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An die Signalübertragung im ZNS werden in bestimmten Entwicklungsstadien sehr unterschiedliche Anforderungen gestellt. Im adulten Gehirn dient sie nicht nur der Nachrichtenübermittlung, sondern auch der aktivitätsbasierten Umgestaltung neuronaler Verbindungen bei Lernprozessen und der regenerativen Umgestaltung nach Verletzungen. Im sich entwickelnden Gehirn werden schon frühzeitig Nervenzellen elektrisch erregbar und spontan aktiv. Diese elektrische Aktivität und die dadurch verursachte Transmitterausschüttung spielen bei der selektiven Stabilisierung von Synapsen und damit bei der Ausgestaltung des neuronalen Netzwerks eine große Rolle. Im ZNS von Vertebraten beruht die Wirkung des Neurotransmitters und Neuromodulators Acetylcholin auf den nikotinischen und muskarinischen Acetylcholinrezeptoren. Muskarinische Acetylcholinrezeptoren (mAChRen) koppeln, abhängig von den fünf identifizierten Rezeptorsubtypen (M1- M5), an unterschiedliche intrazelluläre Signalketten an. Dabei interagieren für gewöhnlich die M1, M3 und M5 Rezeptoren mit einem G-Protein des Typs Gq/11, während M2 und M4 ein G-Protein des Typs Gi/o aktivieren. Der Colliculus inferior (IC) ist eine wichtige Verschaltungsstation im auditorischen Mittelhirn von Säugetieren. Inhibitorische und exzitatorische Eingänge werden dort während der Entwicklung mit großer Präzision angelegt und konvergieren auf einzelne ICNeurone. Die physiologische Bedeutung von mAChRen im IC ist weitgehend unerforscht und die Subtypen die im juvenilen IC eine Rolle spielen wurden noch nicht charakterisiert. Es war das Ziel der vorliegenden Arbeit mittels elektrophysiologischer Untersuchungen im IC der juvenilen Ratte (P5-P12) folgende Fragen zu klären: i) Gibt es im IC der jungen Ratte eine Modulation der GABAergen Transmission durch muskarinische Acetylcholinrezeptoren? ii) Welcher muskarinische Rezeptorsubtyp spielt dabei eine Rolle? iii) Welcher intrazelluläre Signalmechanismus ist der Aktivierung des muskarinischen Acetylcholinrezeptors nachgeschaltet? Unter Wirkung von Muskarin kam es bei 41,2% der untersuchten Neurone des Colliculus inferior zu einer Erhöhung der Frequenz der spontanen IPSCs. Die sIPSCs wurden durch Bicucullin blockiert, somit handelt es sich um GABAerge IPSCs. Die Wirkung von Muskarin nahm zu, wenn die Tiere älter als 9 Tage waren. Es wurde gezeigt, dass nAChRen keine Rolle spielen bei der Erhöhung der sIPSC-Frequenz, während eine selektive Blockade der M3-(M5-) mAChRen durch 4-DAMP die Muskarinwirkung blockierte. In der Regel sind die M3-Rezeptoren über folgende Signalkaskade aktiv: Phospholipase C, Kalzium-Calmodulin, NO-Synthase, Guanylatzyklase, die NO-Konzentration und cGMP. Alle Glieder dieser Kaskade wurden untersucht, sie hatten aber keinen Einfluss auf die Muskarinwirkung. Im Gegensatz dazu führte die Erhöhung des intrazellulären cAMP-Spiegels zu einer vergleichbaren Frequenzsteigerung der sIPSCs wie sie unter der Wirkung von Muskarin gemessen wurde. Weiterhin ließ sich die Erhöhung der sIPSC-Frequenz durch Muskarin vollständig aufheben, wenn die intrazelluläre Adenylatzyklase blockiert wurde. Es ist bekannt, dass der M3-(M5-) mAChR über verschiedenste Signalwege den intrazellulären cAMP-Spiegel verringern oder erhöhen kann und dass die Spezifizierung des Rezeptors vom Grad der Rezeptorexpression, dem Zelltyp und der Kombination der Effektormoleküle abhängig ist. Die Abweichung der juvenilen Kaskade vom im erwachsenen Tier üblichen Signalweg hat dabei den Vorteil, dass eine Aufgabentrennung zwischen Netzwerkbildung und Synapsenstabilisierung einerseits und Signalweiterleitung andererseits erfolgt. Beim juvenilen Tier steht die Netzwerkbildung im Vordergrund, beim erwachsenen Tier wird die Signalweiterleitung moduliert. Der sekundäre Botenstoff NO, der weit diffundieren kann, spielt beim juvenilen Signalweg keine Rolle und dies ermöglicht eine klare Trennung der aktivierten von den umgebenden Synapsen. Dadurch wird eine starke Selektion innerhalb der vorhandenen Synapsen ermöglicht und eine aktivitätsbasierte Netzwerkbildung vereinfacht. Die Etablierung funktioneller GABAerger Synapsen ist ausschlaggebend für die Entwicklung des neuronalen Netzwerks. Innerhalb der ersten postnatalen Wochen führt die Aktivierung von GABAA-Rezeptoren zur Depolarisierung der IC-Neurone und zu einer Erhöhung der intrazellulären Ca2+-Konzentration. Acetylcholin potenziert also letztlich den GABA-aktivierten Einstrom von Ca2+ und führt damit zur Erhöhung der intrazellulären Ca2+ Konzentration im postsynaptischen Neuron des IC. Diese modulatorische Wirkung von Acetylcholin könnten damit eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Stabilisierung von inhibitorischen Synapsen im sich entwickelnden IC der Ratte spielen.
Die Hitzestressantwort stellt einen universellen Schutzmechanismus aller lebenden Organismen dar. Infolge einer Temperaturerhöhung werden Hitzestresstranskriptionsfaktoren (Hsf) aktiviert und bewirken eine gesteigerte Expression von Hitzestressproteinen (Hsp). Als molekulare Chaperone schützen diese die Zelle vor durch Hitze verursachten Schäden. In höheren Pflanzen ist dieses Phänomen sowohl auf der Ebene der Hsf als auch der Hsp besonders komplex. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der Funktion von Komponenten des Chaperonsystems in der pflanzlichen Thermotoleranz. Zur Untersuchung der Thermotoleranz wurde ein transientes Expressionsystem mit Mesophyllprotoplasten aus steril angezogenen Tomatenpflanzen (Lycopersicon esculentum) zweier Linien (WT und CS) verwendet. CS-Pflanzen zeigen Cosuppression von HsfA1 und zeichnen sich durch eine Integration zweier direkt aufeinander folgender Transgenkassetten in invertierter Orientierung aus. Die fehlende Expression von HsfA1 in CS-Pflanzen ist die Folge eines Prozesses, der als RNA-interference (RNAi) bezeichnet wird. In unserem transienten Expressionssystem wurden Mesophyllprotoplasten mit einem Expressionsplasmid transformiert, das für Luciferase aus Photinus pyralis als thermosensitivem, leicht nachweisbarem Reporterprotein kodiert. Mit Hilfe dieses Testsystems konnten wir den Schutz der Luciferase gegen eine thermische Denaturierung bei 41°C (30 min) und die nachfolgende Renaturierung für 120 min bei 25°C in Abhängigkeit von endogenen und transient exprimierten Hsp und Hsf beobachten. Mit Hilfe der RNAi-Technologie und unter Verwendung von genspezifischen inverted repeat-Konstrukten konnten wir weiterhin die Bildung einzelner Komponenten des endogenen Chaperonsystems verhindern und damit ihre Funktion untersuchen. Es zeigte sich, dass in Protoplasten aus CS-Pflanzen praktisch alle hitzestressinduzierten Proteine fehlten und diese nicht in der Lage waren, Thermotoleranz auszuprägen, wie unter Verwendung des Reporterproteins Luciferase nachgewiesen werden konnte. Weiterhin fand keine Bildung cytoplasmatischer Multichaperonkomplexe, der sogenannten Hitzestressgranula (HSG), statt. Dieser Defekt in der Ausprägung von Thermotoleranz konnte durch Expression von HsfA2, HsfA3 und HsfA4b repariert werden. Die Überexpression dieser Hsf führte gleichermaßen zu (1) einer Expression von Chaperonen, (2) Thermoprotektion des Reporterenzyms Photinus pyralis-Luciferase und (3) Bildung von HSG-Komplexen. In weiteren Analysen lag unser Augenmerk insbesondere auf Vertretern der sHsp, sowie der Hsp70- und Hsp101-Chaperonfamilien. Hierbei erwies sich, dass vor allem Klasse CI-sHsp und Vertreter der Hsp70-Famile beim Schutz der Luciferase gegen Denaturierung während eines Hitzstresses eine Rolle spielen, während hauptsächlich Hsp101 und Vertreter der Hsp70-Familie in der darauf folgenden Erholungsphase von Bedeutung sind. Die Untersuchung der Interaktionen von drei Klassen cytoplasmatischer sHsp und ihrer intrazellulären Verteilung im Rahmen meiner Arbeit zeigte, dass jeder dieser Klassen eine unterschiedliche Funktion im Netzwerk cytoplasmatischer sHsp zukommt. Unter Verwendung nativer Gelelektrophorese und indirekter Immunfluoreszenz konnte nachgewiesen werden, dass sHsp der Klassen CI, CII und CIII in der Lage sind, auf der Ebene oligomerer Komplexe zu interagieren und ihre intrazelluläre Lokalisation wechselseitig zu beeinflussen. Proteine der Klasse CII zeigten eine starke Tendenz zur Bildung von Aggregaten, in die Klasse CIII-sHsp rekrutiert wurden. Im Unterschied dazu verfügten Klasse CI-Proteine über die Fähigkeit, diese Aggregate aufzulösen. Die detaillierte Untersuchung von fünf Isoformen der Klasse CI und zwei Isoformen der Klasse CII aus Lycopersicon esculentum ergab, dass diese oligomere Komplexe einer unterschiedlichen Anzahl von Untereinheiten bilden. Nach Coexpression waren Proteine beider Klassen in heterooligomeren Komplexe zu finden. Allerdings deuteten sich bei der Analyse der Fähigkeit einzelner Isoformen der Klasse CI, Heterooligomere mit Klasse CII-Proteinen zu bilden, Unterschiede an. sHsp kommt weiterhin eine Funktion in der Kontrolle der Aktivität von HsfA2 zu. Im Rahmen dieser Arbeit konnte ich zeigen, dass sHsps der Klassen CI und CII völlig unterschiedliche Rollen in der Regulation der intrazellulären Verteilung von HsfA2 spielen. Nach Überexpression in Mesophyllprotoplasten bildete LpHsp17.4-CII, nicht aber das nahe verwandte LpHsp17.3-CII mit HsfA2 große, cytoplasmatische Aggregate. Hsp17-CI dagegen verhinderte die Coaggregation von Hsp17.4-CII mit HsfA2.
Here I analyse 23 populations of D. galeata, a large-lake cladoceran, distributed mainly across the Palaearctic. I detected high levels of clonal diversity and population differentiation using variation at six microsatellite loci across Europe. Most populations were characterised by deviations from H-W equilibrium and significant heterozygote deficiencies. Observed heterozygote deficiencies might be a consequence of simultaneous hatching of individuals produced during different times of the year or of the coexistence of ecologically and genetically differentiated subpopulations. A significant isolation by distance was only found over large geographic distances (> 700 km). This pattern is mainly due to the high genetic differentiation among neighbouring populations. My results suggest that historic populations of Daphnia were once interconnected by gene flow but current populations are now largely isolated. Thus local ecological conditions which determine the level of biparental sexual reproduction and local adaptation are the main factors mediating population structure of D. galeata. The population genetic structure and diversity in D. galeata was investigated at a European scale using six microsatellite loci and 12S rDNA sequence data to infer and compare historical and contemporary patterns of gene flow. D. galeata has the potential for long-distance dispersal via ephippial resting eggs by wind and other dispersing vectors (waterfowl), but shows in general strong population differentiation even among neighbouring populations. A total of 427 individuals were analysed for microsatellite and 85 individuals for mitochondrial (mtDNA) sequence data from 12 populations across Europe. I detected genetic differentiation among populations across Europe and locations within sampling regions for both genetic marker systems (average values: mtDNA FST = 0.574; microsatellite FST = 0.389), resulting in a lack of isolation by distance. Furthermore, several microsatellite alleles and one haplotype were shared across populations. Partitioning of molecular variance was inconsistant for both marker systems. Microsatellite variation was higher within than among populations, whereas mtDNA data yielded an inverse pattern. Relative high levels of nuclear DNA diversity were found across Europe. The amount of mitochondrial diversity was low in Spain, Hungary and Denmark. Gene flow analysis at a European scale did not reveal typical pattern of population recolonization in the light of postglacial colonization hypotheses. Populations, which recently experienced an expansion or population-bottleneck were observed both in middle and northern Europe. Since these populations revealed high genetic diversity in both marker systems, I suggest these areas to represent postglacial zones of secondary contact among divergent lineages of D. galeata. In order to reveal the relationship between population genetic structure of D. galeata and the relative contribution of environmental factors, I used a statistical framework based on canonical correspondence analysis. Although I detected no single ecological gradient mediating the genetic differentiation in either lake regions, it is noteworthy that the same ecological factors were significantly correlated with intra- and interspecific genetic variation of D. galeata. For example, I found a relationship between genetic variation of D. galeata and differentiation with higher and lower trophic levels (phytoplankton, submerged macrophytes and fish) and a relationship between clonal variation and species diversity within Cladocera. Variance partitioning had only a minor contribution of each environmental category (abiotic, biomass/density and diversity) to genetic diversity of D. galeata, while the largest proportion of variation was explained by shared components. My work illustrates the important role of ecological differentiation and adaptation in structuring genetic variation, and it highlights the need for approaches incorporating a landscape context for population divergence.
Holzkohlen aus archäologischen Grabungen im Sahel von Burkina Faso belegen die regionale Geschichte der Gehölzvegetation über die letzten 2000 Jahre. Der Bodenbau, den die sesshaft lebende Bevölkerung seit Beginn unserer Zeitrechnung intensiv betreibt, veränderte die Zusammensetzung der Gehölzvegetation vor allem auf den Dünen der Region. Im Vergleich mit der heutigen Vegetation lassen sich zudem klimatische Veränderungen nachweisen. Untersucht wurden über 9000 Fragmente aus sieben verschiedenen archäologischen Grabungen. Sechs Inventare stammen aus Siedlungshügeln. Bei einem Fundplatz handelt es sich um einen Hausgrundriss. Insgesamt wurden 37 Holzkohletypen erkannt und dokumentiert. Die untersuchten Inventare der Siedlungshügel zeigen, dass vor allem die Gehölzvegetation der Dünen und der Galeriewälder zur Brennholzentnahme genutzt wurde. Je nach Lage der Siedlung und dem Schwerpunkt der Wirtschaftsweise können verschiedene Taxa mit höheren Anteilen vertreten sein, möglicherweise zusätzlich verstärkt durch die anthropogene Auswahl von verfügbarem Brennholz. Im Vergleich der Holzkohleinventare lassen sich für die Eisenzeit regionale Entwicklungen erkennen. Die natürlichen Gehölzbestände auf den Dünen, unter anderem aus verschiedenen Akazienarten, wurden, zumindest in der Umgebung der Siedlungen, verdrängt. Stattdessen nahmen aufgrund der selektiven Förderung durch den Menschen die Anteile der Gehölze der Kulturbaumparks, Vitellaria paradoxa und Faidherbia albida zu. Die Landwechselwirtschaft förderte zudem Brachearten insbesondere aus der Familie der Combretaceae. In der späten Eisenzeit nahm Guiera senegalensis zu, die von starker Beweidung der Brachen profitiert. Der Unterwuchs der Galeriewälder an den mares und Wasserläufen wurde mit zunehmender Besiedlungsdauer in der Umgebung der einzelnen Fundplätze aufgelichtet, die Anteile von Combretum micranthum gehen in den Inventaren der einzelnen Siedlungsplätzen jeweils zurück. Klima und Vegetation waren während der Eisenzeit sudano-sahelisch. Auf feuchteres Klima verweisen Vitellaria paradoxa und Detarium microcarpum, die deutlich höhere Niederschläge benötigen, als sie die Region heute erhält. Der hohe Anteil von Taxa, die heute weiter südlich verbreitet sind, belegt zudem den sudanischen Aspekt der Gehölzvegetation. Der Vergleich der anthrakologischen mit den palynologischen und karpologischen Ergebnissen zeigt, dass die Gehölzvegetation sich unter zunehmend arideren Bedingungen in den letzen 2000 Jahren anthropozoogen stark verändert hat. Das Klima scheint aber während der Eisenzeit von 0-1500 AD vergleichsweise stabil gewesen zu sein. Erst danach haben die Niederschläge sich soweit verringert, dass in den letzten 500 Jahren einige sudanische Taxa aus der Region verschwanden, die noch während der Eisenzeit zur regionalen Flora gehört hatten, zum Beispiel Vitellaria paradoxa, Detarium microcarpum und Lannea sp. Der Vergleich der eisenzeitlichen Holzkohleflora mit der rezenten Dynamik der Vegetation und mit der Verbreitung einiger Arten um die Mitte des 20. Jahrhunderts zeigt, dass einige Taxa, wie Terminalia sp. möglicherweise erst in den letzten fünfzig Jahren aus der Region verschwunden sind.
Die Grundlage dieser Arbeit bilden Befunde über den Kupfer-Metabolismus des Ascomyceten Podospora anserina. In der Kupfermangel-Mutante grisea ist der Transkriptionsfaktor GRISEA inaktiv, welcher die Aktivität der hochaffinen Kupfer(I)-Permease PaCTR3 kontrolliert. Der Kupfer-Mangel aller Zellkompartimente führt zu pleiotropen Effekten und zu einer moderaten Verlängerung der mittleren Lebensspanne (60%). Um Effekte des Kupfermangels, die positiven bzw. negativen Einfluß auf die Lebensspanne zeigen, voneinander zu trennen, erschien es vielversprechend, den Kupfermangel auf ein Kompartiment der Zelle zu beschränken. In Hefe komplexiert COX17 Kupfer und gibt es im mitochondrialen Intermembranraum an SCO1 und COX11 (Assemblierungsfaktoren der Cytochrom-c-Oxidase) weiter. Zur Aufschlüsselung Kupfer-abhängiger Stoffwechsel-Wege wurde in dieser Arbeit eine PaCox17-Nullmutante konstruiert und charakterisiert. Die PaCox17::ble-Deletionsmutante ist durch AOX-Respiration, hohe Aktivität der Cu/Zn-SOD und ein stabilisiertes Chondriom charakterisiert. Eine vergleichende Analyse von Mutante und Wild-Stamm führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Disruption des PaCOX17-Weges verhindert die Assemblierung der COX beinahe völlig. COX-Respiration kann nur in sehr geringem Umfang nachgewiesen werden. 2. Der Ausfall der COX induziert die alternative Oxidase und führt zu AOX-Respiration. 3. Die Atmungsrate der Mutante PaCOX17::ble ist, aufgrund der AOX-Respiration, gegenüber dem Wild-Stamm annähernd verdreifacht. 4. Weiterhin zeigen PaCox17::ble-Stämme ein stabilisiertes mitochondriales Genom, normalerweise wird weder plDNA amplifiziert noch wird beta-senDNA gebildet. 5. Der Kupfer-Spiegel des Zytoplasmas ist gegenüber Wild-Stämmen stark erhöht. 6. PaCox17::ble-Stämme sind durch konstant starke Expression der Cu/Zn-SOD charakterisiert. Die Mn-SOD spielt eine untergeordnete Rolle. 7. Die beschriebenen Effekte führen zu einer enormen Verlängerung der mittleren Lebensspanne (1250% des Wild-Stammes). Neben der Isolation und Charakterisierung der Mutante PaCox17::ble wurde PaSco1 isoliert und initial charakterisiert. PaSco1 liegt in P. anserina wahrscheinlich in einer Kopie vor. Es kodiert das Kupferbindeprotein PaSCO1, welches Kupfer vermutlich von PaCOX17 übernimmt und an die Untereinheit 2 der COX weitergibt. In dieser Arbeit wurden Teilaspekte des Kupfermetabolismus von P. anserina untersucht. Von besonderem Interesse waren Zusammenhänge zwischen Kupfer-Metabolismus und mitochondrialen Funktionen. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten entwicklungsbiologische Prozesse, der Alterungsprozess war von übergeordneter Bedeutung. Es konnte gezeigt werden, daß Störungen der Kupfer-Homöostase die Respiration, den zellulären oxidativen Stress, die Stabilität des Chondrioms und diverse Entwicklungsprozesse, wie beispielsweise Fortpflanzung und Alterung des Hyphenpilzes beeinflussen.
Die mittelamerikanische Jagdspinne Cupiennius salei Keys. zeigt nach Reizung ventraler Tasthaare auf den proximalen Beingliedern in freier Natur und auch im Labor das relativ einfache, reflektorische Verhalten des „Körperanhebens“. Ziel der vorliegenden Arbeit war, den am Körperanheben maßgeblich beteiligten Coxamuskel c2 hinsichtlich seiner Anatomie, seiner funktionellen Faserzusammensetzung und Innervation sowie seiner Aktivität beim „Körperanheben“ und bei weiteren Bewegungsweisen der Spinne zu untersuchen. (1) Der c2-Muskel liegt im Prosoma der Spinne und setzt für jedes Bein am anterioren Coxarand an. In den 1. - 3. Beinpaaren liegt c2 zweigeteilt (apodemaler und tergaler Anteil), im Hinterbeinpaar dagegen einteilig (nur tergaler Anteil) vor. (2) Histochemische Nachweisreaktionen (Glykogengehalt, relative Succinatdehydrogenase- und relative myofibrilläre Adenosintriphosphatase-Aktivität) ergeben eine heterogene Faserzusammensetzung des c2-Muskels aus 4 Muskelfasertypen (A, B, C, D). Der apodemale c2-Anteil besteht homogen aus A-Fasern. (3) Messungen mit Laserdiffraktometrie zeigen für die A- und B-Fasern signifikant kürzere Sarkomerlängen als für die C- und D-Fasern. (4) Sodium-Dodecylsulfat-Polyacrylamid-Gelelektrophorese weist als Besonderheit für die A- und B-Fasern eine Paramyosin-Isoform P1 (107 kDa), eine Isoform der leichten Ketten des Myosins LC2 (22 kDa) und vermehrt eine Troponin-Isoform T4 (46 kDa) nach. In den Cund D-Fasern kommt allein eine 43-kDa-Bande und vermehrt eine Troponin-Isoform T2 (50 kDa) vor. (5) Der c2-Muskel der Vorder- und Hinterbeine wird durch einen eigenen Nerv innerviert. Retrograde Anfüllungen („Backfills“) des Nervs mit neuronalen Tracern legen eine polyneurale Innervation des c2-Muskels aller Beine dar, höchstwahrscheinlich jeweils durch 6 Motoneurone. Zwei davon sind jeweils positiv GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) -immunreaktiv; dies ist ein Hinweis auf eine mögliche inhibitorische Innervation des c2-Muskels. (6) Wie Elektromyogramme freilaufender Spinnen zeigen, besteht das Körperanhebeverhalten aus zwei aufeinanderfolgenden Reaktionen: einer lokalen c2-Kontraktion im taktil gereizten Bein, die eine Bewegung im zugehörigen Prosoma-Coxa-Gelenk verursacht, und einer durch diese aktive Bewegung hervorgerufenen plurisegmentalen Reaktion im c2 der übrigen 7 Beine. Wird eine Coxa passiv bewegt, kann auch in festgelegten Spinnen eine plurisegmentale Reaktion aller 8 Beine ausgelöst werden. (7) Sowohl bei der lokalen als auch bei der plurisegmentalen Reaktion des „Körperanhebens“ rekrutiert c2 die gleichen neuromuskulären Einheiten. Dies deutet auf die gleiche zentalnervöse Endstrecke beider Reaktionen hin. Die Anzahl der elektrophysiologisch unterscheidbaren neuromuskulären Einheiten stimmt mit der der anatomisch nachgewiesenen Motoneuronen und Fasertypen überein. (8) Der tergale c2-Anteil ist immer, der apodemale Anteil nur bei schnellem Körperanheben, schnellen Laufstarts und bei Schreckreaktionen (Flucht) der Spinne aktiv. Hierbei rekrutiert der apodemale Teil nur zu Beginn der Verhaltensweise schnelle phasische Einheiten. (9) Ich diskutiere bei welchen Bewegungsweisen der Spinne die 4 Fasertypen vermeindlich zum Einsatz kommen, wie sie höchstwahrscheinlich innerviert werden und welche Konsequenzen die c2-Zweiteilung in den vorderen Beinpaaren (1 - 3) auf die Beinbewegung im Verhalten haben könnte. Am wahrscheinlichsten ist eine verstärkte Druckerhöhung zur Beinextension durch schnelle anfängliche Kontraktionen des „apodemalen Hebels“ und eine vektorielle Kräfteaddition der zwei Muskelteile. (10) Anhang II behandelt den internen Gelenkrezeptor R0 im Prosoma-Coxa-Gelenk. Ausschaltversuche weisen R0 als unentbehrlich für das Zustandekommen der plurisegmentalen Reaktion aus. Lage und Anordnung der R0-Sinneszellen sind in den Beinpaaren 1 - 3 und den Hinterbeinen verschieden.
Extrazelluläre Nukleotide fungieren als auto- und parakrine Signalstoffe aus. Im peripheren und zentralen Nervensystem dienen Nukleotide als Neurotransmitter und Neuromodulatoren. Die nahezu ubiquitäre Expression von Purin-Rezeptoren läßt auf umfassende physiologische Funktionen schließen. Nukleotide konnen über ionotrope P2X-Rezeptoren oder metabotrobe P2Y-Rezeptoren ihre Signalwirkung vermitteln. Via P1-Rezeptoren kann Adenosin, ein Baustein bzw. Abbauprodukt von ATP, seine neuromodulatorische und neuroprotektive Wirkung entfalten. Alkalische Phosphatasen, die Ekto-Nukleotid-Pyrophosphatase/Phosphodiesterase Familie (NPP-Familie) und die Ekto-Nukleosid-Triphosphat-Diphosphohydrolase-Familie (E-NTPDasen) können Nukleosiddiphosphate und Nukleosidtriphosphate hydrolysieren. Die E-NTPDasen sind die wahrscheinlichsten Kandidaten für die Moduluation purinerger Signale im Nervensystem. In dieser Arbeit wurde die Klonierung und Charakterisierung der NTPDase3 der Ratte beschrieben. Ein vollständiger cDNA-Klon der NTPDase3 wurde aus einer Rattenhirnbank isoliert, sequenziert und anhand der familientypischen Sequenzmuster (ACRŽs) als E-NTPDase identifiziert. Die Sequenz enthielt einen offenen Leserahmen der für ein 529 Aminosäuren großes Protein kodierte. Sequenzvergleiche zeigten eine große Ähnlichkeit des Proteins mit den NTPDasen 1, 2 und 8, welche plasmamembranständige Ekto-Enzyme sind. Eine plasmamembranständige Lokalisation konnte in NTPDase3-transfizierten CHO-Zellen und in PC12-Zellen mit endogener NTPDase3-Expression nachgewiesen werden. Anhand von Computeranalysen und Sequenzvergleichen wurden Überlegungen zur Sekundär- und Tertiärstruktur angestellt und Ähnlichkeiten zur Zuckerkinase/ Hitzeschock-Protein 70/Aktin-Superfamilie aufgezeigt. Das Protein war entsprechend der in silico-Analyse glykosiliert und ließ sich über das Lektin ConcavalinA anreichern. Messungen an Membranfraktionen heterelog transfizierter CHO-Zellen zeigten die Hydrolyse verschiedener Nukleosidtriphosphate und Nukleosiddiphosphate mit einer Präferenz für Nukleosidtriphosphate. Das Enzym ist primär Kalziumabhängig und a rbeitet optimal im physiologischen pH-Bereich von pH 7,5 bis pH 8,0. Mit einem ATPase:ADPase-Verhältnis von 5:1 liegt die NTPDase3 zwischen der NTPDase1 und der NTPDase2. Seine biochemischen Eigenschaften machen das Ekto-Enzym zu einem Kandidaten für die Modulation purinerger Signale. Nukleotid-vermittelte Signale können via Hydrolyse durch die NTPDase3, möglicherweise in Kombination mit anderen E-NTPDasen, beendet werden. Als Bestandteil einer Enzymkette mit der Ekto-5Ž-Nukleotidase kann das Enzym zur Produktion des neuromodulatorisch und neuroprotektiv wirkenden Adenosins beitragen. Mögliche Rollen bei der Regulation autokriner, parakriner und synaptischer Signale in nichtneuronalen wie neuronalen Geweben wurden für die Gewebe diskutiert, in denen die NTPDase3 per Westernblot nachgewiesen werden konnte. Neben Dünndarm, Prostata, Pancreas, Nebenhoden und Samenleiter wurde ein NTPDase3-Band vor allem im zentralen Nervensystem gefunden. In allen geprüften Hirnteilen (Bulbus olfactorius, Cerebellum, Cortex, Mesencephalon, Diencephalon, Hippocampus, Striatum, Medulla oblongata), dem Rückenmark und der Hypophyse wurde die NTPDase3 im Westernblot detektiert. Das Enzym könnte an der Regulation exokriner Drüsenfunktionen im Pancreas und am epithelialem Ionentransport involviert sein oder auch bei endokrinen Funktionen des Pankreas und der Hypophyse mitwirken. Möglicherweise hat die NTPDase3 funktionelle Bedeutung bei der Termination und Modulation purinerger Neurotransmission im enterischen Nervensystem, im Rückenmark und in verschiedenen Hirnregionen. An verschiedenen zentralnervösen Funktionen, wie Schmerzwahrnehmung, Atmungs- und Kreislauf-Regulation sowie Gedächtnis- und Lernprozessen sind purinerge Signale maßgeblich beteiligt und es ist wahrscheinlich, daß E-NTPDasen an der Modulation dieser Signale mitwirken. Die in dieser Arbeit beschriebene NTPDase3 ist ein viel versprechender Kandidat für die Regulation purinerger Signale im peripheren und zentralen Nervensystem.
Ein gentherapeutischer Ansatz für die Behandlung der HIV-Infektion ist die "intrazelluläre Immunisierung" von CD4+-Zellen die den Hauptangriffspunkt des HI-Virus darstellen. Potentiell therapeutische Gene zur Hemmung der HIV-Replikation sind in großer Zahl und für praktisch jeden schritt des Replikationszyklus des Virus publiziert. Ein Problem war allerdings bisher das Fehlen eines einheitlichen und reproduzierbaren Vergleichssystems zur Identifizierung erfolgversprechender Gene für Studien im Tiermodell und in der Klinik. In dieser Arbeit wurde ein solches auf die Gentherapie abgestimmtes Zellkultursystem entwickelt, das auf stabilem Transfer von HIV-inhibitorischen Genen durch retrovirale Transduktion von T-Zellen und Belastungsversuchen mit replikationsfähigen Viren beruht. Dazu wurden auf Basis der humanen T-Zellinie PM1 Zellinien etabliert, die das Markergen egfp sowie ein therapeutisches Gen stabil exprimieren. Für den Gentransfer wurden [MLV(GaLV)]-Vektoren verwendet, die sich für die Transduktion von hämatopoetischen Zellen besonders eignen. Mit Hilfe der etablierten HIV-inhibitorischen Gene RevM10 und STHM (membrangebundenes T20) wurden Methoden zur Generierung dieser stabilen Zellinien optimiert. Um eine höchstmögliche Vergleichbarkeit zu erreichen, müssen die Voraussetzungen für eine HIV-Replikation in allen Zellinien in gleicher Weise gegeben sein. Deshalb wurden Zellinien bei mit praktisch gleicher Zellteilungsrate und HIV-Rezeptorexpression etabliert. Die untrschiedliche Hemmwirkung der Kontrollgene konnte so in Belastungsexperimenten mit drei verschiedenen, repräsentativen HIV-1-Laborstämmen reproduzierbar gezeigt werden. Das erarbeitete Zellkultursystem wurde dann zur Evaluierung verschiedener Gene eingesetzt. Zunächst wurden zwei neue Ansätze für die HIV-Gentherapie getestet. Die hohe Wirksamkeit von APOBEC3Gagm gegen HIV-1, die zuvor in einem "single-round"-Infektionssystem gezeigt worden war, konnte bestätigt werden. Der Versuch, das als natürlicher HIV-Inhibitor in humanem Hämofiltrat gefundene Peptild VIRIP auf der Zelloberfläche zu exprimieren, bewirkte hingegen keine HIV-Hemmung. Zusätzlich wurden mehrere potentiell therapeutische Gene getestet, die von Kooperationspartnern im Rahmen eines HIV-Netzwerkes entwickelt worden waren. Für die humanisierte transdominant-negative Gag-Mutante TDsg Delta 2 konnte eine HIV-Hemmwirkung nachgewiesen werden, während weder die Wildtyp-Mutante TDwt Delta 2 noch das minimale GAG-Fragment L2GAL2-V3 eine signifikante Wirkung zeigten. Für die beiden HIV-1 p6-Konstrukte L4 und L6 war eine HIV-Hemmung ebensowenig wie für die gp41 c-tail-Konstrukte 9/1 und 9/2 feststellbar. In weiteren Versuchen konnte gezeigt werden, daß sich die Hemmwirkung der unterschiedlichen Gene gegen HIV-1-Primärisolate im wesentlichen der gegen die Laborstämme entspricht. Nach Infektion der Zellinien mit HIV-2 wurde wie erwartet die Virusreplikation nur durch STHM und TDsg Delta 2 gehemmt. Schließlich wurde getestet, ob sich die Hemmeffekte auch in primären humanen Lymphozyten nachvollziehen lassen. Obwohl aufgrund der in diesen Zellen niedrigen erreichbaren Transduktionseffizienzen und einer starken Donorabhängigkeit keine Standardisierung möglich war, konnte gezeigt werden, daß es prinzipiell möglich ist, Hemmeffekte sichtbar zu machen.
Background: In general shell-less slugs are considered to be slimy animals with a rather dull appearance and a pest to garden plants. But marine slugs usually are beautifully coloured animals belonging to the less-known Opisthobranchia. They are characterized by a large array of interesting biological phenomena, usually related to foraging and/or defence. In this paper our knowledge of shell reduction, correlated with the evolution of different defensive and foraging strategies is reviewed, and new results on histology of different glandular systems are included. Results: Based on a phylogeny obtained by morphological and histological data, the parallel reduction of the shell within the different groups is outlined. Major food sources are given and glandular structures are described as possible defensive structures in the external epithelia, and as internal glands. Conclusion: According to phylogenetic analyses, the reduction of the shell correlates with the evolution of defensive strategies. Many different kinds of defence structures, like cleptocnides, mantle dermal formations (MDFs), and acid glands, are only present in shell-less slugs. In several cases, it is not clear whether the defensive devices were a prerequisite for the reduction of the shell, or reduction occurred before. Reduction of the shell and acquisition of different defensive structures had an implication on exploration of new food sources and therefore likely enhanced adaptive radiation of several groups. © 2005 Wägele and Klussmann-Kolb; licensee BioMed Central Ltd. This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0), which permits unrestricted use, distribution, and reproduction in any medium, provided the original work is properly cited: http://www.frontiersinzoology.com/content/2/1/3/
Humanpharmaka stellen eine permanente Belastung von Gewässern dar. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde erstmals gemäß dem von der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA entwickelten Konzept zur Durchführung von Umweltrisikobewertungen von Humanpharmaka mit mehreren ausgewählten Substanzen Umweltrisikobewertungen durchgeführt. Die hierfür ausgewählten Pharmaka sind das Antiepileptikum Carbamazepin (CBZ), das Antibiotikum Sulfamethoxazol (SMX) und das synthetische Östrogen 17a-Ethinylöstradiol (EE2). Als Vertreter der Inhaltsstoffe von Körperpflegeprodukten wurde der polyzyklische Moschusduftstoff Tonalid (AHTN) in die Untersuchungen mit einbezogen. Mit Hilfe von Literaturrecherchen wurde die Datengrundlage für Expositions- und Wirkungsabschätzungen bereitgestellt. Der vorhandene recherchierte Datensatz wurde mit entsprechenden Kurz- und Langzeitstudien ergänzt. Die mit den Ergebnissen der Expositions- und Wirkungsabschätzungen vorgenommenen Umweltrisikobewertungen ergaben im ersten Schritt basierend auf Kurzzeitstudien unter den ausgewählten Substanzen lediglich für den Moschusduftstoff AHTN ein erhöhtes Umweltrisiko für Oberflächengewässer. Basierend auf weiterführenden Langzeitstudien konnte das zunächst erkannte, durch AHTN indizierte Umweltrisiko entkräftet werden, jedoch ergaben die Risikocharakterisierungen für EE2 und SMX ein erhöhtes Risiko für das aquatische Kompartiment. Auf Grund der erhöhten Adsorptionspotenziale von CBZ, EE2 und AHTN wurden für diese Substanzen kompartimentspezifische Umweltrisikocharakterisierungen durchgeführt. Dabei wurde ein erhöhtes Umweltrisiko durch CBZ für das Kompartiment Sediment angezeigt. Basierend auf den Ergebnissen einer Sediment-Bioakkumulationsstudie mit dem endobenthischen Oligochaeten Lumbriculus variegatus, welche in einen unerwartet hohen Akkumulationsfaktor resultierte, und aus der Literatur verfügbaren Fisch-Biokonzentrationsfaktoren wurde anhand der Nahrungskette Wasser-Sediment-Wurm-Fisch die Möglichkeit des ‚secondary poisonings’ durch EE2 bei wurmfressenden Fischen unter natürlichen Bedingungen aufgezeigt. Zur Verwendung dieses Ergebnisses in einer Umweltrisikobewertung zum Zwecke der Zulassung von Pharmaka sollten weitergehende Untersuchungen zur Bestätigung durchgeführt werden. Bezugnehmend auf die Resultate der eigenen Studien und auf die besonderen Eigenschaften von Humanpharmaka wurde der EMEA-Richtlinienentwurf diskutiert und Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Bis auf wenige Anpassungen geht das EMEA-Bewertungsschema nicht auf die Besonderheiten und spezifischen Eigenschaften von Humanpharmaka ein. Hauptkritikpunkte bezogen sich auf (1) die Anwendung eines konzentrationsabhängigen Schwellenwertes als Entscheidungsgrundlage zur Durchführung einer Risikocharakterisierung, (2) das stufenweise Vorgehen bei der Wirkungsabschätzung mit zuerst ausschließlich auf Kurzzeitstudien basierenden Effektdaten, und (3) unzureichende Angaben zu Vorgehensweisen in der höheren Stufe des Bewertungsschemas, vor allem bei Substanzen mit außergewöhnlichem ökotoxikologischen Potenzial. Trotz der zur Zeit intensiven internationalen Diskussion über mögliche Auswirkungen durch endokrine Disruptoren auf Mensch und Umwelt sieht der EMEA-Richtlinienentwurf nicht ausdrücklich vor, die Umweltgefährdung durch potenziell endokrin wirksame Substanzen mit spezifischen Testmethoden festzustellen und zu bewerten. Die Erkenntnis, dass spezifische Wirkmechanismen bei Chemikalien, speziell bei Arzneimitteln und Bioziden, auch in sehr niedrigen Konzentrationen zu Wirkungen in der Umwelt führen können, bleibt im EMEA-Richtlinienentwurf auf Grund der Einführung eines expositionsbezogenen Schwellenwertes und der Wirkungsabschätzung mittels Akutstudien nur unzureichend berücksichtigt. Zur Schließung dieser Lücke, die durch Untersuchungen zu endokrinen Wirkungen in der Umwelt offensichtlich wurde, müssen neue und bessere ökotoxikologische Instrumente entwickelt werden und das Umweltrisikobewertungsschema entsprechend erweitert und angepasst werden.