigers erleben. Der fruchtbare Dialog zwischen Theorie und Praxis setzte sich 12 Jahre lang im „Frankfurter Arbeits-Kreis Strafrecht“ („FAKS“) fort, zu dessen Gründern Hassemer gehörte. Dabei haben Strafverteidiger, Richter, Staatsanwälte, Ministerialbürokratie, Strafvollzugs und Polizeibeamte mit auch Rechtswissenschaftlern im konstruktiven Diskurs die Abstände zwischen unseren „Berufswelten“ verringert. Im Zentrum stand sein Bekenntnis, dass das staatliche Strafen ein „blutiges Geschäft“ ist, das nur als ultima ratio und auch nur dann zu rechtfertigen ist, wenn „schützende Formen“ des Verfahrensrechts strafbegrenzend wirken. Der Fachbereich Rechtswissenschaft wird auch in dem jetzt beginnenden zweiten Jahrhundert seines Bestehens das Andenken an Winfried Hassemer hoch halten.
Rechtswissenschaftliche Abhandlungen und Veranstaltungen zu internationalen Gerichten stehen häufig unter dem Titel „Internationale Streitbeilegung“. Es wäre aber viel besser, so die Leitthese dieses Beitrags, solche Texte und Veranstaltungen als „internationale Gerichtsbarkeit“ zu betiteln. Dies ist keineswegs ein bloßer Streit um Worte, da hinter diesen Alternativen unterschiedliche rechtswissenschaftliche Auffassungen stehen. Im Folgenden sei gezeigt, dass anders als die Be-zeichnung „Internationale Streitbeilegung“ suggeriert, nicht nur eine, sondern vier Funktionen die Rechtsprechung heutiger internationaler Gerichte kennzeichnen. Es handelt sich dabei um: Streitbeilegung im Einzelfall, Stabilisierung normativer Erwartungen, Rechtschöpfung sowie Kontrolle und Legitimation öffentlicher Gewalt. Die Ana-lyse dieser Funktionen zeigt, dass die Bezeichnung „Internationale Streitbeilegung“ überkommen ist. Entsprechend sollte die Bezeichnung des Fachs geändert und es als Teil des Fachs internationale Institutionen verortet werden.
Prozesse der Konstitutionalisierung jenseits des Nationalstaates ver-laufen in zwei unterschiedlichen Richtungen: in transnationalen Politikprozessen jenseits der Nationalstaatsverfassungen, gleichzeitig außerhalb der internationalen Politik in den “privaten” Sektoren der Weltgesellschaft. Die Verfassungssoziologie, die solche Prozesse analysiert, distanziert sich damit von den Verengungen des traditionellen Konstitutionalismus auf den Nationalstaat und fokussiert gesellschaftliche Verfassungen im nationalen und transnationalen Raum. Doch was ist das Gesellschaftliche im gesellschaftlichen Konstitutionalismus? Dies ist aktuell Gegenstand einer vielstimmigen Kontroverse über die Subjekte nichtstaatlicher Verfassungen, ihren Ursprung, ihre Legitimation, ihre Reichweite und ihre inneren Strukturen. Der Beitrag versteht die Kontroverse als „Thema mit Variationen“ und stellt folgende Leitfragen an die zahlreichen Variationen: Was ist in der einzelnen Variation das jeweilige „Kompositionsprinzip“? Welche Schwierigkeiten zeigen sich in dessen Durchführung? Welches sind seine aufhebenswerten Motive? In diesem Sinn wird zunächst das von David Sciulli vorgegebene Thema des gesellschaftlichen Konstitutionalismus kurz vorgestellt. Dann werden sechs Variationen in zwei unterschiedlichen Variationsreihen vorgeführt, einer ersten, die Konstitutionalisierung als Expansion einer einzigen Rationalität in alle gesellschaftlichen Bereiche versteht, einer zweiten, welche trotz der Pluralität des gesellschaftlichen Konstitutionalismus auf der Einheit der Verfassung besteht. Im Schlussteil nehmen drei weitere Variationen schließlich die Motive, die sich als aufhebenswert herausgestellt haben – Meta-Verfassung, Nomos und Narrativ, mediale Reflexivität - wieder auf und entwickeln sie weiter.
Die Globalisierung hat nicht, wie es sowohl ordoliberale als auch kritische Theorien einer globalen „economic constitution“ erwarten, eine einheitliche Weltwirtschaftsverfassung hervorgebracht, sondern eine fragmentierte Kollisionsverfassung, d.h. eine Metaverfassung von Verfassungskonflikten. Als deren kollidierende Einheiten fungieren nicht mehr die Nationalstaaten, sondern transnationale Produktionsregimes. Die von Böhm und Sinzheimer für den Nationalstaat formulierte Alternative von ordoliberaler Wirtschaftsverfassung und sozialdemokratischer Wirtschaftsdemokratie ist in der transnationalen Wirtschaftsverfassung vom Gegensatz zwischen den neokorporatistisch organisierten Produktionsregimes Kontinentaleuropas und den finanzkapitalistisch geprägten Produktionsregimes anglo-amerikanischer Prägung, abgelöst worden. Entgegen allen Voraussagen haben die neo-korporatistischen Wirtschaftsverfassungen Kontinentaleuropas trotz Globalisierung und Wirtschaftskrise eine erstaunliche Resilienz bewiesen. Einer wirtschaftsdemokratischen Konstitutionalisierung eröffnen sich hier neue Chancen dadurch, dass, wie am Beispiel der Corporate Codes gezeigt wird, unternehmensexterne gesellschaftliche Kräfte, also neben staatlichen Interventionen rechtliche Normierungen und „zivilgesellschaftliche“ Gegenmacht aus anderen Kontexten so massiven Druck auf die Unternehmen ausüben, dass sie gezwungen sind, gemeinwohlbezogene Selbstbeschränkungen aufzubauen.
Mediennutzung
(2013)