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Wenn es Aufgabe der Literaturwissenschaft ist zu erforschen, „in welchem Maße Literaturen an den Kämpfen um kulturelle Hegemonie beteiligt sind“ (Kirsch), so gilt das besonders für historische Romane, die nationale oder regionale Geschichte rekonstruieren. Solche Romane schreiben entweder die Opposition von Siegern und Besiegten fest oder stellen Geschichte als shared history der beteiligten Akteure dar. Auch innerhalb Europas gibt es Kultur- und Sprachräume, die die letzten Jahrhunderte im Status kolonialer Abhängigkeit verbracht haben und über diese langen Zeiträume hinweg kulturellen Hybridisierungsprozessen ausgesetzt waren. Eine solche Erfahrung hat die Mittelmeerinsel Sardinien zutiefst geprägt; Sardinien ist „eine der ältesten und dauerhaftesten Kolonien der Welt“ (Day). Die heutige sardische Literatur trägt daher alle Züge einer postkolonialen Literatur. Sie präsentiert sich als kulturelles und sprachliches patchwork, als individuelle und kollektive Suche nach dem, was sardische Identität nach dem Durchgang durch den Kolonisationsprozeß ist und sein kann, als Basteln einer imagined community im Zeitalter von Massentourismus und Globalisierung. Mit Sergio Atzeni ist ein Autor angesprochen, der es bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1995 als seine Aufgabe angesehen hat, Sardiniens Geschichte(n) Schriftform zu geben.
Hochschulreform und disziplinärer Wandel : Mutmaßungen über Zustand und Zukunft der Altgermanistik
(2005)
Überall gibt es dieselben fatalen Homogenisierungsbewegungen quer zu den disziplinenspezifisch höchst unterschiedlichen Formen der Erkenntnisproduktion und -reproduktion. Und es gibt sie selbstverständlich auch im Außenverhältnis des Wissenschaftssystems: Ein plastisches Beispiel hierfür ist die grassierende Forderung nach Stärkung der Praxisbezüge von Forschung und Lehre. Im Klartext wird da ja gerade die Entdifferenzierung der Funktionsspezifikationen der Universität gegenüber anderen gesellschaftlichen Teilbereichen (sowie die Verknappung der für die Transfers zwischen ihnen akzeptablen Zeiträume) verlangt.
In welchen Konzepten und Phantasmen, also: in welchen kategorialen Ordnungen war in der volkssprachigen Adelsliteratur diskursivierbar, was die Literaturwissenschaft ‚Text’ und ‚Überlieferung’ nennt? Hierauf sucht der Beitrag eine Antwort, indem er Problemkonfigurationen mittelalterlicher Textualität in einer Interpretation der „Urstende“ des Konrad von Heimesfurt durchspielt. Narrative und metanarrative Partien werden dabei aufeinander bezogen, dass das in ihnen als Bedingung ihrer Möglichkeit gespeicherte, historisch fremd gewordene Textwissen hervortreten kann.
Bob Dylan war eine Ikone der amerikanischen Protestbewegung, trat bei Martin Luther Kings Marsch nach Washington auf. Clemens Brentano war Mitglied der Christlich-Deutschen Tischgesellschaft und schrieb eine Kantate auf Königin Luise von Preußen. Ebenso verschieden sind die Einflüsse, die auf beide wirken. (...) Trotz dieser Unterschiede kann man weiterfragen, kann versuchen, die Dynamik, die Ruhelosigkeit, die beiden gemeinsam ist, zu verstehen. (...) Wegweisend (...) sind die Überlegungen des Religionshistorikers Friedrich Wilhelm Graf, der in seinem Buch ‚Die Wiederkehr der Götter’ die Untersuchung von autobiografischen Texten vorschlägt, um die Innenseite der Säkularisierung begreifen zu können. Eine solche Sichtweise ermöglicht es, so verschiedene Individuen wie Bob Dylan und Clemens Brentano zu verstehen und zu vergleichen. Denn die Säkularisierung stellt einen Langzeitzusammenhang dar und greift auch räumlich weit aus, betrifft verschiedene, ehemals christlich geprägte Gesellschaften.
Die Gegenwart des Vergangenen : Stephan Wackwitz’ "Ein unsichtbares Land" als postkolonialer Roman
(2005)
Viele Publikationen jüngeren Datums beschäftigen sich erneut mit der deutschen Vergangenheit, die wieder einmal dem Vergessen entrissen werden soll, jetzt aber aus anderer Perspektive, indem sie nämlich in vielerlei Einzelheiten dokumentiert und so festgehalten werden soll. Zu der Kategorie von Texten, die die deutsche Vergangenheit aus den Brüchen wie der Kontinuität der Familiengeschichte betrachten, verdienen drei besondere Erwähnung: „Am Beispiel meines Bruders“ (2003) von Uwe Timm, das 2004 erschienene „Meines Vaters Land“, die „Geschichte einer deutschen Familie“, von Wibke Bruhns und der im Untertitel als „Familienroman“ bezeichnete Text von Stephan Wackwitz, „Ein unsichtbares Land“. Diese drei Texte stehen im Kräftefeld unterschiedlicher familiärer Beziehungen: zum Bruder bei Timm, zum Vater bei Wibke Bruhns, schließlich im Verhältnis Enkel-Großvater bei Wackwitz. Darüber hinaus geben die drei Werke einen Blick auf die deutsche Familie aus drei unterschiedlichen soziologischen Perspektiven: Bei Bruhns handelt es sich um die großbürgerliche Unternehmerfamilie, Uwe Timm beschreibt eine kleinbürgerliche Familie. Als dritte Variante tritt bei Stephan Wackwitz das Bildungsbürgertum in der Person des evangelischen Pfarrers und seiner Angehörigen auf. Allen dreien ist jenes unbestimmbare ‚echt Deutsche‘ gemeinsam, das auf verhängnisvolle Weise dem faulen Zauber des Nationalsozialismus zum Opfer fallen sollte.
This paper proposes an annotating scheme that encodes honorifics (respectful words). Honorifics are used extensively in Japanese, reflecting the social relationship (e.g. social ranks and age) of the referents. This referential information is vital for resolving zero
pronouns and improving machine translation outputs. Annotating honorifics is a complex task that involves identifying a predicate with honorifics, assigning ranks to referents of the
predicate, calibrating the ranks, and connecting referents with their predicates.
Fragmente eines Erzählens von Liebe : Die Konstruktion von Subjektivität bei Heinrich von Morungen
(2005)
[Volker Mertens] Untersuchungen knüpfen (...) [an die Einwände von Dagmar Hirschberg, Hans Irler und Arthur Groos] an, indem sie (...) Eigenart [der höfischen Literatur] als spezifische Variation traditioneller poetischer Verfahrenweisen deutet mit dem Ziel, Subjektivität zu inszenieren. Da dieses Vorgehen prinzipiell für den Minnesang gilt, (...) [wirft Volker Mertens] zunächst einen Blick auf die Tradition. Nach einer relativ offenen Phase des Experimentierens mit verschiedenen Liedtypen – Werbelied, Klagelied, Frauenlied, Wechsel u.a. – wird in der zweiten Phase mit der selektiven Übernahme okzitanischer Muster das minneanalytische Lied favorisiert.
Das Spiel der Authentizität mit Erzähler, Figuren und dem biografisch faßbaren Autor wird immer wieder gespielt und wirkt immer wieder neu, selbst wenn der Text, wie der von (...) [Volker Mertens] behandelte, etwa fünfhundert Jahre älter ist als der von Jean Paul. Ob es legitim ist, die narratologischen Analysemodelle, die vor allem an der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts entwickelt wurden, auf den Roman des Mittelalters zu übertragen, soll (...) [Mertens Beitrag] erweisen und damit zu einem besseren Verständnis der Poetik von Albrechts Werk beitragen. 'Der Jüngere Titurel' (...) eines sonst unbekannten Autors Albrecht integriert die in drei Handschriften uneinheitlich überlieferten beiden 'Titurel'-Fragmente Wolframs in einen weitdimensionierten Erzählzusammenhang um die Queste nach dem Brackenseil und die Gralsuche, der vor allem aus dem 'Parzival' entwickelt ist. Da im Verlauf des Textes ,mehrfach die Erzählperson 'Wolfram' bzw. 'der von Eschenbach' oder 'Freund von Blienfelden' angesprochen wird und der Erzähler Albrecht sich nur einmal kurz vor Schluß nennt, galt das Werk schon eine Generation nach seinem Abschluß um 1270 als von Wolfram von Eschenbach verfaßt. (...) [Mertens untersucht] im folgenden die Erzählerfiktion 'Wolfram' an ausgewählten Textbeispielen und (...) [fragt] nach der jeweils spezifischen Aussage. (...) [Seine] These ist, daß es dem Autor nicht um ein tatsächliches Allonym für sich selbst ging, sondern (Jean Paul vergleichbar) um einen poetologischen Diskurs in konnotativer Form, der sich einerseits auf die Tradition und die zeitgenössischen narratologische Position bezieht, andererseits die spezifischen Probleme und Zielsetzungen des unternommenen Werkes thematisiert.
Let’s not forget that 1492, one of the first landmarks of Modernity, was both the year of the conquest of the Americas and of the fall or of the Reconquista of Granada, both of inner and outer ethnic cleansing of the nation state; that the national state was a colonial state and is now a securitarian state, that colonialism was the very form of Western Modernity, that the French Revolution itself was colonial, that the leader of the first Black revolutionary independence movement, Toussaint Louverture (Haiti), died in a French prison though inspired by the French Revolution. - No-one has access to reason as whole: there is no such thing as the whole of Reason, or Reason as a whole, or the Totality of reason. Reason is patched up of disconnected bits and pieces that reside at different addresses.
Die Frage nach Form und Funktionalität stofflicher Konventionalität in der Lyrik des Mittelalters ließe sich zweifelsohne gut an einem einzelnen Text oder – besser noch einem einzelnen Stoff- bzw. Motivzusammenhang behandeln. [Jens Haustein geht] (...) dieser Frage auf einer sehr allgemeinen Ebene nach(...). [Er hofft] unter der gewählten methodischen Prämisse gleichwohl zu der einen oder andern allgemeinen Einsicht zu gelangen, die für die Beurteilung von Spezialfragen ertragreich sein können. Ausgangspunkt (...) [seiner] Überlegungen ist das bislang nicht gedruckte Stichwortregister zum ‚Repertorium der Sangsprüche und Meisterlieder’.