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Die vorliegende Arbeit behandelt einen Rechtsvergleich zwischen dem Neutralitätsgebot in der Bundesrepublik Deutschland und die Laizität in der Türkei aus der Perspektive des Religionsverwaltungsrechts im Referenzgebiet Medienrecht. Der Schwerpunkt liegt in der Darstellung des Türkischen Rechts.
Zu Beginn werden die beiden Begriffe des Neutralitätsgebots und der Laizität als Analyseinstrumente näher erörtert. Insbesondere erfolgt eine historische Begriffsgenese der Laizität im türkischen Rechtssystem in Bezug auf die Verfassungen der Türkei von Kanun-i Esasi 1876 bis hin zur aktuellen Verfassung von 1982. Darüber hinaus wird sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur erforscht, welchen Wandel der Laizitätsbegriff seit seiner Aufnahme in die Verfassung erfahren hat.
Es wird festgestellt, dass beide Begriffe einer Begriffskategorie angehören, wobei sie sich überwiegend durch ihre Intensität bei der Trennung vom Sakralem und Säkularem gerade hinsichtlich Kooperationen derselben und der vorherrschenden Koexistenz unterscheiden.
Zusätzlich wird auf die Funktion und die Auswirkungen des Diyanet sowohl auf den Laizitätsbegriff selbst als auch auf das Medienrecht eingegangen.
Im Folgenden wird das Medienrecht in beiden Ländern aus der Perspektive der öffentlichen Medien, insbesondere der Rundfunkanstalten untersucht. Hierbei werden in der Bundesrepublik Deutschland alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ihre Organisationsstruktur und Regelungen zur Vertretung der Religionsgemeinschaften behandelt, die gängigen Regelungen diesbezüglich ausführlich erörtert und aktuelle Unterschiede derselben bei der Vertretung der Religionsgemeinschaften im jeweiligen Rundfunkrat mitunter auch tabellarisch aufgezeigt. Durch die Behandlung der Vertretungsregelungen werden Mängel aufgewiesen. Diese ergeben sich beispielsweise in Hessen bei der Auswahl der vertretungsberechtigten Organisationen, da bei den parlamentarischen Überlegungen hierzu möglicherweise nicht hinreichend sachdienliche Gutachten herangezogen wurden. Eine andere Quelle für Fehler wird in der Anwendung von bestimmten Rechtsbegriffen als Parameter für die Eignung der Religionsgemeinschaften zur Vertretung gesehen, die ihrerseits auf christliche Religionsgemeinschaften zugeschnitten sind, jedoch gerade die innerhalb der Bevölkerung am stärksten vertretene Minderheitengruppe, nämlich die Muslime, mangels Körperschaftsstatus, außen vor lässt. Letztendlich werden auch gerade für die Bundesrepublik Deutschland Lösungsansätze herausgearbeitet.
Im türkischen Recht erfolgt eine ebensolche Darstellung, wobei als Besonderheit auch der TMSF als Einlagensicherungsfonds, sowie die These behandelt werden, dass durch die Eingriffe des TMSF öffentlich-rechtliche Printmedien vorhanden seien. Speziell werden die Entstehung und Entwicklung des Medienrechts, der Aufbau und die Kompetenzen der öffentlich-rechtlichen Medien und die Eingriffe auf diese dargestellt.
In der Türkei werden bereits in der verwaltungsrechtlichen Normierung der Kompetenzen einzelner Institutionen und erst Recht in der verwaltungsrechtlichen Praxis gravierende Mängel festgestellt.
Einleitung
(2013)
Datenschutz ist kein national zu bewältigendes Problem mehr. Datenhandel findet weltweit statt, und viele Anbieter nehmen Datenverwendungen außerhalb Deutschlands und Europas wahr. An einem international gültigen Rechtsregime fehlt es indes, ebenso wie an Kollisionsregelungen, welche nationalen Regelungen im Konfliktfall anwendbar sein sollen. Die europäische Datenschutzrichtlinie trifft hier zwar eindeutige Regelungen und erklärt im Prinzip jede Datenverarbeitung auf europäischem Boden als gebunden an die Vorgaben des europäischen Rechts. Mit dieser Einschränkung im Rahmen des sog. "Territorialitätsprinzips" kann sie allerdings keinen Einfluss ausüben auf Datenverarbeitungen außerhalb Europas – auch wenn die verarbeiteten Daten von europäischen Bürgern stammen. ...
"Die Digital Humanities sind kein Hochgeschwindigkeitszug, sondern ein gemächlich, aber stetig vorantreibendes Unternehmen, dem bisher noch die Anerkennung seiner Leistungen fehlt. Mit dem Engagement in digitalen Projekten ist weiter kein Blumentopf zu gewinnen": So konnte man am 13. Dezember 2011 im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lesen (Thiel 2011). Das stellte sich schnell als Fehleinschätzung heraus. Kaum acht Monate später war an derselben Stelle von einer "empirischen Wende für die Geisteswissenschaften" die Rede, vom "Ende hermeneutischer Einzelforschung" (Thiel 2012). In den seither vergangenen vier Jahren zeigte die Konjunkturkurve der Digital Humanities steil nach oben; das Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärte es zur forschungspolitischen Notwendigkeit, die "Digitalisierung der Geisteswissenschaften zu einer Erfolgsgeschichte" zu machen. Die Konjunktur zeigt bereits erste Anzeichen einer nahenden Überhitzung, etwa in der Befürchtung, Digital Humanities in ihrer derzeitigen Ausprägung könnten "antragstechnisch bereits verbraucht" sein; erforderlich seien neue, noch ambitioniertere Schwerpunkte, etwa durch ein noch weiter ausgreifendes, Disziplinen überwölbendes Zusammenführen multimedialer Quellen (Texte, Bilder, Musik) in einer einheitlichen Datenstruktur. Der starke politische Rückenwind hat inzwischen eine teilweise polemisch geführte Debatte über die politische und ökonomische Agenda der Digital Humanities hervorgebracht (Fiormonte 2012; jüngst: Allington/Brouillette / Golumbia 2016 und Spahr / So / Piper 2016). ...
Protagonist des Buches des nigerianisch-kanadischen Historikers Bonny Ibhawoh (Hamilton, Ontario) ist das Judicial Committee of the Privy Council (JCPC), das 1833 formal als letzte Appellationsinstanz für die koloniale Gerichtsbarkeit im Britischen Empire installiert wurde. Das JCPC fungierte zugleich als Beratergremium der Krone und als letztinstanzliches Gericht mit einem unklaren Status: Die Richter des JCPC sprachen keine bindenden Urteile, sondern gaben Entscheidungsempfehlungen an die Krone, welche diese in Form von Orders in Council verbindlich erließ. Bislang hatte sich die historische Forschung auf die Rolle des JCPC bei der Entwicklung des Case Law in Regionen des sog. Old Empire, d. h. Kanadas, Australiens, Neuseelands und Irlands, konzentriert. Die vorliegende Monografie rekonstruiert zum ersten Mal seine Bedeutung für die Rechtsentwicklung in den afrikanischen Kolonien, allerdings ohne die Befunde in Bezug zu den Ergebnissen der Old Empire-Forschungen zu setzen. Dagegen erhält die Analyse besondere Tiefe durch die Auswertung der reichen archivalischen Quellen des JCPC, die Ibhawoh noch in einem »staubigen Keller in der Downing Street« konsultierte (22) und die inzwischen in die National Archives in Kew überführt wurden. Der Beobachtungszeitraum erstreckt sich von 1890 bis zum Ende der 1960er Jahre, als sich die unabhängig gewordenen ehemaligen Kolonien aus dem Rechtsprechungsverbund des Commonwealth lösten und die Appellation an das JCPC in ihren Verfassungen abschafften. ...
In seiner Münchener Habilitationsschrift untersucht der Historiker Johannes Merz die Herrschaftskonflikte zwischen den Würzburger Fürstbischöfen und ihren Nachbarn, den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, den Fürstäbten von Fulda und den Kurfürsten von Mainz. Er untersucht die knapp fünfzig Jahre Regierungszeit der beiden Würzburger Bischöfe Rudolf von Scherenberg (1466–1495) und Lorenz von Bibra (1495–1519). Merz charakterisiert diesen Zeitraum als eine Zwischenepoche zwischen den militärischen Auseinandersetzungen vor 1470, in denen ein "offene[r] Kampf um die politische Vorherrschaft" geführt wird (46), und den Auswirkungen der Reformation auf das politische Gefüge Frankens. Nach jahrzehntelangem fruchtlosen Ringen in "Grundsatzopposition" (48) hätten die Konfliktparteien sich um friedliche und pragmatische Konfliktlösungen bemüht; lange und geduldige Verhandlungen über Einzelfragen seien für die untersuchte Epoche prägend gewesen. Solche Verhandlungen haben vor allem in Würzburg reichen archivalischen Niederschlag gefunden. In erster Linie stützt Merz seine Arbeit auf die sogenannten Gebrechenbücher der Würzburger Kanzlei, Kopialbücher, in denen seit dem 14. Jahrhundert Verhandlungsprotokolle, Briefe und Verträge der Würzburger Fürstbischöfe mit ihren Nachbarn in seltener Dichte zusammengestellt sind. Allein schon die Präsentation dieser äußerst umfangreichen und inhaltsreichen, bislang in der Forschung vernachlässigten Quellengruppe ist dankenswert ...
In Spanien blickte man, wie wohl in keinem anderen Land Europas, auf reiche Erfahrungen mit der Inkorporation großer Gruppen Fremdgläubiger, auf massenhafte und nicht immer von äußerem Zwang freie Erwachsenentaufen zurück. Im 15. Jahrhundert hatten die Taufen von Juden, im 16. Jahrhundert die von Muslimen zu zahlreichen politischen, rechtlichen und theologischen Problemen geführt. Weitere Dimensionen erhielten die Fragen nach Taufe, Orthodoxie und Kirchenangehörigkeit durch die Reformation in Europa einerseits und die Mission in Lateinamerika andererseits. ...
Sammelbände sind eine zweischneidige Angelegenheit. Soll man sie als Buch ansehen, eingeteilt in verschiedene Kapitel, die von mehreren Autoren stammen? Oder hat man viel eher eine Sammlung einzelner Aufsätze vor sich, die sich mehr oder weniger passend unter ein vom Herausgeber vorgegebenes Rahmenthema scharen? Beides trifft gleichermaßen zu, und das macht es so schwer, Werke dieser Gattung zu rezensieren. Geht man von einem geschlossenen Buch aus, fällt der Blick auf die Einleitung. Hier legen die Herausgeber jeweils ihre Überlegungen offen, die zu der nunmehr im Druck vorliegenden Tagung geführt hatten. Sie selbst ordnen die einzelnen Beiträge dann auch in die übergreifenden Ideen ein. Der Leser bekommt also einen Eindruck davon, wo der rote Faden verlaufen soll. Wer mit dieser Erwartungshaltung das Buch über Popular Justice aufschlägt, wird ein wenig enttäuscht. Gerade der Dreh- und Angelpunkt des Bandes, die Popular Justice, bleibt nämlich blass. Es geht irgendwie um die Beteiligung der Bevölkerung an der Rechtsdurchsetzung, um Laien, die Gerichtsbarkeit ausüben. Aber hier ist die Bandbreite groß, und deswegen sind genauere Zuspitzungen kaum möglich. Die Einleitung bietet einen bunten Strauß von Beispielen, die schnell und schlechthin als Volksjustiz erscheinen. Jedenfalls tauchen französische Jurys aus der Revolutionszeit auf, es geht um Reformen der Gerichtsverfassung in Spanien im 19. Jahrhundert zur Einführung der Jury, um spezifische Formen der Schiedsstellen für arbeitsgerichtliche Streitigkeiten in Italien, um sog. Katzenmusik und Charivari, um öffentliche Schändungen von Kollaborateuren in Frankreich, um deutsche und österreichische Volksgerichte nach dem ersten und zweiten Weltkrieg, um Volk und Gericht im Nationalsozialismus sowie um symbolische Gewalt gegen die SED-Herrschaft in der SBZ/DDR. ...
Ob wirklich alle Theorie grau ist, wie der Teufel in Goethes Faust einem "Freund" einflüstern will, wissen wir nicht. Doch dass der Blick ins Leben überall bunte Bilder zeigt, kann die Rechtsgeschichte vielfach bestätigen. Selbst das von Goethe zitierte grüne Leben taucht in der frühen Neuzeit wörtlich auf, nämlich als viridis observantia, als grünende Observanz. Die Rechtspraxis hat je nach Sichtweise verschiedene Farben oder eben verschiedene Körper. "Many bodies", wie der Titel des Sammelbandes verheißt, ist also nicht nur auf gleichzeitig vorhandene mehrere normative Rechtstexte bezogen, sondern auch auf das Verhältnis von Rechtsnorm und Rechtspraxis. Die Anlage des Buches, die Auswahl der Beispiele und die einzelnen Fallstudien rennen offene Türen ein. Wenn Seán Patrick Donlan und Dirk Heirbaut, die beiden Herausgeber, sich auf legal hybridity und jurisdictional complexity berufen, klingt das nach einer Anbiederung an überstaatliche Globalisierungen des modernen Rechts. Aber solche aufgesetzten Modernisierungen hat der sehr lehrreiche Band nicht nötig. Die Einleitung sagt genau, worum es geht. Auch die Rechtsgeschichte kann nämlich ihren eigenen Beitrag leisten, um weltweite Rechtsvielfalt näher zu untersuchen. Den Schwerpunkt legen die Herausgeber und die meisten Verfasser der Einzelbeiträge auf die frühe Neuzeit. Das ist angemessen, denn in der älteren Zeit ohne Staat stellten sich zahlreiche Fragen noch gar nicht. Doch beim Blick auf die frühneuzeitlichen Jahrhunderte kann die Rechtsgeschichte die Fremdheit der Vormoderne auf sich wirken lassen, die zeitgenössische Staatsgewalt angemessen relativieren und auch den Gegensatz zwischen Norm und Praxis gezielt erforschen. Pluralität war immer Teil der europäischen Rechtstradition, die kleinräumigen iura propria ergänzten immer das großräumige ius commune, wie immer man die Rechtsmassen auch bezeichnete. Vollständige staatliche Herrschaft über das gesamte Recht gab es nie, wie die Herausgeber mit überzeitlichem Wahrheitsanspruch verkünden (16). Der Blick auf die tägliche Praxis, vor allem auf die Untergerichte, sei zu lange vernachlässigt gewesen, meinen sie. Ein europäisches Ergebnis stellt sich bei diesem Ansatz nahezu von selbst ein. Die besondere Rolle Englands verflüchtigt sich nämlich mehr und mehr. Viele übergreifende europäische Erscheinungen lassen sich auch hier erkennen, wenn man nicht immer ausschließlich nach der "Geltung" einzelner Sätze des römischen Rechts fragt. Die Gemeinsamkeit der europäischen Rechtsgeschichte besteht bei einer solchen Sichtweise nicht vornehmlich in der Prägung durch eine gelehrte Rechtswissenschaft oder in der Strahlkraft des römisch-kanonischen Rechts, sondern im gleichzeitigen Mit- und Nebeneinander kleinräumiger und großräumiger Rechtsordnungen, verschiedenster Versatzstücke für Argumentationen, gelehrter und dinggenossenschaftlich geprägter Gerichte und so weiter. Mehrere damals wichtige Rechtsquellen- und Rechtsanwendungsfragen stellten sich in vielen europäischen Ländern in derselben Weise bis hin zu Beweisfragen auf der Suche nach dem einschlägigen geltenden Recht. ...
Denkt der Rechtshistoriker an etwas, das lange währte, fällt ihm neben anderem irgendwann das Heilige Römische Reich Deutscher Nation ein. Auch die Gerichte dieses Reiches brachten es auf eine ansehnliche Lebensdauer, und die Prozesse, die vor dem Reichskammergericht ausgefochten wurden, zählten häufig ebenfalls zu dem, was lange währte. Langjährige seitenfüllende Erörterungen sind in abertausenden dickleibigen Akten überliefert. Wer sollte das damals alles lesen und bearbeiten? Was waren das für Männer, die sich im 18. Jahrhundert, dem "tintenklecksenden Säkulum" (Friedrich Schiller), in Wetzlar durch solch monumentale Schriftsätze fraßen und im Namen von Kaiser und Reich Recht sprachen? Das umfangreichste Werk, das seit dem Ende des Alten Reiches über das Reichskammergericht geschrieben wurde, gibt darauf Antwort. ...