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Die umfangreiche Studie zum Angestelltenwohnungsbau in der Weimarer Republik muss in zweifacher Hinsicht als bemerkenswertes Novum gelten: zum einen ist ein Gesamtüberblick in dieser Perspektive bisher höchstens ansatzweise geleistet, zum anderen handelt es sich um den in der Kunst- und Architekturgeschichte bislang seltenen Fall, dass ein Spezifikum der Weimarer Republik – der kollektive Siedlungsbau – nun in kompetenter Weise von der französischen Forschung beleuchtet wird. Das fachübergreifende Interesse steht außer Frage: Denn es ist eben die soziale Schicht der Angestellten als essentiellem Bestandteil der gesellschaftlichen Modernisierung, die über ein neues Berufsverständnis und neue Mentalitäten entscheidenden Anteil an den Transformationen in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jhs. hat bzw. diese hervorbringt. Entsprechend kann der berühmte, aber soziologisch bislang unzureichend differenzierte Siedlungsbau zu Recht einer spezifischen Angestellten-Wohnkultur zugerechnet werden. ...
Der Titel des Bandes macht zunächst einmal neugierig. Er scheint dem Leser ein weitgespanntes Spektrum von Beiträgen europäischer Dimension zu verheißen. Diese Erwartung wird nicht eingelöst. Die Ernüchterung des Rezensenten wäre sicherlich geringer gewesen, wenn man den Band "Beiträge zu einer Geschichte der Hofkultur in Frankreich und Burgund mit Ausblicken auf England" (o. ä.) genannt hätte. Das wäre zwar sperriger, aber zugleich ehrlicher gewesen, denn, wie Werner Paravicini treffend in seinem Geleitwort schreibt (S. 2), für diesen Band trugen "französische, belgische und deutsche Forscher, jüngere Leute, [...] Einzelstudien vor und nahmen ihren Stoff hier aus einem Roman, einer Chronik, einer besonderen Handschrift oder einer ganzen Büchersammlung, dort aus Skulptur, Malerei, Architektur und Musik". ...
The key is in semantics, and not in philology, in the science of meaning and not of stemming (27); There is no good European History without non-European histories (46); Humanity cannot be conceived by only a part of it (49). Dieses Buch ist voll von solchen Postulaten, die banal scheinen mögen – und die dennoch von der Rechts- und Verfassungsgeschichtsschreibung kaum beherzigt werden. ...
Der Wandel von Perspektiven, Deutungen, Methoden und Themen bestimmt den wissenschaftlichen Fortschritt. Deshalb zerbricht die Vorstellung sicheren Wissens über die Generationen hinweg, so dass sich die Vergangenheit in den historisch arbeitenden Kulturwissenschaften in immer neuen Methodenwenden verändert. Der moderne Mut, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktiv in die Subjektivität ihrer Perspektivierungen einzubauen, bringt die steuernde Macht des Erkenntnisinteresses und seiner Veränderungen vermehrt zur Geltung. Dabei geraten selbst traditionelle Kontrollinstanzen der historisch-kritischen Hermeneutik in die Debatte. Während heute die einen das Vetorecht der Quellen beschwören, stellen andere die beständig verformende Kraft des Gedächtnisses und damit die Relativität punktueller schriftlicher Fixierungen heraus. ...