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Es ist schon erstaunlich: Da richtet ein Verlag eine sich ausschließlich an Fortgeschrittene wendende Reihe ein, vertreibt die über recht spezielle Themen handelnden Bände zu für Privatleute prohibitiven Preisen zwischen 100 und 160 Euro und kann dennoch innerhalb von nur vier Jahren (bis Sept. 2010) nicht weniger als 23 Publikationen vorlegen. Offensichtlich rechnet sich das bei einem international agierenden und mit den "Companions" wohl primär auf wissenschaftliche Bibliotheken zielenden Haus: eine gute Sache bei selbst für diese Institutionen schlechtem Preis. Ob es – bei einer bisherigen gewissen Schwerpunktsetzung in Spätmittelalter und Früher Neuzeit – um theologische Quodlibeta im 13. und 14. Jahrhundert, um Wyclif und Gerson oder um katholische Aufklärung geht, stets enthalten die Bände acht bis fünfzehn Beiträge einschlägig ausgewiesener Autoren samt Einführung, (teilweiser) Konklusion und Auswahlbibliographie der Herausgeber. Jedes Buch soll die Summe des Forschungsstands darstellen, und recht selbstbewusst spricht man im Untertitel der Reihe von "A series of handbooks and reference works". ...
Zunächst und grundsätzlich: Hier gilt es eine große Leistung zu würdigen, die auf – im Wortsinn – entsagungsvoller, langjähriger Kärrnerarbeit beruht, auf den Mühen eines Einzelkämpfers angesichts einer Quellenfülle von 86 Registerbänden aus dem Pontifikat Clemens’ VII. samt Finanzdokumenten der Zeit aus der Apostolischen Kammer. Darauf und wohlgemerkt »nur« darauf fokussiert, zeichnet der aus Genf stammende Verfasser das Bild des Genfer Grafensohns Robert als eines Papstes – bewusst wird aus solcher Sicht dessen römischer Gegner als »intrus« bezeichnet –, der aufs Ganze seine Obödienz recht pragmatisch zu lenken verstand. Dabei stützte Clemens VII. sich auf einen Hof und eine Administration – ihr Wirken soll noch in einem eigenen Folgeband thematisiert werden –, deren Profil zwar durchaus, doch keineswegs extrem von Nepotismus sowie der persönlichen Nähe und heimatlichen Verbundenheit manchen Amtsträgers zum Pontifex geprägt war, weitaus stärker aber von den Interessen der – ihrerseits mit austarierendem Bedacht ausgewählten – Kardinäle und vor allem natürlich der Fürsten bestimmt wurde, zu denen das Genfer Grafenhaus wiederum in vielfältigen, im Besonderen nach Frankreich reichenden verwandtschaftlichen Beziehungen stand. Auf den Punkt gebracht, und so auch in der »Conclusion« zu lesen (S. 391–412): Clemens VII. war weder Visionär noch eigneten ihm Originalität oder gar spirituelle Tiefe, doch verstand er es im Rückgriff auf traditionelle Methoden unter dem Signum der Kontinuität und klugen Nutzung personeller Netzwerke – ein zentrales Thema für den der prosopographischen Methode verpflichteten Autor –, realistische Politik im Rahmen des Möglichen zu betreiben. Der einstige Schlächter von Cesena war vor- und umsichtig geworden, wie auch der Umgang mit seinen Gegnern und denen der Anjou in der Provence zeigt. ...
Dies ist keine Gefälligkeitsbesprechung, dies ist, mehr noch, eine Jubelanzeige, handelt sie doch von einer Jubilarin und zwei Jubiläen. Der Unterzeichnende – oft genug hat er mit scharfer Rezensentenklinge gefochten – darf eine Kollegin rühmen, die nach ihrer Pensionierung als Forschungsdirektorin am C.N.R.S. 2011 in Bourges mit einem internationalen Kongress geehrt wurde (Église et État, Église ou État? Les clercs et la genèse de l’État moderne) und die in den letzten Jahren als Summa ihrer Forschungen zum großen abendländischen Schisma gleich drei Bände vorlegen konnte, von denen zwei wiederum Konzilien jener Zeit mit Jubiläumsdatum galten: So gab Hélène Millet 2009 die Akten einer Tagung heraus, die, wesentlich von ihr konzipiert und organisiert, im Jahr zuvor aus Anlass des sechsten Centenariums des Konzils von Perpignan an ebendiesem Ort stattgefunden hatte 1 . Damit rückte sie jene Synode Benedikts XIII. gegen das anstehende und ihn bedrohende Pisanum in klareres Forschungslicht, die im Deutschen seit der Edition ihrer Akten durch Franz Ehrle (1889/1900) als "Afterconcil von Perpignan" allenfalls randhaft zur Kenntnis genommen wurde. H. Millet hat danach selbst noch wiederholt zu Inhalt und Ertrag dieses Kolloquiums Stellung genommen, so schriftlich in "cristianesimo nella storia" (29, 2008, S. 219–229) und mündlich im Rahmen einer Tagung über den "Languedoc médiéval" im Februar 2011 in Montpellier. 2009 war zudem das Jahr, in dem sie unter dem Titel "L’Église du Grand Schisme 1378–1417" eine Auswahl ihrer – meist frankreichzentrierten – Studien zur Kirchenspaltung vorlegte 2 . Immer wieder lassen sie ihre Kompetenz im prosopographisch-biographischen Bereich und damit auch ihre – computergestützten – Erfahrungen in der Kanoniker- und Kapitelforschung aufscheinen, aus denen wiederum das von ihr inspirierte und mittlerweile wohletablierte Unternehmen der Fasti Ecclesiae Gallicanae großen Nutzen gezogen hat und zieht. ...
Eifrig, sorgfältig und beharrlich fügt Jacques Paviot mit seinen Publikationen seit Jahren Stein auf Stein, um so eines Tages das große Gebäude einer Darstellung französischer Kreuzzugspläne und -politik im späten Mittelalter vollenden zu können; wichtige Teile hierzu hat er bereits mit seinen Studien und Editionen zur croisade bourguignonne und da insbesondere zu den spektakulären Projekten und Unternehmen aus der Zeit Philipps d. Guten samt den über dessen Gattin Isabella laufenden Verbindungen mit Portugal geliefert (s. etwa Les ducs de Bourgogne, la croisade et l’Orient: fin XIV e –XV e siècle, 2003; vgl. Francia 32/1 (2005), 287–292 – La politique navale des ducs de Bourgogne 1384–1482, 1995; vgl. Francia 23/1 (1996), 335ff. – Portugal et Bourgogne 1384–1482, 1995; vgl. Zeitschrift für Historische Forschung 22, 1995, 544ff.). ...
Was hat dieses Buch über einen wenig bekannten Herzog von Bourbon, von dem selbst die französische Geschichtsschreibung bislang eher den Eindruck einer "personnalité parfois effacée" (S. 218) vermittelte, einem deutschen Publikum – und das gilt selbst für die kleine Zunft der Mittelalterhistoriker – schon groß zu sagen? Allenfalls Johanns II. (1456–1488) im Obertitel angesprochene Konfrontation mit Ludwig XI. lässt vielleicht etwas aufmerken, doch gerade dieser König inszenierte so viele Prozesse gegen adelige Gegner (vgl. S. 234 Anm. 2; dem Verfahren gegen Ludwig V. Luxemburg, Graf von St-Pol, galten in den letzten Jahren gleich mehrere Arbeiten: S. 2 Anm. 5), dass man geneigt ist, die Studie nicht zur Kenntnis zu nehmen, denn: "Noch ein Prozess mehr oder weniger, was soll’s?" Doch dieser Prozeß macht, wie noch darzulegen, schon einen erheblichen Unterschied aus; zudem rührt er bei aller spezifisch französischen Grundierung an grundsätzlichen Fragen der Souveränität der Krongewalt und deren Verhältnis zu den Fürstentümern; Fragen, die, was die Machtgewichtung anbelangt, zwar unter eher umgekehrten Vorzeichen, so doch prinzipiell in ähnlicher Weise das deutsche Spätmittelalter durchziehen – Kenntnisnahme ist mithin durchaus angesagt. Zudem liefert Mattéoni einmal mehr den Nachweis, wie ertragreich eine (eigentlich nicht mehr so) neue politische Geschichtsschreibung sein kann, die etwa die Sakralisierung von Herrschaft integral einzubeziehen weiß. Und dieses Thema wird obendrein genau an der rechten Stelle einer überlegten Gesamtkonzeption platziert. ...
Colonia Actia Nicopolis : Überlegungen anläßlich der Neuedition von CIL III 7334 in CIPh I 1, 78
(2018)
Der marmorne Inschriftenstein des Decimus Furius Octavius ist (CIL III 7334 = ILS 2080) seit langem bekannt. Bei der editio princeps von 1888 handelt es sich um einen Rekonstruktionsversuch P.-F. Foucarts anhand einer fehlerhaften Abschrift des Textes durch A. Kontoleon, der die Inschrift εν ταις υπωρείαις του Παγγαίου όρους, παρά την Ηδωνίδα της Μακεδονίας (am Fuß des Pangaion-Gebirges, beim makedonischen Idonia) gefunden hat. R. Cagnat hat im Jahr darauf einige Verbesserungen vorgeschlagen. M. Dimitsas hat den Text Foucarts und größtenteils auch dessen Kommentare in sein Corpus der makedonischen Inschriften übernommen. Im CIL von 1902 hat Th. Mommsen, weiterhin ohne Autopsie oder Abklatsch, einige weitere Konjekturen vorgenommen. Die Inschrift wird hier Serres zugewiesen, ein Fehler, der sich in fast allen folgenden wissenschaftlichen Beiträgen zur Inschrift wiederfindet. Ebenso wird im CIL suggeriert, der Text könne nach Z. 16, die in allen bisherigen Publikationen die letzte war, nach unten beliebig erweitert werden. Tatsächlich ist lediglich noch für eine Zeile Platz vorhanden, bevor der etwas erhabene Rand des Inschriftenfeldes und das untere Abschlußprofil anschließen, die auch nach dem Verlust der linken unteren Ecke weiterhin zu sehen waren. A. Salač hatte den Stein im Jahr 1921 noch in situ gesehen, allerdings fehlte zu dieser Zeit schon die linke untere Ecke. Wiederentdeckt wurde er in den späten 1960er Jahren von Ch. Koukouli. ...
In der elektronischen Datenbank UBI ERAT LUPA findet sich ein bisher noch nicht wissenschaftlich publizierter Weihestein aus Bad Wimpfen am Neckar (Landkreis Heilbronn), welcher bereits im Jahre 1984 entdeckt wurde.1 Der in zwei Teile zerbrochene, aber vollständige Altar aus Sandstein (Höhe 54 cm – Breite 26 cm – Tiefe 20 cm) stammt aus einem Brunnen "nahe des Kulthauses des vicus". ...
Katja Kröss hat sich ein Thema gewählt, das seit der bekannten Studie von Zvi Yavetz schon häufig behandelt wurde, aber nach wie vor von hoher Relevanz ist. Vor allem nachdem Egon Flaig das Konzept des Akzeptanzsystems eingeführt hat, demzufolge Heer, Senat und stadtrömische Plebs als sozialen Sektoren herrschaftsstützende Bedeutung zukam, ist die Frage, wie die Rolle gerade der Plebs sich gestaltete, eine interessante. Denn ist es vorstellbar, dass eine riesige und entsprechend in sich heterogene Menschengruppe einmütig und also homogen handelte? Um es an einem Beispiel festzumachen: Wie lässt sich erklären, dass laut Sueton die Plebs nach dem Tode Neros einerseits Filzhüte trug, um ihre Befreiung vom Joch dieses Kaisers zu demonstrieren, andererseits nach demselben Quellenzeugnis lange um den gestürzten Herrscher trauerte? Und wie ist dementsprechend die politische Rolle der Plebs zu beurteilen? Kröss greift damit ein Problem auf, das Martin Zimmermann – einer ihrer akademischen Lehrer – formuliert hat: die Revisionsbedürftigkeit des Akzeptanzsystems. ...